Veranstaltung: | 50. Bundesdelegiertenkonferenz Wiesbaden |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Kreisverband Hildesheim (dort beschlossen am: 04.09.2024) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 17.09.2024, 09:42 |
V-02: Der Grüne Kompass - gemeinsam die Richtung bestimmen, die Zukunft gestalten
Antragstext
die jüngsten Wahlergebnisse, insbesondere das enttäuschende Abschneiden bei der
Europawahl, aber auch der letzten Landtagswahlen, haben deutlich gemacht, dass
unsere Demokratie mehr denn je in Gefahr ist. Sie zeigen aber auch, dass unsere
Strategie und Ausrichtung auf Bundesebene nicht mehr für eine starke grüne
Partei stehen, die fest für ihre Themen und Stärken einsteht, die in Zeiten von
multiplen Krisen die Menschen und ihre Sorgen, aber auch Hoffnungen im Blick
hat. Es wirkt als hätten wir eine klare Richtung verloren.
Die Wahlergebnisse kommen und kamen nicht überraschend. Standen wir vor einigen
Jahren noch für eine starke Klima- und Umweltpolitik und innovative und
zukunftsgerichtete Lösungen, die vor allem auch Kinder, Familien und junge
Menschen im Blick haben, ringen wir um Lösungen, die uns mindestens
Bauchschmerzen bereiten, aber im schlimmsten Fall konträr zu unseren politischen
Grundwerten stehen.
Wir Grünen sind vielfältig in unseren Meinungen, aber unsere Grundwerte einen
uns noch immer: Achtung der Grund- und Menschenrechte, Klima- und Umweltschutz,
Gleichberechtigung und Feminismus und eine stark sozial ausgerichtete Politik.
Bei all dem behalten wir selbstverständlich die Sicherheitsinteressen, egal ob
sozialer oder außenpolitischer Natur, fest im Blick – und das
generationenübergreifend. Doch angesichts unserer aktuellen Bundespolitik fragen
sich die Menschen zu Recht, wo wir stehen. Und viele Mitglieder fragen sich das
auch. Wie viel muten wir uns noch zu? Ist das noch unsere Partei?
Unsere Mitglieder an der Basis, die Engagierten in der Kommunalpolitik und die
Orts- und Kreisverbände haben diesen Kurs lange unterstützt. Aber ein „Weiter
so!“ kann es nicht geben. Ohne klares Profil und auch mal eine harte Kante zu
zeigen, verlieren wir nicht nur die Wähler*innen, sondern langsam, aber sicher
auch uns selbst als Grüne.
Gegenseitige Verantwortung: Die Orts- und Kreisverbände sowie alle Engagierten
an der Basis haben in den letzten Jahren unter erheblichem Druck ihre Aufgaben
erfüllt und die Strategie der Bundesebene unterstützt. Jetzt fordern wir eine
umgekehrte Verantwortung: Der Bundesvorstand und die Bundestagsfraktion müssen
sich verstärkt an den Bedürfnissen und Rückmeldungen der Basis orientieren und
die Expertise und Anliegen der Kreisverbände ernst nehmen.
Förderung einer konstruktiven Vision: Es reicht nicht aus, lediglich Krisen zu
verwalten. Die Bundesebene muss eine positive und zukunftsgerichtete Vision
entwickeln, die zeigt, wie wir als Grüne das Land nachhaltig und gerecht
gestalten wollen. Diese Vision muss auf den Kernanliegen unserer Partei basieren
– Klima- und Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit und die Verteidigung der
Demokratie – und darf nicht durch kurzfristige Kompromisse verwässert werden.
Dabei gilt es insbesondere auch junge Menschen in den Blick zu nehmen und aktiv
mit ihnen eine lebenswerte Zukunft zu erarbeiten und wieder ein positives
Narrativ zu gestalten.
Stärkung der kommunalen Ebene: Es ist unerlässlich, dass die Bundesebene die
kommunalen Strukturen nicht nur als Ausführungsorgane betrachtet, sondern als
gleichberechtigte Partner einbindet. Die Basis muss stärker in strategische
Entscheidungen einbezogen werden und unsere Strukturen vor Ort (Orts- und
Kreisverbände) erhalten die Unterstützung, die sie benötigen, um vor Ort
erfolgreich grüne Politik ermöglichen zu können.
Echte Basisbeteiligung: Der Bundesvorstand nimmt seine Ämter und die
Kreisverbände ernst und stellt einen echten Austausch mit der kommunalen Ebene
und den Mitgliedern sicher. Die Sorgen und Vorschläge der Basis haben in die
Bundespolitik einzufließen. Dies sollte nicht nur symbolisch, sondern mit
konkreten Handlungsmöglichkeiten verbunden sein. Basis ist und bleibt Boss.
Entwicklung einer gemeinsamen Vision: Die Bundesebene konzentriert sich darauf,
Politik entlang unserer Grundprinzipien zu machen, statt anderen Parteien
hinterherzulaufen oder gar in den Populismus miteinzusteigen. Dafür ist eine
langfristige und zukunftsfähige Vision für das Land nötig, die auf unseren
grünen Grundwerten basiert und Stärke und Sicherheit vermittelt, aber auch die
Vielfalt unserer Gesellschaft würdigt. Diese Vision sollte im Zentrum unserer
politischen Kommunikation stehen und durch konkrete Initiativen und Programme
unterstützt werden.
Die Jugend fest im Blick: Die Bundesebene wirkt darauf hin, die Sorgen, Ängste
und Bedürfnisse der jungen Menschen endlich ernst zu nehmen. Sie sind die
Zukunft unserer Partei, aber auch unseres Landes. Nicht erst seit Corona, haben
Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, aber auch Familien, das Nachsehen im
politischen Alltag. Wir setzen uns für stärkere Mitbestimmungsstrukturen und
eine Politik ein, die ihre Bedürfnisse gezielt in den Fokus nimmt.
Förderung einer zielgerichteten Politikkommunikation: Die Bundesebene wirkt
darauf hin, dass unsere Politik sowohl bei den eigenen Mitgliedern als auch bei
den Wähler*innen verständlich und klar kommuniziert ankommt. Die beste Politik
nützt nichts, wenn niemand davon erfährt. Falschinformationen müssen gezielt
bekämpft werden und dürfen von uns nicht unwidersprochen bleiben.
Verbindliche Unterstützungsmechanismen: Die Bundesebene etabliert verbindliche
Mechanismen zur Unterstützung der Kreisverbände, insbesondere in
Wahlkampfzeiten. Dazu gehören finanzielle Mittel, strategische Beratung und
praktische Ressourcen wie Schulungen und Materialien. Vor allem die typischen
Wahlkampfprobleme wie die Nichtnachbestellbarkeit von Materialien und das
Ausbleiben oder falsches Ausspielen von Social-Media-Werbung darf sich nicht
erneut wiederholen. Ebenfalls braucht es mehr Unterstützung und Förderung für
Politik im ländlichen Raum.
Wir rufen die Bundesdelegiertenkonferenz dazu auf, die oben genannten
Forderungen und Vorschläge zu unterstützen. Es ist an der Zeit, dass die
Bundesebene ihrer Verantwortung gegenüber der Basis gerecht wird und sich
stärker an deren Bedürfnissen und Vorschlägen orientiert. Nur durch eine enge
Zusammenarbeit, gegenseitige Unterstützung und eine klare Strategie können wir
als Partei erfolgreich sein und unsere Vision für eine nachhaltige, gerechte und
demokratische Zukunft verwirklichen.
Die Bundesdelegiertenkonferenz möge beschließen, dass die oben genannten
Forderungen in die weitere Arbeit des Bundesvorstands und der Bundestagsfraktion
von Bündnis 90/Die Grünen einfließen und dass entsprechende Maßnahmen zur
Stärkung der Zusammenarbeit zwischen der Bundesebene und der Basis ergriffen
werden.
Begründung
Dieser Antrag zielt darauf ab, unsere Partei als eine kraftvolle, einheitliche Bewegung zu stärken, die ihre Basis ernst nimmt und auf die Stimmen und Bedürfnisse ihrer Mitglieder hört. Die Engagierten vor Ort haben in den letzten Jahren viel geleistet und es ist an der Zeit, dass ihre Beiträge angemessen gewürdigt werden. Eine starke, verantwortungsbewusste Zusammenarbeit zwischen allen Ebenen der Partei in Verbindung mit einer klaren strategischen und thematischen Ausrichtung ist der Schlüssel zu unserem gemeinsamen Erfolg.