Im Dezember 2022 hat der Rat der Europäischen Union im Arbeitsplan Kultur
2023 – 2026 als einen von vier Schwerpunkte „Kultur für die Menschen”
festgelegt: die Teilhabe an Kultur, an Kreativität und Kunst, habe positive
Auswirkungen auf alle Menschen - unabhängig von Alter und Hintergrund;
Lebensqualität , Gesundheit und Wohlbefinden werde verbessert. Nötig sei
eine besondere Aufmerksamkeit auf Teilhabe von Kindern und Jugendlichen
am kulturellen Leben sowie auf einem inklusiven Ansatz für schutzbedürftiger
und benachteiligte Gruppen. Hier wäre der Ansatzpunkt der künstlerischen
Therapien, in dem sich Kultur und Gesundheit verbinden lassen.
Im Sommer 2025 findet in Hamburg an der Hochschule für Musik und Theater
der Europäische Kongress der Musiktherapeuten (EMTC) statt. Es wäre heute
ein guter Zeitpunkt,von dieser BDK in Karlsruhe aus, nach Europa, ein Signal zu
senden, das es in Deutschland wesentliche Verbesserung für die Patient.innen
der künstlerischen Therapeuten gibt.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Künstlerische Therapien (BAG KT) setzt sich gemein
sam mit ihren Mitgliedsverbänden (9 Berufsverbände und Fachgesellschaften für
Künstlerische Therapien) für die Belange von Patient:innen ein, die von
Künstlerischen Therapien profitieren können. Hierfür sind Regelungen notwendig, die
diese Verfahren im deutschen Gesundheitswesen strukturell und finanziell
verankern.
1.Künstlerische Therapeut:innen (KT) sind ein neuer Beruf im Gesundheitswesen mit
Versorgungsrelevanz
Mit den Künstlerischen Therapien haben sich neben geregelten Heilberufen mit
Approbation und Gesundheitsfachberufen in den vergangenen Jahrzehnten Künst-
lerische Therapeut:innen als neue Berufsgruppe etabliert. Zur Verankerung des
neuen Berufs braucht es deshalb für alle Sektoren des Gesundheitswesens gesetz-
liche Regelungen.
2. Patient:innen haben Anspruch auf qualitativ hochwertige Versorgung und
brauchen den Schutz des Gesetzgebers.
Jede Form von Kunsterlebnis und Kunstausübung fördert die Gesundheit und die
persönliche Entwicklung. Erst durch fachlich qualifiziert ausgebildete Therapeut:in-
nen werden Musik, Bildende und Darstellende Kunst zu Künstlerischen Therapien.
Erst eine gesetzliche Regulierung des Berufes auf der Grundlage bestehender, zerti-
fizierter Ausbildungen an Universitäten, Hoch- und Fachhochschulen oder gleichwer-
tigen privaten Ausbildungsinstituten schützt die Berufsbezeichnung Künstlerischer
Therapeut:innen. Nur sie gewährleistet eine qualitätsgesicherte Behandlung und gibt
den Patient:innen Schutz.
3. Die Politik muss die Zukunft mit den Künstlerischen Therapien gestalten.
Beim Gesetzgeber und beim G-BA bestehen Unklarheiten in Bezug auf die Zustän-
digkeit für die erforderlichen Regelungen des Berufes der Künstlerischen Thera-
peut:innen. Aus Sicht der BAG KT muss dringend die Klärung der Zuständigkeit und
der Reihenfolge der erforderlichen Maßnahmen erfolgen, die eine patient:innen-
orientierte Regelung in der nächsten Legislaturperiode ermöglichen.
4. Entscheidungsträger:innen müssen die evidenzbasierten Nachweise der
Künstlerischen Therapien in politische Handlungen umsetzen.
National und international liegen zahlreiche wissenschaftliche Belege für Wirkung
und Nutzen der Künstlerischen Therapien vor. Die in den vergangenen Jahrzehnten
erarbeitete Studienlage muss endlich berücksichtigt werden.
5. Künstlerische Therapeut:innen brauchen eine geschützte Berufsbezeichnung
Seit über vier Jahrzehnten gibt es Diplom-, Bachelor- und Masterabschlüsse sowie
entsprechend strukturierte Angebote privater Anbieter, die im Rahmen der BAG KT
qualitätsgesichert sind. Die Wirksamkeit Künstlerischer Therapien in der ambulanten
und stationären Versorgung ist gut untersucht. Bisher hat der Gesetzgeber es
versäumt, die Berufsbezeichnungen Künstlerischer Therapeut:innen aus den Fach-
richtungen Kunst-, Musik-, Tanz- und Theatertherapie etc. zu schützen. Die Folge ist
ein »Wildwuchs« unseriöser Aus- und Weiterbildungsanbieter, deren Angebote die
hohen Anforderungen an die professionelle Ausbildung qualifizierter Künstlerischen
Therapeut:innen nicht erfüllen.
6. Die Finanzierung von Künstlerischen Therapien muss gesichert werden
Die Finanzierung der Leistungserbringung muss für alle Sektoren des Gesundheits-
wesens bundeseinheitlich geregelt werden. Im stationären Bereich gibt es keine
einheitlichen Vergütungsregelungen; im ambulanten Bereich fehlt diese Regelung
vollständig. Die BAG KT fordert einheitliche Vergütung aller Leistungen, die analog
zur Psychotherapie sein kann.
7. Forschung muss finanziert werden
Eine zukunftsorientierte Forschungsförderung muss in Kooperation der zuständigen
Bereiche erfolgen und anwendungsbezogene, praxisorientierte und wissenschaft-
liche Vorhaben ausreichend finanzieren. Die Strukturen einer solchen Förderung
müssen in den entsprechenden Ressorts nachhaltig verankert werden.
Im stationären Bereich gehört der evidenzbasierte Einsatz
Künstlerischer Therapien zur »best practice« der Leitlinienmedizin
z.B. bei der Behandlung von Volkskrankheiten wie Depressionen,
Krebs, Adipositas und Demenz.
Zusammenfassend ist festzustellen: Künstlerische Therapien
haben sich in den vergangenen 40 Jahren für Patient:innen
mit weit verbreiteten zumeist chronischen oder schwer behandelbaren Erkrankungen
auch im deutschen Gesundheitswesen zu einem unverzichtbaren Bestandteil der
medizinischen Versorgung entwickelt. Bis heute fehlt aber
eine berufs- und abrechnungsrechtliche Regelung.
Künstlerische Therapeut:innen sind im Bereich der akademischen
Gesundheitsberufe angesiedelt. Sie behandeln erkrankte Menschen
aller Lebensalter, lindern Leiden, fördern Gesundheit, beugen
Erkrankungen vor und unterstützen in der Rehabilitation. Sie
bieten spezifische Behandlungsleistungen an, die das etablierte
Behandlungsspektrum sinnvoll ergänzen und die nicht durch
Leistungen anderer Therapeut:innen oder Künstler:innen zu
ersetzen sind. Ergebnisse aus über 3000 Studien verdeutlichen in
einer Untersuchung der WHO eine wesentliche Rolle der Künste
bei der Gesundheitsförderung.
Künstlerische Therapeut:innen beherrschen wissenschaftlich
fundierte Vorgehensweisen für den Einsatz künstlerischer Mittel
zur Behandlung und Prävention von Erkrankungen, Linderung von
Leiden, Rehabilitation und der Palliativmedizin. Eigenverantwortlich
konzipieren sie individuelle Behandlungspfade und setzen situa-
tionsspezifisch Interventionen ein, um die körperliche, psychische
und geistige Gesundheit ihrer Patient:innen wiederherzustellen, zu
erhalten oder zu fördern. Allen Disziplinen gemeinsam ist der Einsatz
künstlerischer Gestaltungsmittel in Diagnostik und Therapie. Diese
Herangehensweise eröffnet neue, andere Zugangsmöglichkeiten
zu Gefühlen und Konflikten der Patient:innen. So können vor allem
auch Patient:innen mit sprachlichen Einschränkungen erreicht und
aktiviert werden.
Patient:innen haben Anspruch auf qualitativ hochwertige
Versorgung und brauchen den Schutz des Gesetzgebers
Künstlerische Therapeut:innen sind akademisch ausgebildet.
Viele Studien belegen die Wirkung von Künstlerischen Therapien.
Künstlerische Therapien erreichen Patient:innen mit sprachlichen Einschränkungen.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Künstlerische Therapien beschreibt
in ihrem Berufsbild die dafür erforderlichen Kompetenzen, die
Künstlerische Therapeut:innen in Ausbildungen mindestens auf
Bachelor-Niveau erwerben. Künstlerische Therapien sind in
Deutschland aber wegen der fehlenden berufsrechtlichen Rege-
lung, der fehlenden Verankerung im Regelleistungskatalog der am-
bulanten Versorgung gesetzlicher Krankenkassen sowie des Aus-
schlusses von Musik- und Tanztherapie aus der Kostenübernahme
kein fester Bestandteil der therapeutischen Versorgungslandschaft.
Künstlerische Therapien sind deshalb nicht allen Patient:innen
zugänglich, für die eine Indikation besteht, vor allem auch nicht
»sozioökono misch benachteiligten Personen«, wie das IQWiG im
HTA-Bericht HAT 17-02 feststellt.
Künstlerische Therapeut:innen sind darüber hinaus wegen der
fehlenden Anerkennung ihrer Berufe gezwungen, zusätzlich zu ihrer
qualifizierten Ausbildung durch eine Zulassung als Heilpraktiker:in
(Psychotherapie) oder andere Zulassungen die Berechtigung für
ihre selbstständige Berufsausübung zu erwerben. Diese Möglichkeit
steht aber auch allen Menschen offen, die keine solche Ausbildung
– oder eine kürzere, nicht qualitätsgesicherte – absolviert haben.
(Die Bundesregierung antwortet aufgrund der Kleinen Anfrage der
Grünen, dass aktuell Ausbildungen in Kunst- oder Musiktherapie
zwischen einem und vier Jahren dauern können.)
Diese Fakten erschweren den Kliniken die Identifikation und
Beschäftigung qualifizierter Therapeut:innen. Patient:innen
werden sichere Anschlussbehandlungen in der ambulanten
Versorgung verstellt. Deshalb fordert die BAG KT zum Schutz
der Patient:innen vor unqualifizierter Behandlung den
Schutz der Berufsbezeichnung.
Künstlerisch therapeutische Kompetenzen mind. auf BA-Niveau.
Künstlerische Therapien sind keine Regelleistungen der Krankenkassen.
Eine therapeutische Tätigkeit ist selbstständig tätigen Künstlerischen
Therapeut:innen nicht erlaubt. Eine zusätzliche Erlaubnis zur Ausübung
der Heilkunde ist dazu erforderlich. Qualifizierte Künstlerische
Therapien brauchen geschützte Berufsbezeichnungen!
Die BDK möge beschließen, dass die gesundheitspolitischen
Entscheidungsträger:innen aufgefordert werden diese Forderungen der BAG KT
umzusetzen, um allen Patient:innen einen bedarfsgerechten Zugang zu ermöglichen
und zu sichern.