Veranstaltung: | 50. Bundesdelegiertenkonferenz Wiesbaden |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Matthias Schimpf (KV Bergstraße) und 80 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 32%) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 04.10.2024, 11:03 |
V-89: Humanität und Ordnung: Asylrecht erhalten – Einwanderung gestalten
Antragstext
Die heutige Migrationssituation stellt Gesellschaft und Politik vor große
Herausforderungen und trägt wesentlich dazu bei, dass immer mehr Menschen das
Grundvertrauen in die demokratischen Institutionen verlieren. Eine Bewältigung
dieses Problems, das sowohl die Menschenrechte der schutzbedürftigen
Migrantinnen und Migranten als auch die Interessen der einheimischen Bevölkerung
erfüllt, ist von fundamentaler Bedeutung für die Verteidigung und Stärkung
unseres demokratischen Gemeinwesens. Genauso müssen wir feststellen, dass unser
jetziges Vorgehen bei der Migration nicht human ist, sondern viel zu oft den
Stärkeren hilft.
Wir wollen dazu beitragen, dass das Recht auf Asyl und seine Akzeptanz erhalten
bleibt und dafür die anstehenden Probleme lösen.
Die Situation:
Viele Kommunen haben die Belastungsgrenze erreicht, oftmals auch schon
überschritten. Der Landkreistag hat dies sehr deutlich gemacht und in seinem
aktuellen Positionspapier klare Forderungen aufgestellt.
- Es fehlt an Häusern, günstigen Wohnraum und bebaubaren Flächen zur
Unterbringung der Migranten, sowohl im Verfahren als auch anschließend
nach einer Anerkennung. Dies hat zur Folge, dass Menschen über einen
langen Zeitraum in Provisorien untergebracht werden müssen.
- Beratungs- und Verwaltungsstrukturen, sowie Ehrenamtliche sind aufgrund
der stetig steigenden Zahl von zu betreuenden Menschen überlastet, sie
können weder ausreichende Betreuung noch Beratung und/oder Unterstützung
bei der Integration anbieten oder leisten, Dies hat zur Folge, dass die
Kommunen den Menschen zeitnah kein Integrationsangebot machen können und
diese sich im Wesentlichen selbst überlassen bleiben.
- Kindertagesstätten und Schulen sind in vielen Fällen jenseits der
Leistungs- und Belastungsgrenzen aufgrund der hohen Zahl der
aufzunehmenden und zu integrierenden Kinder bei gleichzeitigem
Fachkräftemangel. Dies hat zur Folge, dass wichtige pädagogische Förderung
und Betreuung nicht mehr gewährleistet ist.
- Versorgungsstrukturen der Bevölkerung wie die kinder- oder
allgemeinärztliche Versorgung ist in vielen ländlichen Gemeinden schon
heute angespannt und wird sich bei einem weiteren Zuzug wie in den
vergangenen zwölf Monaten weiter massiv verschlechtern.
Hinter dem quantitativen Problem stehen aber auch eine Reihe grundsätzlicher
Probleme, vor denen wir nicht die Augen verschließen dürfen.
- Unter den vielen Geflüchteten und Asyl-Beantragenden, unabhängig von den
Gründen ihrer Flucht, gibt es auch Menschen, die unserer Demokratie und
dem Rechtsstaat massiv Schaden zufügen bis hin zu Gefährdern und
Attentätern.
- Es gibt ein nicht nur von vielen Menschen subjektiv empfundenes, sondern
auch real existierendes Sicherheitsproblem. Kriminalität, Extremismus,
militanter Islamismus, Radikalisierungstendenzen und -strukturen bedrohen
unsere freiheitich-demokratische Grundordnung und unser
zivilgesellschaftliches Zusammenleben.
- Umgekehrt führt dies zu einem rapiden Akzeptanzverlust nicht nur der
Migrationspolitik und des Asylrechts in der Bevölkerung, teilweise zu
einem Generalverdacht gegen Menschen mit Migrationshintergrund und darüber
hinaus zu Zweifeln an der Funktionstüchtigkeit des demokratischen Systems
überhaupt.
GRÜNE Migrationspolitik nimmt die Herausforderungen ernst:
Wir bekennen uns zum individuellen Recht auf Asyl und erteilen Forderungen nach
Abschaffung dieses Rechts eine klare Absage. Dieses Recht wollen wir erhalten,
auch als Verpflichtung der deutschen Geschichte gegenüber und als Auftrag der
Mütter und Väter des Grundgesetzes. Asyl kann aber nur Menschen gewährt werden,
die unter die Regelungen des Art. 16 Abs. 1 unseres Grundgesetzes fallen.
Dabei stehen wir zu folgenden Grundätzen bei der Asylpolitik:
- Eine Politik, die Menschen in Not (politisch Verfolgte, vom Krieg
Geflüchtete) Schutz und Hilfe gewährt;
- die sich zu den demographischen und wirtschaftlichen Bedürfnisse nach
einer
Zuwanderung von Arbeitskräften bekennt und diese offensiv angeht;
- die legale Migration als Chance für unsere Gesellschaft begreift;
- die unsere demokratischen, emanzipativen, freiheitlichen Werte wehrhaft
verteidigt gegen diejenigen, welche Straftaten begehen, unsere
freiheitlich-demokratische Grundordnung gefährden oder gar unser Land in
ein «Kalifat“ verwandeln wollen, und solche Menschen konsequent des Landes
verweist;
- die allen Einwohnerinnen und Einwohnern unseres Landes eine höchstmögliche
Sicherheit und Wohlfahrt zukommen lassen will, egal ob es einen
Migrationshintergrund gibt oder nicht.
Für eine moderne Migrationspolitik müssen wir jetzt handeln:
Neben dieser klaren Positionierung wollen wir Grünen die bestehenden Probleme
angehen, um die Funktionsfähigkeit unseres Staates zu sichern und ebenso die
Akzeptanz für unser Asylrecht.
Daraus leiten wir Folgendes ab:
- Wir trennen die verschiedenen Arten von Migration und behandeln diese
unterschiedlich.- Asyl nach Art. 16a Abs. 1 GG:
Alle Menschen, die politisch verfolgt werden genießen bei uns Asyl. - Massenfluchten/Kriegsflüchtlinge:
Diese werden möglichst in unmittelbarer Nähe der Herkunftsländer
bewältigt und gegebenenfalls von uns temporär aufgenommen. Die
kulturelle und oft auch sprachliche Ähnlichkeit erleichtert die
Bewältigung der damit verbundenen riesigen Aufgaben. Familiäre
Bindung und Rückkehr, sofern möglich, sind dort erheblich einfacher
zu organisieren. Damit dies gelingt und humanitäre Missstände
vermieden werden, bedarf es einer konsequenten und langfristig
angelegten Unterstützung der aufnehmenden Länder durch die EU. Bei
geeigneter Qualifikation und Integrationsbereitschaft ist eine
Bleibeperspektive in unserem Land möglich. - Arbeitsmigration:
Deutschland braucht legale Migration. Hier setzen wir auf
diejenigen, die wir in unserem Land als Arbeitskräfte und zur
Sicherung unserer Sozialsysteme benötigen. Es bedarf schnellerer und
effizienterer Verfahren. Hierfür sind die Botschaften Deutschlands
entsprechend auszustatten. Die Programme zur Anwerbung und
Qualifizierung von Fachkräften in ihren Herkunftsländern sind
auszubauen, Qualifikationen und Ausbildung im Inland sind im Rahmen
gesonderter Programme zur forcieren. Im Herkunftsland erworbene
Qualifikationen sind unbürokratisch anzuerkennen, wo immer dies
möglich und vertretbar ist.
- Asyl nach Art. 16a Abs. 1 GG:
- Wir unterstützen die Umsetzung des Gemeinsamen Europäische Asylsystems
(GEAS).
- Wir unterstützen Asylzentren an die Europäischen Außengrenzen.
- Wir wollen weitere Drittstaaten in die Liste sicherer Herkunftsländer
aufnehmen.
- Die Forderungsliste der schwarz-grün regierten Bundesländer für
stringentere Regeln bei der Zuwanderung und der Terrorismusbekämpfung
unterstützen wir.
- Wir befürworten den Einsatz von mobilen und stationären Grenzkontrollen,
hierzu ist die Bundespolizei personell und organisatorisch entsprechend
auszustatten.
- Wir befürworten die Abschiebung abgewiesener Personen unter
Berücksichtigung der Lage im Herkunftsland.
- Wir befürworten die Abschiebung von Straftätern auch nach Syrien und
Afghanistan.
- Wir befürworten eine Zuweisung von Geflüchteten an Gemeinden
ausschließlich nur bei einer entsprechenden Bleibeperspektive.
- Wir benötigen dringend kürzere und straffere Aufnahmeverfahren.
- Wir befürworten eine Einschränkung des Familiennachzugs.
- Wir bekennen uns zu unserer humanitären Verpflichtung Menschen aus
Krisengebieten aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen aufzunehmen.
Die Anzahl dieser sog. Kontingentflüchtlinge ist aber grundsätzlich
abhängig zu machen von dem aktuellen Migrationsgeschehens. Hier helfen wir
häufig grade Frauen und Kindern, die es nicht schaffen aus eigener Kraft
zu uns zu kommen.