Veranstaltung: | 49. Bundesdelegiertenkonferenz Karlsruhe |
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Tagesordnungspunkt: | W-PR Wahl Parteirat |
Antragsteller*in: | Felix Banaszak (KV Duisburg) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 20.11.2023, 23:49 |
W-PR-09: Bewerbung: Felix Banaszak
Bewerbungstext
Liebe Freundinnen und Freunde,
wenn nach Jahrzehnten der wohligen Trägheit die Dinge in Bewegung geraten, macht das den einen Mut und den anderen Angst. Es sind nicht nur die oft erwähnten fossilen Geschäftsmodelle, die keine Zukunft mehr haben. Es sind auch Regionen, Berufe und Lebensentwürfe, die sich unter Druck sehen. Und so ist es kein Wunder, dass eine grüne Veränderungspolitik auch Gegenwehr auslöst, zumal in einer Zeit, in der die vielen Krisen den Wunsch nach Halt und Sicherheit in der Gesellschaft verstärken.
Die grüne Botschaft, dass die Sicherheit im Wandel zu finden ist, also darin, den Wandel anzunehmen und zu gestalten - nun, sie ist derzeit nur eingeschränkt resonanzfähig. Daran, dass sie im Kern richtig ist, ändert das aber nichts. Und vor allem ändert es nichts daran, dass die Krisen, unter denen wir als Gesellschaft leiden, zumindest in Teilen durch grüne Politik vermeidbar oder beherrschbar gewesen wären oder wurden, eben weil eine solche grüne Politik den Reperaturmodus als herrschendes Prinzip in Frage stellt.
Wohin wir schauen, begegnet uns Ohnmacht. Unsere Gesellschaft ist müde von den vielen Krisen, die weit entfernt ihren Ursprung haben und dann so konkret in ihren Alltag hineinwirken. Immer mehr Menschen sind ausgelaugt und ausgebrannt. Auch unsere Verbündeten, sei es in der Umwelt- und Klimabewegung oder in den lokalen Geflüchtetenhilfen, sind zunehmend demobilisiert. Und sie sind, so nehme ich es wahr, auf der Suche nach einer politischen Kraft, die in diesen Zeiten Orientierung und Zuversicht gibt, dass die Dinge sich zum Guten wenden können. Seien wir diese Kraft.
Liebe Freundinnen und Freunde,
ich stelle diese Überlegungen an den Beginn meiner Bewerbung für den Parteirat, weil ich glaube, dass wir die Aufgabe gar nicht groß genug einschätzen können, die wir haben. Wenn um uns herum so viele den Kopf verlieren, wenn Polarisierung zunimmt, wenn immer mehr Hoffnung im Gestern geweckt und immer weniger im Morgen gesehen wird - ja, dann kommt es vermutlich wirklich auf uns an.
In den Jahren der Opposition ist es uns gelungen, eine positive Vorstellung der Zukunft zu wecken. „Die beste Zeit liegt vor uns“, stand 2021 auf meinem Wahlplakat. Nun, da wir in dieser Zeit leben und regieren, erleben wir die Widersprüche, die all das mit sich bringt. Den einigen geht die Veränderung zu schnell, den anderen nicht weit genug. Den einen sind wir zu ideologisch; die anderen glauben, dass wir am Ende ja sowieso alles mitmachen. Zwischen diesen Polen wabert, wenn ich die letzten Wochen richtig verfolgt habe, auch die innergrüne Debatte. Dieses Spannungsverhältnis wird uns auch über diese BDK hinaus in den kommenden zwei Jahren begleiten. Wir werden die richtige Antwort immer im Diskurs finden müssen, den 10-Punkte-Plan gibt es nicht. Ich habe, soweit der Begriff bei all den Herausforderungen stimmig ist, große Lust, daran im Parteirat zu arbeiten und biete euch dafür meine Erfahrungen und Perspektiven an.
Ich bin aufgewachsen als Kind eines alleinerziehenden Vaters. Meine Großeltern haben als Kinder polnischer Arbeitsmigranten in der Kokerei geschuftet und den Gemeindesaal geputzt. Vom Leben außerhalb irgendeiner Bubble muss man mir nichts erzählen. In den fünfzehn Jahren Mitgliedschaft habe ich von der Kommune bis zum Europäischen Parlament jede Ebene kennenlernen können. Als Landesvorsitzender der NRW-Grünen durfte ich nach unserem Rekordergebnis im letzten Jahr einen schwarz-grünen Koalitionsvertrag verhandeln und weiß, was es heißt, Kompromisse zu machen. Als Co-Sprecher unserer Landesgruppe im Bundestag ist die Vernetzung zwischen Land und Bund mein Alltag. Und als Haushalts- und Wirtschaftspolitiker arbeite ich in der Tiefe daran, eine gerechte Transformation unserer Wirtschafts- und Lebensweise ins klimaneutrale Zeitalter zu gestalten - eine Aufgabe, die durch das Verfassungsgerichtsurteil nicht leichter, aber vermutlich noch mal drängender geworden ist.
Liebe Freundinnen und Freunde,
ich war schon einmal zwei Jahre im Parteirat und weiß um die Grenzen dieses Gremiums. Ich weiß aber auch, dass unsere Gremien immer so stark sind, wie wir sie machen. Ich bitte euch um eure Unterstützung für meine Kandidatur.
Herzliche Grüße
Felix
34 Jahre, verheiratet und Papa einer Tochter.
Mitglied seit 2009. Seit 2021 Bundestagsabgeordneter für Duisburg. Mitglied im Haushalts- und im Wirtschaftsausschuss, zuständig für Industriepolitik und Transformationsfinanzierung. Landesgruppensprecher.
Davor 2018-2022 Landesvorsitzender in NRW, davor noch Kreisverbandssprecher und noch früher Grüne-Jugend-Bundesvorstand.
2019-2022 Mitglied im Parteirat und seit 2014 ohne Unterbrechung im Länderrat.
Passionierter Hobbykoch und Radfahrer.