Die durch die Asylverfahrens-Verordnung avisierte Inhaftierung von schutzsuchenden Kindern in geschlossenen Lagern an den EU-Außengrenzen stellt einen Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonvention dar und ist daher verboten.
Zusammen mit den Regierungen von Irland, Luxemburg und Portugal hatte die deutsche Bundesregierung im Nachgang zu ihrer Zustimmung zur Asylverfahrens-Verordnung im Juni 2023 erklärt, „dass uns Ausnahmen vom Grenzverfahren für Minderjährige und ihre Familienangehörigen sehr wichtig bleiben“ (Protokollerklärung, Ratsdokument ST 10506 2023 REV 1 vom 10.07.2023, S. 15: https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-10506-2023-REV-1/de/pdf). Der vorliegende Änderungsantrag greift den erklärten politischen Willen der Bundesregierung auf und konkretisiert diesen.
Die hier vorgeschlagenen Änderungen basieren auf der Beschlusslage der Bundespartei. Konkret wurde sich beim Länderrat von Bündnis 90/Die Grünen vom 17.06.2023 darauf geeinigt, „dass Familien mit Kindern grundsätzlich nicht in Grenzverfahren kommen dürfen“ (Zeilen 234-235 des Beschlusses: https://cms.gruene.de/uploads/images/20230617-Beschluss-LR-Fuer-eine-moderne-und-menschenrechtsorientierte-Migrationspolitik.pdf).
Der vorliegende Antrag basiert zudem auf der Beschlusslage des Landesverbands Berlin von Bündnis 90/Die Grünen vom 10.05.2023 zur Asylverfahrens-Verordnung: https://gruene.berlin/beschluesse/sicherer-hafen-berlin-zugangswege-ermoeglichen-asylrecht-bewahren_3222).
Darüber hinaus korrespondiert dieser Änderungsantrag mit dem auf der Mitgliederversammlung von Bündnis 90/Die Grünen Berlin-Neukölln angenommenen Beschluss „Menschenrechte von Geflüchteten verteidigen. Gegen eine Verschärfung des europäischen Asylrechts“ des KV Neukölln vom 18.07.2023 (https://www.gruene-neukoelln.de/fileadmin/Neukoelln/Partei/2023-07-18_Antrag-Asylpolitik.pdf), S. 3.
Das Europäische Parlament hatte bereits in einer Resolution vom 26.11.2020 unmissverständlich erklärt, „dass die Inhaftierung von Kindern ... niemals dem Wohl des Kindes dient“ (https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2020-0328_DE.html, Nr. 44). Auch die grüne Europafraktion hat im Juni 2023 scharfe Kritik an der evident kinder- und menschenrechtswidrigen Ratsposition zur Asylverfahrens-Verordnung geübt (vgl. https://www.greens-efa.eu/de/artikel/press/greens-efa-group-reject-councils-inhuman-asylum-deal).
Ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis von 46 Kinder- und Menschenrechtsorganisationen hatte sich im Juni 2023 ebenfalls gegen „Kompromisse auf Kosten der Rechte und des Wohls geflüchteter Kinder“ ausgesprochen (https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/gemeinsamer-appell-bundesregierung-keine-kompromisse-beim-schutz-von-gefluechteten-kindern).
Mit Blick auf die aktuellen Debatten zu möglichen Asylrechtsverschärfungen historischen Ausmaßes in der Europäischen Union ist es sehr wichtig und auch dringlich, dass das Europawahlprogramm 2024 von Bündnis 90/Die Grünen unsere kollektiv verbindliche Beschlusslage zur Asylverfahrens-Verordnung im Allgemeinen und zur drohenden Inhaftierung schutzsuchender Kinder in geschlossenen Lagern an den EU-Außengrenzen im Besonderen widerspiegelt.