Zeitsouveränität trägt zu einem großen Maß zu einer höheren Lebensqualität bei. Individuelle Möglichkeiten sind daher begrüßenswert. Aber individuelle Möglichkeiten bedeuten meist die Wahl zwischen Einkommen oder Zeit. Damit kürzere Arbeitszeiten nicht nur ein Privileg derjenigen bleiben, die es sich leisten können, ist eine allgemeine Arbeitszeitreduzierung nötig. Denn nur mit einem kürzeren Vollzeitstandard kann sichergestellt werden, dass die kürzere Arbeitszeit auch dann zum Bestreiten des Lebensunterhalts ausreicht, wenn man etwa nur den Mindestlohn verdient. Wenn der Standard hingegen bei 40 Stunden verbleibt, werden die Löhne der unteren Einkommen nicht ausreichen, um mit 30 Stunden einigermaßen über die Runden kommen.
Viele wissenschaftliche Beiträge zeigen zudem, dass eine AZV neben der Stressreduktion, steigender Gesundheit und einem allgemein steigenden Wohlbefinden eine Reihe weiterer positiver Effekte mit sich bringt und zudem ökonomisch durchaus umsetzbar ist:
- Durch eine AZV wird Arbeit gerechter verteilt, da es heute zum einen viele Menschen gibt, die gerne mehr arbeiten möchte, und andere, die gerne weniger arbeiten möchten. Siehe (i).
- Damit verbunden trägt Arbeitsumverteilung zur Umverteilung der Einkommen bei, sodass AZVen die Ungleichheit reduzieren (über 30% (!) der steigenden Ungleichheit kann auf die ungleiche Verteilung der Arbeit zurückgeführt werden). Siehe (ii).
- AZV stärken die Geschlechtergerechtigkeit. Siehe (i) und (iii), indirekt auch (ii).
- Kürzere Arbeitszeiten haben positive Umwelteffekte. Siehe (iv).
- Wir können uns Arbeitszeitreduzierungen leisten. Durchdacht umgesetzt führen sie nicht zu Beschäftigungsverlusten und können Beschäftigung schaffen. Siehe (v).
(i) DIW Wochenbericht 38 (2018) „Teilzeitbeschäftigte würden gerne mehr Stunden arbeiten, Vollzeitbeschäftigte lieber reduzieren“
https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.598469.de/18-38-3.pdf
(ii) Checchi et al. (2016) „Are changes in the dispersion of hours worked a cause of increased earnings inequality?“
https://link.springer.com/article/10.1186/s40174-016-0065-2
(iii) Landivar (2015) „The gender gap in employment hours: do work-hour regulations matter?“
https://journals.sagepub.com/share/CSNT7BEFSNNV2YZR7MAW?target=10.1177/0950017014568139
(iv) Cieplinski et al. (2021) „Environmental impacts of productivity-led working time reduction“
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0921800920304444
(v) Schwendinger (2015) „Über Beschäftigungswirkung und Erfolgsbedingungen von Arbeitszeitverkürzungen. Ein Literatureinblick“ https://wug.akwien.at/WUG_Archiv/2015_41_1/2015_41_1_0107.pdf
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