Welcher Frieden soll geschützt werden? Der in der Ukraine? Existiert nicht! Der im Sahel? Existiert nicht! Der in Jemen? Existiert nicht! Der in Syrien? Existiert nicht! ... Überall dort und an anderen Stellen muss er zunächst einmal geschaffen werden. Und zwar nicht entgegen unserem Wahlspruch: „ohne Waffen“. Die Eskalation der Waffenlieferungen – bei der kein Ende UND kein Erfolg absehbar sind – zeigt deutlich, dass so der Frieden nicht „geschützt“ werden kann. Vielmehr muss endlich – wie von der UN, dem Papst und zahlreichen Staaten gefordert – eine diplomatische Initiative zum Ende der Gewalt entwickelt werden. Wer den Frieden sichern will, ist da mit dabei.
Zum Zweiten würden wir hier eindeutig im rechten Wähler*innenspektrum fischen. Denn der Slogan geht in Richtung der viel beschworenen „Asylantenflut“1 und unterstellt zumindest indirekt, zwischen den Zeilen, wir müssten Europa vor den Asylbewerber*innen schützen. Wer gibt (Zitat v. Storch, AfD) dann „den Schießbefehl“ an den Mauern der Festung Europa? Sind wir da wirklich „mit dabei“, beim Schutz des Wohlstandes und des Friedens?
Die dramatische Übernutzung des bereits in der politischen Diskussion von den Rechten besetzten Begriffes „Schützen“2 fischt eindeutig und unverhohlen in deren Wähler*innen-„Gewässern“. Das ist weder angebracht noch sinnvoll noch unsere Intention von Politik. Die Erfahrung zeigt, dass beim Nachplappern von Parolen immer das Original gewählt wird, nicht der Nachplapperer!
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Vor wem oder was sollen Wohlstand, Gerechtigkeit, Freiheit und Frieden „geschützt“ werden?
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Der Frieden vor den „bösen Russen“, der Wohlstand vor den „gemeinen Chinesen“?
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Oder vor den Asylsuchenden, die wir mit unserer Klima-, Agrar- und Handelspolitik selbst vertrieben haben, gemeinsam mit den anderen „westlichen Wertedemokratien“?
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Oder vor den Asylsuchenden, deren Heimat, Frieden und Wohlstand wir mit unserer Friedenspolitik in Afghanistan und Libyen zerbombt haben?
WESSEN Frieden soll geschützt werden? Der der Kurd*innen in der Türkei, im Irak und Syrien? Der der Bürgerkriegsopfer in Jemen und Libyen?
Implizieren wir mit dem „Schutz der Freiheit und des Friedens“, dass wir diese verteidigen müssen?
Genau DAS tun wir. In der Überschrift, im Haupt-Wahlkampf-Slogan. Ohne jegliche Hinterfragung! Ohne auf die Probleme hinzuweisen! Ohne eine Alternative! Und ohne die Beantwortung der grundlegenden Frage: Bis zu welcher Grenze? Wer entscheidet über diese Grenze? Wir, Selenskyj, Biden oder Putin? Und dieses Mal nicht am Hindukusch, sondern am Dnjepr?
Ein Wahlprogramm, das auf den Erhalt unserer „Errungenschaften“ (die wir, was den Wohlstand angeht – nebenbei bemerkt – zum großen Teil auf Kosten anderer gemacht haben) zielt, ist bestenfalls CSU- oder Aiwanger-Sprech, schlimmstenfalls unterstes AfD-Niveau. Damit sollten wir keinen Wahlkampf betreiben!
1 https://www.sueddeutsche.de/politik/afd-thueringen-blanker-rassismus-hoecke-und-die-fortpflanzung-der-afrikaner-1.2780159
2 Siehe auch:
https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-944654 und
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/kw21-de-sexueller-missbrauch-947964 und
https://www.blaetter.de/ausgabe/2019/dezember/afd-wehrwille-und-heimatschutz und
https://www.afd-suew.de/kinder-und-familie/ und
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/kw17-de-massenmigration-943934