Seit Januar 2023 verpflichtet das Lieferkettengesetz die Konzerne, Menschen- und Arbeitsrechte entlang ihrer Lieferkette einzuhalten. Bisher gilt das Lieferkettengesetz für Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitenden, ab 2024 für Unternehmen ab 1000 Mitarbeitenden. Für die Einhaltung des Lieferkettengesetzes sorgt das deutsche Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa), das Bußgelder und Sanktionen verhängen kann. Mit dem Gesetz werden Unternehmen endlich verpflichtet, Menschenrechte entlang ihrer gesamten Lieferkette zu achten. Bereits 2011 wurden die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte vom UN-Menschenrechtsrat verabschiedet. 2018 wurde Deutschland vom UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte angemahnt, einen rechtlichen Rahmen für „menschenrechtliche Sorgfaltspflicht“ zu schaffen.
Derzeit verletzen deutsche Unternehmen in ihren globalen Lieferketten immer wieder grundlegende Menschenrechte und schädigen die Umwelt. Dies hat Oxfam in zahlreichen Studien zum Bananenanbau in Ecuador, Ananasanbau in Costa Rica, zu Wein aus Südafrika und Tee aus Indien immer wieder aufgezeigt. Eine wesentliche Lücke weist der Gesetzesentwurf bei den vorgesehenen Sorgfaltspflichten auf, die nur abgestuft gelten. Das heißt, dass wichtige Bestandteile wie die Risikoanalyse nur für die Unternehmen selbst und ihre direkten Zulieferer gelten. Aldi, Lidl, Rewe und Co müssen also nur prüfen, ob sie selbst oder ihre direkten Zulieferer Menschenrechte verletzen. Beispielsweise bei Lebensmitteln sind die Zulieferer zumeist in Deutschland ansässig, wo ohnehin strenge Arbeitsschutzregeln gelten. Durch die Begrenzung auf die erste Lieferstufe entspricht das Lieferkettengesetz nicht den UN-Leitprinzipien. Daher besteht hier großer Nachbesserungsbedarf. Das Gesetz bezieht sich nicht auf die gesamte Wertschöpfungskette, sondern nur auf direkte Zulieferer eines Unternehmens. Die Sorgfaltspflichten müssten sich auf jedes einzelne Glied der Lieferkette beziehen, damit das Gesetz seine Wirkung entlang der gesamten Lieferkette entfalten könnte. Das Argument, dass sich die Lieferketten nicht kontrollieren lassen, trifft nicht zu, denn andere Aspekte wie beispielsweise die Qualitätsprüfung werden durch umfassende Verfahren des Supply Chain Managements auch in den unteren Gliedern von Lieferketten kontrolliert.
Es fehlt im Lieferkettengesetz ein zivilrechtlicher Anspruch auf Schadensersatz. Immer noch haben Arbeiter*innen, die auf Bananen, Ananas- oder Weinplantagen für unser Essen schuften, keine echte Chance, vor deutschen Gerichten Schadensersatz einzuklagen, zum Beispiel für Gesundheitsschäden durch den Einsatz hochgiftiger Pestizide.