Veranstaltung: | 49. Bundesdelegiertenkonferenz Karlsruhe |
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Tagesordnungspunkt: | W-EP Wahl der Europaliste |
Antragsteller*in: | Janka Oertel (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 15.11.2023, 22:56 |
W-EP-55: Bewerbung: Dr. Janka Oertel
Bewerbungstext
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Delegierte,
nach intensiver Überlegung und vielen Gesprächen habe ich mich dazu entschieden, mich um einen Platz auf der Grünen Europaliste 2024 zu bewerben. Ich bin seit mehr als zehn Jahren Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen, Mutter von zwei Kindern, und leite beim European Council on Foreign Relations (ECFR), dem einzigen pan-europäischen Think Tank, erfolgreich das Asien-Programm. Seit ziemlich genau 15 Jahren bin ich in ganz Europa, Asien und den USA unterwegs, um zuzuhören, zu verstehen, zu forschen und zu beraten. Ich bin Politikwissenschaftlerin und Sinologin und habe gerade ein neues Sachbuch zum künftigen Umgang mit China veröffentlicht.
Zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn, war die Beschäftigung mit China noch ein Orchideenthema, hübsch anzuschauen aber auch irgendwie ein wenig nutzlos. Diese Zeiten sind inzwischen vorbei. Die Auseinandersetzung mit China ist längst kein Nischenthema mehr. Sie steht im Mittelpunkt unserer zentralen Zukunftsfragen: Wie kann die grüne Transformation unserer Wirtschaft und der Kampf gegen den Klimawandel gelingen, ohne Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit aufs Spiel zu setzen? Wie ist fairer Handel noch möglich? Wie kann die Digitalisierung unserer Gesellschaft gestaltet werden, ohne dabei Menschenrechte, Freiheiten und Privatsphäre aufzugeben? Und am allerwichtigsten: Was bedeutet die Existenz einer echten globalen Systemalternative für die Zukunft unserer Demokratie?
All dies sind keine akademischen Fragen. Es sind existenzielle Fragen und die Zeit drängt Antworten darauf zu finden. Unsere Freiheit, unser Wohlstand und unsere Sicherheit stehen auf dem Spiel - und zwar jetzt. Die kommenden fünf Jahre werden entscheidend für die Frage sein, ob uns das in Europa gelingt. Dafür möchte ich im Europaparlament kämpfen. Weil es für gute Politik, echte Demokratie und starke Abgeordnete braucht.
Die Geschwindigkeit unseres Handelns muss der Größe der Herausforderung gerecht werden. Als Bündnisgrüne, lagen und liegen wir in der Analyse der großen Fragen oft verdammt richtig. Wir wollen vorausschauende Politik machen. Wir stehen seit langem für eine mutige, zukunftsgewandte, aber auch wehrhafte Auseinandersetzung mit autoritären Staaten ein.
Denn es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Frage, ob unsere europäischen Errungenschaften und Werte in einer Welt überleben können, in der chinesische Konzerne die grünen Technologien der Zukunft dominieren, subventionsgetränkter Staatskapitalismus den fairen Wettbewerb verzerrt, digitale Technik „made in China“ Cyber- und Datensicherheit gefährdet oder durch gezielte Desinformation der soziale Zusammenhalt bedroht wird. Es ist schon jetzt eine Welt, in der die chinesische Führung den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützt und damit direkt die europäische Sicherheit bedroht.
China, Russland, Iran, Nordkorea: Unter der Führung von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping ist eine neue autoritäre Achse entstanden – militärisch mächtig, wirtschaftlich potent, innovationsstark und sendungsbewusst. Sie stellt sich nicht nur gegen einen abstrakten „Westen“. Sie stellt sich gegen all das, wofür wir als Grüne kämpfen: Freiheit, Gleichberechtigung, Teilhabe und den Wert jedes einzelnen Menschen. Und sie findet dafür global durchaus Zustimmung. Wir müssen das nicht hinnehmen, wir können eine überzeugende, europäische Antwort geben, die uns weltweit zu einem attraktiven Partner macht. Wir können selbstbewusst in den Wettbewerb der Systeme treten. Europa kann das demokratische Versprechen auf Stabilität, Sicherheit, Wohlstand und Freiheit erneuern. Gemeinsam mit einem starken Team kann das, was ich an Erfahrung und Wissen mitbringe, hoffentlich einen Beitrag dazu leisten, entschlossene Politik zu machen, sie klar und verständlich zu erklären und breite Koalitionen für die Verteidigung und den Ausbau von Demokratie, Klimaschutz, Wohlstand und Freiheitsrechten zu schmieden – in Europa und darüber hinaus.
Ich will diese Entwicklungen nicht länger aus akademischer Distanz beobachten oder in Talkshows kommentieren. Wissenschaft trägt in besonderen Zeiten die besondere Verantwortung sich nicht wegzugucken, sondern im besten Sinne politisch zu sein, bündnisgrüne Politik hat dafür immer Offenheit gezeigt. Es ist jetzt nicht die Zeit für einfach und bequem, es ist die Zeit etwas zu tun, sich einzubringen und mit all unserer Energie gemeinsam für eine echte europäische Antwort zu kämpfen.
Wenn ihr mir die Chance dafür geben wollt, bin ich bereit.
Eure Janka
Dr. Janka Oertel,
- 29.04.1983 in Kiel geboren
- Seit 2011 Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen
- Direktorin des Asienprogramms, European Council on Foreign Relations (ECFR)
- Autorin von „Ende der China-Illusion. Wie wir mit Pekings Machtanspruch umgehen müssen“ (Piper Verlag 2023)
- in Kiel Politikwissenschaft und Sinologie studiert, in Jena promoviert
- berate und publiziere vor allem zu Chinas Politik und Europas Antwort darauf
- Kernthemen: Wirtschaft, Technologie, Klima & Sicherheit