Antrag: | Klimakrise als Menschheitsaufgabe: für Klimaschutz, für Freiheit |
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Antragsteller*in: | Nelly Waldeck (KV Kiel) und 51 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 37%) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Erledigt durch: I-11-351 |
Eingereicht: | 22.09.2022, 20:46 |
K-06-111: Klimakrise als Menschheitsaufgabe: für Klimaschutz, für Freiheit
Verfahrensvorschlag zu I-11-351: Antragstext
In Zeile 351 einfügen (I-11: Dringlichkeitsantrag: In Zeiten fossiler Inflation: sozialen Zusammenhalt sichern, Wirtschaft stärken):
Die drei Entlastungspakete und der Abwehrschirm sind darauf ausgerichtet, die schweren sozialen und ökonomischen Folgen der Energiekrise abzumildern. Die Symptome der fossilen Inflation werden so gelindert. Jetzt gilt es aber auch die Ursache zu bekämpfen: unsere Abhängigkeit von fossilen Energien. Die USA investieren mit dem Inflation Reduction Act 370 Milliarden US-Dollar vor allem in Klimaschutz. Auch wir wollen die Potentiale der Erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz nutzen, um die Energiepreise langfristig in den Griff zu kriegen - aber ohne Protektionismus. Nur wenn uns die Transformation der Wirtschaft aus der Abhängigkeit von fossilen Energien gelingt, haben wir als Industriestandort eine Zukunft. Die Bundesregierung muss deshalb alle Klimaschutzinvestitionsbremsen lösen und die ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen konsequent auf den schnellstmöglichen Ausbau von Erneuerbaren, Energieeffizienz und Energieeinsparung umstellen.
Fossile Inflation bekämpfen – fossile Energien ersetzen
Wir wollen mit einem Gesetz zur Bekämpfung fossiler Inflation (InflationsbekämpfungsG) bei den Ursachen der fossilen Inflation ansetzen:
- 100 Milliarden Euro zusätzlich für Klimaschutzinvestitionen. Um die Energiekosten langfristig zu senken, sichern wir den Ausbau der Produktionskapazitäten für Wärmepumpen, Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen staatlich ab und richten die öffentliche Beschaffung konsequent an den Klimaschutzzielen aus. Auch die energetische Modernisierung öffentlicher Gebäude und die komplette Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED dürfen nicht länger an fehlenden Investitionsmitteln scheitern. Mit den Mitteln soll zudem mit dem Bau einer Infrastruktur für Grünen Wasserstoff begonnen werden. Wir weiten die aufsuchende Energiesparberatung deutlich aus, um die Vulnerabilität von Haushalten gegenüber Energiepreisen nachhaltig zu verringern.
- Ausbau der Erneuerbaren Energien kurzfristig wirksam beschleunigen. Damit die Erneuerbaren die Kosten für Strom, Mobilität und Wärme noch stärker dämpfen, soll das InflationsbekämpfungsG Regelungen enthalten, mit denen bereits genehmigte, aber noch nicht fertiggestellte Windenergieprojekte unkompliziert erweitert werden können, für die PV-Sonderausschreibungen muss Zusätzlichkeit gewährleistet werden.
- Energieverschwendung ordnungsrechtlich verringern. Um teure fossile Energien einzusparen, wollen wir mit dem InflationsbekämpfungsG das Ordnungsrecht nutzen: Gebot zur Nutzung industrieller Abwärme, Gebot zum Ersatz von Erdgas-Straßenbeleuchtung, Stopp des Ausbaus des Gasverteilnetzes und des Neuanschlusses von Wohngebäuden ans Gasnetz in Fernwärmegebieten, Verbot besonders energieaufwändiger und leicht zu substituierender Verpackungen, Ausweitung von Mehrwegsystemen, Einführung einer Sanierungspflicht für die Gebäudeklassen G und H, Beendigung von Leerflügen. Die Regelungen zur Zwangsabschaltung von Wind- und PV-Anlagen wollen wir drastisch reduzieren, auch um Strompreise kurzfristig zu senken.
- Gesetzliche Mindestvorgaben zum Klimaschutz auch im Verkehrssektor erfüllen. Das Bundesklimaschutzgesetz definiert jahresscharf zulässige Treibhausgas-Emissionsmengen, die insbesondere im Verkehrssektor bisher nicht eingehalten werden. Falls der Bundesverkehrsminister keine anderen kurzfristigen Maßnahmen benennt, mit denen er den Verbrauch von Benzin, Diesel und Kerosin auf das zulässige Maß verringert, kann auf ein Tempolimit nicht weiter verzichtet werden. Das Klimaschutzgesetz ist ein Gesetz und keine unverbindliche Leitlinie. Die jahresscharfen Sektorziele und das daraus resultierende Treibhausgasbudget sind einzuhalten.
- Internationale Klimafinanzierung anheben. Durch die Diversifizierung unserer Gasimporte exportieren wir die fossile Inflation in Länder des globalen Südens. Sie zahlen den größten Preis dafür, dass Deutschland sich in den letzten Jahren immer stärker in die Abhängigkeit Russlands begeben hat. Deshalb wollen wir die internationale Klimafinanzierung, die auch dem weltweiten Ausbau der Erneuerbaren Energien dient, deutlich stärker anheben als bisher vorgesehen.
200 Milliarden für den Abwehrschirm helfen Deutschland in der Krise, gleichzeitig geht es jetzt darum Deutschland aus der Krise zu helfen und mit aller Kraft die Ursachen der fossilen Inflation bekämpfen. InflationsbekämpfungsG und der Abwehrschirm sind deshalb für uns inhaltlich und politisch eng miteinander verbunden.
Gemeinsam durch einen Winter der Solidarität
Die Auswirkungen des völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine spüren wir auch
in Form von hohen Preisen bei uns. Die enorme fossile Abhängigkeit von Russland, in die
Deutschland von Vorgängerregierungen getrieben wurde, gibt dem Kreml die Möglichkeit, auch
unseren Wohlstand herauszufordern. Doch wir lassen uns nicht von Vladimir Putin erpressen.
Und das heißt: Wir stehen unverändert solidarisch an der Seite der Ukraine und ihrer
Menschen. Mit weitreichenden Maßnahmen erreichen wir Monat für Monat Deutschlands
Unabhängigkeit von russischen Energieimporten. Und je stärker wir dabei auf erneuerbare
Energien setzen, desto mehr werden künftig auch die Preise sinken.
Doch aktuell leiden viele Menschen in Deutschland und Europa unter immens gestiegenen
Preisen für Energie und Lebensmittel und wissen oft kaum mehr, wie sie ihre Rechnungen
bezahlen sollen. Gerade diejenigen, die schon vor der aktuellen fossilen Inflation, vor dem
russischen Angriff auf die Ukraine und vor der darauffolgenden Energiekrise kaum über die
Runden kamen, werden von den derzeitigen Herausforderungen hart getroffen. So droht sich die
soziale Spaltung nach mehr als zwei Jahren Pandemie ein weiteres Mal zu verschärfen. Viele
Menschen machen sich in dieser Situation berechtigte Sorgen. Deswegen haben wir stets
zielgerichtet diejenigen besonders in den Blick genommen, die von der Krise am härtesten
getroffen werden.
Die Sorge vor steigenden Lebenshaltungskosten reicht bis in die gesellschaftliche Mitte
hinein. Es steht der über lange Zeit erarbeitete Lebensstandard und Wohlstand in Frage. Die
hohen Preise für Energie und Lebensmittel treffen alle Menschen existenziell, die geringe
oder keine Rücklagen haben, das betrifft ca. 40 Prozent der Menschen in Deutschland. Oft
sind es gerade die vielen Beschäftigten, die in systemrelevanten Berufen schon in Zeiten der
Lockdowns unsere Versorgung mit dem Notwendigsten gesichert haben. Sie stellen unsere
Daseinsvorsorge, also das tägliche Brot, die Reparatur der Heizung, die Fahrt im Bus oder
die Betreuung im Kindergarten sicher.
Wir lassen die Menschen in diesem Land nicht alleine. Um sie zu unterstützen, braucht es zum
einen kurzfristige Entlastungen, zum anderen aber muss Deutschland gerechter werden. An
vielen Stellen müssen wir unseren Sozialstaat reformieren und an die Herausforderungen und
Bedarfe unserer Zeit anpassen. Mit Vorhaben wie dem Bürgergeld und der Kindergrundsicherung
schaffen wir mehr soziale Gerechtigkeit in Zeiten sozialer Unsicherheit und Polarisierung.
Insgesamt steht uns als Gesellschaft ein schwerer Winter bevor. Neben der Inflation droht
aufgrund der Energiekrise auch eine Rezession in ganz Europa. Nach zwei Pandemiejahren macht
das auch vielen Unternehmen große Sorgen. Denn durch die seit Mitte Juni reduzierten und
seit Anfang September ausbleibenden Gaslieferungen sind die Energiekosten massiv gestiegen
und setzen besonders kleine und mittelständische Betriebe stark unter Druck. Die hohen
Preise zehren ihre Rücklagen auf und damit die Mittel für Investitionen in den Umbau für
mehr Nachhaltigkeit und vor allem in den Umbau zur Reduzierung des Energieverbrauchs. Hinzu
kommen fortwirkende Lieferengpässe, der handfeste Mangel an Arbeits- und Fachkräften sowie
die allgemein rückläufige Kaufkraft und eine insgesamt erhöhte Unsicherheit. Es darf nicht
dazu kommen, dass unsere Mittelständler, Handwerksbetriebe, aber auch soziale Einrichtungen
und Krankenhäuser in dieser extrem angespannten Phase ihre Liquidität verlieren. Wir müssen
ihnen beistehen, damit sie gut über diesen Winter kommen – und sie bei der Transformation
unterstützen.
Der drohende Nachfrageschock kann die Situation weiter verschärfen. Die teilweise
verdoppelten oder verdreifachten Kosten für Strom, Gas und Lebensmittel müssen die
Bürger*innen an anderer Stelle einsparen. Das hat Auswirkungen auf die Konsumgüternachfrage
in Deutschland. Auch die Tarifpartner wissen: Lohnzurückhaltung ist daher jetzt das falsche
Rezept gegen die Inflation. Expert*innen sehen keine Anzeichen für eine Lohn-Preis-Spirale.
Im Gegenteil, die Reallöhne sinken. Es geht in diesem Winter darum, diejenigen bei den hohen
Preisen zielgerichtet zu unterstützen, die wenig haben.
Es ist aber auch eine Frage ökonomischer und wirtschaftlicher Vernunft, dass wir es nicht
zulassen, die Rezessionsgefahren noch zu verschärfen. Jetzt eine Rezession in Kauf zu
nehmen, um die Inflation zu bekämpfen, wäre genau der falsche Weg. Denn damit würde man
Schaden im Kern der deutschen Wirtschaft riskieren. Wir müssen also beides schaffen: aktiv
gegen die drohende Rezession und gleichzeitig gegen die hohe Inflation vorgehen.
Dabei ist eine kluge Geldpolitik ein wichtiges Instrument von Inflationsbekämpfung. Doch es
liegt an der Politik, die richtigen Maßnahmen zu treffen, damit Geldpolitik wirken kann und
die Menschen vor den Folgen der Inflation geschützt werden. Unser Ziel ist es auch, allen
EU-Staaten mehr Investitionen für den sozial-ökologischen Umbau und für die soziale
Infrastruktur zu ermöglichen. Daher setzen wir uns für eine Weiterentwicklung der EU-
Fiskalregeln ein.
Aus dieser Krise können wir uns nicht heraussparen. Wir brauchen einen starken Schutzschirm
für das Handwerk, für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie für die soziale
Infrastruktur und gleichzeitig müssen wir in die sozial-ökologische Transformation sowie die
Unabhängigkeit unserer Energieversorgung investieren. Nur so kommen wir raus aus der von
Putin getriebenen fossilen Inflation und machen unsere Wirtschaft und Industrie
zukunftsfest.
Klar ist aber auch: Wir werden nicht alle Lasten, die in diesem Winter auf uns zukommen,
ausgleichen können. Deshalb ist es wichtig, unsere Möglichkeiten gezielt einzusetzen, und
dass auch diejenigen ihren Beitrag leisten, die in der Krise gut über die Runden kommen oder
als Unternehmen aufgrund der Krise sogar zusätzliche Gewinne machen.
Soziale Sicherheit schaffen – in der Krise und darüber hinaus
Während sich viele Menschen um die nächste Nebenkostenabrechnung sorgen, fahren einige
wenige Energiekonzerne gerade milliardenschwere Gewinne ein – nicht etwa, weil sie besser
wirtschaften oder klug investiert haben, sondern einzig und allein, weil der russische
Angriff auf die Ukraine die Energiepreise derart in die Höhe getrieben hat. Wir drängen
deshalb bereits seit dem Frühjahr auf die Abschöpfung solcher Übergewinne, um mit den daraus
erzielten Einnahmen gezielt die Bürger*innen zu entlasten.
Mit dem Abschöpfen dieser zufälligen Übergewinne auf dem Strommarkt gehen wir nun einen
ersten wichtigen Schritt, um eine Strompreisbremse zu finanzieren. Damit soll der
Grundverbrauch an Strom für die Menschen bezahlbar bleiben. Für den darüber hinausgehenden
Verbrauch wird der jeweils aktuelle Marktpreis angelegt. So werden Verbraucher*innen, aber
auch kleine und mittlere Unternehmen entlastet und gleichzeitig zur Reduktion ihres
Verbrauchs angeregt. Sollte eine europäische Regelung nicht zustande kommen, werden wir sie
bis Ende des Jahres national einführen. Mit dem Vorschlag einer Solidaritätsabgabe auf
Unternehmensgewinne im Energiebereich jenseits des Stromsektors legt die EU-Kommission nun
nach. Wir werden in der Bundesregierung darauf drängen, dass dieser Vorschlag zügig
angenommen und umgesetzt wird. Wenn eine Einigung auf europäischer Ebene scheitert, setzen
wir uns für eine nationale Übergewinnsteuer auch in diesem Bereich ein.
Die Strompreisbremse soll auch kleinen und mittelständischen Betrieben sowie Vereinen,
Verbänden oder Krankenhäusern und sozialen Einrichtungen zugutekommen. Für sie soll es
ebenfalls ein vergünstigtes Stromkontingent geben, weil auch hier die Belastungen durch die
hohen Strompreise spürbar sind. Daneben führen der schnellere Ausbau erneuerbarer Energien
sowie die beschlossenen Effizienz-Maßnahmen perspektivisch ebenfalls zu günstigeren
Strompreisen.
Außerdem werden wir Maßnahmen ergreifen, um auch den Gaspreis zu senken. Es ist gut, dass
die Expertenkommission, die sich mit den Möglichkeiten einer Preisdämpfung befasst, ihre
Arbeit aufgenommen hat. Auch beim Gas braucht es einen Preisdeckel für den Grundbedarf. Das
würde dafür sorgen, dass der Grundverbrauch bezahlbar bleibt – für die Bürger*innen genauso
wie für die Unternehmen im Land. Außerdem können wir nicht mehr jeden Einkaufspreis
akzeptieren. Eine geschlossen auftretende EU sollte ihr starkes Marktgewicht gegenüber Gas-
exportierenden Ländern und auf den globalen Spotmärkten für Flüssiggas einsetzen, indem sie
Instrumente wie einen Price Cap für den Import von Gas prüft.
In bisher drei Entlastungspaketen haben wir zusammen mit unseren Koalitionspartnern viele
Maßnahmen vereinbart, die denjenigen zu Gute kommen, die die steigenden Preise finanziell
besonders unter Druck setzen. Das sind Menschen mit geringen und mittleren Einkommen,
Familien, Studierende, Rentner*innen und Menschen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind.
Gerade für sie haben wir uns in den Verhandlungen stark gemacht. Und das werden wir auch
weiterhin tun: Sollte die wirtschaftliche und soziale Lage es notwendig machen, müssen zügig
weitere Sofortentlastungen kommen, etwa weitere Direktzahlungen.
Denn ein wirksamer Weg, um Menschen in der Breite kurzfristig vor den Folgen hoher
Energiekosten zu schützen, sind staatliche Direktzahlungen an private Haushalte. Daher haben
wir die Energiepreispauschale auf den Weg gebracht. Dadurch, dass diese der progressiven
Einkommensteuer unterliegt, stellen wir sicher, dass Menschen mit wenig Einkommen am meisten
profitieren. Nun erhalten auch Rentner*innen und alle Studierenden eine Einmalzahlung. In
der Transformation hilft auch ein sozial-gerechtes Klimageld, das wir – wie im
Koalitionsvertrag vereinbart – gemeinsam mit unseren Koalitionspartnern umsetzen wollen.
Direktzahlungen an alle Bürger*innen bieten zum einen die Möglichkeit einer sozial gerechten
Rückzahlung der Einnahmen aus dem CO2-Preis, zum anderen sind sie ein kurzfristiges
Kriseninstrument. Nur fehlt bisher in Deutschland dafür ein Auszahlmechanismus. Das
Finanzministerium muss diesen bis Ende des Jahres vorlegen.
Familien sind besonders betroffen von den steigenden Preisen. Deshalb wollen wir Familien
sehr gezielt unterstützen: Für von Armut betroffene Kinder gilt bis zur Einführung der
Kindergrundsicherung ein monatlicher Kindersofortzuschlag in Höhe von 20 Euro. Für Familien,
deren Einkommen nur knapp oberhalb der Grundsicherung liegt, wird der Kinderzuschlag erhöht
und für kindergeldberechtigte Kinder steigt das monatliche Kindergeld auf 237 Euro im Monat.
Die hohe Kinderarmut in Deutschland werden wir aber nur beenden, indem wir eine echte
Kindergrundsicherung einführen, die alle Kinder erreicht, unabhängig vom Familienmodell
ihrer Eltern. Auf dem Weg dahin müssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um
familienpolitische Antragsleistungen wie den Kinderzuschlag oder Leistungen aus dem
Bildungs- und Teilhabepaket niedrigschwellig und unbürokratisch zugänglich zu machen. Mit
der Kindergrundsicherung werden wir die Familienförderung vom Kopf auf die Füße stellen und
ein zeitgemäßes Sozialstaatsverständnis umsetzen: einfach, automatisch berechnet und
ausgezahlt ohne aufwendiges Antragswesen bei verschiedenen Behörden. Damit werden wir Armut
– auch verdeckte – bekämpfen und sicherstellen, dass jedes Kind und jede*r Jugendliche*r
finanziell abgesichert ist.
Außerdem muss die im Koalitionsvertrag vorgesehene steuerliche Gutschrift für
Alleinerziehende jetzt auch schnell auf den Weg gebracht werden, denn Alleinerziehende
gehören zu denjenigen, die in diesem Land am meisten von Armut betroffen sind.
Menschen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, erhielten bereits eine Einmalzahlung von
200 Euro. Das neue Bürgergeld, das ab Januar 2023 die bisherige Grundsicherung ersetzt, wird
um 53 Euro steigen. Gleichzeitig ändern wir die Berechnungsmethode dauerhaft so, dass die
Inflation künftig früher in die Berechnung einfließt. Auch Kinder und Jugendliche im
Leistungsbezug haben künftig deutlich mehr Geld zum Leben. Und auch die Geldleistungen für
andere Sozialleistungsbeziehende sollen entsprechend fortgeschrieben werden, zum Beispiel in
der Grundsicherung im Alter oder für Asylsuchende.
Strukturell überwinden wir mit dem Bürgergeld endlich Hartz-IV und schaffen eine
bürgerfreundliche Grundsicherung, die mehr soziale Sicherheit schafft und den Fokus auf
Weiterbildung und Qualifizierung legt. Damit kommen wir unserem Konzept der grünen
Garantiesicherung einen wichtigen Schritt näher. Für uns ist klar: Das Bürgergeld muss
perspektivisch noch weiter steigen, und eine bedarfsgerechte und inflationsfeste
Neuberechnung der Regelsätze muss kommen. Die gegenwärtig vereinbarte Erhöhung sehen wir
daher als ersten Schritt hin zu einer armutsfesten Grundsicherung.
Nachdem von uns im Koalitionsvertrag durchgesetzten Sanktionsmoratorium werden
Sanktionsmöglichkeiten über die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hinaus deutlich
eingeschränkt. Und die Kultur im Jobcenter wird eine andere sein. Briefe kommen künftig
weitgehend ohne komplizierte Rechtsfolgenbelehrungen aus und werden somit verständlicher.
Statt Sanktionen setzt das Bürgergeld auf positive Anreize mit dem Weiterbildungsgeld von
150 Euro und dem Bürgergeldbonus von 75 Euro pro Monat als Aufschlag auf den Regelsatz. Wer
sich auf den Weg in einen neuen Beruf macht, wird so direkt für seine Anstrengungen belohnt
– und nicht erst am Ende einer mehrjährigen Ausbildung. Außerdem verstetigen wir den
Sozialen Arbeitsmarkt und stärken damit die Teilhabe von langzeitarbeitslosen Menschen am
Arbeitsleben.
Um Menschen mit wenig Geld knapp oberhalb der Grundsicherung vor den hohen Heizkosten zu
schützen, unterstützen wir mit Heizkostenzuschüssen beim Wohngeld und im BAföG. Im kommenden
Jahr wird es außerdem eine große Wohngeldreform mit einer Heizkosten- sowie einer
überfälligen Klima-Komponente geben. Mit der Reform sollen weit mehr Menschen künftig
Anspruch auf Wohngeld haben. Die Wohngeldbeantragung und -bewilligung muss dabei
niedrigschwellig, digital und schnell gestaltet werden. Das ist eine gesamtstaatliche
Aufgabe. Wir haben im dritten Entlastungspaket zudem Regelungen vereinbart, damit
Mieter*innen in finanziellen Notsituationen ihre Wohnung nicht verlieren und Strom- und
Gassperren verhindert werden. Diese müssen jetzt zügig und wirksam umgesetzt werden. Es
braucht außerdem Schutz für Haushalte mit Indexmieten. Denn bei Indexmietverträgen sind
Mietsteigerungen an die Entwicklung der Verbrauchspreise gekoppelt. Durch die
Preissteigerungen droht den betroffenen Mieter*innen eine massive Anhebung ihrer Miete –
zusätzlich zu den steigenden Heizkosten. Daher wollen wir Indexmieten deckeln.
Bereits vor der aktuellen Krise ist bezahlbares Wohnen zur wichtigsten sozialen Frage in
urbanen Zentren geworden. In den letzten Jahren ist der Bestand an Sozialwohnungen stetig
zurückgegangen. Das müssen wir umkehren, indem wir die verbliebenen Bestände sichern und um
neue erweitern. Deshalb ist es richtig, dass wir uns im Koalitionsvertrag auf eine
Wohnbauoffensive und die neue Wohngemeinnützigkeit geeinigt haben – beides muss nun zügig
kommen. Wir werden in hohem Umfang auch öffentlich geförderte Wohnungen bauen und dauerhaft
sichern.
Klar ist: Wohnen ist ein Grundrecht und muss als Teil der Daseinsvorsorge verstanden werden.
Das bedeutet, dass Wohnen für alle bezahlbar ist. Der Schutz und das Recht von Mieter*innen
muss dafür an verschiedenen Stellen gestärkt werden. Die Mietpreisbremse wollen wir
verlängern und verschärfen. In angespannten Märkten werden wir die Kappungsgrenze von 15 auf
elf Prozent in drei Jahren absenken. Wir werden qualifizierte Mietspiegel stärken,
verbreitern und rechtssicher ausgestalten sowie für mehr Transparenz bei den
Nebenkostenabrechnungen sorgen. Die Modernisierungsumlage wollen wir strikt begrenzen, damit
Kosten nicht einfach auf die Mieter*innen abgewälzt werden können. Auch muss Mietwucher
wirksam bekämpft werden.
Wir müssen außerdem vermeiden, dass Menschen ihre Wohnung verlieren. Bereits ausgesprochene
Kündigungen sollten durch Nachzahlung der geschuldeten Miete zurückgenommen werden.
Strukturelle Wohnungs- und Obdachlosigkeit wollen wir bis 2030 beenden.
Es braucht zukünftig eine effektivere Regulierung der Bodenpreise sowie eine nachhaltige und
sozial ausgewogene Entwicklung des Wohnungsmarktes und des Wohnungsbaus. Im Sinne einer
integrierten Flächenentwicklung und der Schaffung von Wohnraum kommt kommunalen
Flächenreserven verstärkt eine Schlüsselfunktion zu. Das kommunale Vorkaufsrecht wollen wir
daher durch eine Änderung im Baugesetzbuch wieder ermöglichen.
Die von uns durchgesetzte Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro zum
1. Oktober diesen Jahres bedeutet eine gezielte Gehaltserhöhung für viele Millionen
Menschen, insbesondere für Frauen und Beschäftigte in Ostdeutschland. Mit der Anhebung der
Midijobgrenze entlasten wir kurzfristig viele Menschen mit wenig Einkommen außerdem bei
Steuern und Sozialbeiträgen, halten aber am Grundsatz der Parität fest. Auch auf der
europäischen Ebene haben wir mit dem beschlossenen EU-Mindestlohn zum ersten Mal einen
gemeinsamen Standard gesetzt. Der EU-Mindestlohn ist ein wichtiges Werkzeug, um Armut
vorzubeugen, denn es müssen nun alle EU-Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass nationale
Mindestlöhne ein menschenwürdiges Leben ermöglichen. Darüber hinausgehend braucht es eine
EU-Grundsicherung.
Mit dem 9-Euro-Ticket wurden Menschen in diesem Sommer bei der Mobilität spürbar entlastet.
Zudem konnten wir die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs steigern. Es gilt nun, eine
ökologisch nachhaltige, einfache, bundesweit nutzbare und preisgünstige Form der Mobilität
zu realisieren. Die bereits vereinbarte Anschlussregelung soll aus unserer Sicht einen Preis
von 49 Euro nicht übersteigen. Mit weiteren Investitionen in die Schiene haben wir richtige
Weichenstellungen eingeleitet. Darüber hinaus wird es kurzfristig auch eine deutliche
Erhöhung der Regionalisierungsmittel für den ÖPNV brauchen, um Teilhabe in den Regionen zu
verbessern und eine nachhaltige Verkehrswende zu beginnen.
Ferner müssen wir die Daseinsvorsorge in Deutschland flächendeckend sichern. Die Corona-
Pandemie hat gezeigt, welche gravierenden Folgen es hat, wenn soziale Angebote und
Einrichtungen geschlossen sind oder die Arbeit stark einschränken müssen. Krankenhäuser und
Pflegeeinrichtungen stehen durch die steigenden Energiekosten und Inflationseffekte vor
enormen Sachkostensteigerungen, für die oftmals keine Refinanzierung zur Verfügung steht.
Das stellt sie vor existenzielle Herausforderungen. Wir brauchen daher umgehend einen
Energiekostenschutzschirm und eine Inflationskostenbremse für die betroffenen Einrichtungen.
Hart getroffen sind auch die sozialen Dienstleister, also das gesamte Spektrum sozialer
Arbeit, der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Beratungs-, Schutz- und Hilfeeinrichtungen.
Sie sind den massiv gestiegenen Kosten ausgeliefert und können diese nicht weitergeben. Auch
sie müssen wir nun davor schützen, in eine Notlage zu geraten.
Soziale Sicherheit und sozialer Ausgleich sind gerade in Krisenzeiten unverzichtbar, denn
starke Schultern können mehr tragen als schwache. Das bedeutet auch, Verteilungsfragen zu
stellen und Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten abzubauen. Gerade in der Krise ist der
gesellschaftliche Zusammenhalt gefordert.
Standort Deutschland schützen, unsere Industrie umbauen, Unternehmen retten
Die wirtschaftliche Lage ist angespannt. Besonders die kleinen und mittelständischen
Unternehmen, aber auch die energieintensiven Industrien brauchen dringend Unterstützung.
Deswegen setzen wir uns in der Ampel-Koalition dafür ein, mit einem breit aufgespannten und
gut finanzierten Rettungsschirm die Wirtschaft zu schützen. Die Unternehmen können sich
darauf verlassen, dass wir sie in dieser Krise schützen.
Die Energiekrise und die Inflation, aber auch die Dürre haben die Unternehmen in Deutschland
unter Druck gesetzt. Das Energiekostendämpfungsprogramm für die energieintensive Industrie
wollen wir deshalb deutlich erweitern und um eine neue Programmstufe für den
energieintensiven Mittelstand ergänzen – also auch Unternehmen einbeziehen, die nicht
unmittelbar im internationalen Wettbewerb stehen. Dadurch unterstützen wir gerade die
besonders betroffenen Branchen des Mittelstands und des Handwerks wie etwa Bäckereien, die
das Rückgrat unserer Wirtschaft bilden und die wir unbedingt schützen müssen. Denn die
Betriebe vor Ort haben eine herausragende Bedeutung für die lokale Wertschöpfung, das
soziale Gefüge und die Gesellschaft in den Dörfern und Städten. Wir müssen jetzt die
finanzielle Kraft aufbringen, die nötig ist, um die Substanz unserer Wirtschaft und die
Arbeitsplätze in unserem Land zu sichern und in die klimaneutrale Zukunft zu führen.
Das Kurzarbeitergeld hat sich, zuletzt in der Pandemie, als Kriseninstrument bewährt. In
Zeiten externen Drucks hilft es, Personalabbau zu vermeiden und schützt Arbeitsplätze. Es
ist daher richtig, dass wir die Sonderregelungen für das Kurzarbeitergeld über den 30.
September 2022 hinaus verlängert haben. Damit schaffen wir Sicherheit für Unternehmen und
Beschäftigte. Auf europäischer Ebene setzen wir uns für eine dauerhafte Fortführung des
SURE-Instruments ein, das in Anlehnung an das deutsche Kurzarbeitergeld geschaffen wurde.
Gerade die öffentlich geförderte Kurzarbeit ist oft dazu geeignet, gezielte
innerbetriebliche Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen auf den Weg zu bringen.
Um kurzfristig die Liquidität der Unternehmen sicherzustellen, werden wir bestehende
Programme wie das KfW-Sonderprogramm „Ukraine, Belarus, Russland“ sowie die bereits während
der Corona-Pandemie eingeführten Erweiterungen der Bund-Länder-Bürgschaftsprogramme
verlängern. Auch das Margining-Finanzierungsinstrument wollen wir fortführen, um
Unternehmen, die an den Terminbörsen mit Strom, Erdgas und Emissionszertifikaten handeln,
den Zugang zu ausreichender Liquidität zu ermöglichen.
Um gerade kleine und mittlere Unternehmen in der aktuellen Krisensituation zusätzlich
finanziell zu entlasten, weiten wir den Verlustrücktrag bei der Einkommen- und
Körperschaftsteuer für die Veranlagungszeiträume 2022 und 2023 auf die vier vorangegangenen
Wirtschaftsjahre aus. Dadurch können die Unternehmen ihre Verluste mit den Gewinnen aus den
wirtschaftlich guten Jahren 2018 und 2019 verrechnen und erhalten schneller die
erforderliche Liquidität. Eine solche Ausweitung des Verlustrücktrags ist eines der
einfachsten und zielgenauesten Instrumente, um Umsatzeinbrüche auszugleichen und es lässt
sich auch mit bestehenden Hilfsprogrammen kombinieren.
Mittelfristig sollen die Unterstützungsmaßnahmen auch die Transformation voranbringen. Es
ist daher gut, dass aktuelle Programme bereits Anstrengungen zu Ressourcen- und
Energieeffizienz verlangen. Gleichzeitig wollen wir verhindern, dass Konzerne, die
Staatshilfen in Anspruch nehmen, in der betreffenden Zeit Boni auszahlen.
Richtig ist: Einen wirksamen und großen Rettungsschirm für kleine und mittelständische
Unternehmen gibt es nicht umsonst. Die Entlastungsmaßnahmen erfordern große Anstrengung und
Kreativität, auch innerhalb der Ampelkoalition. Es wäre daher falsch, inmitten einer derart
tiefgreifenden Energie- und Wirtschaftskrise haushaltspolitische Dogmen über die praktisch
notwendige Unterstützung des deutschen Mittelstands zu stellen. Wenn die Schuldenbremse
droht, im kommenden Jahr vor allem eine Bremse für unsere Wirtschaftskraft und die vielen
kleinen und mittleren Unternehmen zu werden, dann muss sie auch 2023 ausgesetzt werden.
Um die Krise zu überwinden, wird es neben kurzfristiger Unterstützung massive Investitionen
brauchen. Wir müssen jetzt umfangreich in die nötige Transformation der Wirtschaft
investieren und in den kommenden Jahren das Tempo nochmals erhöhen. Nur so machen wir unser
Wohlstandsmodell unabhängig von fossilen Energiequellen. Das schützt nicht nur das Klima,
sondern senkt auch die Preise, bekämpft damit die fossile Inflation und gibt unserer
Wirtschaft Kraft für die Zukunft.
Wir brauchen ein Stabilisierungs- und Innovationspaket für unsere Wirtschaft, um diese
Zukunftsinvestitionen zu sichern. Dazu gehört eine finanzielle Stärkung des Klima- und
Transformationsfonds (KTF) zur Finanzierung von Maßnahmen für mehr Energieeffizienz. Es
lohnt sich, gezielt nachhaltige Technologien zu fördern, die den Energieverbrauch und
dadurch auch die Energiekosten und den CO2-Ausstoß senken. Schon jetzt unterstützen wir
Unternehmen bei Investitionen in Effizienz- und Substitutionsmaßnahmen.
Für die Umsetzung der sozial-ökologischen Transformation muss der Staat alle Hebel in
Bewegung setzen, um die nötigen Investitionen zu ermöglichen, positive Anreize zu setzen,
Potenziale zu erweitern und so gleichzeitig die Preisentwicklung zu dämpfen. Ein Hebel dafür
ist die Stärkung resilienter Lieferketten. Ein weiterer, wesentlicher ist eine bessere
Verfügbarkeit von Arbeits- und Fachkräften.
Eine zunehmende Herausforderung für Unternehmen ist es, genügend Arbeitskräfte zu finden. In
einigen Branchen und Regionen ist dieser Mangel inzwischen kaum zu übersehen und wird sich
aus demografischen Gründen weiter verschärfen. Allein 2022 werden über 330.000 Menschen mehr
in Rente gehen als ins Berufsleben starten. Diese Lücke wird sich bis 2030 etwa verdoppeln.
Das ist nicht nur ein Problem der Wirtschaft und der Sozialversicherungssysteme. Auch die
ökologische Transformation der Wirtschaft kann nur gelingen, wenn ausreichend Menschen im
Handwerk, in der Planung und Forschung tätig sind. Deshalb werden wir uns entschieden dafür
einsetzen, den Arbeitskräftemangel zu lindern. Dabei legen wir einen Fokus auf
Qualifizierung, Aus- und Weiterbildung sowie eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf
und Familie. Dies ist auch ein Beitrag, um die Erwerbstätigkeit von Frauen zu erhöhen. Wir
wollen die Hürden für Frauen abbauen, damit sie sich eigenständig absichern können und ihre
Fachkompetenz dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht. Bei Qualifizierung, Aus- und
Weiterbildung braucht es eine Stärkung der Berufsorientierung an den Schulen, mehr
Qualifizierung in Unternehmen sowie einen flächendeckenden Ausbau von
Weiterbildungsagenturen. Für die Beschäftigten sind attraktivere Arbeitsbedingungen,
passgenaue Arbeitszeiten und eine gute Bezahlung entscheidende Faktoren, um mehr zu
arbeiten. Unternehmen, die gut bezahlen und für ein gesundes Arbeitsumfeld sorgen, werden es
leichter haben, Fachkräfte an sich zu binden.
Zusätzlich gilt es, die Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen zu
vereinfachen und zu beschleunigen. Mit einem Fokus allein auf Potenziale im Inland werden
wir dem Mangel an Arbeitskräften allerdings nicht beheben können. Es braucht auch Menschen
aus dem Ausland, die längerfristig hier im Land leben und arbeiten wollen. Deshalb werden
wir die rechtlichen Hürden senken, die verhindern, dass Menschen zusammen mit ihren Familien
nach Deutschland kommen können.
Darüber hinaus müssen unsere Lieferketten widerstandsfähiger werden. Wir haben uns zu
abhängig gemacht von einzelnen Handelspartnern und Absatzmärkten und von der Just-In-Time-
Produktion, die bei logistischen Schwierigkeiten Lieferketten reißen lässt. Wir müssen mit
einer neuen Handelsagenda unsere Handelsbeziehungen auf breitere Füße stellen, sie
resilienter, fairer und nachhaltiger machen. Damit können wir für zukünftige Krisen
vorbauen, die Preissteigerungen heute lassen sich damit noch nicht bekämpfen. So – und mit
den Mitteln der Entwicklungspolitik – wirken wir gemeinsam mit unseren Partner-Staaten
darauf hin, dass soziale, ökologische und menschenrechtliche Standards entlang der gesamten
Wertschöpfungs- und Lieferkette eingehalten sowie in der Produktion und Wertschöpfung
ausgebaut werden.
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich Europa bei kritischen Rohstoffen vermehrt in eine
Abhängigkeit von China begeben. Fast zwei Drittel der von der EU als kritische Rohstoffe
eingestuften Ressourcen werden derzeit überwiegend in China abgebaut. Wir haben zu lange
nach dem Prinzip gewirtschaftet, dass dort gekauft wird, wo es am billigsten ist. Häufig
sind das Rohstoffe aus China. Gleichzeitig dürfen wir jedoch keine protektionistischen
Tendenzen fördern. Wir brauchen die Globalisierung – aber eine faire und nachhaltige.
Um die Resilienz unserer Lieferketten zu stärken, müssen wir Einkaufsquellen
diversifizieren, resilientere Logistikstrukturen aufbauen und auf europäischer Ebene
gemeinsam handeln. Wir unterstützen daher den Vorschlag der Europäischen Kommission, mit dem
Notfallinstrument für den Binnenmarkt die Resilienz und Krisenvorsorge der EU zu verbessern.
Im Rohstoffbereich ist eine Verringerung des Verbrauchs notwendig. Dazu müssen die
notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft
brauchen wir eine neue Rohstoffpolitik, die den Einsatz von Primärrohstoffen reduziert,
fossile durch nachwachsende Rohstoffe ersetzt und die globale Rohstoffgewinnung an hohe
Transparenz-, Sozial- und Umweltstandards bindet. Auch die Unternehmen sollten ihre
Bemühungen hier deutlich verstärken.
Die drei Entlastungspakete und der Abwehrschirm sind darauf ausgerichtet, die schweren sozialen und ökonomischen Folgen der Energiekrise abzumildern. Die Symptome der fossilen Inflation werden so gelindert. Jetzt gilt es aber auch die Ursache zu bekämpfen: unsere Abhängigkeit von fossilen Energien. Die USA investieren mit dem Inflation Reduction Act 370 Milliarden US-Dollar vor allem in Klimaschutz. Auch wir wollen die Potentiale der Erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz nutzen, um die Energiepreise langfristig in den Griff zu kriegen - aber ohne Protektionismus. Nur wenn uns die Transformation der Wirtschaft aus der Abhängigkeit von fossilen Energien gelingt, haben wir als Industriestandort eine Zukunft. Die Bundesregierung muss deshalb alle Klimaschutzinvestitionsbremsen lösen und die ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen konsequent auf den schnellstmöglichen Ausbau von Erneuerbaren, Energieeffizienz und Energieeinsparung umstellen.
Fossile Inflation bekämpfen – fossile Energien ersetzen
Wir wollen mit einem Gesetz zur Bekämpfung fossiler Inflation (InflationsbekämpfungsG) bei den Ursachen der fossilen Inflation ansetzen:
- 100 Milliarden Euro zusätzlich für Klimaschutzinvestitionen. Um die Energiekosten langfristig zu senken, sichern wir den Ausbau der Produktionskapazitäten für Wärmepumpen, Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen staatlich ab und richten die öffentliche Beschaffung konsequent an den Klimaschutzzielen aus. Auch die energetische Modernisierung öffentlicher Gebäude und die komplette Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED dürfen nicht länger an fehlenden Investitionsmitteln scheitern. Mit den Mitteln soll zudem mit dem Bau einer Infrastruktur für Grünen Wasserstoff begonnen werden. Wir weiten die aufsuchende Energiesparberatung deutlich aus, um die Vulnerabilität von Haushalten gegenüber Energiepreisen nachhaltig zu verringern.
- Ausbau der Erneuerbaren Energien kurzfristig wirksam beschleunigen. Damit die Erneuerbaren die Kosten für Strom, Mobilität und Wärme noch stärker dämpfen, soll das InflationsbekämpfungsG Regelungen enthalten, mit denen bereits genehmigte, aber noch nicht fertiggestellte Windenergieprojekte unkompliziert erweitert werden können, für die PV-Sonderausschreibungen muss Zusätzlichkeit gewährleistet werden.
- Energieverschwendung ordnungsrechtlich verringern. Um teure fossile Energien einzusparen, wollen wir mit dem InflationsbekämpfungsG das Ordnungsrecht nutzen: Gebot zur Nutzung industrieller Abwärme, Gebot zum Ersatz von Erdgas-Straßenbeleuchtung, Stopp des Ausbaus des Gasverteilnetzes und des Neuanschlusses von Wohngebäuden ans Gasnetz in Fernwärmegebieten, Verbot besonders energieaufwändiger und leicht zu substituierender Verpackungen, Ausweitung von Mehrwegsystemen, Einführung einer Sanierungspflicht für die Gebäudeklassen G und H, Beendigung von Leerflügen. Die Regelungen zur Zwangsabschaltung von Wind- und PV-Anlagen wollen wir drastisch reduzieren, auch um Strompreise kurzfristig zu senken.
- Gesetzliche Mindestvorgaben zum Klimaschutz auch im Verkehrssektor erfüllen. Das Bundesklimaschutzgesetz definiert jahresscharf zulässige Treibhausgas-Emissionsmengen, die insbesondere im Verkehrssektor bisher nicht eingehalten werden. Falls der Bundesverkehrsminister keine anderen kurzfristigen Maßnahmen benennt, mit denen er den Verbrauch von Benzin, Diesel und Kerosin auf das zulässige Maß verringert, kann auf ein Tempolimit nicht weiter verzichtet werden. Das Klimaschutzgesetz ist ein Gesetz und keine unverbindliche Leitlinie. Die jahresscharfen Sektorziele und das daraus resultierende Treibhausgasbudget sind einzuhalten.
- Internationale Klimafinanzierung anheben. Durch die Diversifizierung unserer Gasimporte exportieren wir die fossile Inflation in Länder des globalen Südens. Sie zahlen den größten Preis dafür, dass Deutschland sich in den letzten Jahren immer stärker in die Abhängigkeit Russlands begeben hat. Deshalb wollen wir die internationale Klimafinanzierung, die auch dem weltweiten Ausbau der Erneuerbaren Energien dient, deutlich stärker anheben als bisher vorgesehen.
200 Milliarden für den Abwehrschirm helfen Deutschland in der Krise, gleichzeitig geht es jetzt darum Deutschland aus der Krise zu helfen und mit aller Kraft die Ursachen der fossilen Inflation bekämpfen. InflationsbekämpfungsG und der Abwehrschirm sind deshalb für uns inhaltlich und politisch eng miteinander verbunden.
Gemeinsam durch einen Winter der Solidarität
Wir sehen, wie groß die Herausforderungen und die Last sind, die all die Menschen und
Unternehmen in diesem Land tragen. Es braucht uns alle, unseren Zusammenhalt und unsere
Solidarität, um diese Lasten gemeinsam zu schultern. Gerade in dieser Zeit spielen soziale
Bewegungen und Bündnisse eine wichtige Rolle. Sie bilden einen Organisations- und
Resonanzraum, können auf Missstände aufmerksam machen und den politischen Handlungsdruck
erhöhen.
Gleichzeitig erleben wir auch jetzt, wie Rechte und Demokratiefeinde die Krise für ihre
eigenen Zwecke nutzen. Hasserfüllte Angriffe auf Regierungsvertreter*innen oder
Ehrenamtliche sowie der Versuch, die mutige Freiheitsbewegung der Montagsdemonstrationen in
der DDR für Hass und Hetze zu missbrauchen, sind inakzeptabel. Perfiden Spaltungsversuchen
und Verschwörungserzählungen treten wir fakten- und evidenzbasiert entgegen und
solidarisieren uns mit allen, die unsere Unterstützung brauchen.
Die kommenden Monate sollen zu einem Winter der Solidarität werden. In Bund, Ländern und
Kommunen arbeiten wir mit aller Kraft an den konkreten Problemen und tun alles dafür, dass
wir mit Stärke und Entschlossenheit gemeinsam diese Krise überstehen. Es ist die russische
Regierung mit ihrem Angriff auf Freiheit, Würde und Unversehrtheit der Menschen in der
Ukraine, die auch unsere Freiheit und Sicherheit bedroht. Es ist der Kreml, der mit seinen
Erpressungsversuchen Europa in soziale und ökonomische Verwerfungen stürzen will. Aber wir
lassen uns weder spalten noch erpressen. Wir halten Stand.
Antragstext
Von Zeile 110 bis 111 einfügen:
unverzüglich vorlegen; alle Bundesministerien und Koalitionspartner sind aufgefordert, konstruktiv und ohne Scheuklappen die notwendigen Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Um die notwendigen Investitionen für unsere Klimaziele zu finanzieren, reicht der reguläre Haushalt nicht aus. Daher setzen wir uns jetzt für ein Sondervermögen zusätzlich zu bisherigen Maßnahmen in Höhe von 100 Milliarden Euro für Klimaschutz und Klimasicherheit ein. Wir wissen, dass jetzige Investitionen deutlich höhere Kosten der drastischen Klimafolgen vermeiden können, die uns bei Verfehlen der Klimaziele drohen.
Die Klimakrise ist jetzt. Der Sommer hat uns erneut vor Augen geführt: Wetterextreme häufen
sich und werden immer gefährlicher. Die Hitzewellen des Jahres 2022 hatten Regionen auf
allen Kontinenten wochenlang im Griff, auch hier in Deutschland hatten wir mit
Temperaturrekorden zu kämpfen. Symptomatisch erlebten wir in Brandenburg und Sachsen
gefährliche Brände; es waren Evakuierungen und Löscharbeiten notwendig, die unsere
Rettungskräfte an ihre Grenzen brachten. In weiten Teilen Europas wurden Flüsse zu
Rinnsalen. Auch in Spanien und Italien loderten verheerende Waldbrände in ungekanntem
Ausmaß, während Länder wie Pakistan von schier unbändigen Überschwemmungen heimgesucht
wurden.
Die Flut im Ahrtal ist derweil erst ein Jahr her – eine Katastrophe, deren Zerstörungen wir
bis heute bewältigen müssen. Menschen trauern um ihre Angehörigen, noch immer sind viele
ohne neue dauerhafte Unterkunft und haben Angst vor neuen Starkregenereignissen.
Der Weltklimarat IPCC hat berechnet, dass Extremtemperaturen, die sich ohne die
menschengemachte Klimaerhitzung einmal pro Jahrzehnt entwickeln würden, heute fast dreimal
so oft passieren, länger andauern und mit bis zu 1,2 Grad deutlich heißer sind. Die Folge:
Gefahr für Leben und Gesundheit der Menschen und eine zunehmende Zahl von Hitzeopfern. So
war der Juni 2022 weltweit der drittheißeste Monat seit Beginn der Aufzeichnungen, in Europa
sogar der zweitheißeste. Auch die Weltmeere erhitzen sich in einem dramatischen Tempo.
Die drohende Heißzeit und der drastische Verlust biologischer Vielfalt stellen nicht weniger
als unsere Lebensgrundlagen in Frage und sind damit die größten Gefahren für unsere Zukunft.
Hitze und Dürre haben einschneidende Folgen für Mensch und Natur, für die Umwelt, für
Infrastruktur und Wirtschaft. Die mit der Überhitzung und mit dem gravierenden Arten-
Aussterben verbundenen multiplen Krisen verstärken sich gegenseitig, schränken unsere
Handlungsfähigkeit – und damit unsere Freiheit ein. Das zunehmend unwirtliche Klima und der
Verlust gesunder Natur bedrohen das Leben und die Heimat von Millionen von Menschen schon
heute. Das gilt umso mehr für die kommenden Generationen.
Mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vor anderthalb Jahren wurde erneut klar: Die
Klima-Frage ist eine Frage der Erhaltung unserer Freiheit. Ein Leben in Frieden, Freiheit
und Sicherheit ist in Deutschland und weltweit nur durch konsequenten Klimaschutz möglich.
Und: Die Menschen in den Ländern, die am wenigsten dazu beigetragen haben, leiden am meisten
unter den Folgen der Klimakrise. Klimaschutz ist deshalb immer auch ein Beitrag zu mehr
globaler Gerechtigkeit.
Die Weltgemeinschaft hat sich im Pariser Klimaabkommen darauf festgelegt, die Erderhitzung
auf deutlich unter 2 Grad, möglichst 1,5 Grad zu begrenzen. Die Bundesregierung hat sich das
Ziel gesetzt, Deutschland auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen. Wir Grüne stehen dafür, die
notwendigen Schritte in allen Sektoren und auf allen politischen Ebenen zu gehen, damit das
gelingt. Dafür wurden wir in die Verantwortung gewählt. Dieser Aufgabe fühlen wir uns
verpflichtet. Das ist der Grund, warum wir Politik machen. Es ist die Aufgabe unserer Zeit.
Das Ziel fest im Blick
Die Ausgangslage könnte kaum herausfordernder sein. Der Ausstoß von Treibhausgasen wurde in
der Vergangenheit nur unzureichend gemindert. Wichtige klimapolitische Ziele, die wir uns in
Deutschland und weltweit gesetzt haben, werden absehbar verfehlt werden. In den letzten
Jahren ist zu viel versäumt und bewusst behindert worden. Es wurden viel zu wenige und meist
wirkungsschwache Anstrengungen unternommen, die erneuerbaren Energien auszubauen, uns von
fossilen Energieträgern unabhängiger zu machen, nachhaltigen Wohlstand zu schaffen und
konsequente Maßnahmen zum Schutz des Klimas umzusetzen. Sonst wären wir jetzt besser
vorbereitet auf die aktuellen Krisen. Umso größer und dringender ist der Handlungsbedarf in
den kommenden Jahren.
Gleichzeitig zwingt uns der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine –
mit all seinen Folgen für die Versorgungssicherheit – neue Wege zu gehen. Zum festgesetzten
Ziel, Deutschland klimaneutral zu machen, kommt nun hinzu, die Abhängigkeiten von russischen
Energiequellen schnellstmöglich zu beenden und gleichzeitig die Versorgungssicherheit für
Verbraucher*innen und Wirtschaft, Industrie und öffentliche Einrichtungen zu gewährleisten.
Dafür drosseln wir den Gasverbrauch, diversifizieren unseren Energieimport und bauen
schwimmende wie feste LNG-Anlandepunkte. Die festen wollen wir bis 2030 auf Wasserstoff
umrüsten. Für den Notfall bleiben zudem Kohlekraftwerke etwas länger in der Reserve. Vor
allem aber vervielfachen wir das Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Um die
Energieversorgung in Deutschland komplett darauf umzustellen, intensivieren wir die
Effizienzmaßnahmen und reduzieren unseren Verbrauch durch Energieeinsparungen.
Gerade weil wir jetzt schwierige Schritte gehen müssen, ist es so wichtig, dass wir
schneller werden beim Ausbau der Erneuerbaren. Das Tempo der Emissionsminderungen muss sich
gegenüber dem Status quo in den kommenden Jahren insgesamt mehr als verdoppeln und dann bis
2030 nahezu verdreifachen, damit wir die Ziele im Bundesklimaschutzgesetz erreichen.
Durch eine fehlgeleitete Energiepolitik im vergangenen Jahrzehnt ist die sichere
Energieversorgung in Deutschland gegenwärtig eine der größten Herausforderungen. Eine
zentrale Ursache liegt in der fundamentalen Abhängigkeit von Russlands fossilen
Energieträgern, für welche die vorangegangenen Regierungen die Verantwortung tragen. Die
energiepolitische Abhängigkeit von Russland schwächt Deutschland und Europa, mindert unsere
Freiheit, unsere Unabhängigkeit und senkt unsere Fähigkeit, nachhaltig, also im Einklang mit
den planetaren Grenzen und der Freiheit zukünftiger Generationen zu wirtschaften. Die
konsequente politische Schlussfolgerung daraus ist der beschleunigte Ausstieg aus der Kohle
bereits im Jahr 2030 und eine Stromversorgung, die 2035 auf 100 Prozent Erneuerbaren
basiert. Das ist nicht nur von zentraler Bedeutung für das Klima und die Frage der
Energieunabhängigkeit, sondern auch, um den Anstieg der Energiekosten zu bremsen.
Mit Plan und Pragmatismus zum Ziel
Wir konnten in den ersten Monaten der Ampel-Regierung schon vieles auf den Weg bringen. Wir
haben im Bund und in Europa zahlreiche Blockaden gelöst und Deutschland zum Motor in Sachen
erneuerbarer Energieerzeugung gemacht. Das beschlossene Gesetzespaket zur Novelle des
Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und des Bundesnaturschutzgesetzes, das Wind-auf-See-
Gesetz und das Wind-an-Land-Gesetz werden den Ausbau der erneuerbaren Energien unter Wahrung
hoher ökologischer Schutzstandards endlich wieder deutlich beschleunigen. Begleitend werden
wir mit nationalen Artenhilfsprogrammen alles Notwendige tun, um betroffene Bestände in
einen guten Erhaltungszustand zu bringen.
Die Bedingungen für den Bau neuer Windkraftanlagen, für mehr Solar auf den Dächern und für
mehr Bürger*innenenergieprojekte wurden massiv verbessert. Zwei Prozent der Landesfläche
sollen künftig für Windenergie genutzt werden und Ökostrom-Anlagen bekommen gegenüber
anderen Nutzungsformen eine deutlich höhere Priorität. Dazu wurde im EEG festgeschrieben,
dass Erneuerbare von überragendem öffentlichem Interesse und auch im Interesse der
öffentlichen Sicherheit sind. Damit werden Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigt.
Jetzt gilt es, diese neuen Möglichkeiten konsequent vor Ort und in den Ländern umzusetzen,
damit in den kommenden Jahren 200 Gigawatt (GW) Photovoltaik gebaut werden, bei Wind an Land
100 GW und bei Wind auf See mindestens 30 GW.
Auf europäischer Ebene haben wir die Weichen für mehr Klimaschutz im Verkehr gestellt. Wir
haben uns erfolgreich dafür eingesetzt, dass für neu zugelassene Pkw der fossile
Verbrennungsmotor ab dem Jahr 2035 der Vergangenheit angehört. Denn insbesondere im Verkehr
gibt es aufgrund von jahrzehntelangem Stillstand enormen Nachholbedarf.
Deutschland soll 80 Prozent des Stroms bis zum Jahr 2030 und 100 Prozent bis 2035 aus
erneuerbaren Energien erzeugen – und im gleichen Maße unabhängig von fossilen Importen
werden. Gleichzeitig schließen wir endlich die Lücke zwischen Notwendigkeit und Realität:
Wären wir bereits heute so weit, wie es klimapolitisch notwendig wäre, wären wir bedeutend
weniger abhängig von Putins Öl und Gas.
Wir Grüne gehen diesen gesetzten Auftrag mit Mut, Kooperationswillen und
Verantwortungsbewusstsein an. Als Teil der Bundesregierung und als Partei, die dem
Gemeinwohl verpflichtet ist – und Verantwortung für die ganze Gesellschaft übernimmt. Wir
müssen die Klimaziele erreichen, um die Freiheit und Würde der Menschen zu bewahren.
Wir haben im Koalitionsvertrag erreicht, dass die Bundesregierung noch in diesem Jahr ein
Klimaschutz-Sofortprogramm auf den Weg bringt, das alle für das Erreichen der Klimaziele
2030 notwendigen Gesetze, Verordnungen und Maßnahmen umfasst. Gerade angesichts der sich
immer weiter verschärfenden Klimakrise muss die Bundesregierung dieses Programm nun
unverzüglich vorlegen; alle Bundesministerien und Koalitionspartner sind aufgefordert,
konstruktiv und ohne Scheuklappen die notwendigen Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Um die notwendigen Investitionen für unsere Klimaziele zu finanzieren, reicht der reguläre Haushalt nicht aus. Daher setzen wir uns jetzt für ein Sondervermögen zusätzlich zu bisherigen Maßnahmen in Höhe von 100 Milliarden Euro für Klimaschutz und Klimasicherheit ein. Wir wissen, dass jetzige Investitionen deutlich höhere Kosten der drastischen Klimafolgen vermeiden können, die uns bei Verfehlen der Klimaziele drohen.
Zudem sollten, wie im Koalitionsvertrag verabredet, die einzelnen Sektoren ihrer
Verantwortung gerecht werden. Denn mit diesen Maßnahmen setzen wir das klare Signal, dass
wir die Klimaziele in allen Sektoren erreichen müssen. Paris-konforme Klimaneutralität lässt
sich nur erreichen, wenn die Emissionen in allen Sektoren schnell beendet werden.
Gerade wegen des Krieges gegen die Ukraine und der immer stärker wahrnehmbaren Folgen der
Klimakrise mögen manche zweifeln, ob all das zu erreichen ist. Schon wieder sagen manche,
dass es jetzt Wichtigeres gebe. Aber genau diese Haltung hat uns an den Punkt gebracht, an
dem wir jetzt stehen. Die Klimakrise wartet nicht. Ob sie zur Klimakatastrophe wird oder
nicht, entscheiden wir, hier und heute. Wir entscheiden es unter schwierigen Bedingungen,
aber mit aller Entschlossenheit. Es ist nicht unsere Aufgabe, den Kopf in den Sand zu
stecken. Vielmehr ist es unsere Verantwortung, unsere Pflicht, zielgerichtet, pragmatisch
und ohne Tabus, beherzt und konsequent das zu tun, was nötig ist, um uns alle vor der
Klimakatastrophe zu bewahren. Dafür arbeiten wir.
Doch das schaffen wir nicht allein, auch nicht als Regierungspartei. Wir brauchen dafür
nicht nur die Unterstützung unserer Koalitionspartner, unserer internationalen Partner*innen
und unserer Partner*innen in Wirtschaft, Industrie, Landwirtschaft, in Ländern und Kommunen,
sondern auch den Druck der Zivilgesellschaft, der Bewegungen und Verbände, die uns immer
wieder daran erinnern, was noch mehr nötig und möglich wäre. Und wir brauchen das Vertrauen
und die Mithilfe der Menschen in diesem Land. Die Menschheitskrise Erderhitzung betrifft uns
alle, und nur gemeinsam können wir sie in den Griff bekommen.
Klimaschutz gestalten: gemeinsam, fair, gerecht
Klimaschutz und die konsequente Transformation hin zu einer klimaneutralen Zukunft kann nur
gelingen, wenn wir sie für alle möglich machen. Wie das gehen kann, haben wir im Sommer
gesehen, als es mit dem 9-Euro-Ticket plötzlich für viele Menschen erschwinglich war,
öffentlichen Nahverkehr zu nutzen und damit auch noch Geld für andere Ausgaben zu sparen.
Gerade Menschen mit geringen Einkommen müssen den Mehrwert der Transformation spüren.
Die Energiewende – und damit die 100-prozentige Versorgung aus Ökostrom – ist der Garant für
bezahlbare Energiepreise für alle sowie für Energiesicherheit. Auch deswegen werden wir
schneller beim Ausbau. Gerade jetzt muss ein CO2-Preis mit einem sozial-gerechten Ausgleich
dafür sorgen, dass notwendige Entlastung finanziert und eine klimagerechte Wirtschaft
gefördert werden können. Zu einer solchen sozial gerechten Rückzahlung der Einnahmen aus dem
CO2-Preis gehört das Klimageld, das wir – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – gemeinsam
mit unseren Koalitionspartnern umsetzen wollen. Das Finanzministerium muss dazu bis Ende des
Jahres einen Mechanismus vorlegen.
Klimaschutz sozial gerecht umzusetzen heißt auch, dass klimagerechtes Wirtschaften und die
Dekarbonisierung der Industrie wettbewerbsfähig werden. Dafür braucht es grüne Leitmärkte
und Investitionssicherheit, zum Beispiel durch Beschaffungsquoten für klimaneutrale
Grundstoffe und Klimaschutzverträge, sogenannte Carbon Contracts for Difference, die den
Unterschied zwischen dem aktuellen CO2-Preis und den tatsächlichen CO2-Vermeidungskosten
finanzieren.
Damit und mit konkreten Maßnahmen zur Erreichung der Sektorziele hat die Industrie die
Planungssicherheit, die sie braucht, um die Produktion klimaneutral umzubauen. Die
tiefgreifende Transformation der gesamten Industrie, speziell der Grundstoffindustrie und
aller energieintensiven Branchen, nutzen wir als Innovationstreiber für nachhaltige
Technologien und für den Ausbau einer Kreislaufwirtschaft, die auf erneuerbaren Energien
basiert. Um künftig deutlich unabhängiger von Technologieimporten zu werden, stoßen wir eine
Strategie für eine gemeinsame unabhängige europäische Industriepolitik zur Herstellung von
Erzeugungsanlagen für erneuerbare Energien an. Europa kann sich in großen Teilen sowohl
selbst aus heimischen erneuerbaren Energiequellen versorgen, als auch die dafür notwenige
Technik wieder verstärkt selbst produzieren. Damit sichern wir die Energiewende ab und
gestalten sie sozial ausgewogen durch gut bezahlte, zukunftsfeste Arbeitsplätze.
Gleichzeitig werden wir mit anderen Ländern Energiewende-Partnerschaften auf Augenhöhe
forcieren.
Niedriger Energieverbrauch und erneuerbare Energieerzeugung in Gebäuden verringern
finanzielle Risiken und liefern einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur
Energiewende. Darum unterstützen wir Solardächer und machen sie zum Standard – beginnend mit
Neubauten sowie öffentlichen und Gewerbegebäuden; perspektivisch ausgeweitet auf den
Bestand. Wir verbessern dazu endlich wieder die Rahmenbedingungen für Bürger*innen-
Energiegemeinschaften, entbürokratisieren den Mieterstrom und stärken kommunale Beteiligung.
Kommunen und Landkreise werden wir bei Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen der Klimakrise
und zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegen extreme Wetterereignisse unterstützen. Wir
fördern Initiativen sowohl zur Dach- und Fassadenbegrünung als auch zur Entsiegelung von
Flächen, um den Wasserhaushalt besser zu regulieren. Ein gesundes Wohnumfeld und der Schutz
der Bevölkerung in Katastrophenlagen hat für uns oberste Priorität und muss gewährleistet
werden.
Energiemarkt, Netzausbau und Arbeitsmarkt: Erneuerbare im Mittelpunkt
Um 100 Prozent erneuerbare Energien bis 2035 zu erreichen, brauchen wir ein neues
Energiemarktdesign, das vollständig auf Erneuerbaren fußt. Zugleich steigt für die nötige
Sektorenkopplung die Notwendigkeit eines stabilen, leistungsfähigen Stromnetzes weiter an.
Daher werden wir den Plan für den Ausbau der Übertragungsnetze kontinuierlich an neue
Herausforderungen anpassen und mit dem Rück- und Umbau des Gasnetzes sowie dem Aufbau eines
grünen Wasserstoffnetzes koordinieren. Gemeinsam mit den Betroffenen werden wir die Prozesse
so intensivieren, dass kürzere Verfahren zu einer besseren Planung und Beteiligung der
Menschen vor Ort führen. Die Netzentgelte werden wir so reformieren, dass sie die
Transformation zur Klimaneutralität fördern und die Kosten des Ausbaus der erneuerbaren
Energien fair verteilen.
Beim Ausbau des Verteilnetzes wird eine vorausschauende Planung zur Pflicht und eng an den
Ausbau von E-Mobilität, Wärmepumpen und Erneuerbaren gekoppelt. Netzanschlüsse werden
schneller gebaut und digitalisiert. Flexible Strom- und Wärmespeicher in Dörfern und
Quartieren sichern die Versorgung und minimieren den notwendigen Netzausbau. Schließlich
wollen wir Stromspitzen kostengünstig zur Wärmeerzeugung und zur Umwandlung in andere
Energieträger einsetzen.
Eine auf 100 Prozent Erneuerbaren basierende Energieversorgung funktioniert nur europäisch.
Das über ganz Europa die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, das kommt selten vor.
Daher müssen wir die europäischen Netze stärken und die Erneuerbaren in ganz Europa zum
Standard machen.
Ein passgenaues und damit sektorenübergreifendes Energiemarktdesign, das die ganze
Akteursvielfalt im Blick hat, ist das Herzstück eines vollständig auf Erneuerbaren
basierenden Energiesystems. Die Verwerfungen in der aktuellen Krise zeigen einmal mehr, dass
hier dringender Handlungsbedarf besteht, den wir zusammen mit Wissenschaft und Wirtschaft
adressieren.
Von den letzten Bundesregierungen wurde eine unübersichtliche Bürokratie aufgebaut, die den
Ausbau der Erneuerbaren ausbremste. Diese bauen wir systematisch ab. Insbesondere
Privatleute und Bürger*innenenergie-Gemeinschaften befreien wir von den Fallstricken
unkalkulierbarer Ausschreibungen und Anmeldungsprozessen. Die Erneuerbaren machen wir damit
zum Gewinnerthema auf dem Land und in der Stadt. Kommunen werden bei Windkraft stärker
beteiligt und die Menschen vor Ort können sich zu fairen Bedingungen bei Solarprojekten
engagieren. Alle profitieren von sanierten Kindergärten und ausgebauten Radwegen. Das
schafft Akzeptanz.
Auch zum Stromnetz, dem Rückgrat der Sektorenkopplung, wollen wir einen fairen Zugang für
alle. Die Stromleitungen brauchen eine effiziente Auslastung, um die Kosten gering zu
halten. Die Landwirtschaft wird dazu mit Agri-PV und flexiblen Biogasanlagen noch stärker
Teil der Energiewirtschaft, der Verkehr zum flächendeckenden Großabnehmer – und über
Rückeinspeisung zum wichtigen Stabilisator unserer Netze. Die Gebäudewirtschaft liefert
Solarstrom vom Dach und heizt mit Wärmepumpen.
Wärmewende: effizient und erneuerbar
40 Prozent der Klimagase werden in Deutschland durch Gebäude ausgestoßen. Wir legen deshalb
einen Schwerpunkt auf ökologisches Heizen, Bauen und vor allem Sanieren. Nur so können wir
es schaffen, die kumulierte Lücke von 152 Millionen Tonnen CO2 zu den Klimazielen der
Bundesregierung bis 2030 im Gebäudebereich zu schließen.
Es ist deshalb klima-, energie- und sicherheitspolitisch nicht haltbar, dass die Gasheizung
die vorherrschende Wärmetechnik bleibt, mit einem Marktanteil von aktuell über 70 Prozent.
Und sie entwickelt sich auch für die Verbraucher*innen immer mehr zur Kostenfalle. Heizen
muss zügig klimaneutral werden. Deshalb haben wir die Förderung von Gasheizungen
eingestellt; ab 2024 gilt eine Mindestquote von 65 Prozent Erneuerbaren für neue Heizungen.
Die gesetzlichen Mindesteffizienzstandards im Neubau und Bestand werden wir mit der Reform
des Gebäudeenergiegesetzes anheben und auf den Klimaschutzpfad bringen. Erneuerbare Energie
für Wärme und Kühlung soll schnell das neue Normal werden. Perspektivisch wollen wir jedes
neue und möglichst viele sanierte Gebäude zu Plusenergiehäusern machen. Denn auch
erneuerbare Energien müssen wir effizient einsetzen.
Wir können die Klimaziele nur mit konsequent ressourcenschonendem und nachhaltigem Bauen
erreichen. Bei jeder Planung sollte ab sofort der gesamte Stoff- und Energieverbrauch für
Bau, Betrieb und späteren Rückbau berücksichtigt werden. Wir setzen uns auch hier für den
Einstieg in die Kreislaufwirtschaft ein, mit dem Ziel einer kompletten stofflichen Wieder-
oder Weiterverwertung. Damit energie- und ressourcenschonend sowie giftfrei gebaut wird,
braucht es eine Veränderung der ökonomischen Rahmenbedingungen, ein Gebäude-Ressourcen-
Gesetz sowie verbindliche Klimaschutzstandards bei allen gesetzlichen Vorgaben, Normen und
Bauordnungen. Um Gebäude kreislaufgerecht planen, bauen und modernisieren zu können, wollen
wir einen digitalen Gebäude-Materialpass einführen. So werden unsere Gebäude und
Bauschuttdeponien zu Rohstoffquellen.
Um die Modernisierung des Gebäudebestandes zügig und konsequent voranzubringen, setzen wir
uns sowohl für eine deutliche Steigerung der bereitgestellten Fördermittel als auch für eine
Ausrichtung von Förderrichtlinien auf die Klimaschutzwirkung der Maßnahme, auf mehr
Nachhaltigkeit und auf Ressourceneffizienz ein. Hinsichtlich der verwendeten Baustoffe
brauchen die Programme im Sinne einer Holzbau-, Leichtbau- und Rohstoffsicherungsstrategie
des Bundes eine klare Ausrichtung auf mehr Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz.
Wir setzen uns für einen wirksamen Schutz von Mieter*innen bei der Wärmewende ein. Wir
wollen die Kosten für klimafreundliche Modernisierungen zwischen Vermieter*innen und
Mieter*innen – auch mittels staatlicher Unterstützung – fair aufteilen.
Mit der Ergänzung des Wohngeldes um das Klimawohngeld wollen wir allen ermöglichen, in
klimafreundlichen Wohnungen zu leben. Die Heizkostenkomponente muss dringend der aktuellen
Entwicklung angepasst werden. Dazu wollen wir den Heizkostenzuschuss im Wohngeld während der
Energiekrise verstetigen.
Aktuell bezahlen allein die Mieter*innen die Umlage des CO2-Preises für Heizung und
Warmwasser. Wir begrüßen deshalb die gemeinsame Gesetzesinitiative für eine gerechte
Neuverteilung des CO2-Preises abhängig vom Sanierungsgrad zwischen Mieter*innen und
Vermieter*innen.
Für die Energieeffizienz ist es maßgeblich, bestehende Systeme zu verknüpfen. Es braucht
Quartierslösungen beispielsweise auf Basis von Wärmenetzen, die mit erneuerbaren Quellen wie
Abwärme, Geo- oder Solarthermie gespeist werden und bereitgestellte Energie vor Ort
speichern. Auch die Fern- und Nahwärme muss dekarbonisiert werden. Dazu wollen wir ihre
Förderung an klimaneutralen und gleichzeitig effizienten Lösungen ausrichten, wie an der
Kombination von niedrigerer Temperatur und Wärmepumpen, und dazu die Wirtschaft in die
Wärmesysteme einbinden. Für die Umsetzung dieser Systeme sind die Kommunen zentral. Wir
begrüßen daher die Initiativen der Bundesregierung, die verbundenen klimaneutralen
Energiesysteme über die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze auszubauen und die
kommunale Wärmeplanung zu stärken.
Nachhaltige Mobilität ist ein Schlüssel
Insbesondere der Verkehrssektor ist derzeit nicht auf Kurs, um die Klimaziele zu erreichen.
Hier wiegen die Konsequenzen der verfehlten Politik dreier CSU-Verkehrsminister besonders
schwer und es gibt große Defizite bei der schnellen, dauerhaften Minderung der Emissionen.
Umso wichtiger ist es, jetzt konsequent eine neue Politik zu verfolgen. Kurzfristige
Maßnahmen wie die Einführung einer Klimaabgabe auf Pkw-Neuzulassungen, der soziale und
klimagerechte Umbau des Dienstwagenprivilegs oder ein Nachfolgemodell für das 9-Euro-Ticket
sind unbedingt erforderlich.
Der EU-Beschluss zum Ende des fossilen Verbrennungsmotors ab 2035 ist ein riesiger Erfolg
für den Klimaschutz und für grüne Umweltpolitik. Er gibt den Autoherstellern, aber auch den
Ladenetzbetreibern endlich Planungssicherheit. Die Dekarbonisierung der Antriebe hat damit
einen klaren europäischen Rahmen. Pkw werden in Zukunft batterieelektrisch fahren. Damit
nutzen wir die effizienteste Technologie, denn auch im Verkehr muss gelten: Auch aus
erneuerbaren Quellen geerntete Energie ist ein knappes Gut.
Das im Koalitionsvertrag verankerte Ziel von 15 Millionen vollelektrischen Pkw bis 2030
weist den Weg. Dazu braucht es zusätzliche fiskalische Maßnahmen wie eine Klimaabgabe für
Pkw-Neuzulassungen, eine deutliche Beschleunigung des Ladesäulenausbaus und eine intensive
Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Gewerkschaften zur Transformation der Automobilindustrie.
Denn für alle Betroffenen gilt: Klimaneutralität kann, richtig gestaltet,
Menschheitsaufgabe, Standortvorteil und Jobmotor zugleich sein.
Von maßgeblicher Bedeutung für eine funktionierende Mobilitätswende ist ein attraktives
öffentliches Angebot als Alternative zum eigenen Fahrzeug. Das 9-Euro-Ticket war dabei ein
großer Erfolg. Über 30 Millionen Menschen nutzten das Ticket monatlich im Nahverkehr und
rund 80 Prozent der Befragten haben sich für eine Fortsetzung ausgesprochen.
Der Erfolg des 9-Euro-Tickets zeigt, dass auch kurzfristige Maßnahmen für den ÖPNV direkte
Klimaerfolge bringen. Deshalb wollen wir eine möglichst zeitnahe Folgelösung. Wir haben
dafür ein Konzept für eine Kombination aus einem landes- bzw. verbundweiten 29-Euro- und
einem bundesweiten 49-Euro-Ticket vorgelegt. Unser Ziel bleibt, dass sich die Zahl der
Nutzer*innen im ÖPNV bis 2030 mindestens verdoppelt. Eine Priorisierung der Mittel für den
Ausbau von Schienen- und Businfrastruktur ist daher dringend geboten. Neben der
Verkehrsvermeidung und der Förderung von Rad- und Fußverkehr ist dies das effektivste
Mittel, um die Mobilitätswende schnell umzusetzen. Dazu müssen wir unsere Infrastruktur
umbauen, um diese an unsere Klimaziele anzupassen.
Insbesondere die Schiene wurde jahrzehntelang vernachlässigt. Es bedarf massiver
Investitionen in Erhalt, Kapazitätsausbau und Elektrifizierung. Der Deutschland-Takt als
Zielvorgabe für ein qualitativ hochwertiges, angebotsorientiertes System stellt für uns
hierfür eine gute Grundlage dar, die nun endlich durch eine angemessene Bereitstellung von
Finanzmitteln für Investition und Betrieb sowie für Planungskapazitäten auf den Weg gebracht
werden muss.
Die Erhöhung der Regionalisierungsmittel ist unabdingbar, damit die Länder die Qualität des
öffentlichen Nahverkehrs erhalten und verbessern können. Dies kann über den Abbau
umweltschädlicher Subventionen und eine ökologische Reform des Dienstwagenprivilegs
finanziert werden. Der Bundesverkehrswegeplan muss dringend klimagerecht überarbeitet und
reformiert werden, damit zukünftige Investitionen nicht mehr in den teuren Neubau von
Autobahnen fließen. Dem klaren Vorrang der Schiene muss hier Rechnung getragen werden.
Das Tempolimit auf Autobahnen bleibt für uns weiter ein schnell wirkendes und nahezu
kostenloses Instrument, um die Sicherheit auf den Straßen zu erhöhen und unsere Klimabilanz
zu verbessern.
Klima schützt Natur schützt Klima
Der natürliche Klimaschutz hat Klimapotentiale, die an die Umstellung auf erneuerbare
Energien heranreichen. Das hat auch der jüngste IPCC-Bericht bestätigt. Im Umkehrschluss
droht bei einer weiteren Zerstörung natürlicher Kohlenstoffspeicher die Naturzerstörung zu
einem nicht mehr aufzuhaltenden Beschleuniger der Klimakrise und des Artenaussterbens zu
werden.
Beide Krisen befeuern sich gegenseitig und können nur gemeinsam gelöst werden. Nur, wenn wir
gesunde Natur schützen, stärken und wiederherstellen, können wir die notwendigen Klima- und
Biodiversitätsziele erreichen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir in der Bundesregierung
mit dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz 4 Milliarden Euro in konkrete Maßnahmen zum
Schutz, zur Stärkung und Wiederherstellung gesunder Natur investieren und die relevanten
Maßnahmen beschleunigen. Das ist dreifach gut angelegtes Geld: für mehr Biodiversität, für
mehr Klimaschutz und für mehr Klimavorsorge.
Gesunde Wälder und Auen, Böden und Moore, Meere und Gewässer, Grünflächen in der Stadt: All
diese Ökosysteme können einen Beitrag zum natürlichen Klimaschutz leisten. Sie können
Kohlenstoff aus der Atmosphäre binden und langfristig speichern. Gleichzeitig sind sie
wertvoller Lebensraum für bedrohte Arten und damit essentielle Voraussetzung im Kampf gegen
das Artenaussterben. Außerdem leistet der natürliche Klimaschutz einen wichtigen Beitrag zur
Klimavorsorge, denn gesunde Böden regulieren den Wasserhaushalt. Intakte Auen halten das
Wasser zurück und tragen so zum Hochwasserschutz bei. Je besser der Zustand von Ökosystemen
ist, desto widerstandsfähiger sind sie gegenüber Extremwetterereignissen wie Trockenheit
oder Starkregen – und desto mehr können sie zu unserem Schutz beitragen.
Schwerpunkte im Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz sind eine Renaturierungsoffensive
für Flüsse, Auen, Wälder und Seegraswiesen sowie der nationale Moorschutz. Wir wollen so
viele Moorböden wie möglich schnell und umfassend wiedervernässen – und ein Ende der
Torfnutzung. Landwirtschaftliche Betriebe werden wir bei Maßnahmen zur Wiedervernässung und
bei der Einführung angepasster Bewirtschaftungsweisen unterstützen.
Ein naturnaher Wasserhaushalt mit lebendigen Flüssen, Seen und Auen ist ein zentrales Ziel
für den natürlichen Klimaschutz. Mit der Wiederherstellung dieser Ökosysteme soll im Sinne
der Vorsorge Wasser wieder stärker in der Landschaft gehalten und die schnelle Entwässerung
großer Flächen reduziert werden. Um einen naturnahen Wasserhaushalt zu erreichen, wollen wir
mit der Bundesregierung noch in diesem Jahr eine rahmengebende Nationale Wasserstrategie
beschließen.
Auch Meeres- und Küstenökosysteme sind ein wichtiger Baustein des natürlichen Klimaschutzes.
Denn die Weltmeere leiden nicht nur immens unter den Auswirkungen der Klimakrise. Gesunde
Meere liefern gleichzeitig Sauerstoff, sie regulieren das Klima und sind ein wichtiger CO2-
Speicher. Wir werden eine verbindliche Meeresstrategie erarbeiten und ein Aufbauprogramm für
Seegraswiesen, Algenwälder, Salzwiesen und weitere marine sowie Küsten-Ökosysteme zur
Verbesserung der natürlichen CO2-Speicherfähigkeit entwickeln. Eine Anrechnung von CO2-
Speicherpotenzialen durch natürliche Kohlenstoffsenken auf die Minderungsziele lehnen wir
ab. Der Schutz und die Wiederherstellung von Ökosystemen als CO2-Senken sind zusätzliche und
eigenständige Ziele im Klimaschutzgesetz. Mit natürlichem Klimaschutz stärken wir natürliche
Kohlenstoffsenken und bekämpfen zugleich die Biodiversitätskrise und das Artenaussterben.
Gemeinsam mit unseren internationalen Partnern wollen wir die Verhandlungen bei der
Weltnaturschutzkonferenz in Montreal im Dezember endlich erfolgreich abschließen. Es braucht
einen neuen internationalen Rahmen zum Schutz unserer Natur und mehr finanzielle
Unterstützung der Industrienationen für die Umsetzung im globalen Süden. Wir wollen
international vorangehen und werden, wie im Koalitionsvertrag festgeschrieben, eine
erhebliche Erhöhung der internationalen Biodiversitätsfinanzierung noch in diesem Jahr
verkünden.
Mehr ökologische Landnutzung
Die Waldbrandgefahr vervielfacht sich im Zuge der Klimakrise durch anhaltende Trockenheit
und verödete Forstlandschaften. Deshalb brauchen wir wieder mehr echte Wälder: als
Wasserspeicher, Luftfilter, Bodenschützer und als wichtige Verbündete beim Klimaschutz. Wir
brauchen eine klimaresiliente vielfältige Landwirtschaft, um auch in Krisenzeiten gute,
gesunde und regionale Lebensmittel unter fairen Bedingungen für alle erzeugen zu können.
Fair für das Klima, fair für Umwelt und Tiere, fair für die Verbraucher*innen – und fair für
die Landwirt*innen. Denn eine nachhaltige Lebensmittelerzeugung braucht Bäuerinnen und
Bauern.
Angesichts von immer häufigeren Dürren und Unwettern, Insektensterben und Artenverlust in
der Agrarlandschaft sowie dem Höfesterben ist eine Agrarwende hin zu einer ökologischeren,
tierfreundlichen und klimarobusten Landwirtschaft mit fairen Einkommen für die
Landwirt*innen entscheidend. Gerade in diesem Jahr zeigt sich, dass schon jetzt viele
Anbauregionen bei uns und in ganz Europa mit Trockenheit und Dürren zu kämpfen haben. Und es
werden in den kommenden Jahren wohl immer mehr. Umso wichtiger, dass der Boden gesund ist –
mit genügend Humus, um ausreichend Wasser zu speichern. Die ökologische Bewirtschaftung
bietet die Chance, den Schutz der Biodiversität und des Klimas mit der Lebensmittelerzeugung
gut zu verknüpfen.
Wir wollen den Anteil des Ökolandbaus bis 2030 auf mindestens 30 Prozent der Fläche erhöhen.
Die Bundesregierung wird dazu eine Strategie auflegen, die Forschung, Betriebe und Absatz
gleichermaßen fördert. Außerdem werden wir zusammen mit den Landwirt*innen eine nachhaltige,
nasse Landwirtschaft für genutzte Moorböden entwickeln. Dazu fördert das
Landwirtschaftsministerium beispielsweise extensive Weidewirtschaft und Paludikulturen –
auch in Kombination mit erneuerbaren Energien.
Agroforstsysteme, Agri-PV-Systeme, Mischkulturen, weite Fruchtfolgen mit Zwischenfrüchten,
die Einarbeitung von Pflanzenresten und eine ganzjährige Bodenbedeckung machen den Ackerbau
sowohl klimafreundlicher als auch robuster. Gleichzeitig können sie zu einem guten Einkommen
für die Landwirt*innen beitragen. Die europäischen Agrarzahlungen sollen dazu auf die
Honorierung dieser ganzheitlichen gesellschaftlichen Leistungen ausgerichtet werden.
Eine weitere zentrale Aufgabe für die nächsten Jahre ist der Umbau der landwirtschaftlichen
Tierhaltung hin zu klima-, umwelt- und tiergerechten Haltungsformen. Um Landwirt*innen auf
diesem Weg zu unterstützen, braucht es ein Paket aus verpflichtender
Tierhaltungskennzeichnung, angepasstem Bau- und Genehmigungsrecht, klaren Regeln sowie
tragfähiger Förderung. Entsprechende Gesetzesentwürfe des Landwirtschaftsministeriums liegen
vor. Wenn wir landwirtschaftlichen Betrieben eine echte Perspektive geben wollen, müssen wir
sie bei den Mehrkosten, die durch höhere Tierschutzstandards entstehen, unterstützen. Um
Klima- und Umweltziele zu erreichen, müssen wir die Tierzahlen in Deutschland senken und sie
stärker an die verfügbare Fläche für die Futtermittelproduktion binden, denn Futter von den
eigenen Feldern ist klimafreundlich und Weidehaltung sorgt für besseren Tierschutz. Den
durch die Landwirtschaft maßgeblich mitverursachten Ausstoß von Methan und Lachgas, der
einen großen Anteil zur Erderhitzung beiträgt, wollen wir deutlich verringern.
Eine zukunftsfeste Tierhaltung muss standortangepasst und unabhängig von Regenwald-Soja
sein. Mit der Eiweißstrategie unterstützen wir diese Umstellung. Industrielle
Massentierhaltung ist mit einer klimagerechten Zukunft nicht vereinbar.
Klimagerechtigkeit in Europa und weltweit
Viele Inseln im Pazifik drohen, durch die Klimakrise unterzugehen. Die Dürre in Ostafrika
verursacht Hunger und verschärft Armut. Frauen, marginalisierte Gruppen und Menschen, die in
Armut leben, sind besonders von den Folgen wie Luftverschmutzung, mangelndem Zugang zu
Trinkwasser und dem Schwinden von landwirtschaftlichem Boden betroffen. Die Länder, die am
wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, leiden am meisten unter deren Folgen. Die
Erderhitzung einzudämmen, ist daher nicht nur eine ökologische, sondern auch eine
Gerechtigkeitsfrage.
Das Fortschreiten der Klimakrise ist eine Gefahr für unsere Sicherheit und Freiheit. Durch
die Klimaaußenpolitik muss es uns mit diplomatischen Mitteln gelingen, die globale
Energiewende, nachhaltige Entwicklung und den Schutz unserer Biodiversität EU-weit und
international voranzutreiben. Mit der Entwicklungspolitik unterstützen wir unsere
Partner*innen weltweit beim langfristigen Umbau ganzer Sektoren und verfolgen eine
transformative, globale Strukturpolitik; damit richten wir nationale und internationale
Institutionen auf die Pariser Klimaziele und die Ziele für nachhaltige Entwicklung der
Agenda 2030 (SDGs) aus.
Deutschland und Europa müssen stärker mit gutem Beispiel vorrangehen und klimagerechten
Wohlstand umsetzen. Konkret bedeutet das, dass die politischen Entscheidungen daran gemessen
werden müssen, ob ihre Folgen mit der Einhaltung der planetaren Grenzen und den
Nachhaltigkeitszielen vereinbar sind.
Der Europäische Green Deal eröffnet die Chance, die EU zum ersten klimaneutralen
Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Die ambitionierte und schnelle Umsetzung des „Fit For
55“-Pakets ist dafür essentiell. Wir unterstützen alle weiteren Maßnahmen, die dazu
beitragen, diesen Prozess zu beschleunigen und damit die Klimaziele für Europa zu erreichen.
Wir wollen gemeinsam mit der EU-Kommission den natürlichen Klimaschutz europaweit und
weltweit voranbringen. Wir unterstützen die Verordnung zur Wiederherstellung der Natur als
zentrales Element zur Umsetzung der europäischen Biodiversitätsstrategie. Rechtsverbindliche
Ziele zur Renaturierung von Meeren, Flüssen und Wäldern, von Ökosystemen in der Stadt und in
der Agrarlandschaft sowie zum Schutz von Bestäubern sind ein Aufbruch für den Natur- und
Klimaschutz in der EU.
Die Industriestaaten haben am meisten von der Ausbeutung der globalen Ressourcen profitiert
und müssen deshalb ein verlässlicher Motor und Vorreiter im Kampf gegen die Klimakrise
weltweit sein. Im Rahmen der G7-Präsidentschaft hat Deutschland erste Klima- und
Entwicklungspartnerschaften etabliert, die wir mit weiteren Partnerländern schnell ausbauen
und vorantreiben möchten.
In wenigen Wochen wird die UN-Klimakonferenz COP 27 in Ägypten die massiven weltweiten
Auswirkungen der Klimakrise beleuchten und um Maßnahmen zu deren Bekämpfung ringen. Es geht
dabei um ein ambitioniertes Arbeitsprogramm, mit dem bis 2030 global ein mit dem 1,5-Grad-
Ziel kompatibler Entwicklungspfad erreicht wird. An diesem Programm müssen auch die
nationalen Klimaziele ausgerichtet sein. Wir erwarten eine Beschleunigung der weltweiten
Energiewende sowie einen regelmäßigen politischen Austausch über die Umsetzung der
Maßnahmen, über Initiativen und die Erreichung der sektoralen Ziele als Ergebnis der
Konferenz.
Ägypten gehört zu den repressivsten Staaten im Nahen und Mittleren Osten sowie in
Nordafrika. Zur Förderung von Klimaschutz braucht es eine starke, politisch aktive und vom
Staat unabhängig agierende Zivilgesellschaft. Es ist deshalb unabdingbar, dass Ägypten als
Ausrichter der COP den eigenen zivilgesellschaftlichen Akteur*innen sowie der Presse
dauerhaft die Freiheit gibt, auf Defizite im Klimaschutz aufmerksam machen zu können.
Ansonsten droht die COP, zum Greenwashing der Staatsführung zu werden – und zu einem
Instrument, um von der katastrophalen Menschenrechtsbilanz einschließlich der tausenden
politischen Gefangenen abzulenken.
Im Rahmen der internationalen Klimapolitik muss Deutschland ein ambitioniertes,
solidarisches und verlässliches Partnerland sein und seiner Verantwortung für den eigenen,
für den globalen Klimaschutz und für die Anpassung an die Klimakrise gerecht werden. Dabei
werden wir klimapolitische Maßnahmen im Sinne des postkolonialen Ansatzes gemeinsam mit
unseren Partner*innen entwickeln, eng mit multilateralen Partner*innen abstimmen und bei der
Umsetzung die Länderrechte der indigenen Bevölkerung stets achten. Das ist auch unser
Anspruch für das Auftreten Deutschlands bei der diesjährigen COP 27 in Ägypten.
Die Folgen der Klimakrise schlagen in den ärmsten Staaten der Welt ganz besonders dramatisch
zu. Wir müssen deshalb die Klimaanpassung beschleunigen. Darum braucht es bei Schäden und
Verlusten jetzt deutlich stärkere und verbindliche Unterstützung durch die Industrieländer.
Dazu haben sich die G7 Ende Mai 2022 erstmals bekannt. Ein richtiger Schritt voran, dem aber
noch viele folgen müssen.
Deutschland muss gerade angesichts der multiplen Krisen, die die Umsetzung von
Klimaprojekten in vielen Weltregionen gefährden, seinen Beitrag zur kollektiven
Verdopplungszusage der Anpassungsfinanzierung leisten. Ergänzend wollen wir die
Rahmenbedingungen für privates Kapital verbessern, wenn dieses in echten Klimaschutz und
konsequente Klimaanpassung investiert wird.
Mit Programmen der Entwicklungspolitik wie auch der Internationalen Klimaschutzinitiative
der Bundesregierung leisten wir ganz konkrete Unterstützung für mehr Klimaschutz und
Klimaanpassung. Gemeinsam wollen wir als G7 vorangehen, um aus der Kohle auszusteigen und
die Emissionen im Energiesektor, im Verkehr und der Industrie so schnell wie möglich zu
reduzieren. Es geht darum, gemeinsam eine Welle höherer Klimaambitionen zu erzeugen und
andere Staaten mitzunehmen. Gleichzeitig brauchen wir einen Schub für mehr
Klimagerechtigkeit und klare Fortschritte bei der Klimafinanzierung sowie ein Umlenken
globaler Finanzströme im Einklang mit den Zielen des Pariser Abkommens.
Klimagerechtigkeit heißt aktuell vor allem, alles daran zu setzen, die große Maßnahmenlücke
zwischen Klimazielen und politischem Handeln auf internationaler Ebene zu schließen.
Insbesondere betrifft dies den zugesagten deutschen Beitrag von jährlich 6 Milliarden Euro
für die Klimafinanzierung in Ländern des globalen Südens bis 2025. Das bedeutet auch, die
Länder des globalen Südens in den Bereichen Energiesicherheit, Klimaanpassung,
Verkehrspolitik, Landwirtschaft und nachhaltiger Wirtschaft zu unterstützen. Zur UN-
Klimakonferenz COP 27 im November muss die Bundesregierung dazu eine verlässliche Zusage
leisten.
Durch den russischen Angriffskrieg ist weltweit eine neue Dynamik entstanden, denn auch dem
Letzten ist nun der Zusammenhang zwischen Klima, Energie, Sicherheit, Ernährung, Freiheit
und Frieden klargeworden. Viele Staaten setzen auf den Ausbau von erneuerbaren Energien.
Aber es gibt auch Kräfte, die den Moment des Krieges nutzen, um unter dem Vorwand der
Energiesicherheit Öl, Gas und fossile Infrastrukturen dauerhaft zu festigen und auszubauen.
Umso wichtiger ist es, dass wir alle Kanäle nutzen, um die Weichen für mehr Klimaschutz und
für mehr Tempo bei der globalen Energiewende zu stellen. Die Verbrechen an der
Menschlichkeit durch das russische Regime dürfen nicht als Deckmantel für neue langfristige
fossile Abhängigkeiten dienen. Denn das würde nicht nur dem Aggressor in die Hände spielen,
sondern auch die internationalen Klimaschutzmaßnahmen ad absurdum führen. Die einfache
Logik, dass im Zweifel fossile Energieträger eine sichere Versorgung bereitstellen, ist
widerlegt. Die neue Rolle der erneuerbaren Energien als Garanten für eine starke
Selbstversorgung, Sicherheit und Freiheit gilt es, international zu festigen und die
Hinwendung zu klimaneutraler Versorgung in anderen Ländern durch strukturelle, finanzielle
und technische Unterstützungsangebote zu stärken.
weitere Antragsteller*innen
Insgesamt 51 Unterstützer*innen.- Luca Brunsch (KV Kiel)
- Björn Hildebrand (KV Pinneberg)
- Leah Knoth (KV Segeberg)
- Franz Fischer (KV Kiel)
- Philipp Schmagold (KV Plön)
- Jessica Kordouni (KV Kiel)
- Oliver Brandt (KV Herzogtum Lauenburg)
- Charlotte Henke (KV Dresden)
- Tobias Lentz (KV Flensburg)
- Ralf Hübner (KV Pinneberg)
- Maik-Torben Kristen (KV Kiel)
- Lea Fischer (KV Lübeck)
- Matthias Lamp (KV Pinneberg)
- Michael Bloss (KV Stuttgart)
- David Goes (KV Tübingen)
- Philipp Karl Witte (KV Hamburg-Altona)
- Tobias Balke (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Jakob Kohnke (KV Nordfriesland)
- Lars Boettger (KV Hamburg-Altona)
- Lea Reimann (KV Rendsburg-Eckernförde)
- Nikhil Gauri (KV Hamburg-Altona)
- Fabio Nicolas Detmer (KV Hamburg-Bergedorf)
- Maria Höller (KV Stuttgart)
- Lasse Zapf (KV Rendsburg-Eckernförde)
- Luca Köpping (KV Kiel)
- Silke Backsen (KV Nordfriesland)
- Karen Kristina Jakstadt (KV Kiel)
- Yusuf Uzundag (KV Hamburg-Altona)
- Stefan Degener (KV Mettmann)
- Gerd Weichelt (KV Dithmarschen)
- Annkatrin Esser (KV Berlin-Treptow/Köpenick)
- Petra Kärgel (KV Pinneberg)
- Hildegard Bedarff (KV Pinneberg)
- Niklas Willma (KV Neumünster)
- Beate Sattler-Ashoff (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Bärbel Sandberg (KV Pinneberg)
- Klemens Griesehop (KV Berlin-Pankow)
- Anja Schneider (KV Pinneberg)
- Lukas Unger (KV Pinneberg)
- Manuel Carrasco Molina (KV Düren)
- Paul Droßard (KV Pinneberg)
- Katinka Wellnitz (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Andrea Eva Dreffein-Hahn (KV Pinneberg)
- Steffen Regis (KV Kiel)
- Katrin Stange (KV Pinneberg)
- Mathias Schmitz (KV Pinneberg)
- Florian Juhl (KV Pinneberg)
- Andreas Preß (KV Koblenz)
- Claudia Khanh-Ly Nguyen (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Sophia Marie Pott (KV Lübeck)
- Leonard Rodde (KV Pinneberg)
- Petra Kärgel (KV Pinneberg)
- Hildegard Bedarff (KV Pinneberg)
- Niklas Willma (KV Neumünster)
- Beate Sattler-Ashoff (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Bärbel Sandberg (KV Pinneberg)
- Klemens Griesehop (KV Berlin-Pankow)
- Anja Schneider (KV Pinneberg)
- Lukas Unger (KV Pinneberg)
- Manuel Carrasco Molina (KV Düren)
- Paul Droßard (KV Pinneberg)
- Katinka Wellnitz (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Andrea Eva Dreffein-Hahn (KV Pinneberg)
- Steffen Regis (KV Kiel)
- Katrin Stange (KV Pinneberg)
- Mathias Schmitz (KV Pinneberg)
- Florian Juhl (KV Pinneberg)
- Andreas Preß (KV Koblenz)
- Claudia Khanh-Ly Nguyen (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Sophia Marie Pott (KV Lübeck)
- Leonard Rodde (KV Pinneberg)
Fehler:Du musst dich einloggen, um Änderungsanträge stellen zu können.
In Zeile 351 einfügen (I-11: Dringlichkeitsantrag: In Zeiten fossiler Inflation: sozialen Zusammenhalt sichern, Wirtschaft stärken):
Die drei Entlastungspakete und der Abwehrschirm sind darauf ausgerichtet, die schweren sozialen und ökonomischen Folgen der Energiekrise abzumildern. Die Symptome der fossilen Inflation werden so gelindert. Jetzt gilt es aber auch die Ursache zu bekämpfen: unsere Abhängigkeit von fossilen Energien. Die USA investieren mit dem Inflation Reduction Act 370 Milliarden US-Dollar vor allem in Klimaschutz. Auch wir wollen die Potentiale der Erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz nutzen, um die Energiepreise langfristig in den Griff zu kriegen - aber ohne Protektionismus. Nur wenn uns die Transformation der Wirtschaft aus der Abhängigkeit von fossilen Energien gelingt, haben wir als Industriestandort eine Zukunft. Die Bundesregierung muss deshalb alle Klimaschutzinvestitionsbremsen lösen und die ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen konsequent auf den schnellstmöglichen Ausbau von Erneuerbaren, Energieeffizienz und Energieeinsparung umstellen.
Fossile Inflation bekämpfen – fossile Energien ersetzen
Wir wollen mit einem Gesetz zur Bekämpfung fossiler Inflation (InflationsbekämpfungsG) bei den Ursachen der fossilen Inflation ansetzen:
- 100 Milliarden Euro zusätzlich für Klimaschutzinvestitionen. Um die Energiekosten langfristig zu senken, sichern wir den Ausbau der Produktionskapazitäten für Wärmepumpen, Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen staatlich ab und richten die öffentliche Beschaffung konsequent an den Klimaschutzzielen aus. Auch die energetische Modernisierung öffentlicher Gebäude und die komplette Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED dürfen nicht länger an fehlenden Investitionsmitteln scheitern. Mit den Mitteln soll zudem mit dem Bau einer Infrastruktur für Grünen Wasserstoff begonnen werden. Wir weiten die aufsuchende Energiesparberatung deutlich aus, um die Vulnerabilität von Haushalten gegenüber Energiepreisen nachhaltig zu verringern.
- Ausbau der Erneuerbaren Energien kurzfristig wirksam beschleunigen. Damit die Erneuerbaren die Kosten für Strom, Mobilität und Wärme noch stärker dämpfen, soll das InflationsbekämpfungsG Regelungen enthalten, mit denen bereits genehmigte, aber noch nicht fertiggestellte Windenergieprojekte unkompliziert erweitert werden können, für die PV-Sonderausschreibungen muss Zusätzlichkeit gewährleistet werden.
- Energieverschwendung ordnungsrechtlich verringern. Um teure fossile Energien einzusparen, wollen wir mit dem InflationsbekämpfungsG das Ordnungsrecht nutzen: Gebot zur Nutzung industrieller Abwärme, Gebot zum Ersatz von Erdgas-Straßenbeleuchtung, Stopp des Ausbaus des Gasverteilnetzes und des Neuanschlusses von Wohngebäuden ans Gasnetz in Fernwärmegebieten, Verbot besonders energieaufwändiger und leicht zu substituierender Verpackungen, Ausweitung von Mehrwegsystemen, Einführung einer Sanierungspflicht für die Gebäudeklassen G und H, Beendigung von Leerflügen. Die Regelungen zur Zwangsabschaltung von Wind- und PV-Anlagen wollen wir drastisch reduzieren, auch um Strompreise kurzfristig zu senken.
- Gesetzliche Mindestvorgaben zum Klimaschutz auch im Verkehrssektor erfüllen. Das Bundesklimaschutzgesetz definiert jahresscharf zulässige Treibhausgas-Emissionsmengen, die insbesondere im Verkehrssektor bisher nicht eingehalten werden. Falls der Bundesverkehrsminister keine anderen kurzfristigen Maßnahmen benennt, mit denen er den Verbrauch von Benzin, Diesel und Kerosin auf das zulässige Maß verringert, kann auf ein Tempolimit nicht weiter verzichtet werden. Das Klimaschutzgesetz ist ein Gesetz und keine unverbindliche Leitlinie. Die jahresscharfen Sektorziele und das daraus resultierende Treibhausgasbudget sind einzuhalten.
- Internationale Klimafinanzierung anheben. Durch die Diversifizierung unserer Gasimporte exportieren wir die fossile Inflation in Länder des globalen Südens. Sie zahlen den größten Preis dafür, dass Deutschland sich in den letzten Jahren immer stärker in die Abhängigkeit Russlands begeben hat. Deshalb wollen wir die internationale Klimafinanzierung, die auch dem weltweiten Ausbau der Erneuerbaren Energien dient, deutlich stärker anheben als bisher vorgesehen.
200 Milliarden für den Abwehrschirm helfen Deutschland in der Krise, gleichzeitig geht es jetzt darum Deutschland aus der Krise zu helfen und mit aller Kraft die Ursachen der fossilen Inflation bekämpfen. InflationsbekämpfungsG und der Abwehrschirm sind deshalb für uns inhaltlich und politisch eng miteinander verbunden.
Gemeinsam durch einen Winter der Solidarität
Die Auswirkungen des völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine spüren wir auch
in Form von hohen Preisen bei uns. Die enorme fossile Abhängigkeit von Russland, in die
Deutschland von Vorgängerregierungen getrieben wurde, gibt dem Kreml die Möglichkeit, auch
unseren Wohlstand herauszufordern. Doch wir lassen uns nicht von Vladimir Putin erpressen.
Und das heißt: Wir stehen unverändert solidarisch an der Seite der Ukraine und ihrer
Menschen. Mit weitreichenden Maßnahmen erreichen wir Monat für Monat Deutschlands
Unabhängigkeit von russischen Energieimporten. Und je stärker wir dabei auf erneuerbare
Energien setzen, desto mehr werden künftig auch die Preise sinken.
Doch aktuell leiden viele Menschen in Deutschland und Europa unter immens gestiegenen
Preisen für Energie und Lebensmittel und wissen oft kaum mehr, wie sie ihre Rechnungen
bezahlen sollen. Gerade diejenigen, die schon vor der aktuellen fossilen Inflation, vor dem
russischen Angriff auf die Ukraine und vor der darauffolgenden Energiekrise kaum über die
Runden kamen, werden von den derzeitigen Herausforderungen hart getroffen. So droht sich die
soziale Spaltung nach mehr als zwei Jahren Pandemie ein weiteres Mal zu verschärfen. Viele
Menschen machen sich in dieser Situation berechtigte Sorgen. Deswegen haben wir stets
zielgerichtet diejenigen besonders in den Blick genommen, die von der Krise am härtesten
getroffen werden.
Die Sorge vor steigenden Lebenshaltungskosten reicht bis in die gesellschaftliche Mitte
hinein. Es steht der über lange Zeit erarbeitete Lebensstandard und Wohlstand in Frage. Die
hohen Preise für Energie und Lebensmittel treffen alle Menschen existenziell, die geringe
oder keine Rücklagen haben, das betrifft ca. 40 Prozent der Menschen in Deutschland. Oft
sind es gerade die vielen Beschäftigten, die in systemrelevanten Berufen schon in Zeiten der
Lockdowns unsere Versorgung mit dem Notwendigsten gesichert haben. Sie stellen unsere
Daseinsvorsorge, also das tägliche Brot, die Reparatur der Heizung, die Fahrt im Bus oder
die Betreuung im Kindergarten sicher.
Wir lassen die Menschen in diesem Land nicht alleine. Um sie zu unterstützen, braucht es zum
einen kurzfristige Entlastungen, zum anderen aber muss Deutschland gerechter werden. An
vielen Stellen müssen wir unseren Sozialstaat reformieren und an die Herausforderungen und
Bedarfe unserer Zeit anpassen. Mit Vorhaben wie dem Bürgergeld und der Kindergrundsicherung
schaffen wir mehr soziale Gerechtigkeit in Zeiten sozialer Unsicherheit und Polarisierung.
Insgesamt steht uns als Gesellschaft ein schwerer Winter bevor. Neben der Inflation droht
aufgrund der Energiekrise auch eine Rezession in ganz Europa. Nach zwei Pandemiejahren macht
das auch vielen Unternehmen große Sorgen. Denn durch die seit Mitte Juni reduzierten und
seit Anfang September ausbleibenden Gaslieferungen sind die Energiekosten massiv gestiegen
und setzen besonders kleine und mittelständische Betriebe stark unter Druck. Die hohen
Preise zehren ihre Rücklagen auf und damit die Mittel für Investitionen in den Umbau für
mehr Nachhaltigkeit und vor allem in den Umbau zur Reduzierung des Energieverbrauchs. Hinzu
kommen fortwirkende Lieferengpässe, der handfeste Mangel an Arbeits- und Fachkräften sowie
die allgemein rückläufige Kaufkraft und eine insgesamt erhöhte Unsicherheit. Es darf nicht
dazu kommen, dass unsere Mittelständler, Handwerksbetriebe, aber auch soziale Einrichtungen
und Krankenhäuser in dieser extrem angespannten Phase ihre Liquidität verlieren. Wir müssen
ihnen beistehen, damit sie gut über diesen Winter kommen – und sie bei der Transformation
unterstützen.
Der drohende Nachfrageschock kann die Situation weiter verschärfen. Die teilweise
verdoppelten oder verdreifachten Kosten für Strom, Gas und Lebensmittel müssen die
Bürger*innen an anderer Stelle einsparen. Das hat Auswirkungen auf die Konsumgüternachfrage
in Deutschland. Auch die Tarifpartner wissen: Lohnzurückhaltung ist daher jetzt das falsche
Rezept gegen die Inflation. Expert*innen sehen keine Anzeichen für eine Lohn-Preis-Spirale.
Im Gegenteil, die Reallöhne sinken. Es geht in diesem Winter darum, diejenigen bei den hohen
Preisen zielgerichtet zu unterstützen, die wenig haben.
Es ist aber auch eine Frage ökonomischer und wirtschaftlicher Vernunft, dass wir es nicht
zulassen, die Rezessionsgefahren noch zu verschärfen. Jetzt eine Rezession in Kauf zu
nehmen, um die Inflation zu bekämpfen, wäre genau der falsche Weg. Denn damit würde man
Schaden im Kern der deutschen Wirtschaft riskieren. Wir müssen also beides schaffen: aktiv
gegen die drohende Rezession und gleichzeitig gegen die hohe Inflation vorgehen.
Dabei ist eine kluge Geldpolitik ein wichtiges Instrument von Inflationsbekämpfung. Doch es
liegt an der Politik, die richtigen Maßnahmen zu treffen, damit Geldpolitik wirken kann und
die Menschen vor den Folgen der Inflation geschützt werden. Unser Ziel ist es auch, allen
EU-Staaten mehr Investitionen für den sozial-ökologischen Umbau und für die soziale
Infrastruktur zu ermöglichen. Daher setzen wir uns für eine Weiterentwicklung der EU-
Fiskalregeln ein.
Aus dieser Krise können wir uns nicht heraussparen. Wir brauchen einen starken Schutzschirm
für das Handwerk, für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie für die soziale
Infrastruktur und gleichzeitig müssen wir in die sozial-ökologische Transformation sowie die
Unabhängigkeit unserer Energieversorgung investieren. Nur so kommen wir raus aus der von
Putin getriebenen fossilen Inflation und machen unsere Wirtschaft und Industrie
zukunftsfest.
Klar ist aber auch: Wir werden nicht alle Lasten, die in diesem Winter auf uns zukommen,
ausgleichen können. Deshalb ist es wichtig, unsere Möglichkeiten gezielt einzusetzen, und
dass auch diejenigen ihren Beitrag leisten, die in der Krise gut über die Runden kommen oder
als Unternehmen aufgrund der Krise sogar zusätzliche Gewinne machen.
Soziale Sicherheit schaffen – in der Krise und darüber hinaus
Während sich viele Menschen um die nächste Nebenkostenabrechnung sorgen, fahren einige
wenige Energiekonzerne gerade milliardenschwere Gewinne ein – nicht etwa, weil sie besser
wirtschaften oder klug investiert haben, sondern einzig und allein, weil der russische
Angriff auf die Ukraine die Energiepreise derart in die Höhe getrieben hat. Wir drängen
deshalb bereits seit dem Frühjahr auf die Abschöpfung solcher Übergewinne, um mit den daraus
erzielten Einnahmen gezielt die Bürger*innen zu entlasten.
Mit dem Abschöpfen dieser zufälligen Übergewinne auf dem Strommarkt gehen wir nun einen
ersten wichtigen Schritt, um eine Strompreisbremse zu finanzieren. Damit soll der
Grundverbrauch an Strom für die Menschen bezahlbar bleiben. Für den darüber hinausgehenden
Verbrauch wird der jeweils aktuelle Marktpreis angelegt. So werden Verbraucher*innen, aber
auch kleine und mittlere Unternehmen entlastet und gleichzeitig zur Reduktion ihres
Verbrauchs angeregt. Sollte eine europäische Regelung nicht zustande kommen, werden wir sie
bis Ende des Jahres national einführen. Mit dem Vorschlag einer Solidaritätsabgabe auf
Unternehmensgewinne im Energiebereich jenseits des Stromsektors legt die EU-Kommission nun
nach. Wir werden in der Bundesregierung darauf drängen, dass dieser Vorschlag zügig
angenommen und umgesetzt wird. Wenn eine Einigung auf europäischer Ebene scheitert, setzen
wir uns für eine nationale Übergewinnsteuer auch in diesem Bereich ein.
Die Strompreisbremse soll auch kleinen und mittelständischen Betrieben sowie Vereinen,
Verbänden oder Krankenhäusern und sozialen Einrichtungen zugutekommen. Für sie soll es
ebenfalls ein vergünstigtes Stromkontingent geben, weil auch hier die Belastungen durch die
hohen Strompreise spürbar sind. Daneben führen der schnellere Ausbau erneuerbarer Energien
sowie die beschlossenen Effizienz-Maßnahmen perspektivisch ebenfalls zu günstigeren
Strompreisen.
Außerdem werden wir Maßnahmen ergreifen, um auch den Gaspreis zu senken. Es ist gut, dass
die Expertenkommission, die sich mit den Möglichkeiten einer Preisdämpfung befasst, ihre
Arbeit aufgenommen hat. Auch beim Gas braucht es einen Preisdeckel für den Grundbedarf. Das
würde dafür sorgen, dass der Grundverbrauch bezahlbar bleibt – für die Bürger*innen genauso
wie für die Unternehmen im Land. Außerdem können wir nicht mehr jeden Einkaufspreis
akzeptieren. Eine geschlossen auftretende EU sollte ihr starkes Marktgewicht gegenüber Gas-
exportierenden Ländern und auf den globalen Spotmärkten für Flüssiggas einsetzen, indem sie
Instrumente wie einen Price Cap für den Import von Gas prüft.
In bisher drei Entlastungspaketen haben wir zusammen mit unseren Koalitionspartnern viele
Maßnahmen vereinbart, die denjenigen zu Gute kommen, die die steigenden Preise finanziell
besonders unter Druck setzen. Das sind Menschen mit geringen und mittleren Einkommen,
Familien, Studierende, Rentner*innen und Menschen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind.
Gerade für sie haben wir uns in den Verhandlungen stark gemacht. Und das werden wir auch
weiterhin tun: Sollte die wirtschaftliche und soziale Lage es notwendig machen, müssen zügig
weitere Sofortentlastungen kommen, etwa weitere Direktzahlungen.
Denn ein wirksamer Weg, um Menschen in der Breite kurzfristig vor den Folgen hoher
Energiekosten zu schützen, sind staatliche Direktzahlungen an private Haushalte. Daher haben
wir die Energiepreispauschale auf den Weg gebracht. Dadurch, dass diese der progressiven
Einkommensteuer unterliegt, stellen wir sicher, dass Menschen mit wenig Einkommen am meisten
profitieren. Nun erhalten auch Rentner*innen und alle Studierenden eine Einmalzahlung. In
der Transformation hilft auch ein sozial-gerechtes Klimageld, das wir – wie im
Koalitionsvertrag vereinbart – gemeinsam mit unseren Koalitionspartnern umsetzen wollen.
Direktzahlungen an alle Bürger*innen bieten zum einen die Möglichkeit einer sozial gerechten
Rückzahlung der Einnahmen aus dem CO2-Preis, zum anderen sind sie ein kurzfristiges
Kriseninstrument. Nur fehlt bisher in Deutschland dafür ein Auszahlmechanismus. Das
Finanzministerium muss diesen bis Ende des Jahres vorlegen.
Familien sind besonders betroffen von den steigenden Preisen. Deshalb wollen wir Familien
sehr gezielt unterstützen: Für von Armut betroffene Kinder gilt bis zur Einführung der
Kindergrundsicherung ein monatlicher Kindersofortzuschlag in Höhe von 20 Euro. Für Familien,
deren Einkommen nur knapp oberhalb der Grundsicherung liegt, wird der Kinderzuschlag erhöht
und für kindergeldberechtigte Kinder steigt das monatliche Kindergeld auf 237 Euro im Monat.
Die hohe Kinderarmut in Deutschland werden wir aber nur beenden, indem wir eine echte
Kindergrundsicherung einführen, die alle Kinder erreicht, unabhängig vom Familienmodell
ihrer Eltern. Auf dem Weg dahin müssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um
familienpolitische Antragsleistungen wie den Kinderzuschlag oder Leistungen aus dem
Bildungs- und Teilhabepaket niedrigschwellig und unbürokratisch zugänglich zu machen. Mit
der Kindergrundsicherung werden wir die Familienförderung vom Kopf auf die Füße stellen und
ein zeitgemäßes Sozialstaatsverständnis umsetzen: einfach, automatisch berechnet und
ausgezahlt ohne aufwendiges Antragswesen bei verschiedenen Behörden. Damit werden wir Armut
– auch verdeckte – bekämpfen und sicherstellen, dass jedes Kind und jede*r Jugendliche*r
finanziell abgesichert ist.
Außerdem muss die im Koalitionsvertrag vorgesehene steuerliche Gutschrift für
Alleinerziehende jetzt auch schnell auf den Weg gebracht werden, denn Alleinerziehende
gehören zu denjenigen, die in diesem Land am meisten von Armut betroffen sind.
Menschen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, erhielten bereits eine Einmalzahlung von
200 Euro. Das neue Bürgergeld, das ab Januar 2023 die bisherige Grundsicherung ersetzt, wird
um 53 Euro steigen. Gleichzeitig ändern wir die Berechnungsmethode dauerhaft so, dass die
Inflation künftig früher in die Berechnung einfließt. Auch Kinder und Jugendliche im
Leistungsbezug haben künftig deutlich mehr Geld zum Leben. Und auch die Geldleistungen für
andere Sozialleistungsbeziehende sollen entsprechend fortgeschrieben werden, zum Beispiel in
der Grundsicherung im Alter oder für Asylsuchende.
Strukturell überwinden wir mit dem Bürgergeld endlich Hartz-IV und schaffen eine
bürgerfreundliche Grundsicherung, die mehr soziale Sicherheit schafft und den Fokus auf
Weiterbildung und Qualifizierung legt. Damit kommen wir unserem Konzept der grünen
Garantiesicherung einen wichtigen Schritt näher. Für uns ist klar: Das Bürgergeld muss
perspektivisch noch weiter steigen, und eine bedarfsgerechte und inflationsfeste
Neuberechnung der Regelsätze muss kommen. Die gegenwärtig vereinbarte Erhöhung sehen wir
daher als ersten Schritt hin zu einer armutsfesten Grundsicherung.
Nachdem von uns im Koalitionsvertrag durchgesetzten Sanktionsmoratorium werden
Sanktionsmöglichkeiten über die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hinaus deutlich
eingeschränkt. Und die Kultur im Jobcenter wird eine andere sein. Briefe kommen künftig
weitgehend ohne komplizierte Rechtsfolgenbelehrungen aus und werden somit verständlicher.
Statt Sanktionen setzt das Bürgergeld auf positive Anreize mit dem Weiterbildungsgeld von
150 Euro und dem Bürgergeldbonus von 75 Euro pro Monat als Aufschlag auf den Regelsatz. Wer
sich auf den Weg in einen neuen Beruf macht, wird so direkt für seine Anstrengungen belohnt
– und nicht erst am Ende einer mehrjährigen Ausbildung. Außerdem verstetigen wir den
Sozialen Arbeitsmarkt und stärken damit die Teilhabe von langzeitarbeitslosen Menschen am
Arbeitsleben.
Um Menschen mit wenig Geld knapp oberhalb der Grundsicherung vor den hohen Heizkosten zu
schützen, unterstützen wir mit Heizkostenzuschüssen beim Wohngeld und im BAföG. Im kommenden
Jahr wird es außerdem eine große Wohngeldreform mit einer Heizkosten- sowie einer
überfälligen Klima-Komponente geben. Mit der Reform sollen weit mehr Menschen künftig
Anspruch auf Wohngeld haben. Die Wohngeldbeantragung und -bewilligung muss dabei
niedrigschwellig, digital und schnell gestaltet werden. Das ist eine gesamtstaatliche
Aufgabe. Wir haben im dritten Entlastungspaket zudem Regelungen vereinbart, damit
Mieter*innen in finanziellen Notsituationen ihre Wohnung nicht verlieren und Strom- und
Gassperren verhindert werden. Diese müssen jetzt zügig und wirksam umgesetzt werden. Es
braucht außerdem Schutz für Haushalte mit Indexmieten. Denn bei Indexmietverträgen sind
Mietsteigerungen an die Entwicklung der Verbrauchspreise gekoppelt. Durch die
Preissteigerungen droht den betroffenen Mieter*innen eine massive Anhebung ihrer Miete –
zusätzlich zu den steigenden Heizkosten. Daher wollen wir Indexmieten deckeln.
Bereits vor der aktuellen Krise ist bezahlbares Wohnen zur wichtigsten sozialen Frage in
urbanen Zentren geworden. In den letzten Jahren ist der Bestand an Sozialwohnungen stetig
zurückgegangen. Das müssen wir umkehren, indem wir die verbliebenen Bestände sichern und um
neue erweitern. Deshalb ist es richtig, dass wir uns im Koalitionsvertrag auf eine
Wohnbauoffensive und die neue Wohngemeinnützigkeit geeinigt haben – beides muss nun zügig
kommen. Wir werden in hohem Umfang auch öffentlich geförderte Wohnungen bauen und dauerhaft
sichern.
Klar ist: Wohnen ist ein Grundrecht und muss als Teil der Daseinsvorsorge verstanden werden.
Das bedeutet, dass Wohnen für alle bezahlbar ist. Der Schutz und das Recht von Mieter*innen
muss dafür an verschiedenen Stellen gestärkt werden. Die Mietpreisbremse wollen wir
verlängern und verschärfen. In angespannten Märkten werden wir die Kappungsgrenze von 15 auf
elf Prozent in drei Jahren absenken. Wir werden qualifizierte Mietspiegel stärken,
verbreitern und rechtssicher ausgestalten sowie für mehr Transparenz bei den
Nebenkostenabrechnungen sorgen. Die Modernisierungsumlage wollen wir strikt begrenzen, damit
Kosten nicht einfach auf die Mieter*innen abgewälzt werden können. Auch muss Mietwucher
wirksam bekämpft werden.
Wir müssen außerdem vermeiden, dass Menschen ihre Wohnung verlieren. Bereits ausgesprochene
Kündigungen sollten durch Nachzahlung der geschuldeten Miete zurückgenommen werden.
Strukturelle Wohnungs- und Obdachlosigkeit wollen wir bis 2030 beenden.
Es braucht zukünftig eine effektivere Regulierung der Bodenpreise sowie eine nachhaltige und
sozial ausgewogene Entwicklung des Wohnungsmarktes und des Wohnungsbaus. Im Sinne einer
integrierten Flächenentwicklung und der Schaffung von Wohnraum kommt kommunalen
Flächenreserven verstärkt eine Schlüsselfunktion zu. Das kommunale Vorkaufsrecht wollen wir
daher durch eine Änderung im Baugesetzbuch wieder ermöglichen.
Die von uns durchgesetzte Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro zum
1. Oktober diesen Jahres bedeutet eine gezielte Gehaltserhöhung für viele Millionen
Menschen, insbesondere für Frauen und Beschäftigte in Ostdeutschland. Mit der Anhebung der
Midijobgrenze entlasten wir kurzfristig viele Menschen mit wenig Einkommen außerdem bei
Steuern und Sozialbeiträgen, halten aber am Grundsatz der Parität fest. Auch auf der
europäischen Ebene haben wir mit dem beschlossenen EU-Mindestlohn zum ersten Mal einen
gemeinsamen Standard gesetzt. Der EU-Mindestlohn ist ein wichtiges Werkzeug, um Armut
vorzubeugen, denn es müssen nun alle EU-Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass nationale
Mindestlöhne ein menschenwürdiges Leben ermöglichen. Darüber hinausgehend braucht es eine
EU-Grundsicherung.
Mit dem 9-Euro-Ticket wurden Menschen in diesem Sommer bei der Mobilität spürbar entlastet.
Zudem konnten wir die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs steigern. Es gilt nun, eine
ökologisch nachhaltige, einfache, bundesweit nutzbare und preisgünstige Form der Mobilität
zu realisieren. Die bereits vereinbarte Anschlussregelung soll aus unserer Sicht einen Preis
von 49 Euro nicht übersteigen. Mit weiteren Investitionen in die Schiene haben wir richtige
Weichenstellungen eingeleitet. Darüber hinaus wird es kurzfristig auch eine deutliche
Erhöhung der Regionalisierungsmittel für den ÖPNV brauchen, um Teilhabe in den Regionen zu
verbessern und eine nachhaltige Verkehrswende zu beginnen.
Ferner müssen wir die Daseinsvorsorge in Deutschland flächendeckend sichern. Die Corona-
Pandemie hat gezeigt, welche gravierenden Folgen es hat, wenn soziale Angebote und
Einrichtungen geschlossen sind oder die Arbeit stark einschränken müssen. Krankenhäuser und
Pflegeeinrichtungen stehen durch die steigenden Energiekosten und Inflationseffekte vor
enormen Sachkostensteigerungen, für die oftmals keine Refinanzierung zur Verfügung steht.
Das stellt sie vor existenzielle Herausforderungen. Wir brauchen daher umgehend einen
Energiekostenschutzschirm und eine Inflationskostenbremse für die betroffenen Einrichtungen.
Hart getroffen sind auch die sozialen Dienstleister, also das gesamte Spektrum sozialer
Arbeit, der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Beratungs-, Schutz- und Hilfeeinrichtungen.
Sie sind den massiv gestiegenen Kosten ausgeliefert und können diese nicht weitergeben. Auch
sie müssen wir nun davor schützen, in eine Notlage zu geraten.
Soziale Sicherheit und sozialer Ausgleich sind gerade in Krisenzeiten unverzichtbar, denn
starke Schultern können mehr tragen als schwache. Das bedeutet auch, Verteilungsfragen zu
stellen und Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten abzubauen. Gerade in der Krise ist der
gesellschaftliche Zusammenhalt gefordert.
Standort Deutschland schützen, unsere Industrie umbauen, Unternehmen retten
Die wirtschaftliche Lage ist angespannt. Besonders die kleinen und mittelständischen
Unternehmen, aber auch die energieintensiven Industrien brauchen dringend Unterstützung.
Deswegen setzen wir uns in der Ampel-Koalition dafür ein, mit einem breit aufgespannten und
gut finanzierten Rettungsschirm die Wirtschaft zu schützen. Die Unternehmen können sich
darauf verlassen, dass wir sie in dieser Krise schützen.
Die Energiekrise und die Inflation, aber auch die Dürre haben die Unternehmen in Deutschland
unter Druck gesetzt. Das Energiekostendämpfungsprogramm für die energieintensive Industrie
wollen wir deshalb deutlich erweitern und um eine neue Programmstufe für den
energieintensiven Mittelstand ergänzen – also auch Unternehmen einbeziehen, die nicht
unmittelbar im internationalen Wettbewerb stehen. Dadurch unterstützen wir gerade die
besonders betroffenen Branchen des Mittelstands und des Handwerks wie etwa Bäckereien, die
das Rückgrat unserer Wirtschaft bilden und die wir unbedingt schützen müssen. Denn die
Betriebe vor Ort haben eine herausragende Bedeutung für die lokale Wertschöpfung, das
soziale Gefüge und die Gesellschaft in den Dörfern und Städten. Wir müssen jetzt die
finanzielle Kraft aufbringen, die nötig ist, um die Substanz unserer Wirtschaft und die
Arbeitsplätze in unserem Land zu sichern und in die klimaneutrale Zukunft zu führen.
Das Kurzarbeitergeld hat sich, zuletzt in der Pandemie, als Kriseninstrument bewährt. In
Zeiten externen Drucks hilft es, Personalabbau zu vermeiden und schützt Arbeitsplätze. Es
ist daher richtig, dass wir die Sonderregelungen für das Kurzarbeitergeld über den 30.
September 2022 hinaus verlängert haben. Damit schaffen wir Sicherheit für Unternehmen und
Beschäftigte. Auf europäischer Ebene setzen wir uns für eine dauerhafte Fortführung des
SURE-Instruments ein, das in Anlehnung an das deutsche Kurzarbeitergeld geschaffen wurde.
Gerade die öffentlich geförderte Kurzarbeit ist oft dazu geeignet, gezielte
innerbetriebliche Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen auf den Weg zu bringen.
Um kurzfristig die Liquidität der Unternehmen sicherzustellen, werden wir bestehende
Programme wie das KfW-Sonderprogramm „Ukraine, Belarus, Russland“ sowie die bereits während
der Corona-Pandemie eingeführten Erweiterungen der Bund-Länder-Bürgschaftsprogramme
verlängern. Auch das Margining-Finanzierungsinstrument wollen wir fortführen, um
Unternehmen, die an den Terminbörsen mit Strom, Erdgas und Emissionszertifikaten handeln,
den Zugang zu ausreichender Liquidität zu ermöglichen.
Um gerade kleine und mittlere Unternehmen in der aktuellen Krisensituation zusätzlich
finanziell zu entlasten, weiten wir den Verlustrücktrag bei der Einkommen- und
Körperschaftsteuer für die Veranlagungszeiträume 2022 und 2023 auf die vier vorangegangenen
Wirtschaftsjahre aus. Dadurch können die Unternehmen ihre Verluste mit den Gewinnen aus den
wirtschaftlich guten Jahren 2018 und 2019 verrechnen und erhalten schneller die
erforderliche Liquidität. Eine solche Ausweitung des Verlustrücktrags ist eines der
einfachsten und zielgenauesten Instrumente, um Umsatzeinbrüche auszugleichen und es lässt
sich auch mit bestehenden Hilfsprogrammen kombinieren.
Mittelfristig sollen die Unterstützungsmaßnahmen auch die Transformation voranbringen. Es
ist daher gut, dass aktuelle Programme bereits Anstrengungen zu Ressourcen- und
Energieeffizienz verlangen. Gleichzeitig wollen wir verhindern, dass Konzerne, die
Staatshilfen in Anspruch nehmen, in der betreffenden Zeit Boni auszahlen.
Richtig ist: Einen wirksamen und großen Rettungsschirm für kleine und mittelständische
Unternehmen gibt es nicht umsonst. Die Entlastungsmaßnahmen erfordern große Anstrengung und
Kreativität, auch innerhalb der Ampelkoalition. Es wäre daher falsch, inmitten einer derart
tiefgreifenden Energie- und Wirtschaftskrise haushaltspolitische Dogmen über die praktisch
notwendige Unterstützung des deutschen Mittelstands zu stellen. Wenn die Schuldenbremse
droht, im kommenden Jahr vor allem eine Bremse für unsere Wirtschaftskraft und die vielen
kleinen und mittleren Unternehmen zu werden, dann muss sie auch 2023 ausgesetzt werden.
Um die Krise zu überwinden, wird es neben kurzfristiger Unterstützung massive Investitionen
brauchen. Wir müssen jetzt umfangreich in die nötige Transformation der Wirtschaft
investieren und in den kommenden Jahren das Tempo nochmals erhöhen. Nur so machen wir unser
Wohlstandsmodell unabhängig von fossilen Energiequellen. Das schützt nicht nur das Klima,
sondern senkt auch die Preise, bekämpft damit die fossile Inflation und gibt unserer
Wirtschaft Kraft für die Zukunft.
Wir brauchen ein Stabilisierungs- und Innovationspaket für unsere Wirtschaft, um diese
Zukunftsinvestitionen zu sichern. Dazu gehört eine finanzielle Stärkung des Klima- und
Transformationsfonds (KTF) zur Finanzierung von Maßnahmen für mehr Energieeffizienz. Es
lohnt sich, gezielt nachhaltige Technologien zu fördern, die den Energieverbrauch und
dadurch auch die Energiekosten und den CO2-Ausstoß senken. Schon jetzt unterstützen wir
Unternehmen bei Investitionen in Effizienz- und Substitutionsmaßnahmen.
Für die Umsetzung der sozial-ökologischen Transformation muss der Staat alle Hebel in
Bewegung setzen, um die nötigen Investitionen zu ermöglichen, positive Anreize zu setzen,
Potenziale zu erweitern und so gleichzeitig die Preisentwicklung zu dämpfen. Ein Hebel dafür
ist die Stärkung resilienter Lieferketten. Ein weiterer, wesentlicher ist eine bessere
Verfügbarkeit von Arbeits- und Fachkräften.
Eine zunehmende Herausforderung für Unternehmen ist es, genügend Arbeitskräfte zu finden. In
einigen Branchen und Regionen ist dieser Mangel inzwischen kaum zu übersehen und wird sich
aus demografischen Gründen weiter verschärfen. Allein 2022 werden über 330.000 Menschen mehr
in Rente gehen als ins Berufsleben starten. Diese Lücke wird sich bis 2030 etwa verdoppeln.
Das ist nicht nur ein Problem der Wirtschaft und der Sozialversicherungssysteme. Auch die
ökologische Transformation der Wirtschaft kann nur gelingen, wenn ausreichend Menschen im
Handwerk, in der Planung und Forschung tätig sind. Deshalb werden wir uns entschieden dafür
einsetzen, den Arbeitskräftemangel zu lindern. Dabei legen wir einen Fokus auf
Qualifizierung, Aus- und Weiterbildung sowie eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf
und Familie. Dies ist auch ein Beitrag, um die Erwerbstätigkeit von Frauen zu erhöhen. Wir
wollen die Hürden für Frauen abbauen, damit sie sich eigenständig absichern können und ihre
Fachkompetenz dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht. Bei Qualifizierung, Aus- und
Weiterbildung braucht es eine Stärkung der Berufsorientierung an den Schulen, mehr
Qualifizierung in Unternehmen sowie einen flächendeckenden Ausbau von
Weiterbildungsagenturen. Für die Beschäftigten sind attraktivere Arbeitsbedingungen,
passgenaue Arbeitszeiten und eine gute Bezahlung entscheidende Faktoren, um mehr zu
arbeiten. Unternehmen, die gut bezahlen und für ein gesundes Arbeitsumfeld sorgen, werden es
leichter haben, Fachkräfte an sich zu binden.
Zusätzlich gilt es, die Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen zu
vereinfachen und zu beschleunigen. Mit einem Fokus allein auf Potenziale im Inland werden
wir dem Mangel an Arbeitskräften allerdings nicht beheben können. Es braucht auch Menschen
aus dem Ausland, die längerfristig hier im Land leben und arbeiten wollen. Deshalb werden
wir die rechtlichen Hürden senken, die verhindern, dass Menschen zusammen mit ihren Familien
nach Deutschland kommen können.
Darüber hinaus müssen unsere Lieferketten widerstandsfähiger werden. Wir haben uns zu
abhängig gemacht von einzelnen Handelspartnern und Absatzmärkten und von der Just-In-Time-
Produktion, die bei logistischen Schwierigkeiten Lieferketten reißen lässt. Wir müssen mit
einer neuen Handelsagenda unsere Handelsbeziehungen auf breitere Füße stellen, sie
resilienter, fairer und nachhaltiger machen. Damit können wir für zukünftige Krisen
vorbauen, die Preissteigerungen heute lassen sich damit noch nicht bekämpfen. So – und mit
den Mitteln der Entwicklungspolitik – wirken wir gemeinsam mit unseren Partner-Staaten
darauf hin, dass soziale, ökologische und menschenrechtliche Standards entlang der gesamten
Wertschöpfungs- und Lieferkette eingehalten sowie in der Produktion und Wertschöpfung
ausgebaut werden.
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich Europa bei kritischen Rohstoffen vermehrt in eine
Abhängigkeit von China begeben. Fast zwei Drittel der von der EU als kritische Rohstoffe
eingestuften Ressourcen werden derzeit überwiegend in China abgebaut. Wir haben zu lange
nach dem Prinzip gewirtschaftet, dass dort gekauft wird, wo es am billigsten ist. Häufig
sind das Rohstoffe aus China. Gleichzeitig dürfen wir jedoch keine protektionistischen
Tendenzen fördern. Wir brauchen die Globalisierung – aber eine faire und nachhaltige.
Um die Resilienz unserer Lieferketten zu stärken, müssen wir Einkaufsquellen
diversifizieren, resilientere Logistikstrukturen aufbauen und auf europäischer Ebene
gemeinsam handeln. Wir unterstützen daher den Vorschlag der Europäischen Kommission, mit dem
Notfallinstrument für den Binnenmarkt die Resilienz und Krisenvorsorge der EU zu verbessern.
Im Rohstoffbereich ist eine Verringerung des Verbrauchs notwendig. Dazu müssen die
notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft
brauchen wir eine neue Rohstoffpolitik, die den Einsatz von Primärrohstoffen reduziert,
fossile durch nachwachsende Rohstoffe ersetzt und die globale Rohstoffgewinnung an hohe
Transparenz-, Sozial- und Umweltstandards bindet. Auch die Unternehmen sollten ihre
Bemühungen hier deutlich verstärken.
Die drei Entlastungspakete und der Abwehrschirm sind darauf ausgerichtet, die schweren sozialen und ökonomischen Folgen der Energiekrise abzumildern. Die Symptome der fossilen Inflation werden so gelindert. Jetzt gilt es aber auch die Ursache zu bekämpfen: unsere Abhängigkeit von fossilen Energien. Die USA investieren mit dem Inflation Reduction Act 370 Milliarden US-Dollar vor allem in Klimaschutz. Auch wir wollen die Potentiale der Erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz nutzen, um die Energiepreise langfristig in den Griff zu kriegen - aber ohne Protektionismus. Nur wenn uns die Transformation der Wirtschaft aus der Abhängigkeit von fossilen Energien gelingt, haben wir als Industriestandort eine Zukunft. Die Bundesregierung muss deshalb alle Klimaschutzinvestitionsbremsen lösen und die ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen konsequent auf den schnellstmöglichen Ausbau von Erneuerbaren, Energieeffizienz und Energieeinsparung umstellen.
Fossile Inflation bekämpfen – fossile Energien ersetzen
Wir wollen mit einem Gesetz zur Bekämpfung fossiler Inflation (InflationsbekämpfungsG) bei den Ursachen der fossilen Inflation ansetzen:
- 100 Milliarden Euro zusätzlich für Klimaschutzinvestitionen. Um die Energiekosten langfristig zu senken, sichern wir den Ausbau der Produktionskapazitäten für Wärmepumpen, Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen staatlich ab und richten die öffentliche Beschaffung konsequent an den Klimaschutzzielen aus. Auch die energetische Modernisierung öffentlicher Gebäude und die komplette Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED dürfen nicht länger an fehlenden Investitionsmitteln scheitern. Mit den Mitteln soll zudem mit dem Bau einer Infrastruktur für Grünen Wasserstoff begonnen werden. Wir weiten die aufsuchende Energiesparberatung deutlich aus, um die Vulnerabilität von Haushalten gegenüber Energiepreisen nachhaltig zu verringern.
- Ausbau der Erneuerbaren Energien kurzfristig wirksam beschleunigen. Damit die Erneuerbaren die Kosten für Strom, Mobilität und Wärme noch stärker dämpfen, soll das InflationsbekämpfungsG Regelungen enthalten, mit denen bereits genehmigte, aber noch nicht fertiggestellte Windenergieprojekte unkompliziert erweitert werden können, für die PV-Sonderausschreibungen muss Zusätzlichkeit gewährleistet werden.
- Energieverschwendung ordnungsrechtlich verringern. Um teure fossile Energien einzusparen, wollen wir mit dem InflationsbekämpfungsG das Ordnungsrecht nutzen: Gebot zur Nutzung industrieller Abwärme, Gebot zum Ersatz von Erdgas-Straßenbeleuchtung, Stopp des Ausbaus des Gasverteilnetzes und des Neuanschlusses von Wohngebäuden ans Gasnetz in Fernwärmegebieten, Verbot besonders energieaufwändiger und leicht zu substituierender Verpackungen, Ausweitung von Mehrwegsystemen, Einführung einer Sanierungspflicht für die Gebäudeklassen G und H, Beendigung von Leerflügen. Die Regelungen zur Zwangsabschaltung von Wind- und PV-Anlagen wollen wir drastisch reduzieren, auch um Strompreise kurzfristig zu senken.
- Gesetzliche Mindestvorgaben zum Klimaschutz auch im Verkehrssektor erfüllen. Das Bundesklimaschutzgesetz definiert jahresscharf zulässige Treibhausgas-Emissionsmengen, die insbesondere im Verkehrssektor bisher nicht eingehalten werden. Falls der Bundesverkehrsminister keine anderen kurzfristigen Maßnahmen benennt, mit denen er den Verbrauch von Benzin, Diesel und Kerosin auf das zulässige Maß verringert, kann auf ein Tempolimit nicht weiter verzichtet werden. Das Klimaschutzgesetz ist ein Gesetz und keine unverbindliche Leitlinie. Die jahresscharfen Sektorziele und das daraus resultierende Treibhausgasbudget sind einzuhalten.
- Internationale Klimafinanzierung anheben. Durch die Diversifizierung unserer Gasimporte exportieren wir die fossile Inflation in Länder des globalen Südens. Sie zahlen den größten Preis dafür, dass Deutschland sich in den letzten Jahren immer stärker in die Abhängigkeit Russlands begeben hat. Deshalb wollen wir die internationale Klimafinanzierung, die auch dem weltweiten Ausbau der Erneuerbaren Energien dient, deutlich stärker anheben als bisher vorgesehen.
200 Milliarden für den Abwehrschirm helfen Deutschland in der Krise, gleichzeitig geht es jetzt darum Deutschland aus der Krise zu helfen und mit aller Kraft die Ursachen der fossilen Inflation bekämpfen. InflationsbekämpfungsG und der Abwehrschirm sind deshalb für uns inhaltlich und politisch eng miteinander verbunden.
Gemeinsam durch einen Winter der Solidarität
Wir sehen, wie groß die Herausforderungen und die Last sind, die all die Menschen und
Unternehmen in diesem Land tragen. Es braucht uns alle, unseren Zusammenhalt und unsere
Solidarität, um diese Lasten gemeinsam zu schultern. Gerade in dieser Zeit spielen soziale
Bewegungen und Bündnisse eine wichtige Rolle. Sie bilden einen Organisations- und
Resonanzraum, können auf Missstände aufmerksam machen und den politischen Handlungsdruck
erhöhen.
Gleichzeitig erleben wir auch jetzt, wie Rechte und Demokratiefeinde die Krise für ihre
eigenen Zwecke nutzen. Hasserfüllte Angriffe auf Regierungsvertreter*innen oder
Ehrenamtliche sowie der Versuch, die mutige Freiheitsbewegung der Montagsdemonstrationen in
der DDR für Hass und Hetze zu missbrauchen, sind inakzeptabel. Perfiden Spaltungsversuchen
und Verschwörungserzählungen treten wir fakten- und evidenzbasiert entgegen und
solidarisieren uns mit allen, die unsere Unterstützung brauchen.
Die kommenden Monate sollen zu einem Winter der Solidarität werden. In Bund, Ländern und
Kommunen arbeiten wir mit aller Kraft an den konkreten Problemen und tun alles dafür, dass
wir mit Stärke und Entschlossenheit gemeinsam diese Krise überstehen. Es ist die russische
Regierung mit ihrem Angriff auf Freiheit, Würde und Unversehrtheit der Menschen in der
Ukraine, die auch unsere Freiheit und Sicherheit bedroht. Es ist der Kreml, der mit seinen
Erpressungsversuchen Europa in soziale und ökonomische Verwerfungen stürzen will. Aber wir
lassen uns weder spalten noch erpressen. Wir halten Stand.
Antragstext
Von Zeile 110 bis 111 einfügen:
unverzüglich vorlegen; alle Bundesministerien und Koalitionspartner sind aufgefordert, konstruktiv und ohne Scheuklappen die notwendigen Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Um die notwendigen Investitionen für unsere Klimaziele zu finanzieren, reicht der reguläre Haushalt nicht aus. Daher setzen wir uns jetzt für ein Sondervermögen zusätzlich zu bisherigen Maßnahmen in Höhe von 100 Milliarden Euro für Klimaschutz und Klimasicherheit ein. Wir wissen, dass jetzige Investitionen deutlich höhere Kosten der drastischen Klimafolgen vermeiden können, die uns bei Verfehlen der Klimaziele drohen.
Die Klimakrise ist jetzt. Der Sommer hat uns erneut vor Augen geführt: Wetterextreme häufen
sich und werden immer gefährlicher. Die Hitzewellen des Jahres 2022 hatten Regionen auf
allen Kontinenten wochenlang im Griff, auch hier in Deutschland hatten wir mit
Temperaturrekorden zu kämpfen. Symptomatisch erlebten wir in Brandenburg und Sachsen
gefährliche Brände; es waren Evakuierungen und Löscharbeiten notwendig, die unsere
Rettungskräfte an ihre Grenzen brachten. In weiten Teilen Europas wurden Flüsse zu
Rinnsalen. Auch in Spanien und Italien loderten verheerende Waldbrände in ungekanntem
Ausmaß, während Länder wie Pakistan von schier unbändigen Überschwemmungen heimgesucht
wurden.
Die Flut im Ahrtal ist derweil erst ein Jahr her – eine Katastrophe, deren Zerstörungen wir
bis heute bewältigen müssen. Menschen trauern um ihre Angehörigen, noch immer sind viele
ohne neue dauerhafte Unterkunft und haben Angst vor neuen Starkregenereignissen.
Der Weltklimarat IPCC hat berechnet, dass Extremtemperaturen, die sich ohne die
menschengemachte Klimaerhitzung einmal pro Jahrzehnt entwickeln würden, heute fast dreimal
so oft passieren, länger andauern und mit bis zu 1,2 Grad deutlich heißer sind. Die Folge:
Gefahr für Leben und Gesundheit der Menschen und eine zunehmende Zahl von Hitzeopfern. So
war der Juni 2022 weltweit der drittheißeste Monat seit Beginn der Aufzeichnungen, in Europa
sogar der zweitheißeste. Auch die Weltmeere erhitzen sich in einem dramatischen Tempo.
Die drohende Heißzeit und der drastische Verlust biologischer Vielfalt stellen nicht weniger
als unsere Lebensgrundlagen in Frage und sind damit die größten Gefahren für unsere Zukunft.
Hitze und Dürre haben einschneidende Folgen für Mensch und Natur, für die Umwelt, für
Infrastruktur und Wirtschaft. Die mit der Überhitzung und mit dem gravierenden Arten-
Aussterben verbundenen multiplen Krisen verstärken sich gegenseitig, schränken unsere
Handlungsfähigkeit – und damit unsere Freiheit ein. Das zunehmend unwirtliche Klima und der
Verlust gesunder Natur bedrohen das Leben und die Heimat von Millionen von Menschen schon
heute. Das gilt umso mehr für die kommenden Generationen.
Mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vor anderthalb Jahren wurde erneut klar: Die
Klima-Frage ist eine Frage der Erhaltung unserer Freiheit. Ein Leben in Frieden, Freiheit
und Sicherheit ist in Deutschland und weltweit nur durch konsequenten Klimaschutz möglich.
Und: Die Menschen in den Ländern, die am wenigsten dazu beigetragen haben, leiden am meisten
unter den Folgen der Klimakrise. Klimaschutz ist deshalb immer auch ein Beitrag zu mehr
globaler Gerechtigkeit.
Die Weltgemeinschaft hat sich im Pariser Klimaabkommen darauf festgelegt, die Erderhitzung
auf deutlich unter 2 Grad, möglichst 1,5 Grad zu begrenzen. Die Bundesregierung hat sich das
Ziel gesetzt, Deutschland auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen. Wir Grüne stehen dafür, die
notwendigen Schritte in allen Sektoren und auf allen politischen Ebenen zu gehen, damit das
gelingt. Dafür wurden wir in die Verantwortung gewählt. Dieser Aufgabe fühlen wir uns
verpflichtet. Das ist der Grund, warum wir Politik machen. Es ist die Aufgabe unserer Zeit.
Das Ziel fest im Blick
Die Ausgangslage könnte kaum herausfordernder sein. Der Ausstoß von Treibhausgasen wurde in
der Vergangenheit nur unzureichend gemindert. Wichtige klimapolitische Ziele, die wir uns in
Deutschland und weltweit gesetzt haben, werden absehbar verfehlt werden. In den letzten
Jahren ist zu viel versäumt und bewusst behindert worden. Es wurden viel zu wenige und meist
wirkungsschwache Anstrengungen unternommen, die erneuerbaren Energien auszubauen, uns von
fossilen Energieträgern unabhängiger zu machen, nachhaltigen Wohlstand zu schaffen und
konsequente Maßnahmen zum Schutz des Klimas umzusetzen. Sonst wären wir jetzt besser
vorbereitet auf die aktuellen Krisen. Umso größer und dringender ist der Handlungsbedarf in
den kommenden Jahren.
Gleichzeitig zwingt uns der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine –
mit all seinen Folgen für die Versorgungssicherheit – neue Wege zu gehen. Zum festgesetzten
Ziel, Deutschland klimaneutral zu machen, kommt nun hinzu, die Abhängigkeiten von russischen
Energiequellen schnellstmöglich zu beenden und gleichzeitig die Versorgungssicherheit für
Verbraucher*innen und Wirtschaft, Industrie und öffentliche Einrichtungen zu gewährleisten.
Dafür drosseln wir den Gasverbrauch, diversifizieren unseren Energieimport und bauen
schwimmende wie feste LNG-Anlandepunkte. Die festen wollen wir bis 2030 auf Wasserstoff
umrüsten. Für den Notfall bleiben zudem Kohlekraftwerke etwas länger in der Reserve. Vor
allem aber vervielfachen wir das Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Um die
Energieversorgung in Deutschland komplett darauf umzustellen, intensivieren wir die
Effizienzmaßnahmen und reduzieren unseren Verbrauch durch Energieeinsparungen.
Gerade weil wir jetzt schwierige Schritte gehen müssen, ist es so wichtig, dass wir
schneller werden beim Ausbau der Erneuerbaren. Das Tempo der Emissionsminderungen muss sich
gegenüber dem Status quo in den kommenden Jahren insgesamt mehr als verdoppeln und dann bis
2030 nahezu verdreifachen, damit wir die Ziele im Bundesklimaschutzgesetz erreichen.
Durch eine fehlgeleitete Energiepolitik im vergangenen Jahrzehnt ist die sichere
Energieversorgung in Deutschland gegenwärtig eine der größten Herausforderungen. Eine
zentrale Ursache liegt in der fundamentalen Abhängigkeit von Russlands fossilen
Energieträgern, für welche die vorangegangenen Regierungen die Verantwortung tragen. Die
energiepolitische Abhängigkeit von Russland schwächt Deutschland und Europa, mindert unsere
Freiheit, unsere Unabhängigkeit und senkt unsere Fähigkeit, nachhaltig, also im Einklang mit
den planetaren Grenzen und der Freiheit zukünftiger Generationen zu wirtschaften. Die
konsequente politische Schlussfolgerung daraus ist der beschleunigte Ausstieg aus der Kohle
bereits im Jahr 2030 und eine Stromversorgung, die 2035 auf 100 Prozent Erneuerbaren
basiert. Das ist nicht nur von zentraler Bedeutung für das Klima und die Frage der
Energieunabhängigkeit, sondern auch, um den Anstieg der Energiekosten zu bremsen.
Mit Plan und Pragmatismus zum Ziel
Wir konnten in den ersten Monaten der Ampel-Regierung schon vieles auf den Weg bringen. Wir
haben im Bund und in Europa zahlreiche Blockaden gelöst und Deutschland zum Motor in Sachen
erneuerbarer Energieerzeugung gemacht. Das beschlossene Gesetzespaket zur Novelle des
Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und des Bundesnaturschutzgesetzes, das Wind-auf-See-
Gesetz und das Wind-an-Land-Gesetz werden den Ausbau der erneuerbaren Energien unter Wahrung
hoher ökologischer Schutzstandards endlich wieder deutlich beschleunigen. Begleitend werden
wir mit nationalen Artenhilfsprogrammen alles Notwendige tun, um betroffene Bestände in
einen guten Erhaltungszustand zu bringen.
Die Bedingungen für den Bau neuer Windkraftanlagen, für mehr Solar auf den Dächern und für
mehr Bürger*innenenergieprojekte wurden massiv verbessert. Zwei Prozent der Landesfläche
sollen künftig für Windenergie genutzt werden und Ökostrom-Anlagen bekommen gegenüber
anderen Nutzungsformen eine deutlich höhere Priorität. Dazu wurde im EEG festgeschrieben,
dass Erneuerbare von überragendem öffentlichem Interesse und auch im Interesse der
öffentlichen Sicherheit sind. Damit werden Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigt.
Jetzt gilt es, diese neuen Möglichkeiten konsequent vor Ort und in den Ländern umzusetzen,
damit in den kommenden Jahren 200 Gigawatt (GW) Photovoltaik gebaut werden, bei Wind an Land
100 GW und bei Wind auf See mindestens 30 GW.
Auf europäischer Ebene haben wir die Weichen für mehr Klimaschutz im Verkehr gestellt. Wir
haben uns erfolgreich dafür eingesetzt, dass für neu zugelassene Pkw der fossile
Verbrennungsmotor ab dem Jahr 2035 der Vergangenheit angehört. Denn insbesondere im Verkehr
gibt es aufgrund von jahrzehntelangem Stillstand enormen Nachholbedarf.
Deutschland soll 80 Prozent des Stroms bis zum Jahr 2030 und 100 Prozent bis 2035 aus
erneuerbaren Energien erzeugen – und im gleichen Maße unabhängig von fossilen Importen
werden. Gleichzeitig schließen wir endlich die Lücke zwischen Notwendigkeit und Realität:
Wären wir bereits heute so weit, wie es klimapolitisch notwendig wäre, wären wir bedeutend
weniger abhängig von Putins Öl und Gas.
Wir Grüne gehen diesen gesetzten Auftrag mit Mut, Kooperationswillen und
Verantwortungsbewusstsein an. Als Teil der Bundesregierung und als Partei, die dem
Gemeinwohl verpflichtet ist – und Verantwortung für die ganze Gesellschaft übernimmt. Wir
müssen die Klimaziele erreichen, um die Freiheit und Würde der Menschen zu bewahren.
Wir haben im Koalitionsvertrag erreicht, dass die Bundesregierung noch in diesem Jahr ein
Klimaschutz-Sofortprogramm auf den Weg bringt, das alle für das Erreichen der Klimaziele
2030 notwendigen Gesetze, Verordnungen und Maßnahmen umfasst. Gerade angesichts der sich
immer weiter verschärfenden Klimakrise muss die Bundesregierung dieses Programm nun
unverzüglich vorlegen; alle Bundesministerien und Koalitionspartner sind aufgefordert,
konstruktiv und ohne Scheuklappen die notwendigen Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Um die notwendigen Investitionen für unsere Klimaziele zu finanzieren, reicht der reguläre Haushalt nicht aus. Daher setzen wir uns jetzt für ein Sondervermögen zusätzlich zu bisherigen Maßnahmen in Höhe von 100 Milliarden Euro für Klimaschutz und Klimasicherheit ein. Wir wissen, dass jetzige Investitionen deutlich höhere Kosten der drastischen Klimafolgen vermeiden können, die uns bei Verfehlen der Klimaziele drohen.
Zudem sollten, wie im Koalitionsvertrag verabredet, die einzelnen Sektoren ihrer
Verantwortung gerecht werden. Denn mit diesen Maßnahmen setzen wir das klare Signal, dass
wir die Klimaziele in allen Sektoren erreichen müssen. Paris-konforme Klimaneutralität lässt
sich nur erreichen, wenn die Emissionen in allen Sektoren schnell beendet werden.
Gerade wegen des Krieges gegen die Ukraine und der immer stärker wahrnehmbaren Folgen der
Klimakrise mögen manche zweifeln, ob all das zu erreichen ist. Schon wieder sagen manche,
dass es jetzt Wichtigeres gebe. Aber genau diese Haltung hat uns an den Punkt gebracht, an
dem wir jetzt stehen. Die Klimakrise wartet nicht. Ob sie zur Klimakatastrophe wird oder
nicht, entscheiden wir, hier und heute. Wir entscheiden es unter schwierigen Bedingungen,
aber mit aller Entschlossenheit. Es ist nicht unsere Aufgabe, den Kopf in den Sand zu
stecken. Vielmehr ist es unsere Verantwortung, unsere Pflicht, zielgerichtet, pragmatisch
und ohne Tabus, beherzt und konsequent das zu tun, was nötig ist, um uns alle vor der
Klimakatastrophe zu bewahren. Dafür arbeiten wir.
Doch das schaffen wir nicht allein, auch nicht als Regierungspartei. Wir brauchen dafür
nicht nur die Unterstützung unserer Koalitionspartner, unserer internationalen Partner*innen
und unserer Partner*innen in Wirtschaft, Industrie, Landwirtschaft, in Ländern und Kommunen,
sondern auch den Druck der Zivilgesellschaft, der Bewegungen und Verbände, die uns immer
wieder daran erinnern, was noch mehr nötig und möglich wäre. Und wir brauchen das Vertrauen
und die Mithilfe der Menschen in diesem Land. Die Menschheitskrise Erderhitzung betrifft uns
alle, und nur gemeinsam können wir sie in den Griff bekommen.
Klimaschutz gestalten: gemeinsam, fair, gerecht
Klimaschutz und die konsequente Transformation hin zu einer klimaneutralen Zukunft kann nur
gelingen, wenn wir sie für alle möglich machen. Wie das gehen kann, haben wir im Sommer
gesehen, als es mit dem 9-Euro-Ticket plötzlich für viele Menschen erschwinglich war,
öffentlichen Nahverkehr zu nutzen und damit auch noch Geld für andere Ausgaben zu sparen.
Gerade Menschen mit geringen Einkommen müssen den Mehrwert der Transformation spüren.
Die Energiewende – und damit die 100-prozentige Versorgung aus Ökostrom – ist der Garant für
bezahlbare Energiepreise für alle sowie für Energiesicherheit. Auch deswegen werden wir
schneller beim Ausbau. Gerade jetzt muss ein CO2-Preis mit einem sozial-gerechten Ausgleich
dafür sorgen, dass notwendige Entlastung finanziert und eine klimagerechte Wirtschaft
gefördert werden können. Zu einer solchen sozial gerechten Rückzahlung der Einnahmen aus dem
CO2-Preis gehört das Klimageld, das wir – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – gemeinsam
mit unseren Koalitionspartnern umsetzen wollen. Das Finanzministerium muss dazu bis Ende des
Jahres einen Mechanismus vorlegen.
Klimaschutz sozial gerecht umzusetzen heißt auch, dass klimagerechtes Wirtschaften und die
Dekarbonisierung der Industrie wettbewerbsfähig werden. Dafür braucht es grüne Leitmärkte
und Investitionssicherheit, zum Beispiel durch Beschaffungsquoten für klimaneutrale
Grundstoffe und Klimaschutzverträge, sogenannte Carbon Contracts for Difference, die den
Unterschied zwischen dem aktuellen CO2-Preis und den tatsächlichen CO2-Vermeidungskosten
finanzieren.
Damit und mit konkreten Maßnahmen zur Erreichung der Sektorziele hat die Industrie die
Planungssicherheit, die sie braucht, um die Produktion klimaneutral umzubauen. Die
tiefgreifende Transformation der gesamten Industrie, speziell der Grundstoffindustrie und
aller energieintensiven Branchen, nutzen wir als Innovationstreiber für nachhaltige
Technologien und für den Ausbau einer Kreislaufwirtschaft, die auf erneuerbaren Energien
basiert. Um künftig deutlich unabhängiger von Technologieimporten zu werden, stoßen wir eine
Strategie für eine gemeinsame unabhängige europäische Industriepolitik zur Herstellung von
Erzeugungsanlagen für erneuerbare Energien an. Europa kann sich in großen Teilen sowohl
selbst aus heimischen erneuerbaren Energiequellen versorgen, als auch die dafür notwenige
Technik wieder verstärkt selbst produzieren. Damit sichern wir die Energiewende ab und
gestalten sie sozial ausgewogen durch gut bezahlte, zukunftsfeste Arbeitsplätze.
Gleichzeitig werden wir mit anderen Ländern Energiewende-Partnerschaften auf Augenhöhe
forcieren.
Niedriger Energieverbrauch und erneuerbare Energieerzeugung in Gebäuden verringern
finanzielle Risiken und liefern einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur
Energiewende. Darum unterstützen wir Solardächer und machen sie zum Standard – beginnend mit
Neubauten sowie öffentlichen und Gewerbegebäuden; perspektivisch ausgeweitet auf den
Bestand. Wir verbessern dazu endlich wieder die Rahmenbedingungen für Bürger*innen-
Energiegemeinschaften, entbürokratisieren den Mieterstrom und stärken kommunale Beteiligung.
Kommunen und Landkreise werden wir bei Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen der Klimakrise
und zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegen extreme Wetterereignisse unterstützen. Wir
fördern Initiativen sowohl zur Dach- und Fassadenbegrünung als auch zur Entsiegelung von
Flächen, um den Wasserhaushalt besser zu regulieren. Ein gesundes Wohnumfeld und der Schutz
der Bevölkerung in Katastrophenlagen hat für uns oberste Priorität und muss gewährleistet
werden.
Energiemarkt, Netzausbau und Arbeitsmarkt: Erneuerbare im Mittelpunkt
Um 100 Prozent erneuerbare Energien bis 2035 zu erreichen, brauchen wir ein neues
Energiemarktdesign, das vollständig auf Erneuerbaren fußt. Zugleich steigt für die nötige
Sektorenkopplung die Notwendigkeit eines stabilen, leistungsfähigen Stromnetzes weiter an.
Daher werden wir den Plan für den Ausbau der Übertragungsnetze kontinuierlich an neue
Herausforderungen anpassen und mit dem Rück- und Umbau des Gasnetzes sowie dem Aufbau eines
grünen Wasserstoffnetzes koordinieren. Gemeinsam mit den Betroffenen werden wir die Prozesse
so intensivieren, dass kürzere Verfahren zu einer besseren Planung und Beteiligung der
Menschen vor Ort führen. Die Netzentgelte werden wir so reformieren, dass sie die
Transformation zur Klimaneutralität fördern und die Kosten des Ausbaus der erneuerbaren
Energien fair verteilen.
Beim Ausbau des Verteilnetzes wird eine vorausschauende Planung zur Pflicht und eng an den
Ausbau von E-Mobilität, Wärmepumpen und Erneuerbaren gekoppelt. Netzanschlüsse werden
schneller gebaut und digitalisiert. Flexible Strom- und Wärmespeicher in Dörfern und
Quartieren sichern die Versorgung und minimieren den notwendigen Netzausbau. Schließlich
wollen wir Stromspitzen kostengünstig zur Wärmeerzeugung und zur Umwandlung in andere
Energieträger einsetzen.
Eine auf 100 Prozent Erneuerbaren basierende Energieversorgung funktioniert nur europäisch.
Das über ganz Europa die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, das kommt selten vor.
Daher müssen wir die europäischen Netze stärken und die Erneuerbaren in ganz Europa zum
Standard machen.
Ein passgenaues und damit sektorenübergreifendes Energiemarktdesign, das die ganze
Akteursvielfalt im Blick hat, ist das Herzstück eines vollständig auf Erneuerbaren
basierenden Energiesystems. Die Verwerfungen in der aktuellen Krise zeigen einmal mehr, dass
hier dringender Handlungsbedarf besteht, den wir zusammen mit Wissenschaft und Wirtschaft
adressieren.
Von den letzten Bundesregierungen wurde eine unübersichtliche Bürokratie aufgebaut, die den
Ausbau der Erneuerbaren ausbremste. Diese bauen wir systematisch ab. Insbesondere
Privatleute und Bürger*innenenergie-Gemeinschaften befreien wir von den Fallstricken
unkalkulierbarer Ausschreibungen und Anmeldungsprozessen. Die Erneuerbaren machen wir damit
zum Gewinnerthema auf dem Land und in der Stadt. Kommunen werden bei Windkraft stärker
beteiligt und die Menschen vor Ort können sich zu fairen Bedingungen bei Solarprojekten
engagieren. Alle profitieren von sanierten Kindergärten und ausgebauten Radwegen. Das
schafft Akzeptanz.
Auch zum Stromnetz, dem Rückgrat der Sektorenkopplung, wollen wir einen fairen Zugang für
alle. Die Stromleitungen brauchen eine effiziente Auslastung, um die Kosten gering zu
halten. Die Landwirtschaft wird dazu mit Agri-PV und flexiblen Biogasanlagen noch stärker
Teil der Energiewirtschaft, der Verkehr zum flächendeckenden Großabnehmer – und über
Rückeinspeisung zum wichtigen Stabilisator unserer Netze. Die Gebäudewirtschaft liefert
Solarstrom vom Dach und heizt mit Wärmepumpen.
Wärmewende: effizient und erneuerbar
40 Prozent der Klimagase werden in Deutschland durch Gebäude ausgestoßen. Wir legen deshalb
einen Schwerpunkt auf ökologisches Heizen, Bauen und vor allem Sanieren. Nur so können wir
es schaffen, die kumulierte Lücke von 152 Millionen Tonnen CO2 zu den Klimazielen der
Bundesregierung bis 2030 im Gebäudebereich zu schließen.
Es ist deshalb klima-, energie- und sicherheitspolitisch nicht haltbar, dass die Gasheizung
die vorherrschende Wärmetechnik bleibt, mit einem Marktanteil von aktuell über 70 Prozent.
Und sie entwickelt sich auch für die Verbraucher*innen immer mehr zur Kostenfalle. Heizen
muss zügig klimaneutral werden. Deshalb haben wir die Förderung von Gasheizungen
eingestellt; ab 2024 gilt eine Mindestquote von 65 Prozent Erneuerbaren für neue Heizungen.
Die gesetzlichen Mindesteffizienzstandards im Neubau und Bestand werden wir mit der Reform
des Gebäudeenergiegesetzes anheben und auf den Klimaschutzpfad bringen. Erneuerbare Energie
für Wärme und Kühlung soll schnell das neue Normal werden. Perspektivisch wollen wir jedes
neue und möglichst viele sanierte Gebäude zu Plusenergiehäusern machen. Denn auch
erneuerbare Energien müssen wir effizient einsetzen.
Wir können die Klimaziele nur mit konsequent ressourcenschonendem und nachhaltigem Bauen
erreichen. Bei jeder Planung sollte ab sofort der gesamte Stoff- und Energieverbrauch für
Bau, Betrieb und späteren Rückbau berücksichtigt werden. Wir setzen uns auch hier für den
Einstieg in die Kreislaufwirtschaft ein, mit dem Ziel einer kompletten stofflichen Wieder-
oder Weiterverwertung. Damit energie- und ressourcenschonend sowie giftfrei gebaut wird,
braucht es eine Veränderung der ökonomischen Rahmenbedingungen, ein Gebäude-Ressourcen-
Gesetz sowie verbindliche Klimaschutzstandards bei allen gesetzlichen Vorgaben, Normen und
Bauordnungen. Um Gebäude kreislaufgerecht planen, bauen und modernisieren zu können, wollen
wir einen digitalen Gebäude-Materialpass einführen. So werden unsere Gebäude und
Bauschuttdeponien zu Rohstoffquellen.
Um die Modernisierung des Gebäudebestandes zügig und konsequent voranzubringen, setzen wir
uns sowohl für eine deutliche Steigerung der bereitgestellten Fördermittel als auch für eine
Ausrichtung von Förderrichtlinien auf die Klimaschutzwirkung der Maßnahme, auf mehr
Nachhaltigkeit und auf Ressourceneffizienz ein. Hinsichtlich der verwendeten Baustoffe
brauchen die Programme im Sinne einer Holzbau-, Leichtbau- und Rohstoffsicherungsstrategie
des Bundes eine klare Ausrichtung auf mehr Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz.
Wir setzen uns für einen wirksamen Schutz von Mieter*innen bei der Wärmewende ein. Wir
wollen die Kosten für klimafreundliche Modernisierungen zwischen Vermieter*innen und
Mieter*innen – auch mittels staatlicher Unterstützung – fair aufteilen.
Mit der Ergänzung des Wohngeldes um das Klimawohngeld wollen wir allen ermöglichen, in
klimafreundlichen Wohnungen zu leben. Die Heizkostenkomponente muss dringend der aktuellen
Entwicklung angepasst werden. Dazu wollen wir den Heizkostenzuschuss im Wohngeld während der
Energiekrise verstetigen.
Aktuell bezahlen allein die Mieter*innen die Umlage des CO2-Preises für Heizung und
Warmwasser. Wir begrüßen deshalb die gemeinsame Gesetzesinitiative für eine gerechte
Neuverteilung des CO2-Preises abhängig vom Sanierungsgrad zwischen Mieter*innen und
Vermieter*innen.
Für die Energieeffizienz ist es maßgeblich, bestehende Systeme zu verknüpfen. Es braucht
Quartierslösungen beispielsweise auf Basis von Wärmenetzen, die mit erneuerbaren Quellen wie
Abwärme, Geo- oder Solarthermie gespeist werden und bereitgestellte Energie vor Ort
speichern. Auch die Fern- und Nahwärme muss dekarbonisiert werden. Dazu wollen wir ihre
Förderung an klimaneutralen und gleichzeitig effizienten Lösungen ausrichten, wie an der
Kombination von niedrigerer Temperatur und Wärmepumpen, und dazu die Wirtschaft in die
Wärmesysteme einbinden. Für die Umsetzung dieser Systeme sind die Kommunen zentral. Wir
begrüßen daher die Initiativen der Bundesregierung, die verbundenen klimaneutralen
Energiesysteme über die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze auszubauen und die
kommunale Wärmeplanung zu stärken.
Nachhaltige Mobilität ist ein Schlüssel
Insbesondere der Verkehrssektor ist derzeit nicht auf Kurs, um die Klimaziele zu erreichen.
Hier wiegen die Konsequenzen der verfehlten Politik dreier CSU-Verkehrsminister besonders
schwer und es gibt große Defizite bei der schnellen, dauerhaften Minderung der Emissionen.
Umso wichtiger ist es, jetzt konsequent eine neue Politik zu verfolgen. Kurzfristige
Maßnahmen wie die Einführung einer Klimaabgabe auf Pkw-Neuzulassungen, der soziale und
klimagerechte Umbau des Dienstwagenprivilegs oder ein Nachfolgemodell für das 9-Euro-Ticket
sind unbedingt erforderlich.
Der EU-Beschluss zum Ende des fossilen Verbrennungsmotors ab 2035 ist ein riesiger Erfolg
für den Klimaschutz und für grüne Umweltpolitik. Er gibt den Autoherstellern, aber auch den
Ladenetzbetreibern endlich Planungssicherheit. Die Dekarbonisierung der Antriebe hat damit
einen klaren europäischen Rahmen. Pkw werden in Zukunft batterieelektrisch fahren. Damit
nutzen wir die effizienteste Technologie, denn auch im Verkehr muss gelten: Auch aus
erneuerbaren Quellen geerntete Energie ist ein knappes Gut.
Das im Koalitionsvertrag verankerte Ziel von 15 Millionen vollelektrischen Pkw bis 2030
weist den Weg. Dazu braucht es zusätzliche fiskalische Maßnahmen wie eine Klimaabgabe für
Pkw-Neuzulassungen, eine deutliche Beschleunigung des Ladesäulenausbaus und eine intensive
Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Gewerkschaften zur Transformation der Automobilindustrie.
Denn für alle Betroffenen gilt: Klimaneutralität kann, richtig gestaltet,
Menschheitsaufgabe, Standortvorteil und Jobmotor zugleich sein.
Von maßgeblicher Bedeutung für eine funktionierende Mobilitätswende ist ein attraktives
öffentliches Angebot als Alternative zum eigenen Fahrzeug. Das 9-Euro-Ticket war dabei ein
großer Erfolg. Über 30 Millionen Menschen nutzten das Ticket monatlich im Nahverkehr und
rund 80 Prozent der Befragten haben sich für eine Fortsetzung ausgesprochen.
Der Erfolg des 9-Euro-Tickets zeigt, dass auch kurzfristige Maßnahmen für den ÖPNV direkte
Klimaerfolge bringen. Deshalb wollen wir eine möglichst zeitnahe Folgelösung. Wir haben
dafür ein Konzept für eine Kombination aus einem landes- bzw. verbundweiten 29-Euro- und
einem bundesweiten 49-Euro-Ticket vorgelegt. Unser Ziel bleibt, dass sich die Zahl der
Nutzer*innen im ÖPNV bis 2030 mindestens verdoppelt. Eine Priorisierung der Mittel für den
Ausbau von Schienen- und Businfrastruktur ist daher dringend geboten. Neben der
Verkehrsvermeidung und der Förderung von Rad- und Fußverkehr ist dies das effektivste
Mittel, um die Mobilitätswende schnell umzusetzen. Dazu müssen wir unsere Infrastruktur
umbauen, um diese an unsere Klimaziele anzupassen.
Insbesondere die Schiene wurde jahrzehntelang vernachlässigt. Es bedarf massiver
Investitionen in Erhalt, Kapazitätsausbau und Elektrifizierung. Der Deutschland-Takt als
Zielvorgabe für ein qualitativ hochwertiges, angebotsorientiertes System stellt für uns
hierfür eine gute Grundlage dar, die nun endlich durch eine angemessene Bereitstellung von
Finanzmitteln für Investition und Betrieb sowie für Planungskapazitäten auf den Weg gebracht
werden muss.
Die Erhöhung der Regionalisierungsmittel ist unabdingbar, damit die Länder die Qualität des
öffentlichen Nahverkehrs erhalten und verbessern können. Dies kann über den Abbau
umweltschädlicher Subventionen und eine ökologische Reform des Dienstwagenprivilegs
finanziert werden. Der Bundesverkehrswegeplan muss dringend klimagerecht überarbeitet und
reformiert werden, damit zukünftige Investitionen nicht mehr in den teuren Neubau von
Autobahnen fließen. Dem klaren Vorrang der Schiene muss hier Rechnung getragen werden.
Das Tempolimit auf Autobahnen bleibt für uns weiter ein schnell wirkendes und nahezu
kostenloses Instrument, um die Sicherheit auf den Straßen zu erhöhen und unsere Klimabilanz
zu verbessern.
Klima schützt Natur schützt Klima
Der natürliche Klimaschutz hat Klimapotentiale, die an die Umstellung auf erneuerbare
Energien heranreichen. Das hat auch der jüngste IPCC-Bericht bestätigt. Im Umkehrschluss
droht bei einer weiteren Zerstörung natürlicher Kohlenstoffspeicher die Naturzerstörung zu
einem nicht mehr aufzuhaltenden Beschleuniger der Klimakrise und des Artenaussterbens zu
werden.
Beide Krisen befeuern sich gegenseitig und können nur gemeinsam gelöst werden. Nur, wenn wir
gesunde Natur schützen, stärken und wiederherstellen, können wir die notwendigen Klima- und
Biodiversitätsziele erreichen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir in der Bundesregierung
mit dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz 4 Milliarden Euro in konkrete Maßnahmen zum
Schutz, zur Stärkung und Wiederherstellung gesunder Natur investieren und die relevanten
Maßnahmen beschleunigen. Das ist dreifach gut angelegtes Geld: für mehr Biodiversität, für
mehr Klimaschutz und für mehr Klimavorsorge.
Gesunde Wälder und Auen, Böden und Moore, Meere und Gewässer, Grünflächen in der Stadt: All
diese Ökosysteme können einen Beitrag zum natürlichen Klimaschutz leisten. Sie können
Kohlenstoff aus der Atmosphäre binden und langfristig speichern. Gleichzeitig sind sie
wertvoller Lebensraum für bedrohte Arten und damit essentielle Voraussetzung im Kampf gegen
das Artenaussterben. Außerdem leistet der natürliche Klimaschutz einen wichtigen Beitrag zur
Klimavorsorge, denn gesunde Böden regulieren den Wasserhaushalt. Intakte Auen halten das
Wasser zurück und tragen so zum Hochwasserschutz bei. Je besser der Zustand von Ökosystemen
ist, desto widerstandsfähiger sind sie gegenüber Extremwetterereignissen wie Trockenheit
oder Starkregen – und desto mehr können sie zu unserem Schutz beitragen.
Schwerpunkte im Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz sind eine Renaturierungsoffensive
für Flüsse, Auen, Wälder und Seegraswiesen sowie der nationale Moorschutz. Wir wollen so
viele Moorböden wie möglich schnell und umfassend wiedervernässen – und ein Ende der
Torfnutzung. Landwirtschaftliche Betriebe werden wir bei Maßnahmen zur Wiedervernässung und
bei der Einführung angepasster Bewirtschaftungsweisen unterstützen.
Ein naturnaher Wasserhaushalt mit lebendigen Flüssen, Seen und Auen ist ein zentrales Ziel
für den natürlichen Klimaschutz. Mit der Wiederherstellung dieser Ökosysteme soll im Sinne
der Vorsorge Wasser wieder stärker in der Landschaft gehalten und die schnelle Entwässerung
großer Flächen reduziert werden. Um einen naturnahen Wasserhaushalt zu erreichen, wollen wir
mit der Bundesregierung noch in diesem Jahr eine rahmengebende Nationale Wasserstrategie
beschließen.
Auch Meeres- und Küstenökosysteme sind ein wichtiger Baustein des natürlichen Klimaschutzes.
Denn die Weltmeere leiden nicht nur immens unter den Auswirkungen der Klimakrise. Gesunde
Meere liefern gleichzeitig Sauerstoff, sie regulieren das Klima und sind ein wichtiger CO2-
Speicher. Wir werden eine verbindliche Meeresstrategie erarbeiten und ein Aufbauprogramm für
Seegraswiesen, Algenwälder, Salzwiesen und weitere marine sowie Küsten-Ökosysteme zur
Verbesserung der natürlichen CO2-Speicherfähigkeit entwickeln. Eine Anrechnung von CO2-
Speicherpotenzialen durch natürliche Kohlenstoffsenken auf die Minderungsziele lehnen wir
ab. Der Schutz und die Wiederherstellung von Ökosystemen als CO2-Senken sind zusätzliche und
eigenständige Ziele im Klimaschutzgesetz. Mit natürlichem Klimaschutz stärken wir natürliche
Kohlenstoffsenken und bekämpfen zugleich die Biodiversitätskrise und das Artenaussterben.
Gemeinsam mit unseren internationalen Partnern wollen wir die Verhandlungen bei der
Weltnaturschutzkonferenz in Montreal im Dezember endlich erfolgreich abschließen. Es braucht
einen neuen internationalen Rahmen zum Schutz unserer Natur und mehr finanzielle
Unterstützung der Industrienationen für die Umsetzung im globalen Süden. Wir wollen
international vorangehen und werden, wie im Koalitionsvertrag festgeschrieben, eine
erhebliche Erhöhung der internationalen Biodiversitätsfinanzierung noch in diesem Jahr
verkünden.
Mehr ökologische Landnutzung
Die Waldbrandgefahr vervielfacht sich im Zuge der Klimakrise durch anhaltende Trockenheit
und verödete Forstlandschaften. Deshalb brauchen wir wieder mehr echte Wälder: als
Wasserspeicher, Luftfilter, Bodenschützer und als wichtige Verbündete beim Klimaschutz. Wir
brauchen eine klimaresiliente vielfältige Landwirtschaft, um auch in Krisenzeiten gute,
gesunde und regionale Lebensmittel unter fairen Bedingungen für alle erzeugen zu können.
Fair für das Klima, fair für Umwelt und Tiere, fair für die Verbraucher*innen – und fair für
die Landwirt*innen. Denn eine nachhaltige Lebensmittelerzeugung braucht Bäuerinnen und
Bauern.
Angesichts von immer häufigeren Dürren und Unwettern, Insektensterben und Artenverlust in
der Agrarlandschaft sowie dem Höfesterben ist eine Agrarwende hin zu einer ökologischeren,
tierfreundlichen und klimarobusten Landwirtschaft mit fairen Einkommen für die
Landwirt*innen entscheidend. Gerade in diesem Jahr zeigt sich, dass schon jetzt viele
Anbauregionen bei uns und in ganz Europa mit Trockenheit und Dürren zu kämpfen haben. Und es
werden in den kommenden Jahren wohl immer mehr. Umso wichtiger, dass der Boden gesund ist –
mit genügend Humus, um ausreichend Wasser zu speichern. Die ökologische Bewirtschaftung
bietet die Chance, den Schutz der Biodiversität und des Klimas mit der Lebensmittelerzeugung
gut zu verknüpfen.
Wir wollen den Anteil des Ökolandbaus bis 2030 auf mindestens 30 Prozent der Fläche erhöhen.
Die Bundesregierung wird dazu eine Strategie auflegen, die Forschung, Betriebe und Absatz
gleichermaßen fördert. Außerdem werden wir zusammen mit den Landwirt*innen eine nachhaltige,
nasse Landwirtschaft für genutzte Moorböden entwickeln. Dazu fördert das
Landwirtschaftsministerium beispielsweise extensive Weidewirtschaft und Paludikulturen –
auch in Kombination mit erneuerbaren Energien.
Agroforstsysteme, Agri-PV-Systeme, Mischkulturen, weite Fruchtfolgen mit Zwischenfrüchten,
die Einarbeitung von Pflanzenresten und eine ganzjährige Bodenbedeckung machen den Ackerbau
sowohl klimafreundlicher als auch robuster. Gleichzeitig können sie zu einem guten Einkommen
für die Landwirt*innen beitragen. Die europäischen Agrarzahlungen sollen dazu auf die
Honorierung dieser ganzheitlichen gesellschaftlichen Leistungen ausgerichtet werden.
Eine weitere zentrale Aufgabe für die nächsten Jahre ist der Umbau der landwirtschaftlichen
Tierhaltung hin zu klima-, umwelt- und tiergerechten Haltungsformen. Um Landwirt*innen auf
diesem Weg zu unterstützen, braucht es ein Paket aus verpflichtender
Tierhaltungskennzeichnung, angepasstem Bau- und Genehmigungsrecht, klaren Regeln sowie
tragfähiger Förderung. Entsprechende Gesetzesentwürfe des Landwirtschaftsministeriums liegen
vor. Wenn wir landwirtschaftlichen Betrieben eine echte Perspektive geben wollen, müssen wir
sie bei den Mehrkosten, die durch höhere Tierschutzstandards entstehen, unterstützen. Um
Klima- und Umweltziele zu erreichen, müssen wir die Tierzahlen in Deutschland senken und sie
stärker an die verfügbare Fläche für die Futtermittelproduktion binden, denn Futter von den
eigenen Feldern ist klimafreundlich und Weidehaltung sorgt für besseren Tierschutz. Den
durch die Landwirtschaft maßgeblich mitverursachten Ausstoß von Methan und Lachgas, der
einen großen Anteil zur Erderhitzung beiträgt, wollen wir deutlich verringern.
Eine zukunftsfeste Tierhaltung muss standortangepasst und unabhängig von Regenwald-Soja
sein. Mit der Eiweißstrategie unterstützen wir diese Umstellung. Industrielle
Massentierhaltung ist mit einer klimagerechten Zukunft nicht vereinbar.
Klimagerechtigkeit in Europa und weltweit
Viele Inseln im Pazifik drohen, durch die Klimakrise unterzugehen. Die Dürre in Ostafrika
verursacht Hunger und verschärft Armut. Frauen, marginalisierte Gruppen und Menschen, die in
Armut leben, sind besonders von den Folgen wie Luftverschmutzung, mangelndem Zugang zu
Trinkwasser und dem Schwinden von landwirtschaftlichem Boden betroffen. Die Länder, die am
wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, leiden am meisten unter deren Folgen. Die
Erderhitzung einzudämmen, ist daher nicht nur eine ökologische, sondern auch eine
Gerechtigkeitsfrage.
Das Fortschreiten der Klimakrise ist eine Gefahr für unsere Sicherheit und Freiheit. Durch
die Klimaaußenpolitik muss es uns mit diplomatischen Mitteln gelingen, die globale
Energiewende, nachhaltige Entwicklung und den Schutz unserer Biodiversität EU-weit und
international voranzutreiben. Mit der Entwicklungspolitik unterstützen wir unsere
Partner*innen weltweit beim langfristigen Umbau ganzer Sektoren und verfolgen eine
transformative, globale Strukturpolitik; damit richten wir nationale und internationale
Institutionen auf die Pariser Klimaziele und die Ziele für nachhaltige Entwicklung der
Agenda 2030 (SDGs) aus.
Deutschland und Europa müssen stärker mit gutem Beispiel vorrangehen und klimagerechten
Wohlstand umsetzen. Konkret bedeutet das, dass die politischen Entscheidungen daran gemessen
werden müssen, ob ihre Folgen mit der Einhaltung der planetaren Grenzen und den
Nachhaltigkeitszielen vereinbar sind.
Der Europäische Green Deal eröffnet die Chance, die EU zum ersten klimaneutralen
Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Die ambitionierte und schnelle Umsetzung des „Fit For
55“-Pakets ist dafür essentiell. Wir unterstützen alle weiteren Maßnahmen, die dazu
beitragen, diesen Prozess zu beschleunigen und damit die Klimaziele für Europa zu erreichen.
Wir wollen gemeinsam mit der EU-Kommission den natürlichen Klimaschutz europaweit und
weltweit voranbringen. Wir unterstützen die Verordnung zur Wiederherstellung der Natur als
zentrales Element zur Umsetzung der europäischen Biodiversitätsstrategie. Rechtsverbindliche
Ziele zur Renaturierung von Meeren, Flüssen und Wäldern, von Ökosystemen in der Stadt und in
der Agrarlandschaft sowie zum Schutz von Bestäubern sind ein Aufbruch für den Natur- und
Klimaschutz in der EU.
Die Industriestaaten haben am meisten von der Ausbeutung der globalen Ressourcen profitiert
und müssen deshalb ein verlässlicher Motor und Vorreiter im Kampf gegen die Klimakrise
weltweit sein. Im Rahmen der G7-Präsidentschaft hat Deutschland erste Klima- und
Entwicklungspartnerschaften etabliert, die wir mit weiteren Partnerländern schnell ausbauen
und vorantreiben möchten.
In wenigen Wochen wird die UN-Klimakonferenz COP 27 in Ägypten die massiven weltweiten
Auswirkungen der Klimakrise beleuchten und um Maßnahmen zu deren Bekämpfung ringen. Es geht
dabei um ein ambitioniertes Arbeitsprogramm, mit dem bis 2030 global ein mit dem 1,5-Grad-
Ziel kompatibler Entwicklungspfad erreicht wird. An diesem Programm müssen auch die
nationalen Klimaziele ausgerichtet sein. Wir erwarten eine Beschleunigung der weltweiten
Energiewende sowie einen regelmäßigen politischen Austausch über die Umsetzung der
Maßnahmen, über Initiativen und die Erreichung der sektoralen Ziele als Ergebnis der
Konferenz.
Ägypten gehört zu den repressivsten Staaten im Nahen und Mittleren Osten sowie in
Nordafrika. Zur Förderung von Klimaschutz braucht es eine starke, politisch aktive und vom
Staat unabhängig agierende Zivilgesellschaft. Es ist deshalb unabdingbar, dass Ägypten als
Ausrichter der COP den eigenen zivilgesellschaftlichen Akteur*innen sowie der Presse
dauerhaft die Freiheit gibt, auf Defizite im Klimaschutz aufmerksam machen zu können.
Ansonsten droht die COP, zum Greenwashing der Staatsführung zu werden – und zu einem
Instrument, um von der katastrophalen Menschenrechtsbilanz einschließlich der tausenden
politischen Gefangenen abzulenken.
Im Rahmen der internationalen Klimapolitik muss Deutschland ein ambitioniertes,
solidarisches und verlässliches Partnerland sein und seiner Verantwortung für den eigenen,
für den globalen Klimaschutz und für die Anpassung an die Klimakrise gerecht werden. Dabei
werden wir klimapolitische Maßnahmen im Sinne des postkolonialen Ansatzes gemeinsam mit
unseren Partner*innen entwickeln, eng mit multilateralen Partner*innen abstimmen und bei der
Umsetzung die Länderrechte der indigenen Bevölkerung stets achten. Das ist auch unser
Anspruch für das Auftreten Deutschlands bei der diesjährigen COP 27 in Ägypten.
Die Folgen der Klimakrise schlagen in den ärmsten Staaten der Welt ganz besonders dramatisch
zu. Wir müssen deshalb die Klimaanpassung beschleunigen. Darum braucht es bei Schäden und
Verlusten jetzt deutlich stärkere und verbindliche Unterstützung durch die Industrieländer.
Dazu haben sich die G7 Ende Mai 2022 erstmals bekannt. Ein richtiger Schritt voran, dem aber
noch viele folgen müssen.
Deutschland muss gerade angesichts der multiplen Krisen, die die Umsetzung von
Klimaprojekten in vielen Weltregionen gefährden, seinen Beitrag zur kollektiven
Verdopplungszusage der Anpassungsfinanzierung leisten. Ergänzend wollen wir die
Rahmenbedingungen für privates Kapital verbessern, wenn dieses in echten Klimaschutz und
konsequente Klimaanpassung investiert wird.
Mit Programmen der Entwicklungspolitik wie auch der Internationalen Klimaschutzinitiative
der Bundesregierung leisten wir ganz konkrete Unterstützung für mehr Klimaschutz und
Klimaanpassung. Gemeinsam wollen wir als G7 vorangehen, um aus der Kohle auszusteigen und
die Emissionen im Energiesektor, im Verkehr und der Industrie so schnell wie möglich zu
reduzieren. Es geht darum, gemeinsam eine Welle höherer Klimaambitionen zu erzeugen und
andere Staaten mitzunehmen. Gleichzeitig brauchen wir einen Schub für mehr
Klimagerechtigkeit und klare Fortschritte bei der Klimafinanzierung sowie ein Umlenken
globaler Finanzströme im Einklang mit den Zielen des Pariser Abkommens.
Klimagerechtigkeit heißt aktuell vor allem, alles daran zu setzen, die große Maßnahmenlücke
zwischen Klimazielen und politischem Handeln auf internationaler Ebene zu schließen.
Insbesondere betrifft dies den zugesagten deutschen Beitrag von jährlich 6 Milliarden Euro
für die Klimafinanzierung in Ländern des globalen Südens bis 2025. Das bedeutet auch, die
Länder des globalen Südens in den Bereichen Energiesicherheit, Klimaanpassung,
Verkehrspolitik, Landwirtschaft und nachhaltiger Wirtschaft zu unterstützen. Zur UN-
Klimakonferenz COP 27 im November muss die Bundesregierung dazu eine verlässliche Zusage
leisten.
Durch den russischen Angriffskrieg ist weltweit eine neue Dynamik entstanden, denn auch dem
Letzten ist nun der Zusammenhang zwischen Klima, Energie, Sicherheit, Ernährung, Freiheit
und Frieden klargeworden. Viele Staaten setzen auf den Ausbau von erneuerbaren Energien.
Aber es gibt auch Kräfte, die den Moment des Krieges nutzen, um unter dem Vorwand der
Energiesicherheit Öl, Gas und fossile Infrastrukturen dauerhaft zu festigen und auszubauen.
Umso wichtiger ist es, dass wir alle Kanäle nutzen, um die Weichen für mehr Klimaschutz und
für mehr Tempo bei der globalen Energiewende zu stellen. Die Verbrechen an der
Menschlichkeit durch das russische Regime dürfen nicht als Deckmantel für neue langfristige
fossile Abhängigkeiten dienen. Denn das würde nicht nur dem Aggressor in die Hände spielen,
sondern auch die internationalen Klimaschutzmaßnahmen ad absurdum führen. Die einfache
Logik, dass im Zweifel fossile Energieträger eine sichere Versorgung bereitstellen, ist
widerlegt. Die neue Rolle der erneuerbaren Energien als Garanten für eine starke
Selbstversorgung, Sicherheit und Freiheit gilt es, international zu festigen und die
Hinwendung zu klimaneutraler Versorgung in anderen Ländern durch strukturelle, finanzielle
und technische Unterstützungsangebote zu stärken.
weitere Antragsteller*innen
Insgesamt 51 Unterstützer*innen.- Luca Brunsch (KV Kiel)
- Björn Hildebrand (KV Pinneberg)
- Leah Knoth (KV Segeberg)
- Franz Fischer (KV Kiel)
- Philipp Schmagold (KV Plön)
- Jessica Kordouni (KV Kiel)
- Oliver Brandt (KV Herzogtum Lauenburg)
- Charlotte Henke (KV Dresden)
- Tobias Lentz (KV Flensburg)
- Ralf Hübner (KV Pinneberg)
- Maik-Torben Kristen (KV Kiel)
- Lea Fischer (KV Lübeck)
- Matthias Lamp (KV Pinneberg)
- Michael Bloss (KV Stuttgart)
- David Goes (KV Tübingen)
- Philipp Karl Witte (KV Hamburg-Altona)
- Tobias Balke (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Jakob Kohnke (KV Nordfriesland)
- Lars Boettger (KV Hamburg-Altona)
- Lea Reimann (KV Rendsburg-Eckernförde)
- Nikhil Gauri (KV Hamburg-Altona)
- Fabio Nicolas Detmer (KV Hamburg-Bergedorf)
- Maria Höller (KV Stuttgart)
- Lasse Zapf (KV Rendsburg-Eckernförde)
- Luca Köpping (KV Kiel)
- Silke Backsen (KV Nordfriesland)
- Karen Kristina Jakstadt (KV Kiel)
- Yusuf Uzundag (KV Hamburg-Altona)
- Stefan Degener (KV Mettmann)
- Gerd Weichelt (KV Dithmarschen)
- Annkatrin Esser (KV Berlin-Treptow/Köpenick)
- Petra Kärgel (KV Pinneberg)
- Hildegard Bedarff (KV Pinneberg)
- Niklas Willma (KV Neumünster)
- Beate Sattler-Ashoff (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Bärbel Sandberg (KV Pinneberg)
- Klemens Griesehop (KV Berlin-Pankow)
- Anja Schneider (KV Pinneberg)
- Lukas Unger (KV Pinneberg)
- Manuel Carrasco Molina (KV Düren)
- Paul Droßard (KV Pinneberg)
- Katinka Wellnitz (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Andrea Eva Dreffein-Hahn (KV Pinneberg)
- Steffen Regis (KV Kiel)
- Katrin Stange (KV Pinneberg)
- Mathias Schmitz (KV Pinneberg)
- Florian Juhl (KV Pinneberg)
- Andreas Preß (KV Koblenz)
- Claudia Khanh-Ly Nguyen (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Sophia Marie Pott (KV Lübeck)
- Leonard Rodde (KV Pinneberg)
- Petra Kärgel (KV Pinneberg)
- Hildegard Bedarff (KV Pinneberg)
- Niklas Willma (KV Neumünster)
- Beate Sattler-Ashoff (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Bärbel Sandberg (KV Pinneberg)
- Klemens Griesehop (KV Berlin-Pankow)
- Anja Schneider (KV Pinneberg)
- Lukas Unger (KV Pinneberg)
- Manuel Carrasco Molina (KV Düren)
- Paul Droßard (KV Pinneberg)
- Katinka Wellnitz (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Andrea Eva Dreffein-Hahn (KV Pinneberg)
- Steffen Regis (KV Kiel)
- Katrin Stange (KV Pinneberg)
- Mathias Schmitz (KV Pinneberg)
- Florian Juhl (KV Pinneberg)
- Andreas Preß (KV Koblenz)
- Claudia Khanh-Ly Nguyen (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Sophia Marie Pott (KV Lübeck)
- Leonard Rodde (KV Pinneberg)
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unverzüglich vorlegen; alle Bundesministerien und Koalitionspartner sind aufgefordert, konstruktiv und ohne Scheuklappen die notwendigen Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Um die notwendigen Investitionen für unsere Klimaziele zu finanzieren, reicht der reguläre Haushalt nicht aus. Daher setzen wir uns jetzt für ein Sondervermögen zusätzlich zu bisherigen Maßnahmen in Höhe von 100 Milliarden Euro für Klimaschutz und Klimasicherheit ein. Wir wissen, dass jetzige Investitionen deutlich höhere Kosten der drastischen Klimafolgen vermeiden können, die uns bei Verfehlen der Klimaziele drohen.
Die Klimakrise ist jetzt. Der Sommer hat uns erneut vor Augen geführt: Wetterextreme häufen
sich und werden immer gefährlicher. Die Hitzewellen des Jahres 2022 hatten Regionen auf
allen Kontinenten wochenlang im Griff, auch hier in Deutschland hatten wir mit
Temperaturrekorden zu kämpfen. Symptomatisch erlebten wir in Brandenburg und Sachsen
gefährliche Brände; es waren Evakuierungen und Löscharbeiten notwendig, die unsere
Rettungskräfte an ihre Grenzen brachten. In weiten Teilen Europas wurden Flüsse zu
Rinnsalen. Auch in Spanien und Italien loderten verheerende Waldbrände in ungekanntem
Ausmaß, während Länder wie Pakistan von schier unbändigen Überschwemmungen heimgesucht
wurden.
Die Flut im Ahrtal ist derweil erst ein Jahr her – eine Katastrophe, deren Zerstörungen wir
bis heute bewältigen müssen. Menschen trauern um ihre Angehörigen, noch immer sind viele
ohne neue dauerhafte Unterkunft und haben Angst vor neuen Starkregenereignissen.
Der Weltklimarat IPCC hat berechnet, dass Extremtemperaturen, die sich ohne die
menschengemachte Klimaerhitzung einmal pro Jahrzehnt entwickeln würden, heute fast dreimal
so oft passieren, länger andauern und mit bis zu 1,2 Grad deutlich heißer sind. Die Folge:
Gefahr für Leben und Gesundheit der Menschen und eine zunehmende Zahl von Hitzeopfern. So
war der Juni 2022 weltweit der drittheißeste Monat seit Beginn der Aufzeichnungen, in Europa
sogar der zweitheißeste. Auch die Weltmeere erhitzen sich in einem dramatischen Tempo.
Die drohende Heißzeit und der drastische Verlust biologischer Vielfalt stellen nicht weniger
als unsere Lebensgrundlagen in Frage und sind damit die größten Gefahren für unsere Zukunft.
Hitze und Dürre haben einschneidende Folgen für Mensch und Natur, für die Umwelt, für
Infrastruktur und Wirtschaft. Die mit der Überhitzung und mit dem gravierenden Arten-
Aussterben verbundenen multiplen Krisen verstärken sich gegenseitig, schränken unsere
Handlungsfähigkeit – und damit unsere Freiheit ein. Das zunehmend unwirtliche Klima und der
Verlust gesunder Natur bedrohen das Leben und die Heimat von Millionen von Menschen schon
heute. Das gilt umso mehr für die kommenden Generationen.
Mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vor anderthalb Jahren wurde erneut klar: Die
Klima-Frage ist eine Frage der Erhaltung unserer Freiheit. Ein Leben in Frieden, Freiheit
und Sicherheit ist in Deutschland und weltweit nur durch konsequenten Klimaschutz möglich.
Und: Die Menschen in den Ländern, die am wenigsten dazu beigetragen haben, leiden am meisten
unter den Folgen der Klimakrise. Klimaschutz ist deshalb immer auch ein Beitrag zu mehr
globaler Gerechtigkeit.
Die Weltgemeinschaft hat sich im Pariser Klimaabkommen darauf festgelegt, die Erderhitzung
auf deutlich unter 2 Grad, möglichst 1,5 Grad zu begrenzen. Die Bundesregierung hat sich das
Ziel gesetzt, Deutschland auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen. Wir Grüne stehen dafür, die
notwendigen Schritte in allen Sektoren und auf allen politischen Ebenen zu gehen, damit das
gelingt. Dafür wurden wir in die Verantwortung gewählt. Dieser Aufgabe fühlen wir uns
verpflichtet. Das ist der Grund, warum wir Politik machen. Es ist die Aufgabe unserer Zeit.
Das Ziel fest im Blick
Die Ausgangslage könnte kaum herausfordernder sein. Der Ausstoß von Treibhausgasen wurde in
der Vergangenheit nur unzureichend gemindert. Wichtige klimapolitische Ziele, die wir uns in
Deutschland und weltweit gesetzt haben, werden absehbar verfehlt werden. In den letzten
Jahren ist zu viel versäumt und bewusst behindert worden. Es wurden viel zu wenige und meist
wirkungsschwache Anstrengungen unternommen, die erneuerbaren Energien auszubauen, uns von
fossilen Energieträgern unabhängiger zu machen, nachhaltigen Wohlstand zu schaffen und
konsequente Maßnahmen zum Schutz des Klimas umzusetzen. Sonst wären wir jetzt besser
vorbereitet auf die aktuellen Krisen. Umso größer und dringender ist der Handlungsbedarf in
den kommenden Jahren.
Gleichzeitig zwingt uns der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine –
mit all seinen Folgen für die Versorgungssicherheit – neue Wege zu gehen. Zum festgesetzten
Ziel, Deutschland klimaneutral zu machen, kommt nun hinzu, die Abhängigkeiten von russischen
Energiequellen schnellstmöglich zu beenden und gleichzeitig die Versorgungssicherheit für
Verbraucher*innen und Wirtschaft, Industrie und öffentliche Einrichtungen zu gewährleisten.
Dafür drosseln wir den Gasverbrauch, diversifizieren unseren Energieimport und bauen
schwimmende wie feste LNG-Anlandepunkte. Die festen wollen wir bis 2030 auf Wasserstoff
umrüsten. Für den Notfall bleiben zudem Kohlekraftwerke etwas länger in der Reserve. Vor
allem aber vervielfachen wir das Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Um die
Energieversorgung in Deutschland komplett darauf umzustellen, intensivieren wir die
Effizienzmaßnahmen und reduzieren unseren Verbrauch durch Energieeinsparungen.
Gerade weil wir jetzt schwierige Schritte gehen müssen, ist es so wichtig, dass wir
schneller werden beim Ausbau der Erneuerbaren. Das Tempo der Emissionsminderungen muss sich
gegenüber dem Status quo in den kommenden Jahren insgesamt mehr als verdoppeln und dann bis
2030 nahezu verdreifachen, damit wir die Ziele im Bundesklimaschutzgesetz erreichen.
Durch eine fehlgeleitete Energiepolitik im vergangenen Jahrzehnt ist die sichere
Energieversorgung in Deutschland gegenwärtig eine der größten Herausforderungen. Eine
zentrale Ursache liegt in der fundamentalen Abhängigkeit von Russlands fossilen
Energieträgern, für welche die vorangegangenen Regierungen die Verantwortung tragen. Die
energiepolitische Abhängigkeit von Russland schwächt Deutschland und Europa, mindert unsere
Freiheit, unsere Unabhängigkeit und senkt unsere Fähigkeit, nachhaltig, also im Einklang mit
den planetaren Grenzen und der Freiheit zukünftiger Generationen zu wirtschaften. Die
konsequente politische Schlussfolgerung daraus ist der beschleunigte Ausstieg aus der Kohle
bereits im Jahr 2030 und eine Stromversorgung, die 2035 auf 100 Prozent Erneuerbaren
basiert. Das ist nicht nur von zentraler Bedeutung für das Klima und die Frage der
Energieunabhängigkeit, sondern auch, um den Anstieg der Energiekosten zu bremsen.
Mit Plan und Pragmatismus zum Ziel
Wir konnten in den ersten Monaten der Ampel-Regierung schon vieles auf den Weg bringen. Wir
haben im Bund und in Europa zahlreiche Blockaden gelöst und Deutschland zum Motor in Sachen
erneuerbarer Energieerzeugung gemacht. Das beschlossene Gesetzespaket zur Novelle des
Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und des Bundesnaturschutzgesetzes, das Wind-auf-See-
Gesetz und das Wind-an-Land-Gesetz werden den Ausbau der erneuerbaren Energien unter Wahrung
hoher ökologischer Schutzstandards endlich wieder deutlich beschleunigen. Begleitend werden
wir mit nationalen Artenhilfsprogrammen alles Notwendige tun, um betroffene Bestände in
einen guten Erhaltungszustand zu bringen.
Die Bedingungen für den Bau neuer Windkraftanlagen, für mehr Solar auf den Dächern und für
mehr Bürger*innenenergieprojekte wurden massiv verbessert. Zwei Prozent der Landesfläche
sollen künftig für Windenergie genutzt werden und Ökostrom-Anlagen bekommen gegenüber
anderen Nutzungsformen eine deutlich höhere Priorität. Dazu wurde im EEG festgeschrieben,
dass Erneuerbare von überragendem öffentlichem Interesse und auch im Interesse der
öffentlichen Sicherheit sind. Damit werden Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigt.
Jetzt gilt es, diese neuen Möglichkeiten konsequent vor Ort und in den Ländern umzusetzen,
damit in den kommenden Jahren 200 Gigawatt (GW) Photovoltaik gebaut werden, bei Wind an Land
100 GW und bei Wind auf See mindestens 30 GW.
Auf europäischer Ebene haben wir die Weichen für mehr Klimaschutz im Verkehr gestellt. Wir
haben uns erfolgreich dafür eingesetzt, dass für neu zugelassene Pkw der fossile
Verbrennungsmotor ab dem Jahr 2035 der Vergangenheit angehört. Denn insbesondere im Verkehr
gibt es aufgrund von jahrzehntelangem Stillstand enormen Nachholbedarf.
Deutschland soll 80 Prozent des Stroms bis zum Jahr 2030 und 100 Prozent bis 2035 aus
erneuerbaren Energien erzeugen – und im gleichen Maße unabhängig von fossilen Importen
werden. Gleichzeitig schließen wir endlich die Lücke zwischen Notwendigkeit und Realität:
Wären wir bereits heute so weit, wie es klimapolitisch notwendig wäre, wären wir bedeutend
weniger abhängig von Putins Öl und Gas.
Wir Grüne gehen diesen gesetzten Auftrag mit Mut, Kooperationswillen und
Verantwortungsbewusstsein an. Als Teil der Bundesregierung und als Partei, die dem
Gemeinwohl verpflichtet ist – und Verantwortung für die ganze Gesellschaft übernimmt. Wir
müssen die Klimaziele erreichen, um die Freiheit und Würde der Menschen zu bewahren.
Wir haben im Koalitionsvertrag erreicht, dass die Bundesregierung noch in diesem Jahr ein
Klimaschutz-Sofortprogramm auf den Weg bringt, das alle für das Erreichen der Klimaziele
2030 notwendigen Gesetze, Verordnungen und Maßnahmen umfasst. Gerade angesichts der sich
immer weiter verschärfenden Klimakrise muss die Bundesregierung dieses Programm nun
unverzüglich vorlegen; alle Bundesministerien und Koalitionspartner sind aufgefordert,
konstruktiv und ohne Scheuklappen die notwendigen Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Um die notwendigen Investitionen für unsere Klimaziele zu finanzieren, reicht der reguläre Haushalt nicht aus. Daher setzen wir uns jetzt für ein Sondervermögen zusätzlich zu bisherigen Maßnahmen in Höhe von 100 Milliarden Euro für Klimaschutz und Klimasicherheit ein. Wir wissen, dass jetzige Investitionen deutlich höhere Kosten der drastischen Klimafolgen vermeiden können, die uns bei Verfehlen der Klimaziele drohen.
Zudem sollten, wie im Koalitionsvertrag verabredet, die einzelnen Sektoren ihrer
Verantwortung gerecht werden. Denn mit diesen Maßnahmen setzen wir das klare Signal, dass
wir die Klimaziele in allen Sektoren erreichen müssen. Paris-konforme Klimaneutralität lässt
sich nur erreichen, wenn die Emissionen in allen Sektoren schnell beendet werden.
Gerade wegen des Krieges gegen die Ukraine und der immer stärker wahrnehmbaren Folgen der
Klimakrise mögen manche zweifeln, ob all das zu erreichen ist. Schon wieder sagen manche,
dass es jetzt Wichtigeres gebe. Aber genau diese Haltung hat uns an den Punkt gebracht, an
dem wir jetzt stehen. Die Klimakrise wartet nicht. Ob sie zur Klimakatastrophe wird oder
nicht, entscheiden wir, hier und heute. Wir entscheiden es unter schwierigen Bedingungen,
aber mit aller Entschlossenheit. Es ist nicht unsere Aufgabe, den Kopf in den Sand zu
stecken. Vielmehr ist es unsere Verantwortung, unsere Pflicht, zielgerichtet, pragmatisch
und ohne Tabus, beherzt und konsequent das zu tun, was nötig ist, um uns alle vor der
Klimakatastrophe zu bewahren. Dafür arbeiten wir.
Doch das schaffen wir nicht allein, auch nicht als Regierungspartei. Wir brauchen dafür
nicht nur die Unterstützung unserer Koalitionspartner, unserer internationalen Partner*innen
und unserer Partner*innen in Wirtschaft, Industrie, Landwirtschaft, in Ländern und Kommunen,
sondern auch den Druck der Zivilgesellschaft, der Bewegungen und Verbände, die uns immer
wieder daran erinnern, was noch mehr nötig und möglich wäre. Und wir brauchen das Vertrauen
und die Mithilfe der Menschen in diesem Land. Die Menschheitskrise Erderhitzung betrifft uns
alle, und nur gemeinsam können wir sie in den Griff bekommen.
Klimaschutz gestalten: gemeinsam, fair, gerecht
Klimaschutz und die konsequente Transformation hin zu einer klimaneutralen Zukunft kann nur
gelingen, wenn wir sie für alle möglich machen. Wie das gehen kann, haben wir im Sommer
gesehen, als es mit dem 9-Euro-Ticket plötzlich für viele Menschen erschwinglich war,
öffentlichen Nahverkehr zu nutzen und damit auch noch Geld für andere Ausgaben zu sparen.
Gerade Menschen mit geringen Einkommen müssen den Mehrwert der Transformation spüren.
Die Energiewende – und damit die 100-prozentige Versorgung aus Ökostrom – ist der Garant für
bezahlbare Energiepreise für alle sowie für Energiesicherheit. Auch deswegen werden wir
schneller beim Ausbau. Gerade jetzt muss ein CO2-Preis mit einem sozial-gerechten Ausgleich
dafür sorgen, dass notwendige Entlastung finanziert und eine klimagerechte Wirtschaft
gefördert werden können. Zu einer solchen sozial gerechten Rückzahlung der Einnahmen aus dem
CO2-Preis gehört das Klimageld, das wir – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – gemeinsam
mit unseren Koalitionspartnern umsetzen wollen. Das Finanzministerium muss dazu bis Ende des
Jahres einen Mechanismus vorlegen.
Klimaschutz sozial gerecht umzusetzen heißt auch, dass klimagerechtes Wirtschaften und die
Dekarbonisierung der Industrie wettbewerbsfähig werden. Dafür braucht es grüne Leitmärkte
und Investitionssicherheit, zum Beispiel durch Beschaffungsquoten für klimaneutrale
Grundstoffe und Klimaschutzverträge, sogenannte Carbon Contracts for Difference, die den
Unterschied zwischen dem aktuellen CO2-Preis und den tatsächlichen CO2-Vermeidungskosten
finanzieren.
Damit und mit konkreten Maßnahmen zur Erreichung der Sektorziele hat die Industrie die
Planungssicherheit, die sie braucht, um die Produktion klimaneutral umzubauen. Die
tiefgreifende Transformation der gesamten Industrie, speziell der Grundstoffindustrie und
aller energieintensiven Branchen, nutzen wir als Innovationstreiber für nachhaltige
Technologien und für den Ausbau einer Kreislaufwirtschaft, die auf erneuerbaren Energien
basiert. Um künftig deutlich unabhängiger von Technologieimporten zu werden, stoßen wir eine
Strategie für eine gemeinsame unabhängige europäische Industriepolitik zur Herstellung von
Erzeugungsanlagen für erneuerbare Energien an. Europa kann sich in großen Teilen sowohl
selbst aus heimischen erneuerbaren Energiequellen versorgen, als auch die dafür notwenige
Technik wieder verstärkt selbst produzieren. Damit sichern wir die Energiewende ab und
gestalten sie sozial ausgewogen durch gut bezahlte, zukunftsfeste Arbeitsplätze.
Gleichzeitig werden wir mit anderen Ländern Energiewende-Partnerschaften auf Augenhöhe
forcieren.
Niedriger Energieverbrauch und erneuerbare Energieerzeugung in Gebäuden verringern
finanzielle Risiken und liefern einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur
Energiewende. Darum unterstützen wir Solardächer und machen sie zum Standard – beginnend mit
Neubauten sowie öffentlichen und Gewerbegebäuden; perspektivisch ausgeweitet auf den
Bestand. Wir verbessern dazu endlich wieder die Rahmenbedingungen für Bürger*innen-
Energiegemeinschaften, entbürokratisieren den Mieterstrom und stärken kommunale Beteiligung.
Kommunen und Landkreise werden wir bei Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen der Klimakrise
und zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegen extreme Wetterereignisse unterstützen. Wir
fördern Initiativen sowohl zur Dach- und Fassadenbegrünung als auch zur Entsiegelung von
Flächen, um den Wasserhaushalt besser zu regulieren. Ein gesundes Wohnumfeld und der Schutz
der Bevölkerung in Katastrophenlagen hat für uns oberste Priorität und muss gewährleistet
werden.
Energiemarkt, Netzausbau und Arbeitsmarkt: Erneuerbare im Mittelpunkt
Um 100 Prozent erneuerbare Energien bis 2035 zu erreichen, brauchen wir ein neues
Energiemarktdesign, das vollständig auf Erneuerbaren fußt. Zugleich steigt für die nötige
Sektorenkopplung die Notwendigkeit eines stabilen, leistungsfähigen Stromnetzes weiter an.
Daher werden wir den Plan für den Ausbau der Übertragungsnetze kontinuierlich an neue
Herausforderungen anpassen und mit dem Rück- und Umbau des Gasnetzes sowie dem Aufbau eines
grünen Wasserstoffnetzes koordinieren. Gemeinsam mit den Betroffenen werden wir die Prozesse
so intensivieren, dass kürzere Verfahren zu einer besseren Planung und Beteiligung der
Menschen vor Ort führen. Die Netzentgelte werden wir so reformieren, dass sie die
Transformation zur Klimaneutralität fördern und die Kosten des Ausbaus der erneuerbaren
Energien fair verteilen.
Beim Ausbau des Verteilnetzes wird eine vorausschauende Planung zur Pflicht und eng an den
Ausbau von E-Mobilität, Wärmepumpen und Erneuerbaren gekoppelt. Netzanschlüsse werden
schneller gebaut und digitalisiert. Flexible Strom- und Wärmespeicher in Dörfern und
Quartieren sichern die Versorgung und minimieren den notwendigen Netzausbau. Schließlich
wollen wir Stromspitzen kostengünstig zur Wärmeerzeugung und zur Umwandlung in andere
Energieträger einsetzen.
Eine auf 100 Prozent Erneuerbaren basierende Energieversorgung funktioniert nur europäisch.
Das über ganz Europa die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, das kommt selten vor.
Daher müssen wir die europäischen Netze stärken und die Erneuerbaren in ganz Europa zum
Standard machen.
Ein passgenaues und damit sektorenübergreifendes Energiemarktdesign, das die ganze
Akteursvielfalt im Blick hat, ist das Herzstück eines vollständig auf Erneuerbaren
basierenden Energiesystems. Die Verwerfungen in der aktuellen Krise zeigen einmal mehr, dass
hier dringender Handlungsbedarf besteht, den wir zusammen mit Wissenschaft und Wirtschaft
adressieren.
Von den letzten Bundesregierungen wurde eine unübersichtliche Bürokratie aufgebaut, die den
Ausbau der Erneuerbaren ausbremste. Diese bauen wir systematisch ab. Insbesondere
Privatleute und Bürger*innenenergie-Gemeinschaften befreien wir von den Fallstricken
unkalkulierbarer Ausschreibungen und Anmeldungsprozessen. Die Erneuerbaren machen wir damit
zum Gewinnerthema auf dem Land und in der Stadt. Kommunen werden bei Windkraft stärker
beteiligt und die Menschen vor Ort können sich zu fairen Bedingungen bei Solarprojekten
engagieren. Alle profitieren von sanierten Kindergärten und ausgebauten Radwegen. Das
schafft Akzeptanz.
Auch zum Stromnetz, dem Rückgrat der Sektorenkopplung, wollen wir einen fairen Zugang für
alle. Die Stromleitungen brauchen eine effiziente Auslastung, um die Kosten gering zu
halten. Die Landwirtschaft wird dazu mit Agri-PV und flexiblen Biogasanlagen noch stärker
Teil der Energiewirtschaft, der Verkehr zum flächendeckenden Großabnehmer – und über
Rückeinspeisung zum wichtigen Stabilisator unserer Netze. Die Gebäudewirtschaft liefert
Solarstrom vom Dach und heizt mit Wärmepumpen.
Wärmewende: effizient und erneuerbar
40 Prozent der Klimagase werden in Deutschland durch Gebäude ausgestoßen. Wir legen deshalb
einen Schwerpunkt auf ökologisches Heizen, Bauen und vor allem Sanieren. Nur so können wir
es schaffen, die kumulierte Lücke von 152 Millionen Tonnen CO2 zu den Klimazielen der
Bundesregierung bis 2030 im Gebäudebereich zu schließen.
Es ist deshalb klima-, energie- und sicherheitspolitisch nicht haltbar, dass die Gasheizung
die vorherrschende Wärmetechnik bleibt, mit einem Marktanteil von aktuell über 70 Prozent.
Und sie entwickelt sich auch für die Verbraucher*innen immer mehr zur Kostenfalle. Heizen
muss zügig klimaneutral werden. Deshalb haben wir die Förderung von Gasheizungen
eingestellt; ab 2024 gilt eine Mindestquote von 65 Prozent Erneuerbaren für neue Heizungen.
Die gesetzlichen Mindesteffizienzstandards im Neubau und Bestand werden wir mit der Reform
des Gebäudeenergiegesetzes anheben und auf den Klimaschutzpfad bringen. Erneuerbare Energie
für Wärme und Kühlung soll schnell das neue Normal werden. Perspektivisch wollen wir jedes
neue und möglichst viele sanierte Gebäude zu Plusenergiehäusern machen. Denn auch
erneuerbare Energien müssen wir effizient einsetzen.
Wir können die Klimaziele nur mit konsequent ressourcenschonendem und nachhaltigem Bauen
erreichen. Bei jeder Planung sollte ab sofort der gesamte Stoff- und Energieverbrauch für
Bau, Betrieb und späteren Rückbau berücksichtigt werden. Wir setzen uns auch hier für den
Einstieg in die Kreislaufwirtschaft ein, mit dem Ziel einer kompletten stofflichen Wieder-
oder Weiterverwertung. Damit energie- und ressourcenschonend sowie giftfrei gebaut wird,
braucht es eine Veränderung der ökonomischen Rahmenbedingungen, ein Gebäude-Ressourcen-
Gesetz sowie verbindliche Klimaschutzstandards bei allen gesetzlichen Vorgaben, Normen und
Bauordnungen. Um Gebäude kreislaufgerecht planen, bauen und modernisieren zu können, wollen
wir einen digitalen Gebäude-Materialpass einführen. So werden unsere Gebäude und
Bauschuttdeponien zu Rohstoffquellen.
Um die Modernisierung des Gebäudebestandes zügig und konsequent voranzubringen, setzen wir
uns sowohl für eine deutliche Steigerung der bereitgestellten Fördermittel als auch für eine
Ausrichtung von Förderrichtlinien auf die Klimaschutzwirkung der Maßnahme, auf mehr
Nachhaltigkeit und auf Ressourceneffizienz ein. Hinsichtlich der verwendeten Baustoffe
brauchen die Programme im Sinne einer Holzbau-, Leichtbau- und Rohstoffsicherungsstrategie
des Bundes eine klare Ausrichtung auf mehr Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz.
Wir setzen uns für einen wirksamen Schutz von Mieter*innen bei der Wärmewende ein. Wir
wollen die Kosten für klimafreundliche Modernisierungen zwischen Vermieter*innen und
Mieter*innen – auch mittels staatlicher Unterstützung – fair aufteilen.
Mit der Ergänzung des Wohngeldes um das Klimawohngeld wollen wir allen ermöglichen, in
klimafreundlichen Wohnungen zu leben. Die Heizkostenkomponente muss dringend der aktuellen
Entwicklung angepasst werden. Dazu wollen wir den Heizkostenzuschuss im Wohngeld während der
Energiekrise verstetigen.
Aktuell bezahlen allein die Mieter*innen die Umlage des CO2-Preises für Heizung und
Warmwasser. Wir begrüßen deshalb die gemeinsame Gesetzesinitiative für eine gerechte
Neuverteilung des CO2-Preises abhängig vom Sanierungsgrad zwischen Mieter*innen und
Vermieter*innen.
Für die Energieeffizienz ist es maßgeblich, bestehende Systeme zu verknüpfen. Es braucht
Quartierslösungen beispielsweise auf Basis von Wärmenetzen, die mit erneuerbaren Quellen wie
Abwärme, Geo- oder Solarthermie gespeist werden und bereitgestellte Energie vor Ort
speichern. Auch die Fern- und Nahwärme muss dekarbonisiert werden. Dazu wollen wir ihre
Förderung an klimaneutralen und gleichzeitig effizienten Lösungen ausrichten, wie an der
Kombination von niedrigerer Temperatur und Wärmepumpen, und dazu die Wirtschaft in die
Wärmesysteme einbinden. Für die Umsetzung dieser Systeme sind die Kommunen zentral. Wir
begrüßen daher die Initiativen der Bundesregierung, die verbundenen klimaneutralen
Energiesysteme über die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze auszubauen und die
kommunale Wärmeplanung zu stärken.
Nachhaltige Mobilität ist ein Schlüssel
Insbesondere der Verkehrssektor ist derzeit nicht auf Kurs, um die Klimaziele zu erreichen.
Hier wiegen die Konsequenzen der verfehlten Politik dreier CSU-Verkehrsminister besonders
schwer und es gibt große Defizite bei der schnellen, dauerhaften Minderung der Emissionen.
Umso wichtiger ist es, jetzt konsequent eine neue Politik zu verfolgen. Kurzfristige
Maßnahmen wie die Einführung einer Klimaabgabe auf Pkw-Neuzulassungen, der soziale und
klimagerechte Umbau des Dienstwagenprivilegs oder ein Nachfolgemodell für das 9-Euro-Ticket
sind unbedingt erforderlich.
Der EU-Beschluss zum Ende des fossilen Verbrennungsmotors ab 2035 ist ein riesiger Erfolg
für den Klimaschutz und für grüne Umweltpolitik. Er gibt den Autoherstellern, aber auch den
Ladenetzbetreibern endlich Planungssicherheit. Die Dekarbonisierung der Antriebe hat damit
einen klaren europäischen Rahmen. Pkw werden in Zukunft batterieelektrisch fahren. Damit
nutzen wir die effizienteste Technologie, denn auch im Verkehr muss gelten: Auch aus
erneuerbaren Quellen geerntete Energie ist ein knappes Gut.
Das im Koalitionsvertrag verankerte Ziel von 15 Millionen vollelektrischen Pkw bis 2030
weist den Weg. Dazu braucht es zusätzliche fiskalische Maßnahmen wie eine Klimaabgabe für
Pkw-Neuzulassungen, eine deutliche Beschleunigung des Ladesäulenausbaus und eine intensive
Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Gewerkschaften zur Transformation der Automobilindustrie.
Denn für alle Betroffenen gilt: Klimaneutralität kann, richtig gestaltet,
Menschheitsaufgabe, Standortvorteil und Jobmotor zugleich sein.
Von maßgeblicher Bedeutung für eine funktionierende Mobilitätswende ist ein attraktives
öffentliches Angebot als Alternative zum eigenen Fahrzeug. Das 9-Euro-Ticket war dabei ein
großer Erfolg. Über 30 Millionen Menschen nutzten das Ticket monatlich im Nahverkehr und
rund 80 Prozent der Befragten haben sich für eine Fortsetzung ausgesprochen.
Der Erfolg des 9-Euro-Tickets zeigt, dass auch kurzfristige Maßnahmen für den ÖPNV direkte
Klimaerfolge bringen. Deshalb wollen wir eine möglichst zeitnahe Folgelösung. Wir haben
dafür ein Konzept für eine Kombination aus einem landes- bzw. verbundweiten 29-Euro- und
einem bundesweiten 49-Euro-Ticket vorgelegt. Unser Ziel bleibt, dass sich die Zahl der
Nutzer*innen im ÖPNV bis 2030 mindestens verdoppelt. Eine Priorisierung der Mittel für den
Ausbau von Schienen- und Businfrastruktur ist daher dringend geboten. Neben der
Verkehrsvermeidung und der Förderung von Rad- und Fußverkehr ist dies das effektivste
Mittel, um die Mobilitätswende schnell umzusetzen. Dazu müssen wir unsere Infrastruktur
umbauen, um diese an unsere Klimaziele anzupassen.
Insbesondere die Schiene wurde jahrzehntelang vernachlässigt. Es bedarf massiver
Investitionen in Erhalt, Kapazitätsausbau und Elektrifizierung. Der Deutschland-Takt als
Zielvorgabe für ein qualitativ hochwertiges, angebotsorientiertes System stellt für uns
hierfür eine gute Grundlage dar, die nun endlich durch eine angemessene Bereitstellung von
Finanzmitteln für Investition und Betrieb sowie für Planungskapazitäten auf den Weg gebracht
werden muss.
Die Erhöhung der Regionalisierungsmittel ist unabdingbar, damit die Länder die Qualität des
öffentlichen Nahverkehrs erhalten und verbessern können. Dies kann über den Abbau
umweltschädlicher Subventionen und eine ökologische Reform des Dienstwagenprivilegs
finanziert werden. Der Bundesverkehrswegeplan muss dringend klimagerecht überarbeitet und
reformiert werden, damit zukünftige Investitionen nicht mehr in den teuren Neubau von
Autobahnen fließen. Dem klaren Vorrang der Schiene muss hier Rechnung getragen werden.
Das Tempolimit auf Autobahnen bleibt für uns weiter ein schnell wirkendes und nahezu
kostenloses Instrument, um die Sicherheit auf den Straßen zu erhöhen und unsere Klimabilanz
zu verbessern.
Klima schützt Natur schützt Klima
Der natürliche Klimaschutz hat Klimapotentiale, die an die Umstellung auf erneuerbare
Energien heranreichen. Das hat auch der jüngste IPCC-Bericht bestätigt. Im Umkehrschluss
droht bei einer weiteren Zerstörung natürlicher Kohlenstoffspeicher die Naturzerstörung zu
einem nicht mehr aufzuhaltenden Beschleuniger der Klimakrise und des Artenaussterbens zu
werden.
Beide Krisen befeuern sich gegenseitig und können nur gemeinsam gelöst werden. Nur, wenn wir
gesunde Natur schützen, stärken und wiederherstellen, können wir die notwendigen Klima- und
Biodiversitätsziele erreichen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir in der Bundesregierung
mit dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz 4 Milliarden Euro in konkrete Maßnahmen zum
Schutz, zur Stärkung und Wiederherstellung gesunder Natur investieren und die relevanten
Maßnahmen beschleunigen. Das ist dreifach gut angelegtes Geld: für mehr Biodiversität, für
mehr Klimaschutz und für mehr Klimavorsorge.
Gesunde Wälder und Auen, Böden und Moore, Meere und Gewässer, Grünflächen in der Stadt: All
diese Ökosysteme können einen Beitrag zum natürlichen Klimaschutz leisten. Sie können
Kohlenstoff aus der Atmosphäre binden und langfristig speichern. Gleichzeitig sind sie
wertvoller Lebensraum für bedrohte Arten und damit essentielle Voraussetzung im Kampf gegen
das Artenaussterben. Außerdem leistet der natürliche Klimaschutz einen wichtigen Beitrag zur
Klimavorsorge, denn gesunde Böden regulieren den Wasserhaushalt. Intakte Auen halten das
Wasser zurück und tragen so zum Hochwasserschutz bei. Je besser der Zustand von Ökosystemen
ist, desto widerstandsfähiger sind sie gegenüber Extremwetterereignissen wie Trockenheit
oder Starkregen – und desto mehr können sie zu unserem Schutz beitragen.
Schwerpunkte im Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz sind eine Renaturierungsoffensive
für Flüsse, Auen, Wälder und Seegraswiesen sowie der nationale Moorschutz. Wir wollen so
viele Moorböden wie möglich schnell und umfassend wiedervernässen – und ein Ende der
Torfnutzung. Landwirtschaftliche Betriebe werden wir bei Maßnahmen zur Wiedervernässung und
bei der Einführung angepasster Bewirtschaftungsweisen unterstützen.
Ein naturnaher Wasserhaushalt mit lebendigen Flüssen, Seen und Auen ist ein zentrales Ziel
für den natürlichen Klimaschutz. Mit der Wiederherstellung dieser Ökosysteme soll im Sinne
der Vorsorge Wasser wieder stärker in der Landschaft gehalten und die schnelle Entwässerung
großer Flächen reduziert werden. Um einen naturnahen Wasserhaushalt zu erreichen, wollen wir
mit der Bundesregierung noch in diesem Jahr eine rahmengebende Nationale Wasserstrategie
beschließen.
Auch Meeres- und Küstenökosysteme sind ein wichtiger Baustein des natürlichen Klimaschutzes.
Denn die Weltmeere leiden nicht nur immens unter den Auswirkungen der Klimakrise. Gesunde
Meere liefern gleichzeitig Sauerstoff, sie regulieren das Klima und sind ein wichtiger CO2-
Speicher. Wir werden eine verbindliche Meeresstrategie erarbeiten und ein Aufbauprogramm für
Seegraswiesen, Algenwälder, Salzwiesen und weitere marine sowie Küsten-Ökosysteme zur
Verbesserung der natürlichen CO2-Speicherfähigkeit entwickeln. Eine Anrechnung von CO2-
Speicherpotenzialen durch natürliche Kohlenstoffsenken auf die Minderungsziele lehnen wir
ab. Der Schutz und die Wiederherstellung von Ökosystemen als CO2-Senken sind zusätzliche und
eigenständige Ziele im Klimaschutzgesetz. Mit natürlichem Klimaschutz stärken wir natürliche
Kohlenstoffsenken und bekämpfen zugleich die Biodiversitätskrise und das Artenaussterben.
Gemeinsam mit unseren internationalen Partnern wollen wir die Verhandlungen bei der
Weltnaturschutzkonferenz in Montreal im Dezember endlich erfolgreich abschließen. Es braucht
einen neuen internationalen Rahmen zum Schutz unserer Natur und mehr finanzielle
Unterstützung der Industrienationen für die Umsetzung im globalen Süden. Wir wollen
international vorangehen und werden, wie im Koalitionsvertrag festgeschrieben, eine
erhebliche Erhöhung der internationalen Biodiversitätsfinanzierung noch in diesem Jahr
verkünden.
Mehr ökologische Landnutzung
Die Waldbrandgefahr vervielfacht sich im Zuge der Klimakrise durch anhaltende Trockenheit
und verödete Forstlandschaften. Deshalb brauchen wir wieder mehr echte Wälder: als
Wasserspeicher, Luftfilter, Bodenschützer und als wichtige Verbündete beim Klimaschutz. Wir
brauchen eine klimaresiliente vielfältige Landwirtschaft, um auch in Krisenzeiten gute,
gesunde und regionale Lebensmittel unter fairen Bedingungen für alle erzeugen zu können.
Fair für das Klima, fair für Umwelt und Tiere, fair für die Verbraucher*innen – und fair für
die Landwirt*innen. Denn eine nachhaltige Lebensmittelerzeugung braucht Bäuerinnen und
Bauern.
Angesichts von immer häufigeren Dürren und Unwettern, Insektensterben und Artenverlust in
der Agrarlandschaft sowie dem Höfesterben ist eine Agrarwende hin zu einer ökologischeren,
tierfreundlichen und klimarobusten Landwirtschaft mit fairen Einkommen für die
Landwirt*innen entscheidend. Gerade in diesem Jahr zeigt sich, dass schon jetzt viele
Anbauregionen bei uns und in ganz Europa mit Trockenheit und Dürren zu kämpfen haben. Und es
werden in den kommenden Jahren wohl immer mehr. Umso wichtiger, dass der Boden gesund ist –
mit genügend Humus, um ausreichend Wasser zu speichern. Die ökologische Bewirtschaftung
bietet die Chance, den Schutz der Biodiversität und des Klimas mit der Lebensmittelerzeugung
gut zu verknüpfen.
Wir wollen den Anteil des Ökolandbaus bis 2030 auf mindestens 30 Prozent der Fläche erhöhen.
Die Bundesregierung wird dazu eine Strategie auflegen, die Forschung, Betriebe und Absatz
gleichermaßen fördert. Außerdem werden wir zusammen mit den Landwirt*innen eine nachhaltige,
nasse Landwirtschaft für genutzte Moorböden entwickeln. Dazu fördert das
Landwirtschaftsministerium beispielsweise extensive Weidewirtschaft und Paludikulturen –
auch in Kombination mit erneuerbaren Energien.
Agroforstsysteme, Agri-PV-Systeme, Mischkulturen, weite Fruchtfolgen mit Zwischenfrüchten,
die Einarbeitung von Pflanzenresten und eine ganzjährige Bodenbedeckung machen den Ackerbau
sowohl klimafreundlicher als auch robuster. Gleichzeitig können sie zu einem guten Einkommen
für die Landwirt*innen beitragen. Die europäischen Agrarzahlungen sollen dazu auf die
Honorierung dieser ganzheitlichen gesellschaftlichen Leistungen ausgerichtet werden.
Eine weitere zentrale Aufgabe für die nächsten Jahre ist der Umbau der landwirtschaftlichen
Tierhaltung hin zu klima-, umwelt- und tiergerechten Haltungsformen. Um Landwirt*innen auf
diesem Weg zu unterstützen, braucht es ein Paket aus verpflichtender
Tierhaltungskennzeichnung, angepasstem Bau- und Genehmigungsrecht, klaren Regeln sowie
tragfähiger Förderung. Entsprechende Gesetzesentwürfe des Landwirtschaftsministeriums liegen
vor. Wenn wir landwirtschaftlichen Betrieben eine echte Perspektive geben wollen, müssen wir
sie bei den Mehrkosten, die durch höhere Tierschutzstandards entstehen, unterstützen. Um
Klima- und Umweltziele zu erreichen, müssen wir die Tierzahlen in Deutschland senken und sie
stärker an die verfügbare Fläche für die Futtermittelproduktion binden, denn Futter von den
eigenen Feldern ist klimafreundlich und Weidehaltung sorgt für besseren Tierschutz. Den
durch die Landwirtschaft maßgeblich mitverursachten Ausstoß von Methan und Lachgas, der
einen großen Anteil zur Erderhitzung beiträgt, wollen wir deutlich verringern.
Eine zukunftsfeste Tierhaltung muss standortangepasst und unabhängig von Regenwald-Soja
sein. Mit der Eiweißstrategie unterstützen wir diese Umstellung. Industrielle
Massentierhaltung ist mit einer klimagerechten Zukunft nicht vereinbar.
Klimagerechtigkeit in Europa und weltweit
Viele Inseln im Pazifik drohen, durch die Klimakrise unterzugehen. Die Dürre in Ostafrika
verursacht Hunger und verschärft Armut. Frauen, marginalisierte Gruppen und Menschen, die in
Armut leben, sind besonders von den Folgen wie Luftverschmutzung, mangelndem Zugang zu
Trinkwasser und dem Schwinden von landwirtschaftlichem Boden betroffen. Die Länder, die am
wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, leiden am meisten unter deren Folgen. Die
Erderhitzung einzudämmen, ist daher nicht nur eine ökologische, sondern auch eine
Gerechtigkeitsfrage.
Das Fortschreiten der Klimakrise ist eine Gefahr für unsere Sicherheit und Freiheit. Durch
die Klimaaußenpolitik muss es uns mit diplomatischen Mitteln gelingen, die globale
Energiewende, nachhaltige Entwicklung und den Schutz unserer Biodiversität EU-weit und
international voranzutreiben. Mit der Entwicklungspolitik unterstützen wir unsere
Partner*innen weltweit beim langfristigen Umbau ganzer Sektoren und verfolgen eine
transformative, globale Strukturpolitik; damit richten wir nationale und internationale
Institutionen auf die Pariser Klimaziele und die Ziele für nachhaltige Entwicklung der
Agenda 2030 (SDGs) aus.
Deutschland und Europa müssen stärker mit gutem Beispiel vorrangehen und klimagerechten
Wohlstand umsetzen. Konkret bedeutet das, dass die politischen Entscheidungen daran gemessen
werden müssen, ob ihre Folgen mit der Einhaltung der planetaren Grenzen und den
Nachhaltigkeitszielen vereinbar sind.
Der Europäische Green Deal eröffnet die Chance, die EU zum ersten klimaneutralen
Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Die ambitionierte und schnelle Umsetzung des „Fit For
55“-Pakets ist dafür essentiell. Wir unterstützen alle weiteren Maßnahmen, die dazu
beitragen, diesen Prozess zu beschleunigen und damit die Klimaziele für Europa zu erreichen.
Wir wollen gemeinsam mit der EU-Kommission den natürlichen Klimaschutz europaweit und
weltweit voranbringen. Wir unterstützen die Verordnung zur Wiederherstellung der Natur als
zentrales Element zur Umsetzung der europäischen Biodiversitätsstrategie. Rechtsverbindliche
Ziele zur Renaturierung von Meeren, Flüssen und Wäldern, von Ökosystemen in der Stadt und in
der Agrarlandschaft sowie zum Schutz von Bestäubern sind ein Aufbruch für den Natur- und
Klimaschutz in der EU.
Die Industriestaaten haben am meisten von der Ausbeutung der globalen Ressourcen profitiert
und müssen deshalb ein verlässlicher Motor und Vorreiter im Kampf gegen die Klimakrise
weltweit sein. Im Rahmen der G7-Präsidentschaft hat Deutschland erste Klima- und
Entwicklungspartnerschaften etabliert, die wir mit weiteren Partnerländern schnell ausbauen
und vorantreiben möchten.
In wenigen Wochen wird die UN-Klimakonferenz COP 27 in Ägypten die massiven weltweiten
Auswirkungen der Klimakrise beleuchten und um Maßnahmen zu deren Bekämpfung ringen. Es geht
dabei um ein ambitioniertes Arbeitsprogramm, mit dem bis 2030 global ein mit dem 1,5-Grad-
Ziel kompatibler Entwicklungspfad erreicht wird. An diesem Programm müssen auch die
nationalen Klimaziele ausgerichtet sein. Wir erwarten eine Beschleunigung der weltweiten
Energiewende sowie einen regelmäßigen politischen Austausch über die Umsetzung der
Maßnahmen, über Initiativen und die Erreichung der sektoralen Ziele als Ergebnis der
Konferenz.
Ägypten gehört zu den repressivsten Staaten im Nahen und Mittleren Osten sowie in
Nordafrika. Zur Förderung von Klimaschutz braucht es eine starke, politisch aktive und vom
Staat unabhängig agierende Zivilgesellschaft. Es ist deshalb unabdingbar, dass Ägypten als
Ausrichter der COP den eigenen zivilgesellschaftlichen Akteur*innen sowie der Presse
dauerhaft die Freiheit gibt, auf Defizite im Klimaschutz aufmerksam machen zu können.
Ansonsten droht die COP, zum Greenwashing der Staatsführung zu werden – und zu einem
Instrument, um von der katastrophalen Menschenrechtsbilanz einschließlich der tausenden
politischen Gefangenen abzulenken.
Im Rahmen der internationalen Klimapolitik muss Deutschland ein ambitioniertes,
solidarisches und verlässliches Partnerland sein und seiner Verantwortung für den eigenen,
für den globalen Klimaschutz und für die Anpassung an die Klimakrise gerecht werden. Dabei
werden wir klimapolitische Maßnahmen im Sinne des postkolonialen Ansatzes gemeinsam mit
unseren Partner*innen entwickeln, eng mit multilateralen Partner*innen abstimmen und bei der
Umsetzung die Länderrechte der indigenen Bevölkerung stets achten. Das ist auch unser
Anspruch für das Auftreten Deutschlands bei der diesjährigen COP 27 in Ägypten.
Die Folgen der Klimakrise schlagen in den ärmsten Staaten der Welt ganz besonders dramatisch
zu. Wir müssen deshalb die Klimaanpassung beschleunigen. Darum braucht es bei Schäden und
Verlusten jetzt deutlich stärkere und verbindliche Unterstützung durch die Industrieländer.
Dazu haben sich die G7 Ende Mai 2022 erstmals bekannt. Ein richtiger Schritt voran, dem aber
noch viele folgen müssen.
Deutschland muss gerade angesichts der multiplen Krisen, die die Umsetzung von
Klimaprojekten in vielen Weltregionen gefährden, seinen Beitrag zur kollektiven
Verdopplungszusage der Anpassungsfinanzierung leisten. Ergänzend wollen wir die
Rahmenbedingungen für privates Kapital verbessern, wenn dieses in echten Klimaschutz und
konsequente Klimaanpassung investiert wird.
Mit Programmen der Entwicklungspolitik wie auch der Internationalen Klimaschutzinitiative
der Bundesregierung leisten wir ganz konkrete Unterstützung für mehr Klimaschutz und
Klimaanpassung. Gemeinsam wollen wir als G7 vorangehen, um aus der Kohle auszusteigen und
die Emissionen im Energiesektor, im Verkehr und der Industrie so schnell wie möglich zu
reduzieren. Es geht darum, gemeinsam eine Welle höherer Klimaambitionen zu erzeugen und
andere Staaten mitzunehmen. Gleichzeitig brauchen wir einen Schub für mehr
Klimagerechtigkeit und klare Fortschritte bei der Klimafinanzierung sowie ein Umlenken
globaler Finanzströme im Einklang mit den Zielen des Pariser Abkommens.
Klimagerechtigkeit heißt aktuell vor allem, alles daran zu setzen, die große Maßnahmenlücke
zwischen Klimazielen und politischem Handeln auf internationaler Ebene zu schließen.
Insbesondere betrifft dies den zugesagten deutschen Beitrag von jährlich 6 Milliarden Euro
für die Klimafinanzierung in Ländern des globalen Südens bis 2025. Das bedeutet auch, die
Länder des globalen Südens in den Bereichen Energiesicherheit, Klimaanpassung,
Verkehrspolitik, Landwirtschaft und nachhaltiger Wirtschaft zu unterstützen. Zur UN-
Klimakonferenz COP 27 im November muss die Bundesregierung dazu eine verlässliche Zusage
leisten.
Durch den russischen Angriffskrieg ist weltweit eine neue Dynamik entstanden, denn auch dem
Letzten ist nun der Zusammenhang zwischen Klima, Energie, Sicherheit, Ernährung, Freiheit
und Frieden klargeworden. Viele Staaten setzen auf den Ausbau von erneuerbaren Energien.
Aber es gibt auch Kräfte, die den Moment des Krieges nutzen, um unter dem Vorwand der
Energiesicherheit Öl, Gas und fossile Infrastrukturen dauerhaft zu festigen und auszubauen.
Umso wichtiger ist es, dass wir alle Kanäle nutzen, um die Weichen für mehr Klimaschutz und
für mehr Tempo bei der globalen Energiewende zu stellen. Die Verbrechen an der
Menschlichkeit durch das russische Regime dürfen nicht als Deckmantel für neue langfristige
fossile Abhängigkeiten dienen. Denn das würde nicht nur dem Aggressor in die Hände spielen,
sondern auch die internationalen Klimaschutzmaßnahmen ad absurdum führen. Die einfache
Logik, dass im Zweifel fossile Energieträger eine sichere Versorgung bereitstellen, ist
widerlegt. Die neue Rolle der erneuerbaren Energien als Garanten für eine starke
Selbstversorgung, Sicherheit und Freiheit gilt es, international zu festigen und die
Hinwendung zu klimaneutraler Versorgung in anderen Ländern durch strukturelle, finanzielle
und technische Unterstützungsangebote zu stärken.
weitere Antragsteller*innen
- Luca Brunsch (KV Kiel)
- Björn Hildebrand (KV Pinneberg)
- Leah Knoth (KV Segeberg)
- Franz Fischer (KV Kiel)
- Philipp Schmagold (KV Plön)
- Jessica Kordouni (KV Kiel)
- Oliver Brandt (KV Herzogtum Lauenburg)
- Charlotte Henke (KV Dresden)
- Tobias Lentz (KV Flensburg)
- Ralf Hübner (KV Pinneberg)
- Maik-Torben Kristen (KV Kiel)
- Lea Fischer (KV Lübeck)
- Matthias Lamp (KV Pinneberg)
- Michael Bloss (KV Stuttgart)
- David Goes (KV Tübingen)
- Philipp Karl Witte (KV Hamburg-Altona)
- Tobias Balke (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Jakob Kohnke (KV Nordfriesland)
- Lars Boettger (KV Hamburg-Altona)
- Lea Reimann (KV Rendsburg-Eckernförde)
- Nikhil Gauri (KV Hamburg-Altona)
- Fabio Nicolas Detmer (KV Hamburg-Bergedorf)
- Maria Höller (KV Stuttgart)
- Lasse Zapf (KV Rendsburg-Eckernförde)
- Luca Köpping (KV Kiel)
- Silke Backsen (KV Nordfriesland)
- Karen Kristina Jakstadt (KV Kiel)
- Yusuf Uzundag (KV Hamburg-Altona)
- Stefan Degener (KV Mettmann)
- Gerd Weichelt (KV Dithmarschen)
- Annkatrin Esser (KV Berlin-Treptow/Köpenick)
- Petra Kärgel (KV Pinneberg)
- Hildegard Bedarff (KV Pinneberg)
- Niklas Willma (KV Neumünster)
- Beate Sattler-Ashoff (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Bärbel Sandberg (KV Pinneberg)
- Klemens Griesehop (KV Berlin-Pankow)
- Anja Schneider (KV Pinneberg)
- Lukas Unger (KV Pinneberg)
- Manuel Carrasco Molina (KV Düren)
- Paul Droßard (KV Pinneberg)
- Katinka Wellnitz (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Andrea Eva Dreffein-Hahn (KV Pinneberg)
- Steffen Regis (KV Kiel)
- Katrin Stange (KV Pinneberg)
- Mathias Schmitz (KV Pinneberg)
- Florian Juhl (KV Pinneberg)
- Andreas Preß (KV Koblenz)
- Claudia Khanh-Ly Nguyen (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Sophia Marie Pott (KV Lübeck)
- Leonard Rodde (KV Pinneberg)
- Petra Kärgel (KV Pinneberg)
- Hildegard Bedarff (KV Pinneberg)
- Niklas Willma (KV Neumünster)
- Beate Sattler-Ashoff (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Bärbel Sandberg (KV Pinneberg)
- Klemens Griesehop (KV Berlin-Pankow)
- Anja Schneider (KV Pinneberg)
- Lukas Unger (KV Pinneberg)
- Manuel Carrasco Molina (KV Düren)
- Paul Droßard (KV Pinneberg)
- Katinka Wellnitz (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Andrea Eva Dreffein-Hahn (KV Pinneberg)
- Steffen Regis (KV Kiel)
- Katrin Stange (KV Pinneberg)
- Mathias Schmitz (KV Pinneberg)
- Florian Juhl (KV Pinneberg)
- Andreas Preß (KV Koblenz)
- Claudia Khanh-Ly Nguyen (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf)
- Sophia Marie Pott (KV Lübeck)
- Leonard Rodde (KV Pinneberg)
Kommentare
Philipp Schmagold:
Herzlichen Glückwunsch und viel Erfolg, liebe Nelly!
Nächster Schritt: Keine verwässerte modifizierte Übernahme akzeptieren, sondern bereit bleiben, den Änderungsantrag notfalls auch gegen eine prominente Gegenrede einzubringen!
Christian Zander:
Dem Verfahrensvorschlag der Antragskommission, unseren Antrag K-03 zugunsten Eures Änderungsantrags zurück zu ziehen, stimme ich zu.
Das Wichtigste ist und bleibt, alle Hemmnisse zu beseitigen, Bürokratie abzubauen und 100 Mrd. Sondervermögen zur Verfügung zu stellen. Auch für den Klimaschutz benötigen wir mindestens einen Wumms.