Kleine Betriebe uns Selbständige brauchen in einer sozialen Marktwirtschaft auch faire Bedingungen.
Im „Kleinen“ – im Handwerk, Handel, Dienstleistungsbereich oder in der Landwirtschaft – liegt eine große Stärke der Wirtschaft in Deutschland. Rund 97% aller Unternehmen waren 2018 Kleinunter-nehmen (KU < 50 Beschäftigte und/oder < EUR 10 Mio. Umsatz), rund 88% sogar Kleinstunternehmen (<10 Beschäftigte und/oder < EUR 2 Mio. Umsatz). 97% aller Unternehmen in Deutschland sind kleine Unternehmen (KU) und beschäftigen ca. 31% aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. [1] Hier entsteht Innovation, Wettbewerb und Wandel. Das sichert uns Vielfalt, Flexibilität, Unabhängigkeit, Machtverteilung und demokratische Prozesse. Die Krisenfestigkeit der KU hat sich auch während der Finanzkrise in 2009 bewährt.
Doch kleine Unternehmen und Selbständige haben es in Deutschland oft schwer, denn die Rahmenbedingungen sind nicht immer fair. Eine große Rolle spielt dabei, dass ihre Interessen in politischen Entscheidungsprozessen häufig nicht ausreichend berücksichtigt werden. Zu oft vertreten die Kammern eher die Interessen von größeren Unternehmen und in Mittelstandsstrategien werden KU in einen „Topf“ mit Unternehmen bis 499 Beschäftigen und 50 Mio. Umsatz geworfen (KMU-Definition des IfM Bonn seit 01.01.2016). Dabei ist klar, dass die Strategien, die für einen großes mittelständisches Unternehmen passgenau sind, noch lange nicht für eine kleine Handwerks-Bäckerei oder einen Kioskbetreiber angemessen sind. Erschwerend kommt hinzu, dass im Zuge der Corona-Pandemie viele Kleinunternehmen nun in ihrer Existenz bedroht sind.
Die Corona-Krise zeigt uns wie durch ein Brennglas die Probleme der Kleinbetriebe und Selbständigen auf, die alle vorher schon existierten, von der Politik aber nicht gesehen und angepackt wurden: Wenig soziale Absicherung für die Unternehmer*innen, die Liquidität auf Kante genäht, eine überbordende Bürokratie, wenig Zugang zu Kapital, das Schwinden von privaten Rücklagen, die ins Unternehmen investiert wurden sowie eine übermächtige Konkurrenz durch die großen Konzerne bspw. im Online-Handel, die von der Corona-Krise sogar massiv profitieren konnten. Denn während manch großes Unternehmen wie Starbucks, IKEA oder Amazon das Steueraufkommen kreativ gestalten kann, tragen kleine Unternehmen vor Ort die volle Steuerverantwortung. Dazu kommt ein hoher Mangel an Fachkräften und Nachfolger*innen.
Die Corona-Pandemie machte uns auch noch einmal deutlich, wie wichtig eine dezentrale Wirtschaftsstruktur mit regionalen Wertschöpfungsketten für den Erhalt einer krisensicheren Nahversorgung und im Kampf gegen die Klimakrise ist (short distance economy). So stieg die Nachfrage nach regionalen Lebensmitteln in 2020 stark an. Doch viele Betriebe hatten wir schon vor der Corona-Pandemie verloren. Seit 1989 haben in Deutschland (ähnl. NRW) rund die Hälfte aller kleineren Nahversorgungsbetriebe (kleine Bauernhöfe, „Tante-Emma Läden“, Handwerks-Bäckereien, Fleischereien, Mühlen, Gaststätten etc.) aufgegeben. Und auch die Preissteigerungen auf vielen Immobilienmärkten gerade in den Ballungsgebieten führt vermehrt bei Gewerbemietern, etwa dem kleinen inhabergeführten Einzelhandel, dem Handwerksbetrieb und bei sozialen oder kulturellen Einrichtungen, zu Verdrängungseffekten. War das Innenstadtsterben durch Baumärkte und Lebensmitteleinzelhandelsketten am Stadtrand schon vor der Corona-Krise ein großes Thema, so droht nun in vielen Kommunen eine weitere Verödung und der Verlust wichtiger Kommunikationsorte.
[1] IfM, Bonn: https://www.ifm-bonn.org/statistiken/unternehmensbestand/kmu-insgesamt/deutschland
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