Veranstaltung: | 50. Bundesdelegiertenkonferenz Wiesbaden |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Lilli Hampeter (KV Düsseldorf) und 218 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 42%) |
Status: | Zurückgezogen (Neu: VR-01) |
Eingereicht: | 25.09.2024, 23:06 |
V-09: Gerechtigkeit statt Spardiktat: Für eine faire Finanzpolitik, die die Großen nicht laufen lässt
Antragstext
Wenn Schuldächer bröckeln und Brücken zerbröseln, wenn es auf dem Land keine
Ärzte und in der Stadt nicht genügend Kita-Plätze gibt, und gleichzeitig die
Schere zwischen Arm und Reich auseinander geht, dann gerät der gesellschaftliche
Zusammenhalt aus den Fugen. Wo nicht ausreichend investiert und das Land kaputt
gespart wird, da gedeiht der Rechtspopulismus.
Spardiktat in Krisenzeiten gefährdet Demokratie, Wirtschaft und Umwelt
Mit ihrem Spardiktat in Zeiten klammer Haushalte und magerer Binnennachfrage
gefährden Kanzler Scholz und vor allem Finanzminister Lindner nicht nur die
wirtschaftliche Zukunft unseres Landes, Arbeitsplätze und den gesellschaftlichen
Zusammenhalt, sondern auch Klima- und Umweltschutz. Denn ohne die notwendigen
Investitionen in klimaneutrale Infrastruktur und Wirtschaft und eine soziale
Abfederung, insbesondere durch die Einführung eines Klimagelds, ist die
Transformation in Gefahr.
Das Spardiktat führt auch dazu, dass die militärische und zivile Unterstützung
der Ukraine gegen ein imperiales Russland, das Freiheit und Demokratie in ganz
Europa im Fadenkreuz hat, ausgespielt wird gegen Investitionen in die sozial-
gerechte Transformation. Dabei muss klar sein: Freiheit, Demokratie und
Wohlstand für alle ist langfristig nur möglich in Frieden, Klimaneutralität und
sozialer Gerechtigkeit.
Nicht nach unten treten, sondern Superreiche besteuern
Doch statt über eine gerechte Finanzierung der gesellschaftlichen und
wirtschaftlichen Zukunft zu sprechen, folgt täglich ein neuer Angriff auf
diejenigen, die sowieso schon zu wenig haben. Beim perfiden politischen Spiel
des Nach-unten-Tretens gegen Bürgergeldbeziehende, Geflüchtete, Studierende und
Alleinerziehende sollten wir GRÜNEN nicht mitmachen. Es ist ungerecht, wenn
Multi-Millionäre nur die Hälfte der Steuern einer Facharbeiterin zahlen und wenn
den reichsten 1 % ein Drittel des gesamten Privatvermögens in Deutschland
gehört. Wir GRÜNE müssen die Superreichen in die Verantwortung nehmen, endlich
ihren fairen Beitrag zu leisten.
Als Bündnis 90/DIE GRÜNEN fordern wir deshalb zur Sicherung der demokratischen
Gesellschaft und der sozial-ökologischen Transformation:
- Einführung eines deutlich entlastenden Klimagelds noch in dieser
Legislaturperiode
Nach österreichischem Vorbild sollte deshalb zunächst eine einfache Pro-Kopf-
Pauschale im dreistelligen Bereich ausgezahlt werden. In den Folgejahren kann
dann eine regionale und soziale Staffelung vorgenommen werden.
- Reform der Schuldenbremse, die die dringend notwendigen
Zukunftsinvestitionen ermöglicht
Dies beinhaltet die Wiedereinführung der sogenannten ”Goldenen Regel”. Diese
ermöglicht die Aufnahme von staatlichen Krediten in dem Umfang, wie vom Staat
Investitionen getätigt werden. Darüber hinaus ist die Anpassung der
Konjunkturkomponente insoweit erforderlich, dass in Krisenzeiten ein
weitreichenderer Spielraum ermöglicht wird. Damit ermöglichen wir antizyklische
Konjunkturpolitik nach keynesianischem Vorbild.
- Wiedereinführung der Vermögensteuer
Seit der Aussetzung der Vermögensteuer im Jahr 1997 entgehen dem Staat jährlich
über 70 Milliarden Euro. Länder wie die Schweiz machen vor, wie eine gerechte
und bürokratiearme Besteuerung großer privater Vermögen zum Wohle der
Gesellschaft funktionieren kann. Deswegen fordern wir die Wiedereinführung der
Steuer auf Privatvermögen oberhalb von zwei Millionen Euro pro Person mit einem
jährlichen Steuersatz von mindestens 1 Prozent. International unterstützen wir
den von Brasilien eingebrachten Vorschlag einer globalen Mindeststeuer für
Milliardäre und Zentimillionäre.
- Bevorzugung von Superreichen bei der Erbschaftsteuer beenden
Privilegien für Superreiche bei der Erbschaftssteuer sind mit über fünf
Milliarden Euro pro Jahr die größte Steuersubvention im Bundeshaushalt. Heute
werden große Erbschaften oft geringer besteuert als kleine. Das ändern wir GRÜNE
durch die Abschaffung der Verschonungsregelungen und der 10-Jahres-Frist. Für
mehr Steuergerechtigkeit müssen zudem eine einheitliche Stundungsregelung und
ein erwerbsbezogener Lebensfreibetrag eingeführt sowie der effektive Steuersatz
erhöht werden.
- Gewinne aus Kapitalvermögen wie Löhne besteuern
Derzeit werden Einkünfte aus Kapitalvermögen, im Gegensatz zu allen anderen
Einkunftsarten, pauschal mit einem Steuersatz von 25 Prozent besteuert. Auch für
Einkünfte aus Kapitalvermögen sollte der progressive Tarif der Einkommensteuer
gelten.
- Effektive Bekämpfung von Steuerhinterziehung, sowie die Verhinderung von
Steuerumgehung
Derzeit kämpfen die Strafverfolgungsbehörden im Bereich der Steuerkriminalität
noch als David gegen Goliath. Deshalb verliert Deutschland schätzungsweise 100
Milliarden Euro pro Jahr. Damit die Strafverfolgungsbehörden endlich effektiv
Steuerkriminalität entdecken und verfolgen können, müssen sie dringend besser
ausgestattet werden, finanziell und administrativ. Außerdem ist es notwendig,
die Kompetenzen bei einer bundesweiten Ermittlungsbehörde zu bündeln. Dazu
sollte das Bundesamt für Finanzkriminalität auch für Steuerkriminalität
zuständig sein. Die Milliarden Gewinne wie aus dem CumCum-Betrug holen wir
konsequent von den Banken zurück, Umsatzsteuerbetrug durch manipulierte Kassen
und grenzüberschreitende Karusselgeschäften lassen wir nicht mehr zu. Bei der
Bestrafung von Steuerkriminalität lassen wir die Großen nicht laufen. Dass
Strafen für Steuerbetrug häufig ausbleiben oder geringer sind als beim Fahren
ohne Fahrschein, ist ein unhaltbarer Zustand.
Daneben gibt es in Deutschland viele legale Modelle, um die Besteuerung zu
umgehen. Diese stehen zumeist nur privilegierten Gruppen offen und sind daher
ungerecht. Wir wollen derartige Umgehungsmodelle durch gezielte
Gesetzesänderungen verhindern.
- Abbau aller klima- und umweltschädlichen Subventionen
Deutschland hat sich bereits 2009 auf internationaler Ebene verpflichtet, bis
2025 alle für die Senkung der Treibhausgasemissionen ineffizienten Subventionen
auf fossile Energieträger abzubauen. Klimaschädliche Subventionen und weitere
staatliche Begünstigungen in den Sektoren Energie, Verkehr, Industrie und
Landwirtschaft entsprachen mit Blick auf die Haushaltsmittel im Jahr 2020
insgesamt einem Volumen von rund 35,8 Mrd. Euro. Der größte Anteil der
staatlichen Begünstigungen mit klimaschädlicher Wirkung entstand 2020 mit 24,8
Mrd. Euro im Verkehr. Eine besonders große Treibhausgaswirkung geht von den
Besteuerungstatbeständen aus. In vielen Fällen profitieren in erster Linie hohe
Einkommen von staatlicher Unterstützung durch klima- und umweltschädliche
Subventionen und weiteren staatliche Begünstigungen. Der zügige Abbau dieser
Maßnahmen hilft nicht nur Umwelt und Klima, sondern trägt auch zu mehr sozialer
Gerechtigkeit bei.
Begründung
Erfolgt mündlich