Dringlichkeitsantrag: | Humanität und Ordnung: für eine anpackende, pragmatische und menschenrechtsbasierte Asyl- und Migrationspolitik |
---|---|
Antragsteller*in: | Max Lucks (KV Bochum) und 111 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 52%) |
Status: | Eingereicht |
Verfahrensvorschlag: | Modifizierte Übernahme |
Eingereicht: | 21.11.2023, 17:56 |
D-02-204-3: Humanität und Ordnung: für eine anpackende, pragmatische und menschenrechtsbasierte Asyl- und Migrationspolitik
Verfahrensvorschlag: Antragstext
Von Zeile 155 bis 156 einfügen:
vorsieht. Es müssen nun schnell tragfähige Abkommen durch den Sonderbevollmächtigten der Bundesregierung ressortübergreifend koordiniert und abgeschlossen werden.
Der Deutsche Bundestag hat noch im Januar den Genozid an den Jesid*innen durch den sogenannten „Islamischen Staat“ anerkannt. Daraus erwächst für uns eine besondere Verantwortung gegenüber den Opfern. Abschiebungen von Jesid*innen in den Irak stellen wir uns darum entgegen. Wir treten dafür ein, dass Bund und Länder alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um Abschiebungen von Jesid*innen zu verhindern Die Möglichkeit der Rückkehr von abgeschobenen Jesid*innen soll geprüft werden. Gleichzeitig streben wir an im Aufenthaltsgesetz eine rechtssichere Bleibeperspektive für Jesid*innen zu schaffen.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat im vergangenen Jahr die größte
Fluchtbewegung in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Darüber hinaus suchen wieder
mehr Menschen Schutz, die von Terror, Krieg oder politischer Verfolgung in Heimatländern wie
Afghanistan oder Syrien bedroht sind. Bund, Länder und Kommunen haben in den zurückliegenden
Jahren hart daran gearbeitet, den Menschen, die zu uns kommen, eine Unterkunft zu geben und
sie zu versorgen. Insbesondere die Kommunen und viele Freiwillige haben dabei Unschätzbares
geleistet. Ihnen allen gilt unser Dank.
Gleichzeitig gilt: Viele Kommunen kommen zunehmend an ihre Belastungsgrenze. Manche Behörde
kommt kaum noch hinterher. Die Integrationsarbeit wird erschwert. Es fehlt vielerorts an
Wohnraum und an Personal, gerade auch zur Betreuung unbegleiteter minderjähriger
Flüchtlinge. Die Kräfte der vielen Ehrenamtlichen lassen allmählich nach. Wir sehen diese
Belastung und sehen es als unseren Auftrag, die Kommunen zu unterstützen.
Vor diesem Hintergrund war es wichtig, dass Bund und Landesregierungen unterschiedlicher
Konstellation im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) vom 6. November in der Lage
waren, zu einer breiten Einigung unter den demokratischen Parteien zu kommen. Diese Einigung
bietet eine Grundlage, um die Kommunen bei der Bewältigung ihrer großen Aufgabe zu
unterstützen. Auch wenn wir Punkte, wie etwa die geplante Verlängerung des
Grundleistungsbezugs des Asylbewerberleistungsgesetzes oder die Prüfung von Asylverfahren in
Transit- und Drittstaaten kritisieren: Unsere Demokratie ist stark und muss dies durch ihre
Lösungskompetenz und Handlungsfähigkeit zeigen. Das Vertrauen der Menschen in diesem Land in
demokratische Institutionen hängt auch davon ab, ob die Herausforderungen angegangen werden.
Wir wissen, dass wir Verantwortung für den Zusammenhalt im Land tragen. Unser Land kann
diese Aufgabe meistern.
Dabei setzen wir in der Migrationspolitik auf Humanität und Ordnung. Diese bedingen
einander. Denn Humanität kann es dauerhaft nur mit geordneten Verfahren geben, während
Abschottung zu Chaos führt. Es braucht klare Regeln, die den Menschen in Not helfen. Die
Hilfe muss gleichzeitig vernünftig organisiert sein.
Deutschland ist zurecht grundgesetzlich wie völkerrechtlich einer Migrationspolitik der
Humanität verpflichtet. Deutschland als eines der größten Aufnahmeländer der Welt darf seine
Empathie und Menschlichkeit nicht aufgeben. Hinter jeder Zahl und jeder Statistik verbirgt
sich ein Mensch, eine Familie, ein Schicksal. Die Menschen sind gezwungen, ihre Heimat zu
verlassen und fliehen vor Krieg und Vertreibung. Wir wollen Schutzbedürftigen helfen,
unserer humanitären Verantwortung gerecht werden und hierfür auch legale und sichere
Fluchtwege gewährleisten. Wer Schutz braucht, muss Schutz bekommen.
Wir wollen Menschen auch Möglichkeiten und Chancen bieten. Wir brauchen Menschen, die zu uns
kommen und hier arbeiten wollen. Denn unsere Gesellschaft braucht Migration, unsere
Wirtschaft benötigt Fach- und Arbeitskräfte – in der Industrie, im Gesundheitswesen, in der
Gastronomie, in der Wissenschaft. Dafür werben wir weltweit um die besten Köpfe und
fleißigsten Hände. Wir können es uns nicht leisten, dass Menschen aus anderen Ländern sich
bei uns nicht willkommen fühlen.
Eine Politik wiederum, die das Heft des Handelns aus der Hand gibt, kommt ihrer
Verantwortung nicht nach und verliert die Akzeptanz der Bürger*innen. Wir wissen: Steuerung,
Ordnung und Rückführung gehören zur Realität eines Einwanderungslandes wie Deutschland dazu.
Es braucht legale und sichere Wege zu uns, jenseits einer menschenfeindlichen Festung Europa
einerseits und unkontrollierter Grenzen andererseits. Wir verteidigen das Grundrecht auf
Asyl und unsere internationalen Verpflichtungen wie die Genfer Flüchtlingskonvention. Wir
wollen aber nicht nur ein Bekenntnis abgeben, wir wollen diesen Anspruch pragmatisch
umsetzen: Wir packen reale Probleme an und entwickeln tatsächliche Lösungen. Das bedeutet:
Wir wollen Kapazitäten ausbauen, die soziale Infrastruktur stärken und tragfähige Strukturen
schaffen. Daneben müssen, wo die Kapazitäten erschöpft sind, durch rechtsstaatliche und
menschenwürdige Maßnahmen auch die Zahlen sinken. Eine Obergrenze ist weder machbar noch
rechtens noch human.
Kurzum: Nur eine Politik, die Werte und Wirklichkeit verbindet, wird auf Dauer tragen. Dafür
wollen wir in der Gesellschaft selbstbewusst werben: Wir hören zu, nehmen Probleme ernst und
setzen uns für eine rechtebasierte Asyl- und Migrationspolitik ein, die unseren Zusammenhalt
stärkt und erweitert.
Wir wissen um die Tragweite unserer Entscheidungen. Jede vermeintliche Kleinigkeit im
Regelwerk kann existenzielle Auswirkungen für Individuen haben. Als eine Partei, die sich
auch für den Einsatz für Minderheitenrechte gegründet hat, sind BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stets
dem Grundsatz der Humanität verpflichtet. Diese in eine Ordnung zu gießen, ist nun das
Gebot. Wir suchen und geben Antworten, die dem Ernst und der Größe der Herausforderung
angemessen sind, statt es uns mit einfachen Antworten und unsachlichen
Profilierungsversuchen leicht zu machen, wie es die Populist*innen tun. Wir streiten
ernsthaft um den richtigen Weg, auch stellvertretend für die Gesellschaft. In Demut vor der
Aufgabe und im Wissen darum, dass es keine einfachen Lösungen gibt.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich ein für:
- Kommunen unterstützen
Wir wollen Städte und Gemeinden besser unterstützen. Es ist gut, dass Bund und Länder bei
der finanziellen Unterstützung einen großen Schritt vorangekommen sind. Dafür haben wir
lange gekämpft. Als Teil der Ampelregierung sorgen wir für eine dauerhafte und strukturelle
Finanzierung des Bundes, die langfristige Planungssicherheit für Länder und die Kommunen
ermöglicht. Gleichzeitig etablieren wir eine flexible Komponente, die Kommunen proportional
zur Zahl der Schutzsuchenden unterstützt. Nun ist klar: Wenn mehr Geflüchtete von einer
Kommune versorgt werden, steigen auch die entsprechenden finanziellen Mittel. In den
Kommunen wird der Grundstein für die Integration gelegt. Hier müssen die entsprechenden
Voraussetzungen geschaffen und dauerhaft vorgehalten werden. Diesen Weg gehen wir weiter.
- Soziale Infrastruktur ausbauen
Wir wollen unsere soziale Infrastruktur stärken und Investitionen auf den Weg bringen.
Migration wirkt wie ein Brennglas auf bestehende Probleme, die wir alle im Alltag spüren,
nicht nur bei der Aufnahme von Geflüchteten: Unsere soziale Infrastruktur muss dauerhaft
stärker werden. Der Mangel an Wohnraum oder die unzureichende Anzahl an Schul- und
Kitaplätzen wurde in den letzten Monaten noch einmal deutlich. Dieses Problem ist keines,
das wir allein für die Geflüchteten angehen müssen, sondern für die gesamte Gesellschaft.
Doch sind die Geflüchteten oft die ersten, denen die fehlenden Kapazitäten angelastet
werden. Klar ist: Es wurde zu lange zu wenig getan. Wir wollen deshalb in den Wohnungsbau
investieren und dafür sorgen, dass insbesondere mehr Wohnungen mit sozialer Bindung
entstehen. Wir wollen auf allen Ebenen in den Ausbau guter Schulen und Kitas investieren.
Dafür müssen wir mehr Lehrer*innen und Erzieher*innen gewinnen und ausbilden.
- Integrationsoffensive starten
Wir wollen Integration vorantreiben und Perspektiven für Geflüchtete schaffen, damit sie
Teil unserer Gesellschaft werden. Gute Integrations- und Sprachkurse sorgen dafür, dass
Menschen sich schnell einleben und ihren Alltag bewältigen können. Dafür müssen die Kurse
von Anfang an verfügbar sein, flächendeckend ausgebaut und zuverlässig finanziert werden.
Wir nehmen die besonderen Anforderungen etwa an Integrationskurse mit Kinderbetreuung in den
Blick, damit auch Sorgeberechtigte teilnehmen können. Wir wollen auch, dass mehr Sprachkurse
in den Abendstunden angeboten werden, sodass sie berufsbegleitend wahrgenommen werden
können. Die Migrationsberatung wollen wir stärken.
- Menschen, die zu uns kommen, in Arbeit bringen
Wir wollen, dass Schutzsuchende schnellstmöglich eine Arbeit aufnehmen können. Unternehmen
suchen händeringend nach Mitarbeiter*innen und Arbeitskräften, während es für viele
Geflüchtete noch schwierig, für manche sogar verboten ist, eine Arbeit aufzunehmen. Denn
wenn Arbeitgeber*innen und Geflüchtete sich einig sind, sollte der Staat nicht mit unnötiger
Bürokratie im Weg stehen. Wer hierher kommt, soll seinen Lebensunterhalt auch schnell selbst
bestreiten können. Das entlastet die öffentlichen Kassen, leistet einen Beitrag im Kampf
gegen den Fach- und Arbeitskräftemangel – und fördert frühzeitig Integration und Teilhabe.
Der Arbeitsmarkt war und ist stets der stärkste Motor für Integration. Dafür haben wir die
Möglichkeit eines Spurwechsels für Geduldete aus der Asyl- in die Erwerbsmigration
geschaffen und mit dem Chancenaufenthaltsgesetz und dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz den
Paradigmenwechsel eingeleitet. Wir begrüßen außerdem die von der Bundesregierung in den
Verhandlungen zum Migrationspaket geplanten Erleichterungen bei der Arbeitsmarktintegration,
zum Beispiel durch die Änderung der Stichtagsregelung bei der Beschäftigungsduldung oder die
Lockerung von Arbeitsverboten, die eine deutliche Verbesserung bedeuten. Daran arbeiten wir
weiter. Wer arbeiten kann, soll es auch dürfen.
- Verfahren beschleunigen
Wir wollen für schnellere Verfahren (“fast and fair”) – und damit für Klarheit für
Betroffene wie für die Kommunen sorgen. Menschen, die Schutz suchen, bekommen so schneller
Gewissheit darüber, ob sie bleiben können. Dafür müssen Verfahren vereinfacht, angepasst und
digitalisiert werden. Dazu zählt insbesondere der Datenaustausch zwischen den beteiligten
Behörden durch eine einheitliche bundesweite IT-Plattform, die zum Beispiel eine bessere
Verteilung ermöglicht. Unnötige Bürokratie muss beendet werden. Aufenthaltserlaubnisse sowie
Visa für Erwerbs- und Bildungsmigration sollen für längere Zeiträume erteilt werden, damit
nicht ständig Verlängerungen vorgenommen werden müssen. Antragstellungen sollten leichter
und digitalisiert ablaufen. Hier gehen wir mit der Visadigitalisierung bereits wichtige
Schritte. Berufsabschlüsse wollen wir schneller anerkennen. So entlasten wir die Behörden
und schaffen Ressourcen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die
Einwanderungs- und Ausländerbehörden der Länder, die deutschen Auslandsvertretungen sowie
die Verwaltungsgerichte müssen personell besser aufgestellt werden. Dafür braucht es mehr
Mittel.
- Rückführungen rechtsstaatlich durchführen
Wir wollen, dass Rückführungen rechtsstaatlich durchgeführt werden. Nicht jeder, der nach
Deutschland kommt, kann bleiben. Wer vor Krieg und Verfolgung flieht, hat ein Recht auf
Schutz. Wer nach sorgfältiger Prüfung auf asyl- und aufenthaltsrechtliche Voraussetzungen
sowie nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel kein Aufenthaltsrecht erhalten hat, muss zügig
wieder ausreisen. Dieses Prinzip glaubwürdig anzuwenden, ist eine Voraussetzung für die
gesellschaftliche Akzeptanz. Dafür braucht es funktionierende Regeln auch im Bereich der
Rückführungen, die stets rechtsstaatliche Standards sicherstellen. Die freiwillige Rückkehr
steht dabei für uns im Vordergrund. Menschen, die schwere Straftaten begangen haben, müssen
nach Verbüßung ihrer Strafe prioritär zurückgeführt werden. Da, wo Rückführungen notwendig
sind, müssen sie auch vollziehbar sein, und dabei stets dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit folgen, der unsere Leitschnur ist. Gerade der Schutz vulnerabler Gruppen
sowie von Familien und Kindern muss sichergestellt sein.
- Migrationsabkommen abschließen
Wir wollen Migration steuern, ordnen und dafür Migrationsabkommen abschließen, die zugleich
legale Einreisewege schaffen. Eine bessere Steuerung der Migration kann nur gelingen, wenn
wir mit den Herkunftsstaaten zusammenarbeiten. Jeder Staat ist verpflichtet, seine
Staatsbürger*innen und somit auch abgelehnte Asylbewerber zurückzunehmen; dieser
Verpflichtung steht in den Migrationsabkommen ein Angebot gegenüber, das für den
Herkunftsstaat und uns einen konkreten Nutzen hat. So steigern wir die
Kooperationsbereitschaft, an der das Ausstellen fehlender Ausweispapiere und Rückführungen
häufig scheitert und schaffen geordnete Verfahren, etwa für die Arbeitsmigration. Mehr
geregelte Migration ermöglicht weniger ungeregelte Migration: Da müssen wir hinkommen – weg
von Schlauchboot und Schleusern, hin zu geordneten Verfahren. Die Abkommen sollen ein
Gesamtkonzept bieten, das auch Resettlement-Programme, den Ausbau von wirtschaftlicher
Zusammenarbeit oder Technologietransfers, Visa-Erleichterungen oder Qualifizierungsmaßnahmen
vorsieht. Es müssen nun schnell tragfähige Abkommen durch den Sonderbevollmächtigten der
Bundesregierung ressortübergreifend koordiniert und abgeschlossen werden.
Der Deutsche Bundestag hat noch im Januar den Genozid an den Jesid*innen durch den sogenannten „Islamischen Staat“ anerkannt. Daraus erwächst für uns eine besondere Verantwortung gegenüber den Opfern. Abschiebungen von Jesid*innen in den Irak stellen wir uns darum entgegen. Wir treten dafür ein, dass Bund und Länder alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um Abschiebungen von Jesid*innen zu verhindern Die Möglichkeit der Rückkehr von abgeschobenen Jesid*innen soll geprüft werden. Gleichzeitig streben wir an im Aufenthaltsgesetz eine rechtssichere Bleibeperspektive für Jesid*innen zu schaffen.
- Gemeinsame europäische Migrationspolitik entwickeln
Wir wollen ein wirksames gemeinsames europäisches Asylsystem entwickeln. Europa ist stark
und handlungsfähig, wenn es zusammensteht. Wir müssen in Europa gemeinsam an einer
rechtsbasierten und lösungsorientierten Flüchtlingspolitik arbeiten. Wir stehen zu unseren
völkerrechtlichen und europäischen Verpflichtungen. Wir erwarten dabei allerdings auch, dass
andere EU-Staaten ihre Verpflichtungen einhalten. Wir wollen eine faire Verteilung von
Schutzsuchenden. Deutschland hat in den letzten Jahren sehr viele Geflüchtete aufgenommen.
Wir wollen, dass alle Menschen, die zu uns kommen, an den Außengrenzen registriert werden
und es zu einer fairen Verteilung in Europa kommt. Dafür müssen auch andere europäische
Länder mehr Verantwortung übernehmen. Ein verbindlicher Solidaritätsmechanismus zur
Verteilung von Geflüchteten ist dazu ein richtiger Schritt. In den derzeitigen Verhandlungen
zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) setzen wir uns für ein
funktionierendes, menschenwürdiges System, in dem Familien und Kinder sowie vulnerable
Gruppen besonders geschützt werden, sowie für eine verbindliche Verteilung und
Rechtsdurchsetzung ein. Die Einführung des auch in Großbritannien gescheiterten Ruanda-
Modells lehnen wir entschieden ab.
- Menschenrechte auch an den EU-Außengrenzen durchsetzen
Wir wollen, dass Menschenrechte überall und jederzeit eingehalten werden. Der
menschenrechtswidrige Umgang mit Geflüchteten an den europäischen Außengrenzen ist
unhaltbar, er sorgt für Leid und Chaos. Menschenrechte werden verletzt, ordentliche
Verfahren sind nicht gewährleistet. Auch aus diesem Grund fliehen viele Menschen weiter und
suchen Zuflucht bei uns. So kann es nicht weitergehen. Wir wollen deshalb Regeln in Europa
schaffen, die rechtsstaatliche und menschenwürdige Aufnahmen und Verfahren sicherstellen.
Wir wollen, dass Menschenrechte an den Außengrenzen überwacht und Menschen zuverlässig
registriert werden. Wo Menschenrechtsverstöße begangen werden, müssen diese konsequent
sanktioniert werden.
- Seenotrettung stärken
Wir wollen das Sterben auf dem Mittelmeer beenden. Die Seenotrettung ist eine rechtliche und
humanitäre Verpflichtung, die wir aus tiefer Überzeugung unterstützen. Allein in diesem Jahr
sind nach Angaben der Vereinten Nationen bereits mehr als 2.500 Menschen beim Versuch, das
Mittelmeer zu überqueren, gestorben oder gelten als vermisst. Die EU als Wertegemeinschaft
darf dem Massensterben im Mittelmeer nicht tatenlos zusehen, sondern muss es beenden. Die
Förderung der zivilen Seenotrettung durch den Bund ist ein wichtiger Beitrag; sie kann
jedoch keine staatlich koordinierte Seenotrettung ersetzen.
- Fluchtursachen bekämpfen
Wir wollen die komplexen Ursachen für Flucht und Migration in einem umfassenden Ansatz
gemeinsam mit den Herkunfts- und Transitländern bearbeiten. Die wichtigsten Auslöser sind
bewaffnete Konflikte und Verfolgung aus politischen, ethnischen oder religiösen Gründen.
Hinzu kommen die sich verschärfende Klimakrise sowie strukturelle Ursachen, die in
wirtschaftlichen und sozialen, aber auch politischen Unsicherheiten liegen. Die allermeisten
Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen, sind Binnenvertriebene oder finden Zuflucht in
den jeweiligen Nachbarstaaten. Mit dem Ausbau verlässlicher humanitärer Hilfe sowie
strukturbildender Übergangshilfe in Krisenregionen können wir Menschen – darunter auch
Geflüchtete und Binnenvertriebene – in ihrer akuten Notlage unterstützen. So tragen wir dazu
bei, das Leid unmittelbar vor Ort zu lindern. Mit Entwicklungszusammenarbeit auf Augenhöhe,
sowie mit fairen Handelsbeziehungen können wir langfristig zur Verbesserung der
Lebensperspektiven beitragen; die Bereitstellung von Stabilisierungsmittel trägt zur Krisen-
und Konfliktprävention bei.
Antragstext
Von Zeile 203 bis 204 einfügen:
Lebensperspektiven beitragen; die Bereitstellung von Stabilisierungsmittel trägt zur Krisen- und Konfliktprävention bei.
12. Abschiebungen von Jesid*innen stoppen und Bleiberecht sichern
Für Bündnis 90/Die Grünen ist klar, dass zunehmende Rückführungen nicht diejenigen treffen dürfen, die am stärksten den Schutz unserer Gemeinschaft brauchen. Dass unter der Verantwortung des Bundesinnenministeriums Jesid*innen in den Irak abgeschoben wurden und weiter werden sollen, obwohl der Deutsche Bundestag noch im Januar den Genozid an ihrer Gemeinschaft durch den sogenannten Islamischen Staat im Jahr 2014 anerkannt hat, ist inakzeptabel und beschädigt die Verantwortung, die wir als Land tragen. Um die derzeit stattfindenden Abschiebungen von Jesid*innen zu stoppen, sehen wir Innenministerin Nancy Faeser in der Pflicht, alle unbürokratischen Möglichkeiten zu nutzen, um Abschiebungen von Jesid*innen zu verhindern. Auch die Länder müssen Abschiebungen von Jesid*innen sofort und konsequent stoppen und dazu auf die ihnen möglichen Rechtsgrundlagen zurückgreifen. Gleichzeitig stehen wir einer Regelung im Aufenthaltsgesetz offen gegenüber, die einen Bleibeanspruch von Jesid*innen rechtsverbindlich macht.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat im vergangenen Jahr die größte
Fluchtbewegung in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Darüber hinaus suchen wieder
mehr Menschen Schutz, die von Terror, Krieg oder politischer Verfolgung in Heimatländern wie
Afghanistan oder Syrien bedroht sind. Bund, Länder und Kommunen haben in den zurückliegenden
Jahren hart daran gearbeitet, den Menschen, die zu uns kommen, eine Unterkunft zu geben und
sie zu versorgen. Insbesondere die Kommunen und viele Freiwillige haben dabei Unschätzbares
geleistet. Ihnen allen gilt unser Dank.
Gleichzeitig gilt: Viele Kommunen kommen zunehmend an ihre Belastungsgrenze. Manche Behörde
kommt kaum noch hinterher. Die Integrationsarbeit wird erschwert. Es fehlt vielerorts an
Wohnraum und an Personal, gerade auch zur Betreuung unbegleiteter minderjähriger
Flüchtlinge. Die Kräfte der vielen Ehrenamtlichen lassen allmählich nach. Wir sehen diese
Belastung und sehen es als unseren Auftrag, die Kommunen zu unterstützen.
Vor diesem Hintergrund war es wichtig, dass Bund und Landesregierungen unterschiedlicher
Konstellation im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) vom 6. November in der Lage
waren, zu einer breiten Einigung unter den demokratischen Parteien zu kommen. Diese Einigung
bietet eine Grundlage, um die Kommunen bei der Bewältigung ihrer großen Aufgabe zu
unterstützen. Auch wenn wir Punkte, wie etwa die geplante Verlängerung des
Grundleistungsbezugs des Asylbewerberleistungsgesetzes oder die Prüfung von Asylverfahren in
Transit- und Drittstaaten kritisieren: Unsere Demokratie ist stark und muss dies durch ihre
Lösungskompetenz und Handlungsfähigkeit zeigen. Das Vertrauen der Menschen in diesem Land in
demokratische Institutionen hängt auch davon ab, ob die Herausforderungen angegangen werden.
Wir wissen, dass wir Verantwortung für den Zusammenhalt im Land tragen. Unser Land kann
diese Aufgabe meistern.
Dabei setzen wir in der Migrationspolitik auf Humanität und Ordnung. Diese bedingen
einander. Denn Humanität kann es dauerhaft nur mit geordneten Verfahren geben, während
Abschottung zu Chaos führt. Es braucht klare Regeln, die den Menschen in Not helfen. Die
Hilfe muss gleichzeitig vernünftig organisiert sein.
Deutschland ist zurecht grundgesetzlich wie völkerrechtlich einer Migrationspolitik der
Humanität verpflichtet. Deutschland als eines der größten Aufnahmeländer der Welt darf seine
Empathie und Menschlichkeit nicht aufgeben. Hinter jeder Zahl und jeder Statistik verbirgt
sich ein Mensch, eine Familie, ein Schicksal. Die Menschen sind gezwungen, ihre Heimat zu
verlassen und fliehen vor Krieg und Vertreibung. Wir wollen Schutzbedürftigen helfen,
unserer humanitären Verantwortung gerecht werden und hierfür auch legale und sichere
Fluchtwege gewährleisten. Wer Schutz braucht, muss Schutz bekommen.
Wir wollen Menschen auch Möglichkeiten und Chancen bieten. Wir brauchen Menschen, die zu uns
kommen und hier arbeiten wollen. Denn unsere Gesellschaft braucht Migration, unsere
Wirtschaft benötigt Fach- und Arbeitskräfte – in der Industrie, im Gesundheitswesen, in der
Gastronomie, in der Wissenschaft. Dafür werben wir weltweit um die besten Köpfe und
fleißigsten Hände. Wir können es uns nicht leisten, dass Menschen aus anderen Ländern sich
bei uns nicht willkommen fühlen.
Eine Politik wiederum, die das Heft des Handelns aus der Hand gibt, kommt ihrer
Verantwortung nicht nach und verliert die Akzeptanz der Bürger*innen. Wir wissen: Steuerung,
Ordnung und Rückführung gehören zur Realität eines Einwanderungslandes wie Deutschland dazu.
Es braucht legale und sichere Wege zu uns, jenseits einer menschenfeindlichen Festung Europa
einerseits und unkontrollierter Grenzen andererseits. Wir verteidigen das Grundrecht auf
Asyl und unsere internationalen Verpflichtungen wie die Genfer Flüchtlingskonvention. Wir
wollen aber nicht nur ein Bekenntnis abgeben, wir wollen diesen Anspruch pragmatisch
umsetzen: Wir packen reale Probleme an und entwickeln tatsächliche Lösungen. Das bedeutet:
Wir wollen Kapazitäten ausbauen, die soziale Infrastruktur stärken und tragfähige Strukturen
schaffen. Daneben müssen, wo die Kapazitäten erschöpft sind, durch rechtsstaatliche und
menschenwürdige Maßnahmen auch die Zahlen sinken. Eine Obergrenze ist weder machbar noch
rechtens noch human.
Kurzum: Nur eine Politik, die Werte und Wirklichkeit verbindet, wird auf Dauer tragen. Dafür
wollen wir in der Gesellschaft selbstbewusst werben: Wir hören zu, nehmen Probleme ernst und
setzen uns für eine rechtebasierte Asyl- und Migrationspolitik ein, die unseren Zusammenhalt
stärkt und erweitert.
Wir wissen um die Tragweite unserer Entscheidungen. Jede vermeintliche Kleinigkeit im
Regelwerk kann existenzielle Auswirkungen für Individuen haben. Als eine Partei, die sich
auch für den Einsatz für Minderheitenrechte gegründet hat, sind BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stets
dem Grundsatz der Humanität verpflichtet. Diese in eine Ordnung zu gießen, ist nun das
Gebot. Wir suchen und geben Antworten, die dem Ernst und der Größe der Herausforderung
angemessen sind, statt es uns mit einfachen Antworten und unsachlichen
Profilierungsversuchen leicht zu machen, wie es die Populist*innen tun. Wir streiten
ernsthaft um den richtigen Weg, auch stellvertretend für die Gesellschaft. In Demut vor der
Aufgabe und im Wissen darum, dass es keine einfachen Lösungen gibt.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich ein für:
- Kommunen unterstützen
Wir wollen Städte und Gemeinden besser unterstützen. Es ist gut, dass Bund und Länder bei
der finanziellen Unterstützung einen großen Schritt vorangekommen sind. Dafür haben wir
lange gekämpft. Als Teil der Ampelregierung sorgen wir für eine dauerhafte und strukturelle
Finanzierung des Bundes, die langfristige Planungssicherheit für Länder und die Kommunen
ermöglicht. Gleichzeitig etablieren wir eine flexible Komponente, die Kommunen proportional
zur Zahl der Schutzsuchenden unterstützt. Nun ist klar: Wenn mehr Geflüchtete von einer
Kommune versorgt werden, steigen auch die entsprechenden finanziellen Mittel. In den
Kommunen wird der Grundstein für die Integration gelegt. Hier müssen die entsprechenden
Voraussetzungen geschaffen und dauerhaft vorgehalten werden. Diesen Weg gehen wir weiter.
- Soziale Infrastruktur ausbauen
Wir wollen unsere soziale Infrastruktur stärken und Investitionen auf den Weg bringen.
Migration wirkt wie ein Brennglas auf bestehende Probleme, die wir alle im Alltag spüren,
nicht nur bei der Aufnahme von Geflüchteten: Unsere soziale Infrastruktur muss dauerhaft
stärker werden. Der Mangel an Wohnraum oder die unzureichende Anzahl an Schul- und
Kitaplätzen wurde in den letzten Monaten noch einmal deutlich. Dieses Problem ist keines,
das wir allein für die Geflüchteten angehen müssen, sondern für die gesamte Gesellschaft.
Doch sind die Geflüchteten oft die ersten, denen die fehlenden Kapazitäten angelastet
werden. Klar ist: Es wurde zu lange zu wenig getan. Wir wollen deshalb in den Wohnungsbau
investieren und dafür sorgen, dass insbesondere mehr Wohnungen mit sozialer Bindung
entstehen. Wir wollen auf allen Ebenen in den Ausbau guter Schulen und Kitas investieren.
Dafür müssen wir mehr Lehrer*innen und Erzieher*innen gewinnen und ausbilden.
- Integrationsoffensive starten
Wir wollen Integration vorantreiben und Perspektiven für Geflüchtete schaffen, damit sie
Teil unserer Gesellschaft werden. Gute Integrations- und Sprachkurse sorgen dafür, dass
Menschen sich schnell einleben und ihren Alltag bewältigen können. Dafür müssen die Kurse
von Anfang an verfügbar sein, flächendeckend ausgebaut und zuverlässig finanziert werden.
Wir nehmen die besonderen Anforderungen etwa an Integrationskurse mit Kinderbetreuung in den
Blick, damit auch Sorgeberechtigte teilnehmen können. Wir wollen auch, dass mehr Sprachkurse
in den Abendstunden angeboten werden, sodass sie berufsbegleitend wahrgenommen werden
können. Die Migrationsberatung wollen wir stärken.
- Menschen, die zu uns kommen, in Arbeit bringen
Wir wollen, dass Schutzsuchende schnellstmöglich eine Arbeit aufnehmen können. Unternehmen
suchen händeringend nach Mitarbeiter*innen und Arbeitskräften, während es für viele
Geflüchtete noch schwierig, für manche sogar verboten ist, eine Arbeit aufzunehmen. Denn
wenn Arbeitgeber*innen und Geflüchtete sich einig sind, sollte der Staat nicht mit unnötiger
Bürokratie im Weg stehen. Wer hierher kommt, soll seinen Lebensunterhalt auch schnell selbst
bestreiten können. Das entlastet die öffentlichen Kassen, leistet einen Beitrag im Kampf
gegen den Fach- und Arbeitskräftemangel – und fördert frühzeitig Integration und Teilhabe.
Der Arbeitsmarkt war und ist stets der stärkste Motor für Integration. Dafür haben wir die
Möglichkeit eines Spurwechsels für Geduldete aus der Asyl- in die Erwerbsmigration
geschaffen und mit dem Chancenaufenthaltsgesetz und dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz den
Paradigmenwechsel eingeleitet. Wir begrüßen außerdem die von der Bundesregierung in den
Verhandlungen zum Migrationspaket geplanten Erleichterungen bei der Arbeitsmarktintegration,
zum Beispiel durch die Änderung der Stichtagsregelung bei der Beschäftigungsduldung oder die
Lockerung von Arbeitsverboten, die eine deutliche Verbesserung bedeuten. Daran arbeiten wir
weiter. Wer arbeiten kann, soll es auch dürfen.
- Verfahren beschleunigen
Wir wollen für schnellere Verfahren (“fast and fair”) – und damit für Klarheit für
Betroffene wie für die Kommunen sorgen. Menschen, die Schutz suchen, bekommen so schneller
Gewissheit darüber, ob sie bleiben können. Dafür müssen Verfahren vereinfacht, angepasst und
digitalisiert werden. Dazu zählt insbesondere der Datenaustausch zwischen den beteiligten
Behörden durch eine einheitliche bundesweite IT-Plattform, die zum Beispiel eine bessere
Verteilung ermöglicht. Unnötige Bürokratie muss beendet werden. Aufenthaltserlaubnisse sowie
Visa für Erwerbs- und Bildungsmigration sollen für längere Zeiträume erteilt werden, damit
nicht ständig Verlängerungen vorgenommen werden müssen. Antragstellungen sollten leichter
und digitalisiert ablaufen. Hier gehen wir mit der Visadigitalisierung bereits wichtige
Schritte. Berufsabschlüsse wollen wir schneller anerkennen. So entlasten wir die Behörden
und schaffen Ressourcen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die
Einwanderungs- und Ausländerbehörden der Länder, die deutschen Auslandsvertretungen sowie
die Verwaltungsgerichte müssen personell besser aufgestellt werden. Dafür braucht es mehr
Mittel.
- Rückführungen rechtsstaatlich durchführen
Wir wollen, dass Rückführungen rechtsstaatlich durchgeführt werden. Nicht jeder, der nach
Deutschland kommt, kann bleiben. Wer vor Krieg und Verfolgung flieht, hat ein Recht auf
Schutz. Wer nach sorgfältiger Prüfung auf asyl- und aufenthaltsrechtliche Voraussetzungen
sowie nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel kein Aufenthaltsrecht erhalten hat, muss zügig
wieder ausreisen. Dieses Prinzip glaubwürdig anzuwenden, ist eine Voraussetzung für die
gesellschaftliche Akzeptanz. Dafür braucht es funktionierende Regeln auch im Bereich der
Rückführungen, die stets rechtsstaatliche Standards sicherstellen. Die freiwillige Rückkehr
steht dabei für uns im Vordergrund. Menschen, die schwere Straftaten begangen haben, müssen
nach Verbüßung ihrer Strafe prioritär zurückgeführt werden. Da, wo Rückführungen notwendig
sind, müssen sie auch vollziehbar sein, und dabei stets dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit folgen, der unsere Leitschnur ist. Gerade der Schutz vulnerabler Gruppen
sowie von Familien und Kindern muss sichergestellt sein.
- Migrationsabkommen abschließen
Wir wollen Migration steuern, ordnen und dafür Migrationsabkommen abschließen, die zugleich
legale Einreisewege schaffen. Eine bessere Steuerung der Migration kann nur gelingen, wenn
wir mit den Herkunftsstaaten zusammenarbeiten. Jeder Staat ist verpflichtet, seine
Staatsbürger*innen und somit auch abgelehnte Asylbewerber zurückzunehmen; dieser
Verpflichtung steht in den Migrationsabkommen ein Angebot gegenüber, das für den
Herkunftsstaat und uns einen konkreten Nutzen hat. So steigern wir die
Kooperationsbereitschaft, an der das Ausstellen fehlender Ausweispapiere und Rückführungen
häufig scheitert und schaffen geordnete Verfahren, etwa für die Arbeitsmigration. Mehr
geregelte Migration ermöglicht weniger ungeregelte Migration: Da müssen wir hinkommen – weg
von Schlauchboot und Schleusern, hin zu geordneten Verfahren. Die Abkommen sollen ein
Gesamtkonzept bieten, das auch Resettlement-Programme, den Ausbau von wirtschaftlicher
Zusammenarbeit oder Technologietransfers, Visa-Erleichterungen oder Qualifizierungsmaßnahmen
vorsieht. Es müssen nun schnell tragfähige Abkommen durch den Sonderbevollmächtigten der
Bundesregierung ressortübergreifend koordiniert und abgeschlossen werden.
- Gemeinsame europäische Migrationspolitik entwickeln
Wir wollen ein wirksames gemeinsames europäisches Asylsystem entwickeln. Europa ist stark
und handlungsfähig, wenn es zusammensteht. Wir müssen in Europa gemeinsam an einer
rechtsbasierten und lösungsorientierten Flüchtlingspolitik arbeiten. Wir stehen zu unseren
völkerrechtlichen und europäischen Verpflichtungen. Wir erwarten dabei allerdings auch, dass
andere EU-Staaten ihre Verpflichtungen einhalten. Wir wollen eine faire Verteilung von
Schutzsuchenden. Deutschland hat in den letzten Jahren sehr viele Geflüchtete aufgenommen.
Wir wollen, dass alle Menschen, die zu uns kommen, an den Außengrenzen registriert werden
und es zu einer fairen Verteilung in Europa kommt. Dafür müssen auch andere europäische
Länder mehr Verantwortung übernehmen. Ein verbindlicher Solidaritätsmechanismus zur
Verteilung von Geflüchteten ist dazu ein richtiger Schritt. In den derzeitigen Verhandlungen
zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) setzen wir uns für ein
funktionierendes, menschenwürdiges System, in dem Familien und Kinder sowie vulnerable
Gruppen besonders geschützt werden, sowie für eine verbindliche Verteilung und
Rechtsdurchsetzung ein. Die Einführung des auch in Großbritannien gescheiterten Ruanda-
Modells lehnen wir entschieden ab.
- Menschenrechte auch an den EU-Außengrenzen durchsetzen
Wir wollen, dass Menschenrechte überall und jederzeit eingehalten werden. Der
menschenrechtswidrige Umgang mit Geflüchteten an den europäischen Außengrenzen ist
unhaltbar, er sorgt für Leid und Chaos. Menschenrechte werden verletzt, ordentliche
Verfahren sind nicht gewährleistet. Auch aus diesem Grund fliehen viele Menschen weiter und
suchen Zuflucht bei uns. So kann es nicht weitergehen. Wir wollen deshalb Regeln in Europa
schaffen, die rechtsstaatliche und menschenwürdige Aufnahmen und Verfahren sicherstellen.
Wir wollen, dass Menschenrechte an den Außengrenzen überwacht und Menschen zuverlässig
registriert werden. Wo Menschenrechtsverstöße begangen werden, müssen diese konsequent
sanktioniert werden.
- Seenotrettung stärken
Wir wollen das Sterben auf dem Mittelmeer beenden. Die Seenotrettung ist eine rechtliche und
humanitäre Verpflichtung, die wir aus tiefer Überzeugung unterstützen. Allein in diesem Jahr
sind nach Angaben der Vereinten Nationen bereits mehr als 2.500 Menschen beim Versuch, das
Mittelmeer zu überqueren, gestorben oder gelten als vermisst. Die EU als Wertegemeinschaft
darf dem Massensterben im Mittelmeer nicht tatenlos zusehen, sondern muss es beenden. Die
Förderung der zivilen Seenotrettung durch den Bund ist ein wichtiger Beitrag; sie kann
jedoch keine staatlich koordinierte Seenotrettung ersetzen.
- Fluchtursachen bekämpfen
Wir wollen die komplexen Ursachen für Flucht und Migration in einem umfassenden Ansatz
gemeinsam mit den Herkunfts- und Transitländern bearbeiten. Die wichtigsten Auslöser sind
bewaffnete Konflikte und Verfolgung aus politischen, ethnischen oder religiösen Gründen.
Hinzu kommen die sich verschärfende Klimakrise sowie strukturelle Ursachen, die in
wirtschaftlichen und sozialen, aber auch politischen Unsicherheiten liegen. Die allermeisten
Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen, sind Binnenvertriebene oder finden Zuflucht in
den jeweiligen Nachbarstaaten. Mit dem Ausbau verlässlicher humanitärer Hilfe sowie
strukturbildender Übergangshilfe in Krisenregionen können wir Menschen – darunter auch
Geflüchtete und Binnenvertriebene – in ihrer akuten Notlage unterstützen. So tragen wir dazu
bei, das Leid unmittelbar vor Ort zu lindern. Mit Entwicklungszusammenarbeit auf Augenhöhe,
sowie mit fairen Handelsbeziehungen können wir langfristig zur Verbesserung der
Lebensperspektiven beitragen; die Bereitstellung von Stabilisierungsmittel trägt zur Krisen-
und Konfliktprävention bei.
12. Abschiebungen von Jesid*innen stoppen und Bleiberecht sichern
Für Bündnis 90/Die Grünen ist klar, dass zunehmende Rückführungen nicht diejenigen treffen dürfen, die am stärksten den Schutz unserer Gemeinschaft brauchen. Dass unter der Verantwortung des Bundesinnenministeriums Jesid*innen in den Irak abgeschoben wurden und weiter werden sollen, obwohl der Deutsche Bundestag noch im Januar den Genozid an ihrer Gemeinschaft durch den sogenannten Islamischen Staat im Jahr 2014 anerkannt hat, ist inakzeptabel und beschädigt die Verantwortung, die wir als Land tragen. Um die derzeit stattfindenden Abschiebungen von Jesid*innen zu stoppen, sehen wir Innenministerin Nancy Faeser in der Pflicht, alle unbürokratischen Möglichkeiten zu nutzen, um Abschiebungen von Jesid*innen zu verhindern. Auch die Länder müssen Abschiebungen von Jesid*innen sofort und konsequent stoppen und dazu auf die ihnen möglichen Rechtsgrundlagen zurückgreifen. Gleichzeitig stehen wir einer Regelung im Aufenthaltsgesetz offen gegenüber, die einen Bleibeanspruch von Jesid*innen rechtsverbindlich macht.
weitere Antragsteller*innen
Insgesamt 111 Unterstützer*innen.- Erhard Grundl (KV Straubing-Bogen)
- Felix Lütke (KV Duisburg)
- Kathrin Henneberger (KV Mönchengladbach)
- Gönül Eglence (KV Essen)
- Stephanie Aeffner (KV Pforzheim und Enzkreis)
- Sabine Grützmacher (KV Oberberg)
- Susanne Menge (KV Oldenburg-Stadt)
- Firat Yakşan (KV Köln)
- Anton Hofreiter (KV München-Land)
- Kirsten Kappert-Gonther (KV Bremen-Nordost)
- Anna Cavazzini (KV Chemnitz)
- Berivan Aymaz (KV Köln)
- Corinna Rüffer (KV Trier)
- Katja Poredda (KV Köln)
- Katrin Lögering (KV Dortmund)
- Anna Katharina di Bari (KV Bochum)
- Cim Kartal (KV Bielefeld)
- Matthias Schneider (KV Duisburg)
- Karsten Finke (KV Bochum)
- Ali Saker (KV Münster)
- Cyrill Ibn Salem (KV Köln)
- Michael Bloss (KV Stuttgart)
- Jonathan Sieger (KV Köln)
- Sabine Yündem (KV Remscheid)
- Orkun Şensebat (KV Aachen)
- Jenny Brunner (KV Dortmund)
- Nils Kriegeskorte (KV Ennepe-Ruhr)
- Jakob Florian Kraasch (KV Bonn)
- Antje Westhues (KV Bochum)
- Helena Jamal (KV Essen)
- Julia Löffler (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Jan Schmid (KV Berlin-Tempelhof/Schöneberg)
- Astrid Stahn (KV Rhein-Sieg)
- Hannah Rosenbaum (KV Dortmund)
- Maik Babenhauserheide (KV Herford)
- Yannick Brugger (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Sandra Smolka (KV Freising)
- Alexandra Geese (KV Bonn)
- Anne Kathrin Herbermann (KV Münster)
- Leon Eckert (KV Freising)
- Annelie Strosing (KV Mülheim)
- Marcus Schmitt (KV Main-Taunus)
- Deborah Rapp (KV Duisburg)
- Johannes Mihram (KV Berlin-Mitte)
- Gilberte Raymonde Mandel-Driesen (KV Mülheim)
- Benjamin Rauer (KV Minden-Lübbecke)
- Moritz Oberberg (KV Bochum)
- Johannes Klein (KV Saarbrücken)
- Pia Troßbach (KV Frankfurt)
- Luis Hotten (KV Dortmund)
- Ocean Renner (KV Nordfriesland)
- Louisa Baumann (KV Oberhausen)
- Marcel Emmerich (KV Ulm)
- Christina Markfort (KV Hamburg-Mitte)
- Sandra Krautscheid (KV Rhein-Sieg)
- Bettina Deutelmoser (KV Stade)
- Yvonne Marchewitz (KV Hannover)
- Thorge Babbe (KV Chemnitz)
- Meike Gerwin (KV Gelsenkirchen)
- Sebastian Pewny (KV Bochum)
- Aleksej Puzyrev (KV Bochum)
- Anke Dörsam (KV Berlin-Kreisfrei)
- Steffen Sander (KV Bochum)
- Tim Achtermeyer (KV Bonn)
- Vera Johanna Jandt (KV Wuppertal)
- Jacob Liedtke (KV Herne)
- Moritz Wächter (KV Rhein-Sieg)
- Eva Miriam Fuchs (KV Wuppertal)
- Barbara Jessel (KV Bochum)
- Jenny Laube (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Christoph Lorenz (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Schahina Gambir (KV Minden-Lübbecke)
- Karsten Ludwig (KV Krefeld)
- Julian Pahlke (KV Leer/Ostfriesland)
- Ikram Kabchi (KV Duisburg)
- Birgit Fligge (KV Bochum)
- Rasmus Andresen (KV Flensburg)
- Ulle Schauws (KV Krefeld)
- Luna Möbius (KV Halle)
- Melsa Yildirim (KV Mülheim)
- Daniel Freund (KV Aachen)
- Birgit Vasiliades (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Ilayda Bostancieri (KV Gelsenkirchen)
- Anna Peters (KV Emmendingen)
- Martin Kesztyüs (KV Hamm)
- Sebastian Hiller (KV Kleve)
- Tino Mark (KV Bochum)
- Johannes Rückerl (KV Regensburg-Stadt)
- Yazgülü Zeybek (KV Wuppertal)
- Svenja Appuhn (KV Hannover)
- René Adiyaman (KV Ennepe-Ruhr)
- Martine Richli (KV Düsseldorf)
- Jamila Schäfer (KV München)
- Tjark Melchert (KV Gifhorn)
- Ali-James Dokoohaki (KV Bochum)
- Timo Eismann (KV Recklinghausen)
- Laura Steeger (KV Mönchengladbach)
- Nyke Slawik (KV Leverkusen)
- Julia Valentina Schneider (KV Essen)
- Tom Höfner (KV Bochum)
- Emma Spieckermann (KV Bochum)
- Feline Johanna Paul (KV Dortmund)
- Felix Elias Detzkeit (KV Hamburg-Eimsbüttel)
- Clara Padberg (KV Bochum)
- Philipp Hoffmann (KV Mülheim)
- Sandra Tavilla (KV Mülheim)
- Justus Lichau (KV Herne)
- Robin Conrad (KV Recklinghausen)
- Dagmar Alfes (KV Bochum)
- Esma Ünsür (KV Bochum)
- Samuel Frieling (KV Münster)
- Martine Richli (KV Düsseldorf)
- Jamila Schäfer (KV München)
- Tjark Melchert (KV Gifhorn)
- Ali-James Dokoohaki (KV Bochum)
- Timo Eismann (KV Recklinghausen)
- Laura Steeger (KV Mönchengladbach)
- Nyke Slawik (KV Leverkusen)
- Julia Valentina Schneider (KV Essen)
- Tom Höfner (KV Bochum)
- Emma Spieckermann (KV Bochum)
- Feline Johanna Paul (KV Dortmund)
- Felix Elias Detzkeit (KV Hamburg-Eimsbüttel)
- Clara Padberg (KV Bochum)
- Philipp Hoffmann (KV Mülheim)
- Sandra Tavilla (KV Mülheim)
- Justus Lichau (KV Herne)
- Robin Conrad (KV Recklinghausen)
- Dagmar Alfes (KV Bochum)
- Esma Ünsür (KV Bochum)
- Samuel Frieling (KV Münster)
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vorsieht. Es müssen nun schnell tragfähige Abkommen durch den Sonderbevollmächtigten der Bundesregierung ressortübergreifend koordiniert und abgeschlossen werden.
Der Deutsche Bundestag hat noch im Januar den Genozid an den Jesid*innen durch den sogenannten „Islamischen Staat“ anerkannt. Daraus erwächst für uns eine besondere Verantwortung gegenüber den Opfern. Abschiebungen von Jesid*innen in den Irak stellen wir uns darum entgegen. Wir treten dafür ein, dass Bund und Länder alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um Abschiebungen von Jesid*innen zu verhindern Die Möglichkeit der Rückkehr von abgeschobenen Jesid*innen soll geprüft werden. Gleichzeitig streben wir an im Aufenthaltsgesetz eine rechtssichere Bleibeperspektive für Jesid*innen zu schaffen.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat im vergangenen Jahr die größte
Fluchtbewegung in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Darüber hinaus suchen wieder
mehr Menschen Schutz, die von Terror, Krieg oder politischer Verfolgung in Heimatländern wie
Afghanistan oder Syrien bedroht sind. Bund, Länder und Kommunen haben in den zurückliegenden
Jahren hart daran gearbeitet, den Menschen, die zu uns kommen, eine Unterkunft zu geben und
sie zu versorgen. Insbesondere die Kommunen und viele Freiwillige haben dabei Unschätzbares
geleistet. Ihnen allen gilt unser Dank.
Gleichzeitig gilt: Viele Kommunen kommen zunehmend an ihre Belastungsgrenze. Manche Behörde
kommt kaum noch hinterher. Die Integrationsarbeit wird erschwert. Es fehlt vielerorts an
Wohnraum und an Personal, gerade auch zur Betreuung unbegleiteter minderjähriger
Flüchtlinge. Die Kräfte der vielen Ehrenamtlichen lassen allmählich nach. Wir sehen diese
Belastung und sehen es als unseren Auftrag, die Kommunen zu unterstützen.
Vor diesem Hintergrund war es wichtig, dass Bund und Landesregierungen unterschiedlicher
Konstellation im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) vom 6. November in der Lage
waren, zu einer breiten Einigung unter den demokratischen Parteien zu kommen. Diese Einigung
bietet eine Grundlage, um die Kommunen bei der Bewältigung ihrer großen Aufgabe zu
unterstützen. Auch wenn wir Punkte, wie etwa die geplante Verlängerung des
Grundleistungsbezugs des Asylbewerberleistungsgesetzes oder die Prüfung von Asylverfahren in
Transit- und Drittstaaten kritisieren: Unsere Demokratie ist stark und muss dies durch ihre
Lösungskompetenz und Handlungsfähigkeit zeigen. Das Vertrauen der Menschen in diesem Land in
demokratische Institutionen hängt auch davon ab, ob die Herausforderungen angegangen werden.
Wir wissen, dass wir Verantwortung für den Zusammenhalt im Land tragen. Unser Land kann
diese Aufgabe meistern.
Dabei setzen wir in der Migrationspolitik auf Humanität und Ordnung. Diese bedingen
einander. Denn Humanität kann es dauerhaft nur mit geordneten Verfahren geben, während
Abschottung zu Chaos führt. Es braucht klare Regeln, die den Menschen in Not helfen. Die
Hilfe muss gleichzeitig vernünftig organisiert sein.
Deutschland ist zurecht grundgesetzlich wie völkerrechtlich einer Migrationspolitik der
Humanität verpflichtet. Deutschland als eines der größten Aufnahmeländer der Welt darf seine
Empathie und Menschlichkeit nicht aufgeben. Hinter jeder Zahl und jeder Statistik verbirgt
sich ein Mensch, eine Familie, ein Schicksal. Die Menschen sind gezwungen, ihre Heimat zu
verlassen und fliehen vor Krieg und Vertreibung. Wir wollen Schutzbedürftigen helfen,
unserer humanitären Verantwortung gerecht werden und hierfür auch legale und sichere
Fluchtwege gewährleisten. Wer Schutz braucht, muss Schutz bekommen.
Wir wollen Menschen auch Möglichkeiten und Chancen bieten. Wir brauchen Menschen, die zu uns
kommen und hier arbeiten wollen. Denn unsere Gesellschaft braucht Migration, unsere
Wirtschaft benötigt Fach- und Arbeitskräfte – in der Industrie, im Gesundheitswesen, in der
Gastronomie, in der Wissenschaft. Dafür werben wir weltweit um die besten Köpfe und
fleißigsten Hände. Wir können es uns nicht leisten, dass Menschen aus anderen Ländern sich
bei uns nicht willkommen fühlen.
Eine Politik wiederum, die das Heft des Handelns aus der Hand gibt, kommt ihrer
Verantwortung nicht nach und verliert die Akzeptanz der Bürger*innen. Wir wissen: Steuerung,
Ordnung und Rückführung gehören zur Realität eines Einwanderungslandes wie Deutschland dazu.
Es braucht legale und sichere Wege zu uns, jenseits einer menschenfeindlichen Festung Europa
einerseits und unkontrollierter Grenzen andererseits. Wir verteidigen das Grundrecht auf
Asyl und unsere internationalen Verpflichtungen wie die Genfer Flüchtlingskonvention. Wir
wollen aber nicht nur ein Bekenntnis abgeben, wir wollen diesen Anspruch pragmatisch
umsetzen: Wir packen reale Probleme an und entwickeln tatsächliche Lösungen. Das bedeutet:
Wir wollen Kapazitäten ausbauen, die soziale Infrastruktur stärken und tragfähige Strukturen
schaffen. Daneben müssen, wo die Kapazitäten erschöpft sind, durch rechtsstaatliche und
menschenwürdige Maßnahmen auch die Zahlen sinken. Eine Obergrenze ist weder machbar noch
rechtens noch human.
Kurzum: Nur eine Politik, die Werte und Wirklichkeit verbindet, wird auf Dauer tragen. Dafür
wollen wir in der Gesellschaft selbstbewusst werben: Wir hören zu, nehmen Probleme ernst und
setzen uns für eine rechtebasierte Asyl- und Migrationspolitik ein, die unseren Zusammenhalt
stärkt und erweitert.
Wir wissen um die Tragweite unserer Entscheidungen. Jede vermeintliche Kleinigkeit im
Regelwerk kann existenzielle Auswirkungen für Individuen haben. Als eine Partei, die sich
auch für den Einsatz für Minderheitenrechte gegründet hat, sind BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stets
dem Grundsatz der Humanität verpflichtet. Diese in eine Ordnung zu gießen, ist nun das
Gebot. Wir suchen und geben Antworten, die dem Ernst und der Größe der Herausforderung
angemessen sind, statt es uns mit einfachen Antworten und unsachlichen
Profilierungsversuchen leicht zu machen, wie es die Populist*innen tun. Wir streiten
ernsthaft um den richtigen Weg, auch stellvertretend für die Gesellschaft. In Demut vor der
Aufgabe und im Wissen darum, dass es keine einfachen Lösungen gibt.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich ein für:
- Kommunen unterstützen
Wir wollen Städte und Gemeinden besser unterstützen. Es ist gut, dass Bund und Länder bei
der finanziellen Unterstützung einen großen Schritt vorangekommen sind. Dafür haben wir
lange gekämpft. Als Teil der Ampelregierung sorgen wir für eine dauerhafte und strukturelle
Finanzierung des Bundes, die langfristige Planungssicherheit für Länder und die Kommunen
ermöglicht. Gleichzeitig etablieren wir eine flexible Komponente, die Kommunen proportional
zur Zahl der Schutzsuchenden unterstützt. Nun ist klar: Wenn mehr Geflüchtete von einer
Kommune versorgt werden, steigen auch die entsprechenden finanziellen Mittel. In den
Kommunen wird der Grundstein für die Integration gelegt. Hier müssen die entsprechenden
Voraussetzungen geschaffen und dauerhaft vorgehalten werden. Diesen Weg gehen wir weiter.
- Soziale Infrastruktur ausbauen
Wir wollen unsere soziale Infrastruktur stärken und Investitionen auf den Weg bringen.
Migration wirkt wie ein Brennglas auf bestehende Probleme, die wir alle im Alltag spüren,
nicht nur bei der Aufnahme von Geflüchteten: Unsere soziale Infrastruktur muss dauerhaft
stärker werden. Der Mangel an Wohnraum oder die unzureichende Anzahl an Schul- und
Kitaplätzen wurde in den letzten Monaten noch einmal deutlich. Dieses Problem ist keines,
das wir allein für die Geflüchteten angehen müssen, sondern für die gesamte Gesellschaft.
Doch sind die Geflüchteten oft die ersten, denen die fehlenden Kapazitäten angelastet
werden. Klar ist: Es wurde zu lange zu wenig getan. Wir wollen deshalb in den Wohnungsbau
investieren und dafür sorgen, dass insbesondere mehr Wohnungen mit sozialer Bindung
entstehen. Wir wollen auf allen Ebenen in den Ausbau guter Schulen und Kitas investieren.
Dafür müssen wir mehr Lehrer*innen und Erzieher*innen gewinnen und ausbilden.
- Integrationsoffensive starten
Wir wollen Integration vorantreiben und Perspektiven für Geflüchtete schaffen, damit sie
Teil unserer Gesellschaft werden. Gute Integrations- und Sprachkurse sorgen dafür, dass
Menschen sich schnell einleben und ihren Alltag bewältigen können. Dafür müssen die Kurse
von Anfang an verfügbar sein, flächendeckend ausgebaut und zuverlässig finanziert werden.
Wir nehmen die besonderen Anforderungen etwa an Integrationskurse mit Kinderbetreuung in den
Blick, damit auch Sorgeberechtigte teilnehmen können. Wir wollen auch, dass mehr Sprachkurse
in den Abendstunden angeboten werden, sodass sie berufsbegleitend wahrgenommen werden
können. Die Migrationsberatung wollen wir stärken.
- Menschen, die zu uns kommen, in Arbeit bringen
Wir wollen, dass Schutzsuchende schnellstmöglich eine Arbeit aufnehmen können. Unternehmen
suchen händeringend nach Mitarbeiter*innen und Arbeitskräften, während es für viele
Geflüchtete noch schwierig, für manche sogar verboten ist, eine Arbeit aufzunehmen. Denn
wenn Arbeitgeber*innen und Geflüchtete sich einig sind, sollte der Staat nicht mit unnötiger
Bürokratie im Weg stehen. Wer hierher kommt, soll seinen Lebensunterhalt auch schnell selbst
bestreiten können. Das entlastet die öffentlichen Kassen, leistet einen Beitrag im Kampf
gegen den Fach- und Arbeitskräftemangel – und fördert frühzeitig Integration und Teilhabe.
Der Arbeitsmarkt war und ist stets der stärkste Motor für Integration. Dafür haben wir die
Möglichkeit eines Spurwechsels für Geduldete aus der Asyl- in die Erwerbsmigration
geschaffen und mit dem Chancenaufenthaltsgesetz und dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz den
Paradigmenwechsel eingeleitet. Wir begrüßen außerdem die von der Bundesregierung in den
Verhandlungen zum Migrationspaket geplanten Erleichterungen bei der Arbeitsmarktintegration,
zum Beispiel durch die Änderung der Stichtagsregelung bei der Beschäftigungsduldung oder die
Lockerung von Arbeitsverboten, die eine deutliche Verbesserung bedeuten. Daran arbeiten wir
weiter. Wer arbeiten kann, soll es auch dürfen.
- Verfahren beschleunigen
Wir wollen für schnellere Verfahren (“fast and fair”) – und damit für Klarheit für
Betroffene wie für die Kommunen sorgen. Menschen, die Schutz suchen, bekommen so schneller
Gewissheit darüber, ob sie bleiben können. Dafür müssen Verfahren vereinfacht, angepasst und
digitalisiert werden. Dazu zählt insbesondere der Datenaustausch zwischen den beteiligten
Behörden durch eine einheitliche bundesweite IT-Plattform, die zum Beispiel eine bessere
Verteilung ermöglicht. Unnötige Bürokratie muss beendet werden. Aufenthaltserlaubnisse sowie
Visa für Erwerbs- und Bildungsmigration sollen für längere Zeiträume erteilt werden, damit
nicht ständig Verlängerungen vorgenommen werden müssen. Antragstellungen sollten leichter
und digitalisiert ablaufen. Hier gehen wir mit der Visadigitalisierung bereits wichtige
Schritte. Berufsabschlüsse wollen wir schneller anerkennen. So entlasten wir die Behörden
und schaffen Ressourcen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die
Einwanderungs- und Ausländerbehörden der Länder, die deutschen Auslandsvertretungen sowie
die Verwaltungsgerichte müssen personell besser aufgestellt werden. Dafür braucht es mehr
Mittel.
- Rückführungen rechtsstaatlich durchführen
Wir wollen, dass Rückführungen rechtsstaatlich durchgeführt werden. Nicht jeder, der nach
Deutschland kommt, kann bleiben. Wer vor Krieg und Verfolgung flieht, hat ein Recht auf
Schutz. Wer nach sorgfältiger Prüfung auf asyl- und aufenthaltsrechtliche Voraussetzungen
sowie nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel kein Aufenthaltsrecht erhalten hat, muss zügig
wieder ausreisen. Dieses Prinzip glaubwürdig anzuwenden, ist eine Voraussetzung für die
gesellschaftliche Akzeptanz. Dafür braucht es funktionierende Regeln auch im Bereich der
Rückführungen, die stets rechtsstaatliche Standards sicherstellen. Die freiwillige Rückkehr
steht dabei für uns im Vordergrund. Menschen, die schwere Straftaten begangen haben, müssen
nach Verbüßung ihrer Strafe prioritär zurückgeführt werden. Da, wo Rückführungen notwendig
sind, müssen sie auch vollziehbar sein, und dabei stets dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit folgen, der unsere Leitschnur ist. Gerade der Schutz vulnerabler Gruppen
sowie von Familien und Kindern muss sichergestellt sein.
- Migrationsabkommen abschließen
Wir wollen Migration steuern, ordnen und dafür Migrationsabkommen abschließen, die zugleich
legale Einreisewege schaffen. Eine bessere Steuerung der Migration kann nur gelingen, wenn
wir mit den Herkunftsstaaten zusammenarbeiten. Jeder Staat ist verpflichtet, seine
Staatsbürger*innen und somit auch abgelehnte Asylbewerber zurückzunehmen; dieser
Verpflichtung steht in den Migrationsabkommen ein Angebot gegenüber, das für den
Herkunftsstaat und uns einen konkreten Nutzen hat. So steigern wir die
Kooperationsbereitschaft, an der das Ausstellen fehlender Ausweispapiere und Rückführungen
häufig scheitert und schaffen geordnete Verfahren, etwa für die Arbeitsmigration. Mehr
geregelte Migration ermöglicht weniger ungeregelte Migration: Da müssen wir hinkommen – weg
von Schlauchboot und Schleusern, hin zu geordneten Verfahren. Die Abkommen sollen ein
Gesamtkonzept bieten, das auch Resettlement-Programme, den Ausbau von wirtschaftlicher
Zusammenarbeit oder Technologietransfers, Visa-Erleichterungen oder Qualifizierungsmaßnahmen
vorsieht. Es müssen nun schnell tragfähige Abkommen durch den Sonderbevollmächtigten der
Bundesregierung ressortübergreifend koordiniert und abgeschlossen werden.
Der Deutsche Bundestag hat noch im Januar den Genozid an den Jesid*innen durch den sogenannten „Islamischen Staat“ anerkannt. Daraus erwächst für uns eine besondere Verantwortung gegenüber den Opfern. Abschiebungen von Jesid*innen in den Irak stellen wir uns darum entgegen. Wir treten dafür ein, dass Bund und Länder alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um Abschiebungen von Jesid*innen zu verhindern Die Möglichkeit der Rückkehr von abgeschobenen Jesid*innen soll geprüft werden. Gleichzeitig streben wir an im Aufenthaltsgesetz eine rechtssichere Bleibeperspektive für Jesid*innen zu schaffen.
- Gemeinsame europäische Migrationspolitik entwickeln
Wir wollen ein wirksames gemeinsames europäisches Asylsystem entwickeln. Europa ist stark
und handlungsfähig, wenn es zusammensteht. Wir müssen in Europa gemeinsam an einer
rechtsbasierten und lösungsorientierten Flüchtlingspolitik arbeiten. Wir stehen zu unseren
völkerrechtlichen und europäischen Verpflichtungen. Wir erwarten dabei allerdings auch, dass
andere EU-Staaten ihre Verpflichtungen einhalten. Wir wollen eine faire Verteilung von
Schutzsuchenden. Deutschland hat in den letzten Jahren sehr viele Geflüchtete aufgenommen.
Wir wollen, dass alle Menschen, die zu uns kommen, an den Außengrenzen registriert werden
und es zu einer fairen Verteilung in Europa kommt. Dafür müssen auch andere europäische
Länder mehr Verantwortung übernehmen. Ein verbindlicher Solidaritätsmechanismus zur
Verteilung von Geflüchteten ist dazu ein richtiger Schritt. In den derzeitigen Verhandlungen
zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) setzen wir uns für ein
funktionierendes, menschenwürdiges System, in dem Familien und Kinder sowie vulnerable
Gruppen besonders geschützt werden, sowie für eine verbindliche Verteilung und
Rechtsdurchsetzung ein. Die Einführung des auch in Großbritannien gescheiterten Ruanda-
Modells lehnen wir entschieden ab.
- Menschenrechte auch an den EU-Außengrenzen durchsetzen
Wir wollen, dass Menschenrechte überall und jederzeit eingehalten werden. Der
menschenrechtswidrige Umgang mit Geflüchteten an den europäischen Außengrenzen ist
unhaltbar, er sorgt für Leid und Chaos. Menschenrechte werden verletzt, ordentliche
Verfahren sind nicht gewährleistet. Auch aus diesem Grund fliehen viele Menschen weiter und
suchen Zuflucht bei uns. So kann es nicht weitergehen. Wir wollen deshalb Regeln in Europa
schaffen, die rechtsstaatliche und menschenwürdige Aufnahmen und Verfahren sicherstellen.
Wir wollen, dass Menschenrechte an den Außengrenzen überwacht und Menschen zuverlässig
registriert werden. Wo Menschenrechtsverstöße begangen werden, müssen diese konsequent
sanktioniert werden.
- Seenotrettung stärken
Wir wollen das Sterben auf dem Mittelmeer beenden. Die Seenotrettung ist eine rechtliche und
humanitäre Verpflichtung, die wir aus tiefer Überzeugung unterstützen. Allein in diesem Jahr
sind nach Angaben der Vereinten Nationen bereits mehr als 2.500 Menschen beim Versuch, das
Mittelmeer zu überqueren, gestorben oder gelten als vermisst. Die EU als Wertegemeinschaft
darf dem Massensterben im Mittelmeer nicht tatenlos zusehen, sondern muss es beenden. Die
Förderung der zivilen Seenotrettung durch den Bund ist ein wichtiger Beitrag; sie kann
jedoch keine staatlich koordinierte Seenotrettung ersetzen.
- Fluchtursachen bekämpfen
Wir wollen die komplexen Ursachen für Flucht und Migration in einem umfassenden Ansatz
gemeinsam mit den Herkunfts- und Transitländern bearbeiten. Die wichtigsten Auslöser sind
bewaffnete Konflikte und Verfolgung aus politischen, ethnischen oder religiösen Gründen.
Hinzu kommen die sich verschärfende Klimakrise sowie strukturelle Ursachen, die in
wirtschaftlichen und sozialen, aber auch politischen Unsicherheiten liegen. Die allermeisten
Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen, sind Binnenvertriebene oder finden Zuflucht in
den jeweiligen Nachbarstaaten. Mit dem Ausbau verlässlicher humanitärer Hilfe sowie
strukturbildender Übergangshilfe in Krisenregionen können wir Menschen – darunter auch
Geflüchtete und Binnenvertriebene – in ihrer akuten Notlage unterstützen. So tragen wir dazu
bei, das Leid unmittelbar vor Ort zu lindern. Mit Entwicklungszusammenarbeit auf Augenhöhe,
sowie mit fairen Handelsbeziehungen können wir langfristig zur Verbesserung der
Lebensperspektiven beitragen; die Bereitstellung von Stabilisierungsmittel trägt zur Krisen-
und Konfliktprävention bei.
Antragstext
Von Zeile 203 bis 204 einfügen:
Lebensperspektiven beitragen; die Bereitstellung von Stabilisierungsmittel trägt zur Krisen- und Konfliktprävention bei.
12. Abschiebungen von Jesid*innen stoppen und Bleiberecht sichern
Für Bündnis 90/Die Grünen ist klar, dass zunehmende Rückführungen nicht diejenigen treffen dürfen, die am stärksten den Schutz unserer Gemeinschaft brauchen. Dass unter der Verantwortung des Bundesinnenministeriums Jesid*innen in den Irak abgeschoben wurden und weiter werden sollen, obwohl der Deutsche Bundestag noch im Januar den Genozid an ihrer Gemeinschaft durch den sogenannten Islamischen Staat im Jahr 2014 anerkannt hat, ist inakzeptabel und beschädigt die Verantwortung, die wir als Land tragen. Um die derzeit stattfindenden Abschiebungen von Jesid*innen zu stoppen, sehen wir Innenministerin Nancy Faeser in der Pflicht, alle unbürokratischen Möglichkeiten zu nutzen, um Abschiebungen von Jesid*innen zu verhindern. Auch die Länder müssen Abschiebungen von Jesid*innen sofort und konsequent stoppen und dazu auf die ihnen möglichen Rechtsgrundlagen zurückgreifen. Gleichzeitig stehen wir einer Regelung im Aufenthaltsgesetz offen gegenüber, die einen Bleibeanspruch von Jesid*innen rechtsverbindlich macht.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat im vergangenen Jahr die größte
Fluchtbewegung in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Darüber hinaus suchen wieder
mehr Menschen Schutz, die von Terror, Krieg oder politischer Verfolgung in Heimatländern wie
Afghanistan oder Syrien bedroht sind. Bund, Länder und Kommunen haben in den zurückliegenden
Jahren hart daran gearbeitet, den Menschen, die zu uns kommen, eine Unterkunft zu geben und
sie zu versorgen. Insbesondere die Kommunen und viele Freiwillige haben dabei Unschätzbares
geleistet. Ihnen allen gilt unser Dank.
Gleichzeitig gilt: Viele Kommunen kommen zunehmend an ihre Belastungsgrenze. Manche Behörde
kommt kaum noch hinterher. Die Integrationsarbeit wird erschwert. Es fehlt vielerorts an
Wohnraum und an Personal, gerade auch zur Betreuung unbegleiteter minderjähriger
Flüchtlinge. Die Kräfte der vielen Ehrenamtlichen lassen allmählich nach. Wir sehen diese
Belastung und sehen es als unseren Auftrag, die Kommunen zu unterstützen.
Vor diesem Hintergrund war es wichtig, dass Bund und Landesregierungen unterschiedlicher
Konstellation im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) vom 6. November in der Lage
waren, zu einer breiten Einigung unter den demokratischen Parteien zu kommen. Diese Einigung
bietet eine Grundlage, um die Kommunen bei der Bewältigung ihrer großen Aufgabe zu
unterstützen. Auch wenn wir Punkte, wie etwa die geplante Verlängerung des
Grundleistungsbezugs des Asylbewerberleistungsgesetzes oder die Prüfung von Asylverfahren in
Transit- und Drittstaaten kritisieren: Unsere Demokratie ist stark und muss dies durch ihre
Lösungskompetenz und Handlungsfähigkeit zeigen. Das Vertrauen der Menschen in diesem Land in
demokratische Institutionen hängt auch davon ab, ob die Herausforderungen angegangen werden.
Wir wissen, dass wir Verantwortung für den Zusammenhalt im Land tragen. Unser Land kann
diese Aufgabe meistern.
Dabei setzen wir in der Migrationspolitik auf Humanität und Ordnung. Diese bedingen
einander. Denn Humanität kann es dauerhaft nur mit geordneten Verfahren geben, während
Abschottung zu Chaos führt. Es braucht klare Regeln, die den Menschen in Not helfen. Die
Hilfe muss gleichzeitig vernünftig organisiert sein.
Deutschland ist zurecht grundgesetzlich wie völkerrechtlich einer Migrationspolitik der
Humanität verpflichtet. Deutschland als eines der größten Aufnahmeländer der Welt darf seine
Empathie und Menschlichkeit nicht aufgeben. Hinter jeder Zahl und jeder Statistik verbirgt
sich ein Mensch, eine Familie, ein Schicksal. Die Menschen sind gezwungen, ihre Heimat zu
verlassen und fliehen vor Krieg und Vertreibung. Wir wollen Schutzbedürftigen helfen,
unserer humanitären Verantwortung gerecht werden und hierfür auch legale und sichere
Fluchtwege gewährleisten. Wer Schutz braucht, muss Schutz bekommen.
Wir wollen Menschen auch Möglichkeiten und Chancen bieten. Wir brauchen Menschen, die zu uns
kommen und hier arbeiten wollen. Denn unsere Gesellschaft braucht Migration, unsere
Wirtschaft benötigt Fach- und Arbeitskräfte – in der Industrie, im Gesundheitswesen, in der
Gastronomie, in der Wissenschaft. Dafür werben wir weltweit um die besten Köpfe und
fleißigsten Hände. Wir können es uns nicht leisten, dass Menschen aus anderen Ländern sich
bei uns nicht willkommen fühlen.
Eine Politik wiederum, die das Heft des Handelns aus der Hand gibt, kommt ihrer
Verantwortung nicht nach und verliert die Akzeptanz der Bürger*innen. Wir wissen: Steuerung,
Ordnung und Rückführung gehören zur Realität eines Einwanderungslandes wie Deutschland dazu.
Es braucht legale und sichere Wege zu uns, jenseits einer menschenfeindlichen Festung Europa
einerseits und unkontrollierter Grenzen andererseits. Wir verteidigen das Grundrecht auf
Asyl und unsere internationalen Verpflichtungen wie die Genfer Flüchtlingskonvention. Wir
wollen aber nicht nur ein Bekenntnis abgeben, wir wollen diesen Anspruch pragmatisch
umsetzen: Wir packen reale Probleme an und entwickeln tatsächliche Lösungen. Das bedeutet:
Wir wollen Kapazitäten ausbauen, die soziale Infrastruktur stärken und tragfähige Strukturen
schaffen. Daneben müssen, wo die Kapazitäten erschöpft sind, durch rechtsstaatliche und
menschenwürdige Maßnahmen auch die Zahlen sinken. Eine Obergrenze ist weder machbar noch
rechtens noch human.
Kurzum: Nur eine Politik, die Werte und Wirklichkeit verbindet, wird auf Dauer tragen. Dafür
wollen wir in der Gesellschaft selbstbewusst werben: Wir hören zu, nehmen Probleme ernst und
setzen uns für eine rechtebasierte Asyl- und Migrationspolitik ein, die unseren Zusammenhalt
stärkt und erweitert.
Wir wissen um die Tragweite unserer Entscheidungen. Jede vermeintliche Kleinigkeit im
Regelwerk kann existenzielle Auswirkungen für Individuen haben. Als eine Partei, die sich
auch für den Einsatz für Minderheitenrechte gegründet hat, sind BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stets
dem Grundsatz der Humanität verpflichtet. Diese in eine Ordnung zu gießen, ist nun das
Gebot. Wir suchen und geben Antworten, die dem Ernst und der Größe der Herausforderung
angemessen sind, statt es uns mit einfachen Antworten und unsachlichen
Profilierungsversuchen leicht zu machen, wie es die Populist*innen tun. Wir streiten
ernsthaft um den richtigen Weg, auch stellvertretend für die Gesellschaft. In Demut vor der
Aufgabe und im Wissen darum, dass es keine einfachen Lösungen gibt.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich ein für:
- Kommunen unterstützen
Wir wollen Städte und Gemeinden besser unterstützen. Es ist gut, dass Bund und Länder bei
der finanziellen Unterstützung einen großen Schritt vorangekommen sind. Dafür haben wir
lange gekämpft. Als Teil der Ampelregierung sorgen wir für eine dauerhafte und strukturelle
Finanzierung des Bundes, die langfristige Planungssicherheit für Länder und die Kommunen
ermöglicht. Gleichzeitig etablieren wir eine flexible Komponente, die Kommunen proportional
zur Zahl der Schutzsuchenden unterstützt. Nun ist klar: Wenn mehr Geflüchtete von einer
Kommune versorgt werden, steigen auch die entsprechenden finanziellen Mittel. In den
Kommunen wird der Grundstein für die Integration gelegt. Hier müssen die entsprechenden
Voraussetzungen geschaffen und dauerhaft vorgehalten werden. Diesen Weg gehen wir weiter.
- Soziale Infrastruktur ausbauen
Wir wollen unsere soziale Infrastruktur stärken und Investitionen auf den Weg bringen.
Migration wirkt wie ein Brennglas auf bestehende Probleme, die wir alle im Alltag spüren,
nicht nur bei der Aufnahme von Geflüchteten: Unsere soziale Infrastruktur muss dauerhaft
stärker werden. Der Mangel an Wohnraum oder die unzureichende Anzahl an Schul- und
Kitaplätzen wurde in den letzten Monaten noch einmal deutlich. Dieses Problem ist keines,
das wir allein für die Geflüchteten angehen müssen, sondern für die gesamte Gesellschaft.
Doch sind die Geflüchteten oft die ersten, denen die fehlenden Kapazitäten angelastet
werden. Klar ist: Es wurde zu lange zu wenig getan. Wir wollen deshalb in den Wohnungsbau
investieren und dafür sorgen, dass insbesondere mehr Wohnungen mit sozialer Bindung
entstehen. Wir wollen auf allen Ebenen in den Ausbau guter Schulen und Kitas investieren.
Dafür müssen wir mehr Lehrer*innen und Erzieher*innen gewinnen und ausbilden.
- Integrationsoffensive starten
Wir wollen Integration vorantreiben und Perspektiven für Geflüchtete schaffen, damit sie
Teil unserer Gesellschaft werden. Gute Integrations- und Sprachkurse sorgen dafür, dass
Menschen sich schnell einleben und ihren Alltag bewältigen können. Dafür müssen die Kurse
von Anfang an verfügbar sein, flächendeckend ausgebaut und zuverlässig finanziert werden.
Wir nehmen die besonderen Anforderungen etwa an Integrationskurse mit Kinderbetreuung in den
Blick, damit auch Sorgeberechtigte teilnehmen können. Wir wollen auch, dass mehr Sprachkurse
in den Abendstunden angeboten werden, sodass sie berufsbegleitend wahrgenommen werden
können. Die Migrationsberatung wollen wir stärken.
- Menschen, die zu uns kommen, in Arbeit bringen
Wir wollen, dass Schutzsuchende schnellstmöglich eine Arbeit aufnehmen können. Unternehmen
suchen händeringend nach Mitarbeiter*innen und Arbeitskräften, während es für viele
Geflüchtete noch schwierig, für manche sogar verboten ist, eine Arbeit aufzunehmen. Denn
wenn Arbeitgeber*innen und Geflüchtete sich einig sind, sollte der Staat nicht mit unnötiger
Bürokratie im Weg stehen. Wer hierher kommt, soll seinen Lebensunterhalt auch schnell selbst
bestreiten können. Das entlastet die öffentlichen Kassen, leistet einen Beitrag im Kampf
gegen den Fach- und Arbeitskräftemangel – und fördert frühzeitig Integration und Teilhabe.
Der Arbeitsmarkt war und ist stets der stärkste Motor für Integration. Dafür haben wir die
Möglichkeit eines Spurwechsels für Geduldete aus der Asyl- in die Erwerbsmigration
geschaffen und mit dem Chancenaufenthaltsgesetz und dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz den
Paradigmenwechsel eingeleitet. Wir begrüßen außerdem die von der Bundesregierung in den
Verhandlungen zum Migrationspaket geplanten Erleichterungen bei der Arbeitsmarktintegration,
zum Beispiel durch die Änderung der Stichtagsregelung bei der Beschäftigungsduldung oder die
Lockerung von Arbeitsverboten, die eine deutliche Verbesserung bedeuten. Daran arbeiten wir
weiter. Wer arbeiten kann, soll es auch dürfen.
- Verfahren beschleunigen
Wir wollen für schnellere Verfahren (“fast and fair”) – und damit für Klarheit für
Betroffene wie für die Kommunen sorgen. Menschen, die Schutz suchen, bekommen so schneller
Gewissheit darüber, ob sie bleiben können. Dafür müssen Verfahren vereinfacht, angepasst und
digitalisiert werden. Dazu zählt insbesondere der Datenaustausch zwischen den beteiligten
Behörden durch eine einheitliche bundesweite IT-Plattform, die zum Beispiel eine bessere
Verteilung ermöglicht. Unnötige Bürokratie muss beendet werden. Aufenthaltserlaubnisse sowie
Visa für Erwerbs- und Bildungsmigration sollen für längere Zeiträume erteilt werden, damit
nicht ständig Verlängerungen vorgenommen werden müssen. Antragstellungen sollten leichter
und digitalisiert ablaufen. Hier gehen wir mit der Visadigitalisierung bereits wichtige
Schritte. Berufsabschlüsse wollen wir schneller anerkennen. So entlasten wir die Behörden
und schaffen Ressourcen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die
Einwanderungs- und Ausländerbehörden der Länder, die deutschen Auslandsvertretungen sowie
die Verwaltungsgerichte müssen personell besser aufgestellt werden. Dafür braucht es mehr
Mittel.
- Rückführungen rechtsstaatlich durchführen
Wir wollen, dass Rückführungen rechtsstaatlich durchgeführt werden. Nicht jeder, der nach
Deutschland kommt, kann bleiben. Wer vor Krieg und Verfolgung flieht, hat ein Recht auf
Schutz. Wer nach sorgfältiger Prüfung auf asyl- und aufenthaltsrechtliche Voraussetzungen
sowie nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel kein Aufenthaltsrecht erhalten hat, muss zügig
wieder ausreisen. Dieses Prinzip glaubwürdig anzuwenden, ist eine Voraussetzung für die
gesellschaftliche Akzeptanz. Dafür braucht es funktionierende Regeln auch im Bereich der
Rückführungen, die stets rechtsstaatliche Standards sicherstellen. Die freiwillige Rückkehr
steht dabei für uns im Vordergrund. Menschen, die schwere Straftaten begangen haben, müssen
nach Verbüßung ihrer Strafe prioritär zurückgeführt werden. Da, wo Rückführungen notwendig
sind, müssen sie auch vollziehbar sein, und dabei stets dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit folgen, der unsere Leitschnur ist. Gerade der Schutz vulnerabler Gruppen
sowie von Familien und Kindern muss sichergestellt sein.
- Migrationsabkommen abschließen
Wir wollen Migration steuern, ordnen und dafür Migrationsabkommen abschließen, die zugleich
legale Einreisewege schaffen. Eine bessere Steuerung der Migration kann nur gelingen, wenn
wir mit den Herkunftsstaaten zusammenarbeiten. Jeder Staat ist verpflichtet, seine
Staatsbürger*innen und somit auch abgelehnte Asylbewerber zurückzunehmen; dieser
Verpflichtung steht in den Migrationsabkommen ein Angebot gegenüber, das für den
Herkunftsstaat und uns einen konkreten Nutzen hat. So steigern wir die
Kooperationsbereitschaft, an der das Ausstellen fehlender Ausweispapiere und Rückführungen
häufig scheitert und schaffen geordnete Verfahren, etwa für die Arbeitsmigration. Mehr
geregelte Migration ermöglicht weniger ungeregelte Migration: Da müssen wir hinkommen – weg
von Schlauchboot und Schleusern, hin zu geordneten Verfahren. Die Abkommen sollen ein
Gesamtkonzept bieten, das auch Resettlement-Programme, den Ausbau von wirtschaftlicher
Zusammenarbeit oder Technologietransfers, Visa-Erleichterungen oder Qualifizierungsmaßnahmen
vorsieht. Es müssen nun schnell tragfähige Abkommen durch den Sonderbevollmächtigten der
Bundesregierung ressortübergreifend koordiniert und abgeschlossen werden.
- Gemeinsame europäische Migrationspolitik entwickeln
Wir wollen ein wirksames gemeinsames europäisches Asylsystem entwickeln. Europa ist stark
und handlungsfähig, wenn es zusammensteht. Wir müssen in Europa gemeinsam an einer
rechtsbasierten und lösungsorientierten Flüchtlingspolitik arbeiten. Wir stehen zu unseren
völkerrechtlichen und europäischen Verpflichtungen. Wir erwarten dabei allerdings auch, dass
andere EU-Staaten ihre Verpflichtungen einhalten. Wir wollen eine faire Verteilung von
Schutzsuchenden. Deutschland hat in den letzten Jahren sehr viele Geflüchtete aufgenommen.
Wir wollen, dass alle Menschen, die zu uns kommen, an den Außengrenzen registriert werden
und es zu einer fairen Verteilung in Europa kommt. Dafür müssen auch andere europäische
Länder mehr Verantwortung übernehmen. Ein verbindlicher Solidaritätsmechanismus zur
Verteilung von Geflüchteten ist dazu ein richtiger Schritt. In den derzeitigen Verhandlungen
zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) setzen wir uns für ein
funktionierendes, menschenwürdiges System, in dem Familien und Kinder sowie vulnerable
Gruppen besonders geschützt werden, sowie für eine verbindliche Verteilung und
Rechtsdurchsetzung ein. Die Einführung des auch in Großbritannien gescheiterten Ruanda-
Modells lehnen wir entschieden ab.
- Menschenrechte auch an den EU-Außengrenzen durchsetzen
Wir wollen, dass Menschenrechte überall und jederzeit eingehalten werden. Der
menschenrechtswidrige Umgang mit Geflüchteten an den europäischen Außengrenzen ist
unhaltbar, er sorgt für Leid und Chaos. Menschenrechte werden verletzt, ordentliche
Verfahren sind nicht gewährleistet. Auch aus diesem Grund fliehen viele Menschen weiter und
suchen Zuflucht bei uns. So kann es nicht weitergehen. Wir wollen deshalb Regeln in Europa
schaffen, die rechtsstaatliche und menschenwürdige Aufnahmen und Verfahren sicherstellen.
Wir wollen, dass Menschenrechte an den Außengrenzen überwacht und Menschen zuverlässig
registriert werden. Wo Menschenrechtsverstöße begangen werden, müssen diese konsequent
sanktioniert werden.
- Seenotrettung stärken
Wir wollen das Sterben auf dem Mittelmeer beenden. Die Seenotrettung ist eine rechtliche und
humanitäre Verpflichtung, die wir aus tiefer Überzeugung unterstützen. Allein in diesem Jahr
sind nach Angaben der Vereinten Nationen bereits mehr als 2.500 Menschen beim Versuch, das
Mittelmeer zu überqueren, gestorben oder gelten als vermisst. Die EU als Wertegemeinschaft
darf dem Massensterben im Mittelmeer nicht tatenlos zusehen, sondern muss es beenden. Die
Förderung der zivilen Seenotrettung durch den Bund ist ein wichtiger Beitrag; sie kann
jedoch keine staatlich koordinierte Seenotrettung ersetzen.
- Fluchtursachen bekämpfen
Wir wollen die komplexen Ursachen für Flucht und Migration in einem umfassenden Ansatz
gemeinsam mit den Herkunfts- und Transitländern bearbeiten. Die wichtigsten Auslöser sind
bewaffnete Konflikte und Verfolgung aus politischen, ethnischen oder religiösen Gründen.
Hinzu kommen die sich verschärfende Klimakrise sowie strukturelle Ursachen, die in
wirtschaftlichen und sozialen, aber auch politischen Unsicherheiten liegen. Die allermeisten
Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen, sind Binnenvertriebene oder finden Zuflucht in
den jeweiligen Nachbarstaaten. Mit dem Ausbau verlässlicher humanitärer Hilfe sowie
strukturbildender Übergangshilfe in Krisenregionen können wir Menschen – darunter auch
Geflüchtete und Binnenvertriebene – in ihrer akuten Notlage unterstützen. So tragen wir dazu
bei, das Leid unmittelbar vor Ort zu lindern. Mit Entwicklungszusammenarbeit auf Augenhöhe,
sowie mit fairen Handelsbeziehungen können wir langfristig zur Verbesserung der
Lebensperspektiven beitragen; die Bereitstellung von Stabilisierungsmittel trägt zur Krisen-
und Konfliktprävention bei.
12. Abschiebungen von Jesid*innen stoppen und Bleiberecht sichern
Für Bündnis 90/Die Grünen ist klar, dass zunehmende Rückführungen nicht diejenigen treffen dürfen, die am stärksten den Schutz unserer Gemeinschaft brauchen. Dass unter der Verantwortung des Bundesinnenministeriums Jesid*innen in den Irak abgeschoben wurden und weiter werden sollen, obwohl der Deutsche Bundestag noch im Januar den Genozid an ihrer Gemeinschaft durch den sogenannten Islamischen Staat im Jahr 2014 anerkannt hat, ist inakzeptabel und beschädigt die Verantwortung, die wir als Land tragen. Um die derzeit stattfindenden Abschiebungen von Jesid*innen zu stoppen, sehen wir Innenministerin Nancy Faeser in der Pflicht, alle unbürokratischen Möglichkeiten zu nutzen, um Abschiebungen von Jesid*innen zu verhindern. Auch die Länder müssen Abschiebungen von Jesid*innen sofort und konsequent stoppen und dazu auf die ihnen möglichen Rechtsgrundlagen zurückgreifen. Gleichzeitig stehen wir einer Regelung im Aufenthaltsgesetz offen gegenüber, die einen Bleibeanspruch von Jesid*innen rechtsverbindlich macht.
weitere Antragsteller*innen
Insgesamt 111 Unterstützer*innen.- Erhard Grundl (KV Straubing-Bogen)
- Felix Lütke (KV Duisburg)
- Kathrin Henneberger (KV Mönchengladbach)
- Gönül Eglence (KV Essen)
- Stephanie Aeffner (KV Pforzheim und Enzkreis)
- Sabine Grützmacher (KV Oberberg)
- Susanne Menge (KV Oldenburg-Stadt)
- Firat Yakşan (KV Köln)
- Anton Hofreiter (KV München-Land)
- Kirsten Kappert-Gonther (KV Bremen-Nordost)
- Anna Cavazzini (KV Chemnitz)
- Berivan Aymaz (KV Köln)
- Corinna Rüffer (KV Trier)
- Katja Poredda (KV Köln)
- Katrin Lögering (KV Dortmund)
- Anna Katharina di Bari (KV Bochum)
- Cim Kartal (KV Bielefeld)
- Matthias Schneider (KV Duisburg)
- Karsten Finke (KV Bochum)
- Ali Saker (KV Münster)
- Cyrill Ibn Salem (KV Köln)
- Michael Bloss (KV Stuttgart)
- Jonathan Sieger (KV Köln)
- Sabine Yündem (KV Remscheid)
- Orkun Şensebat (KV Aachen)
- Jenny Brunner (KV Dortmund)
- Nils Kriegeskorte (KV Ennepe-Ruhr)
- Jakob Florian Kraasch (KV Bonn)
- Antje Westhues (KV Bochum)
- Helena Jamal (KV Essen)
- Julia Löffler (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Jan Schmid (KV Berlin-Tempelhof/Schöneberg)
- Astrid Stahn (KV Rhein-Sieg)
- Hannah Rosenbaum (KV Dortmund)
- Maik Babenhauserheide (KV Herford)
- Yannick Brugger (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Sandra Smolka (KV Freising)
- Alexandra Geese (KV Bonn)
- Anne Kathrin Herbermann (KV Münster)
- Leon Eckert (KV Freising)
- Annelie Strosing (KV Mülheim)
- Marcus Schmitt (KV Main-Taunus)
- Deborah Rapp (KV Duisburg)
- Johannes Mihram (KV Berlin-Mitte)
- Gilberte Raymonde Mandel-Driesen (KV Mülheim)
- Benjamin Rauer (KV Minden-Lübbecke)
- Moritz Oberberg (KV Bochum)
- Johannes Klein (KV Saarbrücken)
- Pia Troßbach (KV Frankfurt)
- Luis Hotten (KV Dortmund)
- Ocean Renner (KV Nordfriesland)
- Louisa Baumann (KV Oberhausen)
- Marcel Emmerich (KV Ulm)
- Christina Markfort (KV Hamburg-Mitte)
- Sandra Krautscheid (KV Rhein-Sieg)
- Bettina Deutelmoser (KV Stade)
- Yvonne Marchewitz (KV Hannover)
- Thorge Babbe (KV Chemnitz)
- Meike Gerwin (KV Gelsenkirchen)
- Sebastian Pewny (KV Bochum)
- Aleksej Puzyrev (KV Bochum)
- Anke Dörsam (KV Berlin-Kreisfrei)
- Steffen Sander (KV Bochum)
- Tim Achtermeyer (KV Bonn)
- Vera Johanna Jandt (KV Wuppertal)
- Jacob Liedtke (KV Herne)
- Moritz Wächter (KV Rhein-Sieg)
- Eva Miriam Fuchs (KV Wuppertal)
- Barbara Jessel (KV Bochum)
- Jenny Laube (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Christoph Lorenz (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Schahina Gambir (KV Minden-Lübbecke)
- Karsten Ludwig (KV Krefeld)
- Julian Pahlke (KV Leer/Ostfriesland)
- Ikram Kabchi (KV Duisburg)
- Birgit Fligge (KV Bochum)
- Rasmus Andresen (KV Flensburg)
- Ulle Schauws (KV Krefeld)
- Luna Möbius (KV Halle)
- Melsa Yildirim (KV Mülheim)
- Daniel Freund (KV Aachen)
- Birgit Vasiliades (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Ilayda Bostancieri (KV Gelsenkirchen)
- Anna Peters (KV Emmendingen)
- Martin Kesztyüs (KV Hamm)
- Sebastian Hiller (KV Kleve)
- Tino Mark (KV Bochum)
- Johannes Rückerl (KV Regensburg-Stadt)
- Yazgülü Zeybek (KV Wuppertal)
- Svenja Appuhn (KV Hannover)
- René Adiyaman (KV Ennepe-Ruhr)
- Martine Richli (KV Düsseldorf)
- Jamila Schäfer (KV München)
- Tjark Melchert (KV Gifhorn)
- Ali-James Dokoohaki (KV Bochum)
- Timo Eismann (KV Recklinghausen)
- Laura Steeger (KV Mönchengladbach)
- Nyke Slawik (KV Leverkusen)
- Julia Valentina Schneider (KV Essen)
- Tom Höfner (KV Bochum)
- Emma Spieckermann (KV Bochum)
- Feline Johanna Paul (KV Dortmund)
- Felix Elias Detzkeit (KV Hamburg-Eimsbüttel)
- Clara Padberg (KV Bochum)
- Philipp Hoffmann (KV Mülheim)
- Sandra Tavilla (KV Mülheim)
- Justus Lichau (KV Herne)
- Robin Conrad (KV Recklinghausen)
- Dagmar Alfes (KV Bochum)
- Esma Ünsür (KV Bochum)
- Samuel Frieling (KV Münster)
- Martine Richli (KV Düsseldorf)
- Jamila Schäfer (KV München)
- Tjark Melchert (KV Gifhorn)
- Ali-James Dokoohaki (KV Bochum)
- Timo Eismann (KV Recklinghausen)
- Laura Steeger (KV Mönchengladbach)
- Nyke Slawik (KV Leverkusen)
- Julia Valentina Schneider (KV Essen)
- Tom Höfner (KV Bochum)
- Emma Spieckermann (KV Bochum)
- Feline Johanna Paul (KV Dortmund)
- Felix Elias Detzkeit (KV Hamburg-Eimsbüttel)
- Clara Padberg (KV Bochum)
- Philipp Hoffmann (KV Mülheim)
- Sandra Tavilla (KV Mülheim)
- Justus Lichau (KV Herne)
- Robin Conrad (KV Recklinghausen)
- Dagmar Alfes (KV Bochum)
- Esma Ünsür (KV Bochum)
- Samuel Frieling (KV Münster)
Fehler:Nur zugelassene Gruppen können Anträge unterstützen.
Von Zeile 203 bis 204 einfügen:
Lebensperspektiven beitragen; die Bereitstellung von Stabilisierungsmittel trägt zur Krisen- und Konfliktprävention bei.
12. Abschiebungen von Jesid*innen stoppen und Bleiberecht sichern
Für Bündnis 90/Die Grünen ist klar, dass zunehmende Rückführungen nicht diejenigen treffen dürfen, die am stärksten den Schutz unserer Gemeinschaft brauchen. Dass unter der Verantwortung des Bundesinnenministeriums Jesid*innen in den Irak abgeschoben wurden und weiter werden sollen, obwohl der Deutsche Bundestag noch im Januar den Genozid an ihrer Gemeinschaft durch den sogenannten Islamischen Staat im Jahr 2014 anerkannt hat, ist inakzeptabel und beschädigt die Verantwortung, die wir als Land tragen. Um die derzeit stattfindenden Abschiebungen von Jesid*innen zu stoppen, sehen wir Innenministerin Nancy Faeser in der Pflicht, alle unbürokratischen Möglichkeiten zu nutzen, um Abschiebungen von Jesid*innen zu verhindern. Auch die Länder müssen Abschiebungen von Jesid*innen sofort und konsequent stoppen und dazu auf die ihnen möglichen Rechtsgrundlagen zurückgreifen. Gleichzeitig stehen wir einer Regelung im Aufenthaltsgesetz offen gegenüber, die einen Bleibeanspruch von Jesid*innen rechtsverbindlich macht.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat im vergangenen Jahr die größte
Fluchtbewegung in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Darüber hinaus suchen wieder
mehr Menschen Schutz, die von Terror, Krieg oder politischer Verfolgung in Heimatländern wie
Afghanistan oder Syrien bedroht sind. Bund, Länder und Kommunen haben in den zurückliegenden
Jahren hart daran gearbeitet, den Menschen, die zu uns kommen, eine Unterkunft zu geben und
sie zu versorgen. Insbesondere die Kommunen und viele Freiwillige haben dabei Unschätzbares
geleistet. Ihnen allen gilt unser Dank.
Gleichzeitig gilt: Viele Kommunen kommen zunehmend an ihre Belastungsgrenze. Manche Behörde
kommt kaum noch hinterher. Die Integrationsarbeit wird erschwert. Es fehlt vielerorts an
Wohnraum und an Personal, gerade auch zur Betreuung unbegleiteter minderjähriger
Flüchtlinge. Die Kräfte der vielen Ehrenamtlichen lassen allmählich nach. Wir sehen diese
Belastung und sehen es als unseren Auftrag, die Kommunen zu unterstützen.
Vor diesem Hintergrund war es wichtig, dass Bund und Landesregierungen unterschiedlicher
Konstellation im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) vom 6. November in der Lage
waren, zu einer breiten Einigung unter den demokratischen Parteien zu kommen. Diese Einigung
bietet eine Grundlage, um die Kommunen bei der Bewältigung ihrer großen Aufgabe zu
unterstützen. Auch wenn wir Punkte, wie etwa die geplante Verlängerung des
Grundleistungsbezugs des Asylbewerberleistungsgesetzes oder die Prüfung von Asylverfahren in
Transit- und Drittstaaten kritisieren: Unsere Demokratie ist stark und muss dies durch ihre
Lösungskompetenz und Handlungsfähigkeit zeigen. Das Vertrauen der Menschen in diesem Land in
demokratische Institutionen hängt auch davon ab, ob die Herausforderungen angegangen werden.
Wir wissen, dass wir Verantwortung für den Zusammenhalt im Land tragen. Unser Land kann
diese Aufgabe meistern.
Dabei setzen wir in der Migrationspolitik auf Humanität und Ordnung. Diese bedingen
einander. Denn Humanität kann es dauerhaft nur mit geordneten Verfahren geben, während
Abschottung zu Chaos führt. Es braucht klare Regeln, die den Menschen in Not helfen. Die
Hilfe muss gleichzeitig vernünftig organisiert sein.
Deutschland ist zurecht grundgesetzlich wie völkerrechtlich einer Migrationspolitik der
Humanität verpflichtet. Deutschland als eines der größten Aufnahmeländer der Welt darf seine
Empathie und Menschlichkeit nicht aufgeben. Hinter jeder Zahl und jeder Statistik verbirgt
sich ein Mensch, eine Familie, ein Schicksal. Die Menschen sind gezwungen, ihre Heimat zu
verlassen und fliehen vor Krieg und Vertreibung. Wir wollen Schutzbedürftigen helfen,
unserer humanitären Verantwortung gerecht werden und hierfür auch legale und sichere
Fluchtwege gewährleisten. Wer Schutz braucht, muss Schutz bekommen.
Wir wollen Menschen auch Möglichkeiten und Chancen bieten. Wir brauchen Menschen, die zu uns
kommen und hier arbeiten wollen. Denn unsere Gesellschaft braucht Migration, unsere
Wirtschaft benötigt Fach- und Arbeitskräfte – in der Industrie, im Gesundheitswesen, in der
Gastronomie, in der Wissenschaft. Dafür werben wir weltweit um die besten Köpfe und
fleißigsten Hände. Wir können es uns nicht leisten, dass Menschen aus anderen Ländern sich
bei uns nicht willkommen fühlen.
Eine Politik wiederum, die das Heft des Handelns aus der Hand gibt, kommt ihrer
Verantwortung nicht nach und verliert die Akzeptanz der Bürger*innen. Wir wissen: Steuerung,
Ordnung und Rückführung gehören zur Realität eines Einwanderungslandes wie Deutschland dazu.
Es braucht legale und sichere Wege zu uns, jenseits einer menschenfeindlichen Festung Europa
einerseits und unkontrollierter Grenzen andererseits. Wir verteidigen das Grundrecht auf
Asyl und unsere internationalen Verpflichtungen wie die Genfer Flüchtlingskonvention. Wir
wollen aber nicht nur ein Bekenntnis abgeben, wir wollen diesen Anspruch pragmatisch
umsetzen: Wir packen reale Probleme an und entwickeln tatsächliche Lösungen. Das bedeutet:
Wir wollen Kapazitäten ausbauen, die soziale Infrastruktur stärken und tragfähige Strukturen
schaffen. Daneben müssen, wo die Kapazitäten erschöpft sind, durch rechtsstaatliche und
menschenwürdige Maßnahmen auch die Zahlen sinken. Eine Obergrenze ist weder machbar noch
rechtens noch human.
Kurzum: Nur eine Politik, die Werte und Wirklichkeit verbindet, wird auf Dauer tragen. Dafür
wollen wir in der Gesellschaft selbstbewusst werben: Wir hören zu, nehmen Probleme ernst und
setzen uns für eine rechtebasierte Asyl- und Migrationspolitik ein, die unseren Zusammenhalt
stärkt und erweitert.
Wir wissen um die Tragweite unserer Entscheidungen. Jede vermeintliche Kleinigkeit im
Regelwerk kann existenzielle Auswirkungen für Individuen haben. Als eine Partei, die sich
auch für den Einsatz für Minderheitenrechte gegründet hat, sind BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stets
dem Grundsatz der Humanität verpflichtet. Diese in eine Ordnung zu gießen, ist nun das
Gebot. Wir suchen und geben Antworten, die dem Ernst und der Größe der Herausforderung
angemessen sind, statt es uns mit einfachen Antworten und unsachlichen
Profilierungsversuchen leicht zu machen, wie es die Populist*innen tun. Wir streiten
ernsthaft um den richtigen Weg, auch stellvertretend für die Gesellschaft. In Demut vor der
Aufgabe und im Wissen darum, dass es keine einfachen Lösungen gibt.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich ein für:
- Kommunen unterstützen
Wir wollen Städte und Gemeinden besser unterstützen. Es ist gut, dass Bund und Länder bei
der finanziellen Unterstützung einen großen Schritt vorangekommen sind. Dafür haben wir
lange gekämpft. Als Teil der Ampelregierung sorgen wir für eine dauerhafte und strukturelle
Finanzierung des Bundes, die langfristige Planungssicherheit für Länder und die Kommunen
ermöglicht. Gleichzeitig etablieren wir eine flexible Komponente, die Kommunen proportional
zur Zahl der Schutzsuchenden unterstützt. Nun ist klar: Wenn mehr Geflüchtete von einer
Kommune versorgt werden, steigen auch die entsprechenden finanziellen Mittel. In den
Kommunen wird der Grundstein für die Integration gelegt. Hier müssen die entsprechenden
Voraussetzungen geschaffen und dauerhaft vorgehalten werden. Diesen Weg gehen wir weiter.
- Soziale Infrastruktur ausbauen
Wir wollen unsere soziale Infrastruktur stärken und Investitionen auf den Weg bringen.
Migration wirkt wie ein Brennglas auf bestehende Probleme, die wir alle im Alltag spüren,
nicht nur bei der Aufnahme von Geflüchteten: Unsere soziale Infrastruktur muss dauerhaft
stärker werden. Der Mangel an Wohnraum oder die unzureichende Anzahl an Schul- und
Kitaplätzen wurde in den letzten Monaten noch einmal deutlich. Dieses Problem ist keines,
das wir allein für die Geflüchteten angehen müssen, sondern für die gesamte Gesellschaft.
Doch sind die Geflüchteten oft die ersten, denen die fehlenden Kapazitäten angelastet
werden. Klar ist: Es wurde zu lange zu wenig getan. Wir wollen deshalb in den Wohnungsbau
investieren und dafür sorgen, dass insbesondere mehr Wohnungen mit sozialer Bindung
entstehen. Wir wollen auf allen Ebenen in den Ausbau guter Schulen und Kitas investieren.
Dafür müssen wir mehr Lehrer*innen und Erzieher*innen gewinnen und ausbilden.
- Integrationsoffensive starten
Wir wollen Integration vorantreiben und Perspektiven für Geflüchtete schaffen, damit sie
Teil unserer Gesellschaft werden. Gute Integrations- und Sprachkurse sorgen dafür, dass
Menschen sich schnell einleben und ihren Alltag bewältigen können. Dafür müssen die Kurse
von Anfang an verfügbar sein, flächendeckend ausgebaut und zuverlässig finanziert werden.
Wir nehmen die besonderen Anforderungen etwa an Integrationskurse mit Kinderbetreuung in den
Blick, damit auch Sorgeberechtigte teilnehmen können. Wir wollen auch, dass mehr Sprachkurse
in den Abendstunden angeboten werden, sodass sie berufsbegleitend wahrgenommen werden
können. Die Migrationsberatung wollen wir stärken.
- Menschen, die zu uns kommen, in Arbeit bringen
Wir wollen, dass Schutzsuchende schnellstmöglich eine Arbeit aufnehmen können. Unternehmen
suchen händeringend nach Mitarbeiter*innen und Arbeitskräften, während es für viele
Geflüchtete noch schwierig, für manche sogar verboten ist, eine Arbeit aufzunehmen. Denn
wenn Arbeitgeber*innen und Geflüchtete sich einig sind, sollte der Staat nicht mit unnötiger
Bürokratie im Weg stehen. Wer hierher kommt, soll seinen Lebensunterhalt auch schnell selbst
bestreiten können. Das entlastet die öffentlichen Kassen, leistet einen Beitrag im Kampf
gegen den Fach- und Arbeitskräftemangel – und fördert frühzeitig Integration und Teilhabe.
Der Arbeitsmarkt war und ist stets der stärkste Motor für Integration. Dafür haben wir die
Möglichkeit eines Spurwechsels für Geduldete aus der Asyl- in die Erwerbsmigration
geschaffen und mit dem Chancenaufenthaltsgesetz und dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz den
Paradigmenwechsel eingeleitet. Wir begrüßen außerdem die von der Bundesregierung in den
Verhandlungen zum Migrationspaket geplanten Erleichterungen bei der Arbeitsmarktintegration,
zum Beispiel durch die Änderung der Stichtagsregelung bei der Beschäftigungsduldung oder die
Lockerung von Arbeitsverboten, die eine deutliche Verbesserung bedeuten. Daran arbeiten wir
weiter. Wer arbeiten kann, soll es auch dürfen.
- Verfahren beschleunigen
Wir wollen für schnellere Verfahren (“fast and fair”) – und damit für Klarheit für
Betroffene wie für die Kommunen sorgen. Menschen, die Schutz suchen, bekommen so schneller
Gewissheit darüber, ob sie bleiben können. Dafür müssen Verfahren vereinfacht, angepasst und
digitalisiert werden. Dazu zählt insbesondere der Datenaustausch zwischen den beteiligten
Behörden durch eine einheitliche bundesweite IT-Plattform, die zum Beispiel eine bessere
Verteilung ermöglicht. Unnötige Bürokratie muss beendet werden. Aufenthaltserlaubnisse sowie
Visa für Erwerbs- und Bildungsmigration sollen für längere Zeiträume erteilt werden, damit
nicht ständig Verlängerungen vorgenommen werden müssen. Antragstellungen sollten leichter
und digitalisiert ablaufen. Hier gehen wir mit der Visadigitalisierung bereits wichtige
Schritte. Berufsabschlüsse wollen wir schneller anerkennen. So entlasten wir die Behörden
und schaffen Ressourcen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die
Einwanderungs- und Ausländerbehörden der Länder, die deutschen Auslandsvertretungen sowie
die Verwaltungsgerichte müssen personell besser aufgestellt werden. Dafür braucht es mehr
Mittel.
- Rückführungen rechtsstaatlich durchführen
Wir wollen, dass Rückführungen rechtsstaatlich durchgeführt werden. Nicht jeder, der nach
Deutschland kommt, kann bleiben. Wer vor Krieg und Verfolgung flieht, hat ein Recht auf
Schutz. Wer nach sorgfältiger Prüfung auf asyl- und aufenthaltsrechtliche Voraussetzungen
sowie nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel kein Aufenthaltsrecht erhalten hat, muss zügig
wieder ausreisen. Dieses Prinzip glaubwürdig anzuwenden, ist eine Voraussetzung für die
gesellschaftliche Akzeptanz. Dafür braucht es funktionierende Regeln auch im Bereich der
Rückführungen, die stets rechtsstaatliche Standards sicherstellen. Die freiwillige Rückkehr
steht dabei für uns im Vordergrund. Menschen, die schwere Straftaten begangen haben, müssen
nach Verbüßung ihrer Strafe prioritär zurückgeführt werden. Da, wo Rückführungen notwendig
sind, müssen sie auch vollziehbar sein, und dabei stets dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit folgen, der unsere Leitschnur ist. Gerade der Schutz vulnerabler Gruppen
sowie von Familien und Kindern muss sichergestellt sein.
- Migrationsabkommen abschließen
Wir wollen Migration steuern, ordnen und dafür Migrationsabkommen abschließen, die zugleich
legale Einreisewege schaffen. Eine bessere Steuerung der Migration kann nur gelingen, wenn
wir mit den Herkunftsstaaten zusammenarbeiten. Jeder Staat ist verpflichtet, seine
Staatsbürger*innen und somit auch abgelehnte Asylbewerber zurückzunehmen; dieser
Verpflichtung steht in den Migrationsabkommen ein Angebot gegenüber, das für den
Herkunftsstaat und uns einen konkreten Nutzen hat. So steigern wir die
Kooperationsbereitschaft, an der das Ausstellen fehlender Ausweispapiere und Rückführungen
häufig scheitert und schaffen geordnete Verfahren, etwa für die Arbeitsmigration. Mehr
geregelte Migration ermöglicht weniger ungeregelte Migration: Da müssen wir hinkommen – weg
von Schlauchboot und Schleusern, hin zu geordneten Verfahren. Die Abkommen sollen ein
Gesamtkonzept bieten, das auch Resettlement-Programme, den Ausbau von wirtschaftlicher
Zusammenarbeit oder Technologietransfers, Visa-Erleichterungen oder Qualifizierungsmaßnahmen
vorsieht. Es müssen nun schnell tragfähige Abkommen durch den Sonderbevollmächtigten der
Bundesregierung ressortübergreifend koordiniert und abgeschlossen werden.
- Gemeinsame europäische Migrationspolitik entwickeln
Wir wollen ein wirksames gemeinsames europäisches Asylsystem entwickeln. Europa ist stark
und handlungsfähig, wenn es zusammensteht. Wir müssen in Europa gemeinsam an einer
rechtsbasierten und lösungsorientierten Flüchtlingspolitik arbeiten. Wir stehen zu unseren
völkerrechtlichen und europäischen Verpflichtungen. Wir erwarten dabei allerdings auch, dass
andere EU-Staaten ihre Verpflichtungen einhalten. Wir wollen eine faire Verteilung von
Schutzsuchenden. Deutschland hat in den letzten Jahren sehr viele Geflüchtete aufgenommen.
Wir wollen, dass alle Menschen, die zu uns kommen, an den Außengrenzen registriert werden
und es zu einer fairen Verteilung in Europa kommt. Dafür müssen auch andere europäische
Länder mehr Verantwortung übernehmen. Ein verbindlicher Solidaritätsmechanismus zur
Verteilung von Geflüchteten ist dazu ein richtiger Schritt. In den derzeitigen Verhandlungen
zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) setzen wir uns für ein
funktionierendes, menschenwürdiges System, in dem Familien und Kinder sowie vulnerable
Gruppen besonders geschützt werden, sowie für eine verbindliche Verteilung und
Rechtsdurchsetzung ein. Die Einführung des auch in Großbritannien gescheiterten Ruanda-
Modells lehnen wir entschieden ab.
- Menschenrechte auch an den EU-Außengrenzen durchsetzen
Wir wollen, dass Menschenrechte überall und jederzeit eingehalten werden. Der
menschenrechtswidrige Umgang mit Geflüchteten an den europäischen Außengrenzen ist
unhaltbar, er sorgt für Leid und Chaos. Menschenrechte werden verletzt, ordentliche
Verfahren sind nicht gewährleistet. Auch aus diesem Grund fliehen viele Menschen weiter und
suchen Zuflucht bei uns. So kann es nicht weitergehen. Wir wollen deshalb Regeln in Europa
schaffen, die rechtsstaatliche und menschenwürdige Aufnahmen und Verfahren sicherstellen.
Wir wollen, dass Menschenrechte an den Außengrenzen überwacht und Menschen zuverlässig
registriert werden. Wo Menschenrechtsverstöße begangen werden, müssen diese konsequent
sanktioniert werden.
- Seenotrettung stärken
Wir wollen das Sterben auf dem Mittelmeer beenden. Die Seenotrettung ist eine rechtliche und
humanitäre Verpflichtung, die wir aus tiefer Überzeugung unterstützen. Allein in diesem Jahr
sind nach Angaben der Vereinten Nationen bereits mehr als 2.500 Menschen beim Versuch, das
Mittelmeer zu überqueren, gestorben oder gelten als vermisst. Die EU als Wertegemeinschaft
darf dem Massensterben im Mittelmeer nicht tatenlos zusehen, sondern muss es beenden. Die
Förderung der zivilen Seenotrettung durch den Bund ist ein wichtiger Beitrag; sie kann
jedoch keine staatlich koordinierte Seenotrettung ersetzen.
- Fluchtursachen bekämpfen
Wir wollen die komplexen Ursachen für Flucht und Migration in einem umfassenden Ansatz
gemeinsam mit den Herkunfts- und Transitländern bearbeiten. Die wichtigsten Auslöser sind
bewaffnete Konflikte und Verfolgung aus politischen, ethnischen oder religiösen Gründen.
Hinzu kommen die sich verschärfende Klimakrise sowie strukturelle Ursachen, die in
wirtschaftlichen und sozialen, aber auch politischen Unsicherheiten liegen. Die allermeisten
Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen, sind Binnenvertriebene oder finden Zuflucht in
den jeweiligen Nachbarstaaten. Mit dem Ausbau verlässlicher humanitärer Hilfe sowie
strukturbildender Übergangshilfe in Krisenregionen können wir Menschen – darunter auch
Geflüchtete und Binnenvertriebene – in ihrer akuten Notlage unterstützen. So tragen wir dazu
bei, das Leid unmittelbar vor Ort zu lindern. Mit Entwicklungszusammenarbeit auf Augenhöhe,
sowie mit fairen Handelsbeziehungen können wir langfristig zur Verbesserung der
Lebensperspektiven beitragen; die Bereitstellung von Stabilisierungsmittel trägt zur Krisen-
und Konfliktprävention bei.
12. Abschiebungen von Jesid*innen stoppen und Bleiberecht sichern
Für Bündnis 90/Die Grünen ist klar, dass zunehmende Rückführungen nicht diejenigen treffen dürfen, die am stärksten den Schutz unserer Gemeinschaft brauchen. Dass unter der Verantwortung des Bundesinnenministeriums Jesid*innen in den Irak abgeschoben wurden und weiter werden sollen, obwohl der Deutsche Bundestag noch im Januar den Genozid an ihrer Gemeinschaft durch den sogenannten Islamischen Staat im Jahr 2014 anerkannt hat, ist inakzeptabel und beschädigt die Verantwortung, die wir als Land tragen. Um die derzeit stattfindenden Abschiebungen von Jesid*innen zu stoppen, sehen wir Innenministerin Nancy Faeser in der Pflicht, alle unbürokratischen Möglichkeiten zu nutzen, um Abschiebungen von Jesid*innen zu verhindern. Auch die Länder müssen Abschiebungen von Jesid*innen sofort und konsequent stoppen und dazu auf die ihnen möglichen Rechtsgrundlagen zurückgreifen. Gleichzeitig stehen wir einer Regelung im Aufenthaltsgesetz offen gegenüber, die einen Bleibeanspruch von Jesid*innen rechtsverbindlich macht.
weitere Antragsteller*innen
- Erhard Grundl (KV Straubing-Bogen)
- Felix Lütke (KV Duisburg)
- Kathrin Henneberger (KV Mönchengladbach)
- Gönül Eglence (KV Essen)
- Stephanie Aeffner (KV Pforzheim und Enzkreis)
- Sabine Grützmacher (KV Oberberg)
- Susanne Menge (KV Oldenburg-Stadt)
- Firat Yakşan (KV Köln)
- Anton Hofreiter (KV München-Land)
- Kirsten Kappert-Gonther (KV Bremen-Nordost)
- Anna Cavazzini (KV Chemnitz)
- Berivan Aymaz (KV Köln)
- Corinna Rüffer (KV Trier)
- Katja Poredda (KV Köln)
- Katrin Lögering (KV Dortmund)
- Anna Katharina di Bari (KV Bochum)
- Cim Kartal (KV Bielefeld)
- Matthias Schneider (KV Duisburg)
- Karsten Finke (KV Bochum)
- Ali Saker (KV Münster)
- Cyrill Ibn Salem (KV Köln)
- Michael Bloss (KV Stuttgart)
- Jonathan Sieger (KV Köln)
- Sabine Yündem (KV Remscheid)
- Orkun Şensebat (KV Aachen)
- Jenny Brunner (KV Dortmund)
- Nils Kriegeskorte (KV Ennepe-Ruhr)
- Jakob Florian Kraasch (KV Bonn)
- Antje Westhues (KV Bochum)
- Helena Jamal (KV Essen)
- Julia Löffler (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Jan Schmid (KV Berlin-Tempelhof/Schöneberg)
- Astrid Stahn (KV Rhein-Sieg)
- Hannah Rosenbaum (KV Dortmund)
- Maik Babenhauserheide (KV Herford)
- Yannick Brugger (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Sandra Smolka (KV Freising)
- Alexandra Geese (KV Bonn)
- Anne Kathrin Herbermann (KV Münster)
- Leon Eckert (KV Freising)
- Annelie Strosing (KV Mülheim)
- Marcus Schmitt (KV Main-Taunus)
- Deborah Rapp (KV Duisburg)
- Johannes Mihram (KV Berlin-Mitte)
- Gilberte Raymonde Mandel-Driesen (KV Mülheim)
- Benjamin Rauer (KV Minden-Lübbecke)
- Moritz Oberberg (KV Bochum)
- Johannes Klein (KV Saarbrücken)
- Pia Troßbach (KV Frankfurt)
- Luis Hotten (KV Dortmund)
- Ocean Renner (KV Nordfriesland)
- Louisa Baumann (KV Oberhausen)
- Marcel Emmerich (KV Ulm)
- Christina Markfort (KV Hamburg-Mitte)
- Sandra Krautscheid (KV Rhein-Sieg)
- Bettina Deutelmoser (KV Stade)
- Yvonne Marchewitz (KV Hannover)
- Thorge Babbe (KV Chemnitz)
- Meike Gerwin (KV Gelsenkirchen)
- Sebastian Pewny (KV Bochum)
- Aleksej Puzyrev (KV Bochum)
- Anke Dörsam (KV Berlin-Kreisfrei)
- Steffen Sander (KV Bochum)
- Tim Achtermeyer (KV Bonn)
- Vera Johanna Jandt (KV Wuppertal)
- Jacob Liedtke (KV Herne)
- Moritz Wächter (KV Rhein-Sieg)
- Eva Miriam Fuchs (KV Wuppertal)
- Barbara Jessel (KV Bochum)
- Jenny Laube (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Christoph Lorenz (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Schahina Gambir (KV Minden-Lübbecke)
- Karsten Ludwig (KV Krefeld)
- Julian Pahlke (KV Leer/Ostfriesland)
- Ikram Kabchi (KV Duisburg)
- Birgit Fligge (KV Bochum)
- Rasmus Andresen (KV Flensburg)
- Ulle Schauws (KV Krefeld)
- Luna Möbius (KV Halle)
- Melsa Yildirim (KV Mülheim)
- Daniel Freund (KV Aachen)
- Birgit Vasiliades (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Ilayda Bostancieri (KV Gelsenkirchen)
- Anna Peters (KV Emmendingen)
- Martin Kesztyüs (KV Hamm)
- Sebastian Hiller (KV Kleve)
- Tino Mark (KV Bochum)
- Johannes Rückerl (KV Regensburg-Stadt)
- Yazgülü Zeybek (KV Wuppertal)
- Svenja Appuhn (KV Hannover)
- René Adiyaman (KV Ennepe-Ruhr)
- Martine Richli (KV Düsseldorf)
- Jamila Schäfer (KV München)
- Tjark Melchert (KV Gifhorn)
- Ali-James Dokoohaki (KV Bochum)
- Timo Eismann (KV Recklinghausen)
- Laura Steeger (KV Mönchengladbach)
- Nyke Slawik (KV Leverkusen)
- Julia Valentina Schneider (KV Essen)
- Tom Höfner (KV Bochum)
- Emma Spieckermann (KV Bochum)
- Feline Johanna Paul (KV Dortmund)
- Felix Elias Detzkeit (KV Hamburg-Eimsbüttel)
- Clara Padberg (KV Bochum)
- Philipp Hoffmann (KV Mülheim)
- Sandra Tavilla (KV Mülheim)
- Justus Lichau (KV Herne)
- Robin Conrad (KV Recklinghausen)
- Dagmar Alfes (KV Bochum)
- Esma Ünsür (KV Bochum)
- Samuel Frieling (KV Münster)
- Martine Richli (KV Düsseldorf)
- Jamila Schäfer (KV München)
- Tjark Melchert (KV Gifhorn)
- Ali-James Dokoohaki (KV Bochum)
- Timo Eismann (KV Recklinghausen)
- Laura Steeger (KV Mönchengladbach)
- Nyke Slawik (KV Leverkusen)
- Julia Valentina Schneider (KV Essen)
- Tom Höfner (KV Bochum)
- Emma Spieckermann (KV Bochum)
- Feline Johanna Paul (KV Dortmund)
- Felix Elias Detzkeit (KV Hamburg-Eimsbüttel)
- Clara Padberg (KV Bochum)
- Philipp Hoffmann (KV Mülheim)
- Sandra Tavilla (KV Mülheim)
- Justus Lichau (KV Herne)
- Robin Conrad (KV Recklinghausen)
- Dagmar Alfes (KV Bochum)
- Esma Ünsür (KV Bochum)
- Samuel Frieling (KV Münster)