„Was haben die Vereinten Nationen überhaupt mit dem Nahostkonflikt zu tun?“
Die Vereinten Nationen haben, insbesondere durch Resolution 181 (II) der Generalversammlung von 1947 („UN-Teilungsplan“) und Resolution 242 des Sicherheitsrats von 1967 („Land-für-Frieden-Formel“), mit anhaltender Wirkung im arabisch-israelischen Konflikt interveniert und damit das völkerrechtliche Fundament für die Zweistaatenlösung gelegt. Kein anderer Konflikt erhält auch nur ansatzweise so viel Aufmerksamkeit durch die Organe der Vereinten Nationen. Allein der Internationale Gerichtshof musste sich in den vergangenen zwanzig Jahren in mindestens sechs Verfahren mit dem Nahostkonflikt beschäftigen.
„Die Vereinten Nationen sind doch politisch neutral. Warum sollten sie eine Agenda gegen Israel verfolgen?“
Die Vereinten Nationen handeln durch Organe, die nach geographischer Repräsentation, Rotation und politischem Konsens durch ihre 193 Mitgliedstaaten besetzt werden. Nur etwa ein Drittel der Mitgliedstaaten kann als demokratisch gelten. Dieses Machtverhältnis spiegelt sich besonders in den Resolutionen der Generalversammlung wider. So war von 253 Verurteilungen durch Resolutionen der Generalversammlung in den Jahren von 2015 bis 2025 keine einzige an China, Venezuela, Katar oder die Türkei adressiert. Jeweils 9 Resolutionen trafen Myanmar und den Iran. Insgesamt 10 Resolutionen richteten sich an Nordkorea, 11 an die USA, 12 an Syrien und 29 an Russland. Gegen Israel ergingen im selben Zeitraum 173 Resolutionen. Diese Einäugigkeit setzt sich auch in den Sonderorganisationen fort. So verurteilten etwa UN Women den Einsatz sexueller Gewalt als Kriegswaffe gegen Frauen durch die terroristische Hamas erst acht Wochen nach dem 7. Oktober 2023 und nur auf Druck israelischer Frauenrechtsorganisationen.
„Sind die Behauptungen über Verbindungen zwischen der UNRWA und der Hamas nicht lediglich israelische Propaganda, um ihr Vorgehen im Gaza-Streifen zur rechtfertigen?“
Nein. Die Evidenz für eine Unterwanderung der UNRWA durch die Hamas ist überwältigend und basiert nicht nur auf Aussagen der IDF, sondern auf einer langen Indizienkette aus israelischen, palästinensischen und internationalen Quellen, die weit hinter den 7. Oktober 2023 zurückreicht. Die NGO „UN-Watch“ hat seit 2015 zahlreiche Belege für diese Verbindungen gesammelt und veröffentlicht, die u.a. zeigen, dass UNRWA-Personal aktiv am Überfall auf Israel am 7. Oktober teilnahm, hochrangige Funktionäre der terroristischen Hamas zumindest zeitweise leitende Funktionen im Schulsystem der UNRWA im Libanon und im Gazastreifen innehatten, und dass Lehrpersonal in Gruppenchats das Massaker vom 7. Oktober feierte.[1] In den wenigen Fällen, in denen die Leitung UNRWA gegen diese Entwicklung vorging, wie im Fall des Hamas-Funktionärs Fathi Sharif, schlugen ihr offene Feindseligkeit und Drohungen durch das eigene Personal entgegen.[2] Die ehemalige Geisel Emily Damari berichtete nach ihrer Freilassung davon, dass sie zeitweise in Gebäuden der UNRWA festgehalten wurde.[3] Die IDF gab an, direkt unter dem UNRWA-Hauptquartier eine Kommandozentrale der Hamas gefunden zu haben, die mit der Stromversorgung des Gebäudes verbunden war.[4]
„Hat der Internationale Gerichtshof in seinem Gutachten vom 22. Oktober 2025 die UNRWA nicht von diesem Verdacht freigesprochen?“
Nein. Der IGH hat den Vorwurf einer Beteiligung von UNRWA-Angestellten am Massaker vom 7. Oktober und Verbindungen zwischen UNRWA und Hamas ausdrücklich nicht zurückgewiesen. Im Gegensatz zu Israel zeigt er sich jedoch nicht davon überzeugt, dass diese Ereignisse die UNRWA in ihrer Gesamtheit als „parteiisch“ im Sinne von Artikel 59 der Vierten Genfer Konvention disqualifizieren und Israel somit von der völkerrechtlichen Verpflichtung zu einer Zusammenarbeit entbinden.[5] Das Gericht begründet diese Sicht mit der raschen Reaktion der UNRWA auf Anschuldigungen illegaler Aktivitäten; als konkrete Beispiele führt das Gericht die Entlassung von neun am Massaker vom 7. Oktober beteiligten UNRWA-Angestellten durch die UN und den sogenannten „Colonna Report“ an, welcher der Organisation „besser entwickelte Neutralitätsmechanismen als bei anderen NGOs und UN-Organisationen“ attestiert.[6] Diese Einschätzung ist auch innerhalb des IGH nicht ohne Widerspruch geblieben. So hat etwa Vizepräsidentin Julia Sebutinde in einem Sondervotum kritisiert, dass das Gericht sich nicht ausreichend mit den von Israel vorgelegten Beweismitteln auseinandergesetzt hat.[7]
„Aber ist die UNRWA nicht unersetzbar?“
Nein. Die Palästinenser*innen sind de-facto das einzige Volk der Welt, für dessen Belange eine eigene UN-Agentur existiert. Für alle anderen Völker in allen anderen Konflikten auf dieser Erde werden diese Aufgaben durch die einschlägigen UN-Sonderorganisationen wie UNICEF, UNHCR, etc. wahrgenommen.
Auch der IGH hat in seinem Gutachten vom 22. Oktober 2025 dieser Sichtweise, entgegen einer weit verbreiteten medialen Darstellung, nicht widersprochen. Stattdessen bezog sich das Gericht explizit auf den Kontext des gegenwärtigen Krieges zwischen Israel und der Hamas und spiegelte damit u.a. die Kritik vieler Verbündeter Israels an dessen kurzfristigen Verbot der UNRWA ohne vorher adäquate Alternativen etabliert zu haben:
„The Court considers that, in the current circumstances, it is not possible to replicate the capacity of the United Nations, acting through UNRWA, to ensure that the population of the Gaza Strip is adequately provided for. UNRWA cannot be replaced on short notice and without a proper transition plan.”[8]
„Was haben die arabischen Staaten mit dem palästinensischen Flüchtlingsproblem zu tun?“
Die gescheiterten arabischen Invasionen Israels in den Jahren 1948 bzw. 1967 führten jeweils zu großen palästinensischen Flüchtlingsbewegungen und Vertreibungen auf das Territorium dieser Staaten. Mit Ausnahme Jordaniens blieben die palästinensischen Flüchtlinge in ihren Aufnahmeländern staatenlos und wurden in großen Flüchtlingslagern untergebracht. Seit 1948 weigern sich die arabischen Staaten, den auf ihrem Territorium lebenden palästinensischen Flüchtlingen sowie deren Kindern und Enkelkindern, welche nie einen Fuß ins Mandatsgebiet Palästina gesetzt haben, vollständige rechtliche und soziale Gleichheit in ihren Ländern zu gewähren. Stattdessen beharren sie auf einem Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge und ihrer Nachkommen, worin sie durch die UNRWA unterstützt werden. Dies hat vor allem zwei Gründe. Erstens stellen die Palästinenser*innen ein politisch-moralisches Druckmittel gegen Israel dar. Zweitens ist die Integration der Palästinenser*innen in den arabischen Gesellschaften äußerst unpopulär. Diese zynische Behandlung der Palästinenser*innen als menschliche Schachfiguren zeigte sich zuletzt erneut in Ägyptens Verhalten gegenüber Flüchtlingen des Gaza-Krieges. Obwohl Ägypten Südafrikas Klage gegen Israel vor dem IGH unterstützt und Israel somit der Begehung eines Völkermordes bezichtigt, weigert es sich, palästinensische Flüchtlinge auf das eigene Staatsgebiet zu evakuieren.
„Aber geht die Forderung nach einer Einbürgerung der Palästinenser*innen nicht zu weit?“
Die Kinder, Enkel und Urenkel der palästinensischen Flüchtlinge von 1948 bzw. 1967 sind in den jeweiligen arabischen Ländern geboren und aufgewachsen. In vielen Staaten der Welt, in denen das „ius soli“ gilt, würden sie damit automatisch die Staatsbürgerschaft ihres Geburtslandes erhalten. Eine Einbürgerung nach dem Recht des Bodens wäre keine Weltneuheit.
Im Falle der Palästinenser*innen kommt erschwerend hinzu, dass ihre rechtliche Ungleichstellung gerade in ihrer Staatenlosigkeit begründet liegt. Auch mit weitgehend gleichen Rechten im Land werden sie spätestens beim Versuch in ein Nachbarland zu reisen an ihre Ungleichheit erinnert. Sie können auch nicht ohne Weiteres "woanders hingehen", wo man sie besser behandelt, solange sie staatenlos sind. Eine Einbürgerung würde der Möglichkeit einer Einwanderung in einen palästinensischen Staat außerdem nicht entgegenstehen. Im Falle einer israelisch-palästinensischen Einigung in dieser Frage könnten sie sodann selbst entscheiden, in welchem Staat sie leben möchten.
„Israel verletzt im Westjordanland und im Gaza-Krieg doch andauernd die Menschenrechte der Palästinenser*innen. Was soll also unverhältnismäßig daran sein, dass der UN-Menschenrechtsrat Israel dafür so oft kritisiert?“
Der UN-Menschenrechtsrat sollte Israel unbedingt für Verstöße gegen seine völkerrechtlichen Verpflichtungen kritisieren und muss sich dabei auch nicht an einer Quote orientieren. Jedoch wird die Agenda des Rates seit Jahrzehnten durch Diktaturen und Unrechtsregime bestimmt, die selbst massive Menschenrechtsverletzungen begehen und von denen einige den Antisemitismus zur Staatsräson erklärt haben, wie etwa Katar oder Iran.
Der UN-Menschenrechtsrat hält jährlich mindestens drei Sitzungen ab. Auf jeder Sitzung orientiert er sich an denselben 10 Tagesordnungspunkten, wobei 9 allgemeiner Natur sind. Tagesordnungspunkt 7 behandelt konkret „Menschenrechtsverletzungen und Auswirkungen der israelischen Besatzung Palästinas und der Besatzung anderer arabischer Territorien“. Damit ist Israel der einzige UN-Mitgliedstaat, welcher Gegenstand eines eigenen Tagesordnungspunkts auf jeder einzelnen Sitzung des Rates ist. Die Behandlung von Menschenrechtsverletzungen der Hamas und der Palästinensischen Autonomiebehörde sind unter Tagesordnungspunkt 7 nicht vorgesehen.
Mit insgesamt 9 an der Zahl hat der UN-Menschenrechtsrat gegen Israel mehr Untersuchungskommissionen eingesetzt als gegen Nordkorea, Iran, Libyen, Myanmar und Syrien zusammen. Seit 2021 ist Israel als erster Mitgliedstaat in der Geschichte des Rates Objekt einer zeitlich unbefristeten Untersuchungskommission. Diese ist mit Personen besetz, die bereits lange vor ihrer Berufung in die Kommission durch antiisraelische, teils antisemitische Handlungen und Aussagen aufgefallen sind. So hat die Vorsitzende Navi Pillay bereits Jahre vor ihrer Berufung in die Kommission Staaten lobbyiert, um diese zu Sanktionen gegen Israel zu bewegen und Israel als „Apartheidsstaat“ zu klassifizieren. Ihr Kollege Miloon Kothari raunte in einem Interview von der „jüdischen Lobby“ und sprach Israel das Recht ab, Mitglied der Vereinten Nationen zu sein.[9]
„Wo liegt das Problem beim Mandat der Sonderberichterstatter*in für Palästina?“
Das Mandat der Sonderberichterstatterin für Palästina sieht lediglich Ermittlungen zu Völkerrechtsverletzungen seitens Israels vor. Vergehen durch die Palästinensische Autonomiebehörde oder die terroristische Hamas, welche den Friedensprozess gefährden, bleiben unerwähnt. Die aktuelle Mandatsträgerin, Francesca Albanese, rechtfertigte das Massaker vom 7. Oktober mehrfach als eine Form des Widerstands, leugnet bis heute den Einsatz sexueller Gewalt als Kriegswaffe gegen israelische Frauen, trat als Fürsprecherin auf Konferenzen der Terrororganisation Hamas auf und setzt regelmäßig die israelische Regierung mit dem NS-Regime und den Krieg im Gazastreifen mit der Shoah gleich.[10]
[1] https://unwatch.org/wp-content/uploads/2024/04/United-Nations-Watch-Submission-to-UNRWA-Review-Group.pdf
[2] https://unwatch.org/contempt-for-colonna-unrwa-leaders-continue-to-promote-terrorism-presented-to-parliament-of-the-netherlands-the-hague-20-june-2024/
[3] https://www.theguardian.com/world/2025/jan/31/woman-freed-by-hamas-tells-starmer-she-was-held-in-premises-owned-by-unrwa-her-mother-says
[4] https://www.idf.il/en/mini-sites/the-unrwa-hamas-connection/exploitation-of-unrwa-headquarters/
[5] International Court of Justice (ICJ), Obligations of Israel in relation to the Presence and Activities of the United Nations, Other International Organizations and Third States in and in relation to the Occupied Palestinian Territory, General List No. 196, Advisory Opinion of 22 October 2025, paras 110 – 118.
[6] International Court of Justice (ICJ), Obligations of Israel in relation to the Presence and Activities of the United Nations, Other International Organizations and Third States in and in relation to the Occupied Palestinian Territory, General List No. 196, Advisory Opinion of 22 October 2025, para 118.
[7] International Court of Justice (ICJ), Separate Opinion of Vice-President Sebutinde in Obligations of Israel in Relation to the Presence and Activities of the United Nations, Other International Organizations and Third States in and in Relation to the Occupied Palestinian Territory, Advisory Opinion of 22 October 2025, General List No. 196, paras 4, 83f.
[8] International Court of Justice (ICJ), Obligations of Israel in relation to the Presence and Activities of the United Nations, Other International Organizations and Third States in and in relation to the Occupied Palestinian Territory, General List No. 196, Advisory Opinion of 22 October 2025, para 121.
[9] https://unwatch.org/un-commissioner-miloon-kothari-denounced-for-antisemitic-remarks-full-transcript/
[10] https://www.jns.org/un-envoy-to-hamas-you-have-the-right-to-fight-israel/; https://www.jpost.com/israel-news/article-724023; https://www.youtube.com/watch?v=Zau-NMcQY8Y&t=187s; https://www.youtube.com/watch?v=iRGhSjaB5UM
