Veranstaltung: | 49. Bundesdelegiertenkonferenz Karlsruhe |
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Tagesordnungspunkt: | D Dringlichkeitsanträge |
Antragsteller*in: | Karl-Wilhelm Koch (KV Vulkaneifel) und 55 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 59%) |
Status: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 21.11.2023, 15:21 |
D-03-NEU: Dringlichkeitsantrag: Ende des Tötens, Wege zum Frieden
Antragstext
Die Angriffe der Hamas auf Israel am 7. Oktober sind eine Zäsur. Die Hamas-Terroristen haben
auf brutale Weise weit über tausend Menschen ermordet und über 240 Geiseln genommen. BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN verurteilt diesen Terrorakt aufs Schärfste. Wir stehen nach diesen
fürchterlichen Taten fest an der Seite Israels und seiner Bürger*innen. Wir trauern mit den
Angehörigen der Opfer. Wir zollen allen Respekt, die in diesen schweren Stunden Menschen
gerettet, Verwundete und Hinterbliebene betreut haben.
Die besondere Beziehung Deutschlands zu Israel muss vor dem Hintergrund des historischen
Zivilisationsbruches, des staatlich organisierten und systematisch durchgeführten Mordes an
sechs Millionen Jüdinnen und Juden im nationalsozialistischen Deutschland, gesehen werden.
Der Staat Israel wurde 1948, drei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs, gegründet und sein
Existenzrecht ist für das Nachkriegsdeutschland deshalb ein wesentlicher Bestandteil der
außenpolitischen Orientierung geworden, genauso wie das Diktum „Nie Wieder“, in dem Sinn,
dass jüdisches Leben in Deutschland sicher sein muss. Denn dies gilt für unsere
grundgesetzlich geschützten Werte, die natürlich für alle in Deutschland lebenden Menschen,
unabhängig von ihrer religiösen und weltanschaulichen Orientierung, gelten.
SICHERHEIT VERTEIDIGEN, VÖLKERRECHT BEACHTEN, MENSCHEN SCHÜTZEN
Israel hat wie jeder andere Staat das in Artikel 51 der UN-Gründungscharta völkerrechtlich
verbriefte Recht, sich gegen einen bewaffneten Angriff zu verteidigen, damit die Regierung
ihrer Pflicht nachkommen kann, ihre Bürger*innen dauerhaft zu schützen. Dabei müssen die
übernommenen Selbstverteidigungsmaßnahmen in Rahmen, Umfang, Dauer und Intensität
verhältnismäßig sein.
Unter dem Krieg zwischen Israel und der Hamas leidet vor allem auch die palästinensische
Zivilbevölkerung, die völkerrechtswidrig von Wasser, Benzin, Strom, Nachrichtenverbindungen
und Nahrungsmitteln sowie von medizinisch notwendigen Medikamenten und Materialien
abgeschnitten wird, da die israelische Regierung Gaza abgeriegelt hat und alle Zugänge
kontrolliert. Die Behinderung der Lieferung von Trinkwasser, Nahrungsmitteln, Medikamenten
und Energie verstößt gegen das internationale Völkerrecht und muss beendet werden. Das Leid
der Menschen in Gaza, die unter schwersten Bedingungen der Besatzung leben müssen, macht uns
tief betroffen.
Die verschärfte Blockade des Gazastreifens muss beendet werden. Schwerkranke,
Schwerverletzte, ältere Menschen, Neugeborene und traumatisierte Kinder und Jugendliche
müssen schnellstmöglich in Krankenhäuser in das benachbarte Ausland überführt werden, weil
die medizinische Versorgung in Gaza seit dem israelischen Angriff nicht mehr gewährleistet
ist und somit die nächste humanitäre Katastrophe droht.
Wir stehen uneingeschränkt an der Seite der israelischen Bevölkerung. Jedoch stehen wir auch
fest an der Seite der Zivilbevölkerung in Palästina. Wir fordern, dass die humanitäre Hilfe
die notleidenden Menschen im Gaza-Streifen, die unter einem permanenten Kriegszustand
leiden, erreicht. Dort gibt es für die 2.1 Millionen Einwohner*innen, von denen mehr als die
Hälfte jünger als 20 Jahre ist, keine sicheren Zufluchtsorte. Dafür sind ein humanitärer
Waffenstillstand und sichere Korridore von entscheidender Bedeutung.
Die Hamas und andere extremistische Gruppen müssen sofort alle Geiseln freilassen und
umgehend ihre Raketenangriffe einstellen.
Der Terrorangriff der Hamas entbindet Israel nicht, sich an die völkerrechtlichen Regeln
auch im Kriegsfall zu halten. Sicherheit muss es auch bedingungslos für die palästinensische
Zivilbevölkerung, insbesondere für Frauen und Kinder geben. Angriffe auf Krankenhäuser sind
nicht akzeptabel.
Wir fordern die strikte Einhaltung des humanitären Völkerrechts durch alle Kriegsparteien,
in Israel, im Gazastreifen und im Westjordanland.
Wir zollen Respekt den Freiwilligen, Mitarbeiter*innen von Hilfsorganisationen, sowie
Journalist*innen, die bei ihrer Arbeit vor Ort ihr Leben riskieren. Wir gedenken der
zahlreichen unschuldigen Opfer in deren Reihen.
NACH DEM KRIEG
Wir fordern eine UN-koordinierte Wiederaufbauhilfe für den Gazastreifen, an der sich auch
die EU beteiligen soll. Dieser kann nur in einem gesicherten und stabilisierten Umfeld
stattfinden.
Daher befürworten wir die Prüfung der Entsendung von UN-Friedenstruppen in den Gazastreifen
und ins Westjordanland, um in enger Zusammenarbeit mit den palästinensischen
Sicherheitsbehörden dauerhaft weitere Terroraktionen zu verhindern. Dazu unterstützen wir
die Förderung von zivilgesellschaftlichen Organisationen. Dies muss ein intensives
Engagement zur Vertrauensbildung zwischen den israelischen und palästinensischen
Bewohner*innen umfassen, denn nur durch Respekt und Verbundenheit ist Frieden möglich.
Wir unterstützen eine dauerhafte Friedenslösung wie die Zweistaatenregelung auf Grundlage
der „Oslo-Abkommen“, der nachfolgenden Abkommen und Vereinbarungen und der entsprechenden
UN-Resolutionen.
Diese Friedensinitiative muss gegen alle extremistischen Gruppierungen auf beiden Seiten
durchgesetzt werden. Dabei sind wir offen für alternative Friedenslösungen. In jedem Fall
muss dauerhaft gewährleistet sein, dass Israelis und Palästinenser*innen als
gleichberechtigte Bürger*innen in gesicherter Rechtsstaatlichkeit leben können. Wir sehen
hier die deutsche Regierung in der Pflicht, initiativ zu werden.
Wir verurteilen die Besatzungspolitik der israelischen Regierung, welche die fortwährende
rechtswidrige Landnahme durch jüdische Siedler*innen unterstützt. Ebenso verurteilen wir die
gewalttätigen Übergriffe der Rechtsextremen und der radikalen Siedler*innen im
Westjordanland. Diese Gewalt nimmt täglich mit zahlreichen Toten und Verletzten zu.
Wir fordern die amtierende Regierung Israels auf, diese Gewalttaten umgehend zu unterbinden
und juristisch zu verfolgen, dazu gehören auch die dokumentierten Übergriffe des
israelischen Militärs.
Wir begrüßen die Anstrengungen der Bundesregierung, sich gerade in der aktuellen Lage für
einen erneuten Friedensprozess einzusetzen.
Wir unterstützen den UN-Generalsekretär, der zur Lösung des Konfliktes dazu aufruft, sich
mit dessen Ursachen kritisch und aus verschiedenen Perspektiven auseinanderzusetzen.
GEFAHR EINES FLÄCHENBRANDES MUSS EINGEGRENZT WERDEN
Wir unterstützen unsere Außenministerin in ihrem Bestreben auf die Regionalmächte und
Milizen wie Hisbollah, die Huthi-Rebellen und andere regionale Extremisten, in den
israelisch-palästinensischen Konflikt nicht militärisch einzugreifen und stattdessen auf
eine Deeskalation hinzuwirken.
Ohne wirksame Friedensinitiativen droht eine Ausweitung des Konflikts mit Beteiligung des
Iran und seiner Bündnispartner zu einem unkontrollierbaren Flächenbrand bis hin zum Einsatz
von Atomwaffen und zu Angriffen auf Atomanlagen.
WIR BEKÄMPFEN DEN ANTISEMITISMUS IN DEUTSCHLAND
Der Krieg hat Auswirkungen weit über Nahost hinaus. Aktuell gibt es eine erhöhte
Gefahrenlage für Jüdinnen und Juden und Israelis auf der ganzen Welt. Gleichzeitig werden
Muslime und muslimische Einrichtungen angegriffen, weil sie unter Generalverdacht gestellt
werden, sich antisemitisch zu verhalten. Antisemitismus in Deutschland ist vor allem dem
rechten Lager zuzuschreiben. Wir verurteilen auf das Schärfste antijüdische Äußerungen und
Übergriffe. Tätliche wie verbale Angriffe auf jüdische Einrichtungen in Deutschland und auf
alle hier lebenden Jüdinnen und Juden sind völlig inakzeptabel.
Dies gilt ebenfalls für das vielfältige muslimisch geprägte Leben in Deutschland, das ein
Teil dieser offenen Gesellschaft ist. Wir treten Antisemitismus, insbesondere der Gewalt
gegen jüdische Menschen und Institutionen in Deutschland entschieden entgegen. Israelis
müssen frei und sicher in Deutschland leben können – ohne die Angst, ihre Religion und
Identität sichtbar zu machen. Kundgebungen, auf denen die Hamas verherrlicht und gefeiert
wird, verstoßen gegen gültiges Recht und sind nicht duldbar. Wer aber meint, das Problem des
Antisemitismus ließe sich einfach durch mehr Abschiebungen lösen, hat das Problem
„Antisemitismus“ nicht verstanden. Wir brauchen Informationen, Aufklärung und Bildung gegen
Antisemitismus. Die staatlichen Geldmittel und Förderprogramme dazu müssen stark erhöht
werden.
Dabei achten wir darauf, die Pluralität jüdischer Stimmen anzuerkennen und wertzuschätzen.
Das Demonstrationsrecht der hier lebenden Palästinenser*innen sowie das Recht auf
Demonstration und Solidarisierung mit der Zivilbevölkerung in den palästinensischen Gebieten
muss selbstverständlich gewährleistet sein. In Deutschland leben zahlreiche Menschen mit
familiären, freundschaftlichen und emotionalen Verbindungen in die palästinensischen Gebiete
und die gesamte Region. Ihre Sorge um die Menschen im Gaza-Streifen und der ganzen Region,
ihre Trauer um die zivilen Opfer gehören zu unserem Land. Gewaltfreie politische Äußerungen,
die Kritik am Vorgehen der israelischen Regierung beinhalten, gehören zur Ausübung der
Meinungs- und Versammlungsfreiheit, die für jede Demokratie grundlegend sind.
Wir stellen uns entschieden gegen Rassismus, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit. Wir
stehen immer an die Seite aller von Gewalt und Diskriminierung Betroffenen.
Begründung der Dringlichkeit
Die weiteren Ereignisse nach Einstellen des D3 erforderten u.E. eine erneute Überarbeitung und Aktualisierung.
Verfahrenhinweis: Der Antrag kann u.E. sowohl als ÄA auf D3 (als Globalalternative), also D3Neu oder als neuer Dringlichkeitsantrag D4 gewertet werden, ersetzt aber auf jeden Fall D3, dieser wird nach Einstellung und Freischaltung zurückgezogen.
Begründung
erfolgt mündlich