Veranstaltung: | 47. Bundesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | A Aktuelle Debatte |
Antragsteller*in: | Lene Greve (KV Hamburg-Altona) und 72 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 38%) |
Status: | Eingereicht |
Verfahrensvorschlag: | Abstimmung (Abgelehnt) |
Eingereicht: | 17.12.2021, 22:36 |
A-06: Aufrüstungsspirale beenden: Entschiedene Friedenspolitik statt Drohen mit Drohnen!
Antragstext
Die Bundesdelegiertenkonferenz fordert die Regierungsmitglieder und den Parteivorstand von
Bündnis 90/Die Grünen auf:
1. In dieser Legislaturperiode keine bewaffneten Drohnen anzuschaffen und keine vorhandenen
Drohnen zu bewaffnen.
2. Eine breite partei-interne Debatte um die Folgen des Einsatzes bewaffneter Drohnen
anzustoßen. Diese soll unter Federführung der BAG Frieden und unter Einbezug von
Akteur:innen der Friedensbewegung stattfinden – beispielsweise im Rahmen eines
Sonderparteitages.
Begründung
„Der Frieden in der Welt muss sich auf ein Engagement für das gemeinsame Überleben statt auf die Drohung durch gegenseitige Auslöschung gründen.“ (Bericht der UN-Kommission für Abrüstung und Gemeinsame Sicherheit von 1981)
Mit der republikanischen Partei in den USA und der CDU in Deutschland ist der machtpolitische Politikstil des „Rechts des Stärkeren“ abgewählt. Für uns Grüne ist es damit umso mehr Zeit, die Verantwortung als Partei der Klima- und Friedensbewegung mit neuer Entschlossenheit wahrzunehmen. Denn die aktuellen Herausforderungen – Welthunger, Gesundheits- und Klimakrise – sind groß und lassen sich nur in verstärkter internationaler Kooperation lösen. Nationale Alleingänge, verbale Provokation und militärische Konfrontation stehen dem entgegen.
Die destruktive Qualität bewaffneter Drohnen
Nachdem im November 2021 sogar der Beirat der Bundesregierung Zivile Krisenprävention und Friedensförderung in seiner Stellungnahme zum Afghanistaneinsatz das „strategische[] Scheitern[] des Westens nach 20 Einsatzjahren“ konstatiert, sollte unser erstes Anliegen sein, Auslandseinsätze der Bundeswehr obsolet zu machen. Bereits die Verfügbarkeit bewaffneter Drohnen würde jedoch die Hemmschwelle für den Eintritt in kriegerische Auseinandersetzungen senken, da die Entsendung einer geringeren Anzahl von Soldat:innen in die entsprechenden Einsatzgebiete weniger intensiven Rechtfertigungsbemühungen gegenüber der Bevölkerung bedürfte. Nicht erst der Einsatz bewaffneter Drohnen, sondern schon ihre Beschaffung würde unmittelbar das grundfalsche Signal senden, die deutsche Bundesregierung sei an einer Eskalation der bestehenden globalen Konflikte interessiert.
Neben der Forcierung „regulärer“ Kriegsführung droht durch bewaffnete Drohnen die Normalisierung des Einsatzes militärischer Gewalt unter Umgehung des humanitären Völkerrechts im Rahmen der asymmetrischen Kriegsführung bzw. sogenannter militärischer „Operationen“. Gemäß der Genfer Konvention ist zwischen Kombattant:innen und Zivilist:innen zu trennen und die Tötung von Zivilist:innen in jedem Fall als Kriegsverbrechen zu ahnden – der „War on Terror“ stellt bisher eine Grauzone bezüglich der Geltung der auf zwei klar definierte Konfliktparteien zugeschnittenen Konvention dar. Dass diese Trennung selbst da, wo die Genfer Konvention gilt, beim Einsatz von bewaffneten Drohnen nicht gewahrt werden kann – und sei es durch die Ungenauigkeit der Technik – zeigte unter anderem der Afghanistan-Einsatz der NATO-Truppen, in dem zuletzt nach Berichten unabhängiger Quellen im August 2021 die Tötung mehrerer Zivilist:innen in Kabul, darunter Kinder, durch US-Kampfdrohnen publik wurde.
Perspektivisch verwischen bewaffnete Drohnen durch die fortschreitende Automatisierung der Abläufe die Grenze zum Einstieg in die Kriegsführung mittels tödlicher autonomer Waffensysteme und tragen maßgeblich zur Banalisierung von Kriegshandlungen bei. Über 180 Nichtregierungsorganisationen, darunter Amnesty International und Pax Christi, haben sich zu deren Ächtung bereits zur Kampagne "Stop Killer Robots" zusammengeschlossen. Auch das Büro für Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestages warnte im Oktober 2020 vor den möglichen Folgen des Einsatzes autonomer Waffensysteme und rief im Zuge der „Handlungsmöglichkeiten zur Belebung des internationalen Dialogs, der Stärkung von Transparenz und Vertrauen sowie der Einhegung identifizierter Risiken von AWS“ insbesondere einen öffentlichen Diskurs (mit Wissenschaft und Zivilgesellschaft) auf.
Das Verhältnis von bisheriger Grünen-Debatte und Koalitionsvertrag
Es ist unklar, worin der Nutzen bewaffnete Drohnen überhaupt liegen soll – der Schutz von Soldat:innenleben durch sie ist bisher nicht glaubhaft gemacht. Das Grünen-Wahlprogramm warnt berechtigterweise: „Bewaffnete Drohnen wurden und werden vielfach auch von unseren Bündnispartnern für extralegale Tötungen und andere völkerrechtswidrige Taten eingesetzt. Ein solcher Einsatz ist für uns GRÜNE undenkbar und mit dem deutschen Verfassungs- und Wehrrecht nicht vereinbar.“ Ohne eine der Tragweite angemessene Debatte wurde im Rahmen einer digitalen BDK mit einer Mehrheit von vier (!) Stimmen (bei über 125.000 Parteimitgliedern) überhaupt nur die Möglichkeit ins Wahlprogramm aufgenommen, bewaffnete Drohnen in Betracht zu ziehen. Selbst diese Möglichkeit steht unter der Einschränkung: „Deshalb muss klargemacht werden, für welche Einsatzszenarien der Bundeswehr die bewaffneten Drohnen überhaupt eingesetzt werden sollen, bevor über ihre Beschaffung entschieden werden kann.“ Der aktuelle Koalitionsvertrag überschreitet diese Position bei weitem, indem er pauschal postuliert: „Bewaffnete Drohnen können zum Schutz der Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz beitragen“ und damit das Vorhaben verknüpft, „daher die Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr in dieser Legislaturperiode ermöglichen“ zu wollen. Dies läuft dem historischen und aktuellen Grünen Konsens zuwider.
Anstatt die Beschaffung bewaffneter Drohnen zu unterstützen oder zu tolerieren, wollen wir in der gesellschaftlichen Debatte um deren weitreichende Auswirkungen einbringen. Mit dem Verzicht auf bewaffnete Drohnen können wir innerhalb der bestehenden Staatenbündnisse und darüber hinaus gegen den Aufbau von Feindbildern und technisch gestützter Dominanz über die „Gegner“ ein starkes Signal der Friedensbereitschaft aussenden.
Verweise
Wahlprogramm, S. 253: Bewaffnete Drohnen wurden und werden vielfach auch von unseren Bündnispartnern für extralegale Tötungen und andere völkerrechtswidrige Taten eingesetzt. Ein solcher Einsatz ist für uns GRÜNE undenkbar und mit dem deutschen Verfassungs- und Wehrrecht nicht vereinbar. Gleichzeitig erkennen wir an, dass diese Systeme Soldat*innen in gewissen Situationen besser schützen können. Deshalb muss klargemacht werden, für welche Einsatzszenarien der Bundeswehr die bewaffneten Drohnen überhaupt eingesetzt werden sollen, bevor über ihre Beschaffung entschieden werden kann. Auch technische Herausforderungen wie mögliche Hackability müssen in der Gesamtabwägung eine wichtige Rolle spielen.
Koalitionsvertrag, Zeile 4913: Bewaffnete Drohnen wollen wir verstärkt in internationale Kontrollregime einbeziehen. Letale Autonome Waffensysteme, die vollständig der Verfügung des Menschen entzogen sind, lehnen wir ab. Deren internationale Ächtung treiben wir aktiv voran.
Koalitionsvertrag, Zeile 5034: Bewaffnete Drohnen können zum Schutz der Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz beitragen. Unter verbindlichen und transparenten Auflagen und unter Berücksichtigung von ethischen und sicherheitspolitischen Aspekten werden wir daher die Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr in dieser Legislaturperiode ermöglichen. Bei ihrem Einsatz gelten die Regeln des Völkerrechts, extralegale Tötungen – auch durch Drohnen – lehnen wir ab.
Kommentare
Simon Lissner:
Elmar Rachle:
ich danke dir für deine engagierten, sachlich fundierten Beiträge.
Leider konnte ich mich nicht mehr einloggen, um den vorliegenden Antrag zu unterstützen.
Seit vierzig Jahren arbeite ich - meist ehrenamtlich - für das grüne Projekt (Frieden und Umwelt/Klima schützen). Mittlerweile bin ich nach einem Parteiaustritt (wegen der damaligen Zustimmung zum Afghanistankrieg unter Joschka Fischer und Gerhard Schröder) seit drei Jahren wieder als Beitragszahlendes grünes Mitglied dabei (aus Verantwortung für meine drei Enkelkinder). Seit über einem Jahr bin ich in der BAG Gewaltfreiheit bei Bündnis90/Die Grünen und LAG Christinnen alle bei den Bayerischen Grünen Mitglied,
Zudem bin ich als christlich handelnder Mensch bei Pax Christi aktiv. In Schweinfurt habe ich den ICAN-Städteappell zur Erklärung eines Verzichts auf Atomwaffen eingereicht.
Meiner Meinung sollte in jeder Kommune ein entsprechender Antrag gestellt werden, um zu dokumentieren, dass die "nukleare Teilhabe" nicht notwendig ist, um Frieden zu stiften.
Weiterhin alles Gute und viel Erfolg bei deinem Engagement.
Übrigens, einer meiner Söhne heißt auch Simon.
Grün verbundene Grüße aus Schweinfurt
Elmar Rachle
Simon Lissner:
danke für deine Zeilen. Ich möchte dich gerne noch auf ein paar weitere Aktivist*innen aufmerksam machen, falls du sie nicht schon kennst und natürlich ist jede*r eingeladen, mit zu tun. Du findest sie unter www.gruene-linke.de.
Grüße
Simon
Elmar Rachle:
Frieden schaffen ohne Waffen -
oder wann wird man je verstehen.....
Marin Pavicic-Le Déroff:
Simon Lissner:
*https://www.darmstaedter-signal.de/ueber-uns/
** https://www.darmstaedter-signal.de/meldungen/kampfdrohnen/
Felix Bohnacker:
- Bereits der Titel "Aufrüstungsspirale beenden" verkennt aus meiner Sicht die Lage. Eine Entscheidung für oder gegen die Beschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr dürfte aus meiner Sicht keinerlei Auswirkung darauf haben, ob andere Staaten bewaffnete Drohnen beschaffen oder nicht.
- Das vorgebrachte Anliegen, Auslandseinsätze der Bundeswehr obsolet zu machen, mag aus pazifistischer Sicht natürlich ehrenwert sein, würde aber in letzter Konsequenz auch UN-Friedensmissionen einschließen.
- Die Behauptung, die "Verfügbarkeit bewaffneter Drohnen würde […] die Hemmschwelle für den Eintritt in kriegerische Auseinandersetzungen senken", halte ich in diesem Fall nur für bedingt zutreffend. Nachdem eine Kriegsführung ausschließlich mit Drohnen nur für sehr begrenzte Szenarien denkbar ist, dürfte die Verfügbarkeit einer geringen Anzahl an bewaffneten Drohnen die Zahl der zu entsendenden Soldat*innen kaum reduzieren. Insofern dürfte dies für den Bundestag, der die Einsätze der Bundeswehr schließlich mandatieren muss, keine wesentliche Reduzierung der Hemmschwelle zum Einsatz militärischer Mittel darstellen. Hinzu kommt, dass es meines Wissens nicht vorgesehen ist, Drohnenoperationen aus Deutschland zu steuern, sodass das Bedienpersonal ohnehin in das jeweilige Einsatzgebiet entsandt werden müsste.
- Dass die Beschaffung bewaffneter Drohnen das Signal senden würde, "die deutsche Bundesregierung sei an einer Eskalation der bestehenden globalen Konflikte interessiert", halte ich mit Verlaub für an den Haaren herbeigezogen. Welche globalen Konflikte sollen das denn sein, die man mit bewaffneten Drohnen eher eskalieren lassen könnte als ohne?
- Der immer wieder gezogene Vergleich mit dem - in Teilen tatsächlich sehr kritikwürdigen und rechtlich problematischen - Einsatz bewaffneter Drohnen durch die USA verfängt aus meiner Sicht nur bedingt, da wir hier von völlig unterschiedlichen politischen Vorgaben sprechen. Natürlich sind hier klare Einsatzregeln erforderlich, das bildet die Forderung im Koalitionsvertrag aber ab. Vergleicht man bewaffnete Drohnen mit anderen Waffensystemen, so ermöglichen sie theoretisch sogar eine Reduktion ziviler Opfer, schließlich können sie deutlich länger vor Ort bleiben als bemannte Kampfflugzeuge und so mehr Informationen sammeln. Zudem sind sie teilweise präziser als andere Waffensysteme, was Kollateralschäden reduzieren kann.
- Auch hier wird leider wieder einmal die Debatte um die Beschaffung bewaffneter Drohnen mit der Debatte um Autonomie in Waffensystemen vermischt. Das halte ich für unseriös, weil es bei der aktuellen Debatte explizit nicht um die Beschaffung autonomer Systeme geht.
- Zu behaupten, "der Schutz von Soldat:innenleben durch sie [sei] bisher nicht glaubhaft" gemacht, ohne weiter auszuführen, weshalb dies bislang nicht glaubhaft gemacht worden sei, halte ich für ähnlich zweifelhaft. Ich empfehle hierzu beispielsweise, sich den Ablauf des Karfreitagsgefechts einmal genauer anzusehen.
- Zu suggerieren, das Thema sei bislang nicht ausreichend diskutiert wurden, ist angesichts einer zwischenzeitlich mehr als neunjährigen Debatte zum Thema wenig glaubhaft. Auch die Argumentation, die Debatte auf der BDK sei dem Thema nicht gerecht geworden, halte ich für sehr durchschaubar.
- Ebenso wenig glaubhaft erscheint der Satz, man könne "mit dem Verzicht auf bewaffnete Drohnen [...] innerhalb der bestehenden Staatenbündnisse und darüber hinaus […] ein starkes Signal der Friedensbereitschaft aussenden". Wie oben bereits angeführt, hat Deutschland keine solche Vorbildwirkung. Angesichts der zahlreichen Staaten, die aufgrund der militärischen Vorteile bereits bewaffnete Drohnen besitzen oder diese selbst herstellen, könnte man diesen Satz mit etwas bösem Willen sogar als realitätsfern bezeichnen.
Wie bereits bei der Debatte zum Wahlprogramm möchte ich abschließend noch einmal auf den folgenden Artikel zum Thema von Dr. Ulrike Franke, Senior Policy Fellow beim European Council on Foreign Relations, verweisen, der auf einige der hier vorgebrachten Argumente ebenfalls eingeht: https://internationalepolitik.de/de/bewaffnete-drohnen-ja-nein-vielleicht
Simon Lissner:
mit der Begründung, weil "die anderen auch aufrüsten", lässt sich jedes Rüstungsvorhaben "begründen". Bewaffnete Drohnen wurden bisher erstrangig dazu eingesetzt, völlig illegitim und völkerrechtswiedrig auf Menschenjagd zu gehen. Afghanistan ist Mahnung, genau dafür. Die sogenannten "Kollateralschäden" sollen stets geheim gehalten werden (Menschen also, die "eigentlich" nicht getroffen werden sollten, aber entweder gänzlich irrtümlich getroffen wurden, oder halt zufällig "im Weg" standen). Was bitte, sollen denn die "Rules of Engagement" sein? Die Verfolgung Assanges, wird stellvertretend für WikiLeaks und andere Aufklärer geradezu hingerichtet. Eine Schande für die Demokratie(n) - auch die deutsche, diesen Menschen keinen Schutz zu bieten. Eines Schande für die US - Demokratie.
Allein sich darüber Gedanken zu machen, bestätigt den Willen, Interessen mit Waffengewalt durchzusetzen. Gänzlich fatal wird die ganze Sache, wenn wir nun daran mit machen, "Deutschlands Interessen (was auch immer das sein mag), nicht "nur" am Hindukusch zu verteidigen (was ja gerade nach 20 Jahren krachend gescheitert ist), sondern überall dabei zu sein, wo es stinkt und kracht. Dauerhaften Frieden wird es nur geben, wenn die Sicherheitsarchitektur auf kontinuierliche Abrüstung aufbaut und nicht, indem immer neues Kriegsarsenal angeschafft wird. Dass mit der ähnlich lautenden Begründung unterdessen Annalena Baerbock vertritt, auch die Modernisierung der nuklearen Transportmittel (Ersatz des Tornado) sei unter der Koalition von SPD/GRÜNEN und FDP zu erwarten, passt da ganz in diese Linie. Also: Die GRÜNEN haben sich nicht nur mit der Existenz der Atomwaffe "abgefunden", sondern sie werden sich der Zertifzierung dieser Geräte zur Nukleartauglichkeit nicht widersetzen?
Das ist eine Entwicklung, zu der ich zunehmend nur sagen kann: Hätte ich das in den 80igern des zwanzigsten Jahrhunderts geahnt, hätte ich mich nicht am Aufbau einer solchen Partei beteiligt. Eine weitere Partei der Atomwaffen erhaltenden Art und nach Aufrüstung plärrenden Art brauche ich jedenfalls nicht.
Guido Huppertz:
ganz richtig: wir unterhalten und modernisieren Streitkräfte, weil andere Staaten das ebenfalls machen. Rüstungsvorhaben anderer Staaten bedingen Rüstungsvorhaben auf unserer Seite. Unterlassen wir die zyklische Modernisierung unserer Streitkräfte, würden diese nach einiger Zeit weder eine abschreckende Wirkung besitzen noch im Einsatz tauglich sein. Moderne Streitkräfte zu unterhalten hat nichts damit zu tun, überall mitmachen zu wollen, wo es "stinkt und kracht". Das Thema ist eigentlich zu ernst, um so undifferenziert damit umzugehen, wie manche es hier tun. Als Totschlagargument bemühte Klischees wie "Killerdrohnen" sagen viel über den Verwender aus, aber nichts über den tatsächlichen Sachverhalt, über den wir hier diskutieren. Weder die Bundeswehr noch die Kritiker dieses Antrags - zu denen ich mich ausdrücklich rechne - haben irgendein Interesse an illegalen Tötungen.
Karl-Wilhelm Koch:
Felix Bohnacker:
Schließlich sollen die Drohnen explizit nicht zu diesem Zweck eingesetzt werden, wie auch dem Koalitionsvertrag entnommen werden kann: "extralegale Tötungen – auch durch Drohnen – lehnen wir ab"
Karl-Wilhelm Koch:
man sieht, dass du dir den Beitrag entweder nicht angeschaut hast oder nicht verstanden hast. Es geht daran ausdrücklich nicht um die (m.E. als weiteres schwerwiegendes Gegenargument zu sehende) "extralegale Tötungen" (hier eines Al Qaida-Führers in Syrien), sondern um die unpräzise Einsatzmöglichkeit und damit um unvermeidbare "Kollateralschäden" (dieses verharmlosende Neusprech sollte man besser als Killen und Verstümmeln Unschuldiger kennzeichnen). Wie willst du DAS im Bundeswehreinsatz ausschließen? Oder nehmen wir es billigend in Kauf?
Simon Lissner:
Simon Lissner:
Guido Huppertz:
Zum Beispiel, weil der Einsatz bemannter Systeme Leben von Piloten - die immer schwerer zu finden sind - gefährdet und deutlich teurer ist. Wer gegen unbemannte Systeme plädiert, muss konsequenterweise für eine Erhöhung des Wehretats plädieren.
Simon Lissner:
Harald Höppner:
Dreh mal den Spieß um, was würdest du sagen wenn z.B. der Iran Drohnen zu uns entsendet die ferngesteuert unerwünschte Personen eliminiert ?
Für solche missglückten Aktionen der Allianz wurde dann das Wort „Kollateralschaden“ erfunden.
Harald Höppner:
Zitat Koalitionsvertrag:
„Bewaffnete Drohnen wollen wir verstärkt in internationale Kontrollregime einbeziehen.“
..Also noch mehr Kollateralschäden durch anonymes töten ?
Das widerspricht dem Punkt des Koalitionsvertrags „extralegale Tötungen auch durch Drohnen lehnen wir ab“
Eine klare Stellungnahme der unterzeichnenden Grünen Politiker hätte ich mir dazu gewünscht.
Guido Huppertz:
Ein "internationales Kontrollregime" führt also gerade zu weniger Waffeneinsatz und nicht zu mehr Kollateralschäden.
Kadir Kocak:
Simon Lissner:
Du behauptest entgegen fachlichen Untersuchungen, bewaffnete Drohnen ergäben zum Schutz der Bundeswehr Sinn. Das ist klar und faktisch widerlegt. Sie werden nicht zum "Schutz" der Bundeswehr eingesetzt und das entspricht auch nicht der "Arbeitsbeschreibung" für bewaffnete Drohnen. Ihr bisheriger Einsatz diente der völkerrechtswidrigen Menschenjagd mit der katastrophalen Folge, sogenannter (ziviler) Kollateralschäden. Weshalb behauptest du, dies sei unter der Bundeswehr anders, obgleich die "rules of engagement" z.B. in Afghanistan nahezu und schlicht diejenigen des NATO-Partners USA waren? Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass Kriegsdrohnen der Bundeswehr einem anderen als kriegerischen Zweck dienen werden.
Profit aus Kriegswaffen zu ziehen - ist das deiner Auffassung nach, "Grüner Wert"? Ich denke nicht, dass dies ein Grüner Wert ist, und empfehle, sich einmal mit der Grünen Geschichte zu befassen.
Nun auch noch zu behaupten, die Produktion und der Export dieser Kriegswaffen würden eine sinnvolle Maßnahme zur Einnahme-Maximierung gegen die Blockade der FDP sein, ist nicht nur abwegig, sondern schlicht eine Pervertierung jedes Ansatzes humanitärer Verpflichtung. Interessant ist allein dein Hinweis, man dürfe in der Außen- und Verteidigungspolitik nicht "weiter nach Links" rutschen, aber in der Sozial- Bildungs- und Klimapolitik sei es sinnvoll, weiter nach "links" zu rutschen. Dir scheint dabei völlig zu entgehen, dass jeder "kleine Krieg" eine klimapolitische Dreckschleuder erster Güte ist. Die gesamten Rüstungs"anstrengungen" auf diesem Planeten sind in jeder Hinsicht asozial, fressen Ressourcen und so weiter und dass alle behaupten, dies diene der "Verteidigung" ist ein alter Treppenwitz. Diese Rüstungen sind Teil des Problems. Die von dir gewünschte Außenpolitik, nennen wir sie einmal in der Diktion des 19. Jahrhunderts, imperiale Außenpolitik, ist ein Widerspruch in sich, zur geforderten "linken" Sozialpolitik, es sei denn du siehst das "soziale" erstrangig als "nationale" Wohlfahrt - und das, das hatten wir schon mal und wollen wir nie wieder!
Du schaffst es tatsächlich in wenigen Sätzen und unglaublicher Oberflächlichkeit über Grüne Werte hinwegzugehen.
Tabitha Elkins:
Angelika Wilmen:
zum Argument des Schutzes von Soldat*innen: Seit 2014 sind keine Bundeswehr-Soldat*innen mehr durch "gegnerische Einwirkung” getötet worden. Viele Bundeswehrsoldat*innen, die beim ISAF-Einsatz in Afghanistan bis 2014 getötet worden sind, verloren ihr Leben durch Selbstmordattentate oder Sprengfallen. Davor schützen auch bewaffnete Drohnen nicht..
Einsatzregeln sind grundsätzlich änderbar. Sie bieten keine langfristige Sicherheit gegen Missbrauch. Die Einsatzregeln für bewaffnete Bundeswehr-Drohnen, die das Verteidigungsministerium vorgeschlagen hat, sind fast identisch mit den Einsatzregeln der USA bei bewaffneten Konflikten. Einen ausreichenden Schutz der Zivilist*innen im Einsatzland bieten sie nicht. Das zeigt der katastrophale Einsatz einer bewaffneten Drohne durch das US-Militär in Kabul am 29. August 2021, bei der zehn Zivilist*innen, darunter sieben Kinder, ermordet wurden. Laut dem Bericht der New York Times vom August und Dezember 2021 haben die USA beim Einsatz von Kampfdrohnen in den letzten Jahren in Afghanistan, im Irak, und in Syrien etliche Tausende Zivilist*innen getötet. Die Enthüllungen zeigen, dass besonders viele Zivilist*innen gerade beim Einsatz von bewaffneten Drohnen "zum Schutz" von US- und NATO-Streitkräften vor "unmittelbaren" Bedrohungen umgebracht wurden.
Die Drohnenbewaffnung ist ein entscheidender Schritt in Richtung eines autonomen Krieges. Eine bewaffnete Drohne, die von Menschen gesteuert wird, kann durch Austausch der Software zu einer autonomen Waffe werden. Davor haben im November 2021 KI-Forscher*innen aus Deutschland, Großbritannien und Österreich gewarnt. Das Bedrohungsszenario eines autonomen Krieges wird durch ferngesteuerte, automatische, teilautonome und autonome Waffen immer wahrscheinlicher. Es besteht die Gefahr von ungewollter Eskalation und von Hackerangriffen.
Viele Grüße, Angelika
Karl-Wilhelm Koch:
Philipp Schmagold:
Danke für euren Einsatz, liebe Lene, liebe Svenja und liebe Unterstützer*innen!
Erst hatten wir Drohnen "nur" zur Beobachtung.
Jetzt sollen sie bewaffnet werden.
Und die nächste drohende und schon absehbare Stufe der Aufrüstungsspirale wird die bewaffnete KI-Drohne, die beispielsweise im Fall einer unterbrochenen Funkverbindung autonom entscheidet, wer wann angegriffen wird.
Philipp
Kandidat als stellvertretender Bundesvorsitzender
https://antraege.gruene.de/47bdk/dr-philipp-schmagold-stellvertretender-vorsitzender-des-bundesvorst-999
Martin Forberg:
Eine Annahme des Antrags würde auch die ja jetzt sehr erfolgreiche Politik von Annalena Baerbock als Außenministerin unterstützen, eben eine Politik, die auf Verhandlungen und mögliche Sanktionen in Sachen Russland / Ukraine setzt und nicht auf Waffen.
Die Kampfdrohnen stehen zugleich in einem krassen Spannungsverhältnis zu einem anderen Projekt, das sehr gut durchdacht ist und ebenfalls im Koalitionsvertrag steht, nämlich das Rüstungsexportgesetz, das im Ministerium von Robert Habeck (Wirtschaft und Klimaschutz) von Sven Giegold erarbeitet bzw. geplant wird. Denn: dieses Gesetz will gerade Rüstungsexporte in Krisengebiete unterbinden, bei den Kampfdrohnen geht es wohl letztlich um ein reines Rüstungsprojekt mit dem Ziel des weiteren Exportes - also das krasse Gegenteil des Gesetzes.
Es geht also hier nicht um eine umfassende Verteidigungsstrategie, weder NATO-Strategie noch europäische, sondern um zusätzliche Gewinne durch Rüstungsunternehmen. Auch die These, dass dadurch Soldat:innen geschützt würden, ist offenbar längst durch Erfahrungen z.B. aus den USA widerlegt. Sicher ist hingegen, dass zahllose Zivilist:innen getötet wurden und dass die Technologie dies nicht verhindert.
Und auch das Argument, durch die Annahme dieses Antrages würde ein Koalitionskrach herauf beschworen, scheint kaum berechtigt zu sein. Denn: die SPD-Führung hat ja offenbar auf dem Parteitag im Dezember zugesagt, die innerparteiliche Diskussion wieder zu öffnen. Wenn wir Grüne das auch tun, gehen wir vermutlich durch ein ohnehin geöffnetes Tor. Und für die FDP ist es vielleicht auch nicht das Riesenproblem.
Es würde sich ja auch nicht darum handeln, den Koalitionsvertrag an dieser Stelle aus Lust und Laune umzuschreiben, sondern der Koalitionsvertrag ist hier widersprüchlich und bedarf der Überarbeitung im beschriebenen Sinn, um sinnhaft und nicht völlig widersprüchlich zu sein. Die Annahme des Antrages würde die Ampelkoalition meiner Meinung nach nicht spalten, sondern ihre Arbeit abrunden. Sollte der Antrag keine Mehrheit finden, fände ich es in jedem Fall gut, wenn der neue Vorstand von sich aus die innerparteiliche Diskussion fördern würde. Wir wollen doch in Sachen innerparteilicher Transparenz und Debatte nicht hinter der SPD zurückbleiben, oder? (Diese Bemerkung ist natürlich nicht "böse", sondern eher scherzhaft und freundlich mit ernstem Hintergrund gemeint :). Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit!
Philipp Schmagold:
Svenja bringt den Antrag gerade ein.
Danke!
Simon Lissner:
deine Argumentation ist ja nun wirklich nicht schlüssig. Selbst der größere Koalitionspartner hat diese Frage in den Bundesvorstand zur erneuten Prüfung und Debatte verwiesen. Der Koalitionsvertrag selbst verweist darauf, dass die Frage zunächst sorgfältig zu prüfen ist. Deshalb stellt der Antrag ja eher klar, dass man dies a) einhalten will und b) wir nicht in dieser Legislatur mit "Überraschungen" rechnen brauchen - es sei denn das ist andernorts etwas anderes bekannt ...? Ich hoffe die Delegierten erkennen, dass dieser Aufrüstungsschritt wirklich nicht im GRÜNEN Sinne ist.
Simon Lissner:
deine Argumentation ist ja nun wirklich nicht schlüssig. Selbst der größere Koalitionspartner hat diese Frage in den Bundesvorstand zur erneuten Prüfung und Debatte verwiesen. Der Koalitionsvertrag selbst verweist darauf, dass die Frage zunächst sorgfältig zu prüfen ist. Deshalb stellt der Antrag ja eher klar, dass man dies a) einhalten will und b) wir nicht in dieser Legislatur mit "Überraschungen" rechnen brauchen - es sei denn das ist andernorts etwas anderes bekannt ...? Ich hoffe die Delegierten erkennen, dass dieser Aufrüstungsschritt wirklich nicht im GRÜNEN Sinne ist.