| Veranstaltung: | 48. Bundesdelegiertenkonferenz | 
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | ES Sichere Energieversorgung für den Winter | 
| Antragsteller*in: | KV Friedrichshain-Kreuzberg (dort beschlossen am: 30.08.2022) | 
| Status: | Zurückgezogen | 
| Angelegt: | 31.08.2022, 18:09 | 
ES-04: Am Atomausstieg festhalten - keine Laufzeitverlängerung und auch kein Streckbetrieb
Antragstext
Wir fordern die Bundesregierung, insbesondere die bündnisgrüne Fraktion und 
Wirtschaftsminister Robert Habeck dazu auf, am Koalitionsvertrag und somit am Atomausstieg 
festzuhalten. Eine Atomgesetznovelle, die den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken über den 
31.12.2022 hinaus erlaubt, lehnen wir ab.
Wie vereinbart, muss zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 der Schwerpunkt der 
Anstrengung der Energieversorgung auf dem Ausbau und der Nutzung der Erneuerbaren Energien 
liegen. Atomkraft darf ab Dezember 2022 weder für die Strom- oder die generelle 
Energieversorgung eingesetzt werden. Denn:
- Die Debatte um eine sogenannte Laufzeitverlängerung oder gar einen Wiedereinstieg in 
 die Atomenergie ist rein politisch motiviert.
- Atomenergie ist teuer - pro Kilowattstunde aus einem neuen AKW zwischen drei- und 
 viermal so teuer wie Energie aus Wind- oder Solaranlagen.
- Atomkraft ist unflexibel und damit nicht zum Betrieb gemeinsam mit Solar- und 
 Windenergie geeignet und natürlich gefährlich.
Es geht den Befürworter*innen einer als “Streckbetrieb” getarnten Laufzeitverlängerung nicht 
um die sichere oder gar die günstige Versorgung mit Energie, sondern nur ausschließlich 
darum, vermeintliche “Lebenslügen der Grünen” aufzuzeigen und die Energiewende als Ganzes in 
Frage zu stellen. Der grenzenlose Zynismus der Pro-AKW-Lobby zeigt sich bereits daran, dass 
ein “Streckbetrieb” mit der möglichen Unzuverlässigkeit französischer AKW begründet wird. 
Dabei ist glasklar, dass sich die Strom- und Energielücke durch das Ausbleiben russischen 
Gases und den möglichen weiteren Ausfall französischer AKW anders weit besser beheben lässt, 
etwa durch eine Flexibilisierung von Biogasanlagen, das Ende der Drosselung der PV-
Einspeisung, die kurzfristige Ertüchtigung von Netzen, etwa durch Batterien sowie im Zweifel 
durch das stundenweise Abschalten großer Lasten. All das bietet ein Vielfaches an Potential 
als der Weiterbetrieb der Atomkraft.
Atomkraftwerke bieten keine Energiesicherheit
AKW, z.B. in Frankreich müssen in Hitzesommern wie 2022 abgeschaltet werden, wenn Flüsse zu 
warm werden und nicht ausreichend Kühlwasser liefern können, bzw. wenn durch das abgeleitete 
Kühlwasser die Maximaltemperaturen überschritten werden. Frankreich ist diesen Sommer auf 
Strom aus Deutschland angewiesen, weil 40 % der AKW wegen Störungen, Wartungsarbeiten oder 
mangelndem Kühlwasser nicht laufen können. Atomkraft leistet hier keinen Beitrag zur 
Versorgungssicherheit, und ist absehbar nicht mehr mit dem Klimawandel verträglich.
AKW sind unflexibel
AKW können nicht flexibel hoch- und runtergefahren werden und hätten deshalb immer Vorrang 
vor dem Strom aus Wind und Sonne. Eine Laufzeitverlängerung würde die Energiewende hin zu 
erneuerbaren Energien blockieren. Statt auf regionale Brown-Outs mit flexiblem 
Lastmanagement zu reagieren, soll auf Verdacht atomare Grundlast vorgehalten werden – auch 
um den Preis Windräder und Photovoltaik in verbrauchsarmen Zeiten abzuschalten.
Hohe wirtschaftliche Risiken
Die Betreiber der letzten drei AKW verlangen jetzt schon, dass der Staat wirtschaftlich 
einspringt und die Haftung für alle Risiken übernimmt. Dies würde zu einer zusätzlichen 
Belastung des Bundeshaushalts führen, denn niemand wird diese Kraftwerke versichern. Wir 
brauchen das Geld für die Energiewende!
AKW sind unsicher!
Seit drei Jahren, seit 2019, ist die gesetzlich vorgeschriebene periodische 
Sicherheitsüberprüfung für die noch laufenden AKW eigentlich überfällig. Eine seriöse 
Sicherheitsprüfung dauert rund zwei Jahre. Genau solche Sicherheitsüberprüfungen haben in 
Frankreich zum Abschalten von AKW geführt. Gefahren erkennt man erst, wenn man prüft! 
Betreiberfirmen der Atomkraftwerke haben angekündigt, ab dem ersten Januar keine Haftung für 
Unfälle übernehmen zu wollen. Eine wie auch immer geartete Laufzeitverlängerung hieße, dass 
die Abgeordneten des Deutschen Bundestages diese Anlagen ungeprüft für sicher erklären 
würden. Der Ersatz einer Prüfung durch die zuständige Atomaufsicht durch den Glauben des*der 
einzelnen Abgeordneten ist kaum mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz 
von Leben und Gesundheit zu vereinbaren. Vor diesem Hintergrund ist eine 
Laufzeitverlängerung der letzten drei AKW in jedem Fall zu verhindern.
Steckbetrieb führt fast zwangsweise zu Laufzeitverlängerung!
Für die Streckbetrieb genannte Laufzeitverlängerung, in der die Anlagen mit den 
verbleibenden Brennelementen auskommen müssen, müsste die Stromproduktion jetzt schon 
gesenkt werden, damit der Brennstoff länger reicht. Die zeitliche Verlängerung würde nicht 
zu mehr Strom führen. Werden hingegen die Brennelemente im Jahr 2022 voll abgebrannt und 
Anfang 2023 dennoch weiterverwendet, dann sinkt die Kraftwerksleistung im Frühjahr schnell 
ab – auch dann bleibt der Zusatz- Beitrag zur Stromerzeugung sehr überschaubar. Verglichen 
mit dem gesetzgebungstechnischen und politischen Aufwand, der dafür nötig wäre, lohnt sich 
das in keiner Weise. Die Befürworter*innen eines Streckbetriebs liefern zudem jedes Argument 
für eine darüberhinausgehende Laufzeitverlängerung, da die Lage im Winter 2023/24 in Bayern 
kaum anders sein wird als in diesem. Wer mit Streckbetrieb anfängt, droht am Ende bei einer 
Verlängerung mit neuen Brennelementen zu landen.
Wir teilen die wissenschaftliche Sicht der Umweltverbände
Wir teilen die Position von
- .ausgestrahlt, dass AKW weder nutzbare Wärme erzeugen noch Erdgas als Industrie-
 Rohstoff ersetzen, sondern ihr Weiterbetrieb für CDU, CSU und FDP bloß den Ausstieg
 vom Ausstieg einleiten soll.
- der Deutschen Umwelthilfe (DUH), dass ein Weiterbetrieb der drei verbleibenden 
 deutschen Atomkraftwerke Neckarwestheim II, Emsland und Isar 2 ein unkalkulierbares
 und vollkommen unnötiges Sicherheitsrisiko darstellt, das keinen Beitrag zur
 Energiesicherheit leisten würde.
- des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), dass Atomkraft eine 
 unberechenbare Hochrisiko-Technik ist und für die Energieversorgung mit einem Anteil
 von etwa einem Prozent am Endenergieverbrauch weder kurz- noch mittelfristig eine
 wesentliche Rolle spielt. Die letzte periodische Sicherheitsprüfung der letzten drei
 AKW, die mindestens alle 10 Jahre erfolgen muss, fand 2009 nach den
 Sicherheitsanforderungen aus den 1980er Jahren statt. Das Uran kommt zudem derzeit
 auch aus Russland und Kasachstan. Das ist keine Energieunabhängigkeit.
- des Naturschutzbund Deutschland (NABU), dass nicht die Atomkraft die erhoffte 
 Importunabhängigkeit und Versorgungssicherheit gewährleistet, sondern einzig die
 heimischen Erneuerbaren Energieträger Wind, Biomasse, Solar, Wasser und Erdwärme.
Wir müssen unserer Voreiterrolle treu bleiben!
Eben weil Atomkraft eine gefährliche, nicht beherrschbare Energietechnologie ist, haben wir 
uns seit unserer Gründung für Alternativen stark gemacht. Der gesetzlich beschlossene 
Atomausstieg und der Einstieg in die Erneuerbaren Energien gehören zusammen - haben nicht 
nur zu einem breiten gesellschaftlichen Konsens geführt. Der Atomausstieg steht daher auch 
für Verlässlichkeit und Investitionssicherheit in der Energiepolitik. Die deutsche 
Energiewende mit der hier eingeleiteten Kostendegression ist verantwortlich, dass weltweit - 
von China bis in die USA - Erneuerbare Energien boomen. Jedes Jahr gehen mehr erneuerbare 
als fossile Kapazitäten und ein Hundertfaches als atomare
Kapazitäten ans Netz. Wenn nun Deutschland, das inzwischen mehr als doppelt so viel Strom 
erneuerbar erzeugt als die Atomenergie in ihren besten Zeiten, sich durch eine 
Laufzeitverlängerung ohne sachlichen Grund selbst bescheinigt, nur mit Atomenergie 
Versorgungssicherheit herstellen zu können, ist dies ein gewaltiger Rückschlag für die 
globale Energiewende.
Den Atomkonsens bewahren
Der Atomkonsens ist eine Errungenschaft jahrzehntelanger Bemühungen unserer Partei, die wir 
unter keinen Umständen wieder aufgeben sollten. Das gilt gerade für den Entsorgungskonsens. 
Die Endlagersuche für den eine Million Jahre strahlenden Atomabfall ist ungelöst. Es ist 
eine Frage der
Generationengerechtigkeit, den nächsten 40000 Generationen nicht noch mehr strahlenden 
Atommüll aufzubürden – und stattdessen konsequent auf den Ausbau von Wind- und 
Sonnenenergie, Energieeffizienz und Energiesparen zu setzen.
Energiewende umsetzen statt falsche Rezepte von gestern erneut zu probieren
Bayern, wo jetzt am lautesten nach Laufzeitverlängerung gerufen wird, ist durch die 
verfehlte Energiepolitik wie kein anderes Bundesland auf Stromimporte angewiesen. Die 
bayerische Regierung muss endlich Energiesparmaßnahmen umsetzen. Neun der 18 Städte mit dem 
pro Kopf höchsten Energieverbrauch liegen in Bayern. Kein Strom für die Beschneiung der 
bayerischen Alpen ist nur ein Beispiel für das gigantische Stromsparpotenzial. Die 8% Strom 
aus Atomkraft und die Verstromung von Erdgas werden vor allem durch Sparmaßnahmen und ein 
bedarfsgerechtes Lastmanagement ersetzt werden müssen. Pro Kopf verbraucht Bayern übrigens 
doppelt so viel Gas wie der Rest des Landes. Bayern muss aber vor allem sofort damit 
aufhören, den Ausbau von Windkraft und Stromtrassen zu verhindern.
Energie aus Sonne und Wind statt aus Kohle, Gas, Öl - und Atom
Die Argumente gegen Atomkraft gelten weiter. Würden wir die atomare Gefahr für einige Monate 
Streckbetrieb akzeptieren, statt mit aller Kraft Energie zu sparen und erneuerbare Energie 
auszubauen, riskieren wir die Energiewende. Die Debatte um eine Laufzeitverlängerung auch in 
Form eines Streckbetriebs von AKW zieht die Aufmerksamkeit und Energie weg von der einzig 
nachhaltigen und langfristig tragfähigen Lösung für die Energiekrise: den Ausbau der 
Erneuerbaren.
Begründung
erklär sich selbst :-)

Kommentare
Jan-Hendrik Schleimer:
Merz und Herr Lindner nutzen sie aus rein politischen Motiven. Die Diskussion wird
aber auch in der Gesellschaft (80% für Laufzeitverlängerung, 41% für AKW Neubau) und
in der Wissenschaft geführt. Das sind nicht alles nur FDP, CDU oder AFD Wähler. Und
vorallem auch eine wissenschaftliche, siehe [1] für eine Studie aus der letzten Woche.
Wir haben uns lange ausruhen können auf einem Gesellschaftlich getragenen Konsens gegen
AKWs. Die AKW Befürworter haben ihre Argumentationen in dieser Zeit stark verbessert.
So stehen unsere schwer quantifizierbare Sicherheitsbedenken gegen konkret vorgerechnete CO2
Einspahrungen.
Wenn man vorgerechnet bekommt, das ein Weiterbetrieb von 3 AKWs bei gleichzeitigem
abschalten entsprechender Kohlekraftwerke ca 25 Mt Tonnen CO2 einsparen
würde und bis 2024 den Strompreis stabilisieren würde [1] sind das sehr viel
handfestere Argumente als die, natürlich berechtigete Angst, einer
Raktorkatastrophe. Natürlich sieht man das ein laufendes AKW in einer
Kriegsregion sehr problematisch ist und unsere stehen kaum 2000 km davon
entfernt. Dennoch bleibt es eine Abwägung. Wir selbst haben den Bürgern immer
wieder erklärt wie gefährlich der Klimawandel ist. Es gibt gerade unter den jüngeren
Grünenwählern viele die sich fragen ob die CO2 Ersparnisse nicht den Weiterbetrieb
rechtfertigen. Und viele Fragen sich ob die Dekarbonisierung nicht vor dem Atomausstieg
geschehen sollte.
Natürlich ist ein Einkaufen von Brennstäben eine genauso bedenkliche
Abhängigkeit wie beim Gas. Wir müssen aber auch einsehen, dass wir bei der
Energiewende massiv hinterher hängen. Und zwar nicht nur beim Ausbau der EEs,
sondern vor allem beim Ausbau der benötigten 3 TWh Speicherkapazität. Wenn wir
das nicht in den Griff bekommen bedeutet ein EE Ausbau erstmal eine tendenziel
höhren Bedarf an Gas (aber natürlich weniger Kohle und AKWs).
Wir können nicht gegen alles sein. Den Kohleabbau, das AKW betreiben usw.
Ich finde Robert versucht das Spagat und wir sollten ihn dabei unterstützen.
Wenn wir als Partei weniger flexibel sind als unsere Wähler können wir schnell
den Anschluss verlieren.
[1] https://www.wirtschaftstheorie.rw.fau.de/2022/10/07/kurzstudie_mobilisierung_erzeugungskapazitaeten/