| Antrag: | Für Frieden in Freiheit. Konsequent europäisch Handeln. |
|---|---|
| Antragsteller*in: | Bundesvorstand der GRÜNEN JUGEND (dort beschlossen am: 06.11.2025) |
| Status: | Eingereicht |
| Verfahrensvorschlag: | Erledigt durch: E-03-498 |
| Eingereicht: | 06.11.2025, 22:02 |
A-09-121-2: Für Frieden in Freiheit. Konsequent europäisch Handeln.
Verfahrensvorschlag zu E-03-498: Antragstext
Von Zeile 488 bis 490 (E-03: Kurs Zukunft – sozial gerecht aus der fossilen Abhängigkeit):
USA und autokratisch regierten Staaten beenden. Die im Rahmen des Zoll-Deals geplanten InvestitionenAusgaben von bis zu 750 Milliarden Euro für Trumps LNG-Gas lehnen wir entschieden ab.
Von Zeile 497 bis 499 (E-03: Kurs Zukunft – sozial gerecht aus der fossilen Abhängigkeit):
Infrastruktur zu schaffen, um schnell die wegfallenden Lieferungen russischen Erdgases zu ersetzen. Zugleich ist für uns klar: Neue Langfristverträge für den Import fossilen Gases oder neue LNG-Terminals sind nicht mit den Klimazielen und auch nicht mit einer Gasunabhängigkeitsstrategie vereinbar. Der Gasrausch der schwarz-roten Bundesregierung gefährdet die Klimaziele und unsere Sicherheit. Anstatt uns mit teurem, umwelt- und klimaschädlichem Fracking-Gas erpressen zu lassen, bringen wir die begonnene Reduktion des europäischen Gasverbrauchs als auch den Umstieg auf Sonne und Wind, grünen Wasserstoff und andere erneuerbare Quellen weiter voran. Die Nutzung von fossilem Gas werden wir schrittweise reduzieren und so schnell wie möglich, spätestens bis 2045, beenden, um die Klimaziele sicher einzuhalten.
Gas- und Erdölförderung richten weltweit gravierende, oft nicht hinreichend bilanzierte Gesundheits- und Umweltschäden an – gerade auch durch Fracking – und vertreiben Menschen aus ihrer Heimat. Methanleckagen können dazu führen, dass Erdgas bilanziell für ähnlich hohe Treibhausgasemissionen verantwortlich ist wie Kohle.
In Deutschland wird Fracking zurecht nicht genutzt, nun müssen auch die Importe schrittweise zurückgefahren werden. Außerdem fordern wir einen Importstopp für russische Stickstoffdünger, mit denen Putin überschüssiges Gas in Wert setzt, und eine Agrarpolitik, die unsere Landwirtschaft unabhängig von Kunstdünger macht.
In Abstimmungen mit unseren europäischen Partnern werden wir die LNG-Infrastruktur in Deutschland regelmäßig auf ihre Notwendigkeit überprüfen, Lock-in-Effekte von Gasinfrastruktur vermeiden, überflüssige Terminals schließen und alle neue Energieinfrastruktur mit dem verbindlichen Kriterium versehen, dass sie den Wechsel hin in ein Energiesystem auf der Basis von erneuerbaren Energien vollziehen kann. Nun muss es darum gehen, diesedie gesamte fossile Infrastruktur und ihre Auslastung auf ein für die Versorgungssicherheit notwendiges Maß zu begrenzen. Bei den vorhandenen Terminals setzen wir uns dafür ein, dass Emissions- und Abwassergrenzwerte und weitere Regelungen zum Schutz von Umwelt, Natur und Bevölkerung voll eingehalten werden.
Klimaschutz ist nicht weniger als ein Versprechen an unsere Kinder und Enkel, in
einer Welt aufzuwachsen, in der man saubere Luft atmen und intakte Natur erleben
kann - saubere und klare Bäche, grüne und gesunde Wälder. In der die
Energieversorgung sicher und das Leben bezahlbar ist. In der fossile Konzerne
ihre Profite nicht auf Kosten der nachfolgenden Generationen generieren.
Klimaschutz ist die direkte Konsequenz aus dem Wissen, dass wir nur eine Erde
haben – und diese von unseren Kindern nur geborgt ist.
Er ist gleichzeitig die Antwort auf die Sorgen, die viele Menschen in diesem
Land umtreiben: Kann ich meine Heizrechnung auch kommendes Jahr noch bezahlen?
Kann ich darauf bauen, meinen Industriejob auch in fünf Jahren noch zu haben?
Ist mein Haus sicher vor Überschwemmungen?
Konsequenter Klimaschutz ist damit die zentrale Aufgabe unserer Zeit.
Klimaschutz entscheidet über wirtschaftliche Stärke, soziale Sicherheit,
körperliche wie seelische Gesundheit, internationale Stabilität und den
Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Wer meint, Klimaschutz sei Nischenthema und
Schönwetterpolitik, wer Klimaschutz jetzt ausbremst, verspielt nicht nur
ökologische Ziele, sondern gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die
Zukunftsfähigkeit unseres Landes und nicht zuletzt unsere Sicherheit und unseren
Frieden.
Die ökologischen Krisen verschärfen sich dramatisch – von der Erderhitzung bis
zum Artensterben, verursacht durch Raubbau an Böden, Wäldern und Meeren.
Zugleich wird in Zeiten wachsender geopolitischer Spannungen einmal mehr
deutlich, wie abhängig wir von Gas und Öl aus autokratischen Staaten sind – eine
Abhängigkeit, die wir nur durch konsequente Klimapolitik beenden können. In
dieser Lage entscheidet konsequentes Handeln darüber, ob Deutschland und Europa
gestärkt aus den Krisen hervorgehen – oder an ihnen scheitern.
In den vergangenen mehr als 45 Jahren haben wir gezeigt, dass entschlossene
Politik wirkt – aus der Opposition heraus genauso wie in
Regierungsverantwortung. Als wir vor 25 Jahren das Erneuerbare-Energien-Gesetz
auf den Weg gebracht haben, war damit die Hoffnung verbunden, eine weltweite
Energie-Revolution zu starten. Und was ist passiert? Unsere optimistischsten
Annahmen wurden übererfüllt. Wir generieren nicht nur in Deutschland schon heute
mehr als die Hälfte des Stroms aus Erneuerbaren – 2025 war auch das erste Jahr,
in dem global mehr Energie aus Wind und Sonne als aus Kohle gewonnen wurde. Das
ist ein riesiger Erfolg, auf den wir stolz sind. Der von uns begonnene Weg der
Förderung der Erneuerbaren war und ist Exportschlager.
Auch in der letzten Bundesregierung haben wir zentrale Weichen gestellt, damit
Deutschland seine Klimaziele erreicht: Wir haben den Ausbau der Erneuerbaren und
der Netzinfrastruktur massiv beschleunigt, das Miet- und Wohneigentumsrecht ins
solare Zeitalter gebracht, den Kohleausstieg konkretisiert, den Europäischen
Green Deal mit auf den Weg gebracht, neue Instrumente wie Klimaschutzverträge
zum Umbau der Industrie etabliert und mit dem Aktionsprogramm Natürlicher
Klimaschutz das bislang größte Programm für die Renaturierung von Mooren und
Gewässern, die Wiederherstellung von Grünzügen und den Umbau von Wäldern
geschaffen. Wir haben eine historisch einmalige Energiekrise nach Putins
Angriffskrieg in der Ukraine bewältigt und zugleich gezeigt, wie der Weg hin zu
mehr Klimaschutz konkret umsetzbar ist – auch gegen erhebliche Widerstände. Das
war nicht immer einfach – und sicherlich wurden dabei auch Fehler gemacht. Das
Gute: Deutschland war auf Kurs, das 2030-Klimaziel zu erreichen. Diese Bilanz
zeigt: Politik macht einen Unterschied – und wir sind der Erderhitzung nicht
ohnmächtig ausgeliefert.
Die schwarz-rote Bundesregierung droht all diese Erfolge zu verspielen. Sie
erkennt ökologische Transformation nicht als strategische Aufgabe, sondern
behandelt sie wie eine Störung des Status quo. Während andere Staaten vorangehen
und den klimaneutralen Umbau ihres Wirtschaftssystems konsequent voranbringen,
riskiert die Bundesregierung, den Wirtschaftsstandort Deutschland vom
wesentlichen Innovationstreiber der nächsten Jahrzehnte abzukoppeln. Klimaziele
werden europäisch wie national infrage gestellt, soziale Spaltungen vertieft,
europäische Einigung geschwächt. Blockade und Verantwortungslosigkeit prägen
diese Politik im Rückwärtsgang.
Zehn Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen braucht es ein starkes politisches und
wirtschaftliches Signal für internationale Zusammenarbeit. Trotzdem hat die
Regierung Merz verhindert, dass Europa geschlossen und ambitioniert zur
diesjährigen Weltklimakonferenz fährt. Im Verbund mit Rechtspopulisten und der
fossilen Lobby schickt sie sich an, die gesamte europäische Klimaarchitektur zu
Fall zu bringen, den Green Deal. Dieser enthält die wichtigsten Instrumente, um
die soziale und wirtschaftliche Zukunft unseres Kontinents zu gestalten und
damit die europäischen Klimaziele zu erreichen. Dazu zählt auch das Verbrenner-
Aus für Autos und das europäische Emissionshandelssystem ETS 1 und ETS 2, das
die Emissionen in Europa effektiv begrenzt.
Hinter dieser Politik stehen nicht nur Ignoranz oder das „Prinzip Hoffnung“,
sondern auch organisierte Interessen. Die, deren Macht auf der Ausbeutung
fossiler Energien beruht, rückwärtsgewandte Teile der Industrie, fossile
Energiekonzerne, reaktionäre Thinktanks und rechtspopulistische Kräfte verfolgen
ein gemeinsames Ziel: Sie wollen die ökologische Modernisierung unseres Landes
aufhalten, um ihre fossilen Geschäftsmodelle und ihren Einfluss zu schützen.
Anti-Klima-Mobilisierung ist kein deutsches Einzelphänomen. Sie ist Teil des
politischen Werkzeugkastens autoritärer und rechtspopulistischer Bewegungen –
von Donald Trump bis Viktor Orbán. Ökologische Politik ist immer auch eine Frage
politischer Auseinandersetzung darum, wer wir als Gesellschaft sein, was wir
unseren Kindern und Enkeln hinterlassen wollen: eine intakte Umwelt, die ihnen
die Chance gibt, sich zu verwirklichen und in Wohlstand zu leben, oder eine
Welt, in der einige wenige sich auf Kosten der Lebenschancen der Menschen und
des Planeten bereichert haben.
Diese Auseinandersetzung ist nicht entschieden, und es lohnt sich, zu kämpfen –
gegen eine fossile Lobbymacht, die eine teure Politik des Nichtstuns oder gar
des Rückschritts als zukunftsweisend verkauft.
Der ökologische Rollback der Regierung Merz bleibt nicht unbeantwortet. Überall
im Land formieren sich neue Allianzen: bei neuen Gasbohrprojekten bei Borkum, in
Oberbayern oder vor den Stränden Mecklenburg-Vorpommerns; bei den Menschen, die
sich vor den Kosten der unkalkulierbaren fossilen Abhängigkeit schützen wollen;
bei Städten und Gemeinden, die auf Windenergie und Solarprojekte setzen und
damit an vielen Stellen zur Sanierung ihrer Haushalte beitragen. Die eine
moderne kommunale Wärmeplanung vorantreiben und dafür klare Rahmenbedingungen
und weiterhin die finanzielle Unterstützung des Bundes brauchen. Und nicht
zuletzt in den vielen Unternehmen, die mit Wissen und Know-how nachhaltige
Geschäftsmodelle vorantreiben.
Denn es gibt eine andere Wirklichkeit – auch in der Wirtschaft selbst. Überall
in Deutschland investieren und entwickeln Marktführer, mittelständische
Unternehmen, Hidden Champions und Start-ups in klimaneutrale und
ressourcenschonende Technologien, Kreislaufwirtschaft und nachhaltige
Geschäftsmodelle. Sie schaffen Jobs und eröffnen Chancen. Sie zeigen, dass
wirtschaftlicher Erfolg und ökologische Verantwortung zusammengehören – und dass
aus Klimaschutz wirtschaftliche Stärke werden kann. An ihrer Seite stehen wir:
für eine Politik, die ökologische Innovation fördert, statt fossile
Geschäftsmodelle zu verlängern. Wir wollen, dass Deutschland diese starke
Position ausbaut und zum weltweiten Leitmarkt für Green Tech wird. Unser Ziel
ist eine Wirtschaft, die unabhängig von fossilen Energien, ressourcenschonend
und international wettbewerbsfähig ist – als Teil einer ökologischen Moderne.
Es lohnt sich, gerade jetzt für ambitionierte ökologische Politik einzustehen.
Die Rettung unserer natürlichen Lebensgrundlagen ist kein Selbstläufer, der
Kampf um unsere Zukunft aber auch noch nicht verloren. Jedes Zehntel Grad, das
wir an Erderhitzung verhindern können, rettet Lebenschancen. Jedes Zehntel Grad
entscheidet über die Freiheitsrechte unserer Kinder. Jedes Zehntel Grad ist ein
Antrieb für uns, uns zu engagieren. Und wir haben beim Zukunftsentscheid in
Hamburg gesehen, dass ambitionierte Klimapolitik weiter Mehrheiten mobilisiert -
und Menschen bereit und motiviert sind, für eine gute Zukunft auf die Straße und
ins Wahllokal zu gehen. Dieser Erfolg bestärkt und motiviert uns.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind Teil eines breiten Bündnisses für Fortschritt und
Klimaschutz. Gemeinsam stellen wir uns der Rückschrittspolitik der
Bundesregierung entgegen. Wenn Klimaschutz sabotiert wird, findet das unseren
Widerspruch und unseren Widerstand – im Parlament und auf der Straße. Wir
stellen einer solchen Politik einen klaren Plan entgegen: soziale, gerechte
ökologische Politik, öffentliche und private Investitionen in Zukunftsbranchen,
Unterstützung und Beinfreiheit für die Modernisierung der Wirtschaft.
Unsere Leitidee: Klimaschutz, wirtschaftliche Modernisierung, sozialer
Zusammenhalt, Sicherheit und Freiheit gehören zusammen. Wer Klimaziele erreichen
will, muss sie gerecht gestalten. Wer Wohlstand sichern will, muss in
Zukunftsbranchen investieren und Innovation erleichtern. Wer in Europa bestehen
will, darf nicht spalten, sondern muss aktiv mitgestalten.
Die Bundesregierung muss den Europäischen Green Deal und die europäischen
Klimaziele aktiv verteidigen. Sie muss sich jedem Versuch entgegenstellen,
Emissionsreduktionen oder sektorale Ziele – etwa in der Automobilindustrie –
zurückzudrehen. Klare, verlässliche Rahmenbedingungen sind gerade jetzt
entscheidend, um Investitionen auszulösen und die Modernisierung der
europäischen Wirtschaft voranzubringen. Der Staat kann als Ankerkunde für grüne
Produkte Leitmärkte schaffen und gleichzeitig durch Forschungsförderung und
regulatorische Erleichterung private Investitionen anreizen und Hürden für
Innovation abbauen.
Als zentraler Hebel für die effektive Reduktion klimaschädlicher Emissionen hat
sich der Europäische Emissionszertifikatehandel ETS bewiesen. Denn die Ausgabe
von Emissionszertifikaten begrenzt die CO2-Emissionen zielsicher und verbindlich
in ganz Europa. Das ist besonders im deutschen Interesse, da wir ohnehin
verfassungsrechtlich zu strengem Klimaschutz verpflichtet sind. Der ETS 1 für
Industrie und Kraftwerke muss auf seinem Pfad bleiben, um seine volle
Steuerungswirkung auch weiter zu entfalten. In den Sektoren, die im
Zertifikatehandel erfasst sind, sind die Erfolge sichtbar: Hier sind die
Emissionen in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zurückgegangen.
In der Energiewirtschaft hat der Emissionshandel den Umstieg von der Kohle hin
zu Erneuerbaren bewirkt, in der Industrie Modernisierung und Forschung an
emissionsarmen Produktionsprozessen beschleunigt. Es ist richtig und notwendig,
dass die Sektoren Verkehr und Gebäude mit dem ETS 2 ebenfalls Teil dieser
verbindlichen Klimaschutzarchitektur werden – sie sind bislang nicht auf dem
richtigen Pfad.
Allerdings darf hier der CO2 -Preis nicht zum zentralen Instrument der
Treibhausgasminderung werden. Denn die CO2 -Vermeidungskosten liegen bei
Gebäuden und Verkehr viel höher als etwa im Bereich der Kraftwerke. Vielmehr ist
entscheidend, dass die Transformation im Bereich Gebäude und Verkehr auch ohne
hohe CO2 -Preise erfolgreich wird. Wir wollen daher die Verbindlichkeit des ETS
mit bezahlbaren Preisen verbinden.
Das gelingt durch einen intelligenten Instrumentenmix aus Preisanreizen,
gezielter Förderung von Umbau und Modernisierung und klaren ordnungsrechtlichen
Vorgaben. An diesem Instrumentenmix halten wir fest. Friedrich Merz hingegen ist
unehrlich: Zum einen will er Klimaschutz allein über den Preis regeln – das ist
sozial ungerecht und wird dazu führen, dass die Akzeptanz für ausreichend
ambitionierte Politik verloren geht. Zum anderen greift er dann die Preise an,
sodass am Ende nur die Option bleibt, den Emissionshandel zu schwächen. Wer
Emissionshandel als alleiniges Steuerungsinstrument will, will nicht, dass er
bleibt.
Klimaschutz sozial gerecht gestalten
Eine um mehrere Grad Celsius erhitzte Welt bedeutet: weniger Gerechtigkeit,
weniger Freiheit, weniger Chancen für uns und unsere Kinder – und mehr und
brutalere Konflikte. Klimaschutz ist allein deshalb die zentrale
Gerechtigkeitsfrage unserer Zeit. Klimaschutz ist Generationengerechtigkeit,
globale Gerechtigkeit und soziale Gerechtigkeit zugleich. Wer wenig hat, hat
auch weniger Chancen, sich an die Erderhitzung anzupassen – während sich Reiche
oft von den Folgen freikaufen können. Nichtstun verschärft Ungleichheiten,
Ungerechtigkeiten und Konflikte.
Klimaschutz kann gelingen, wenn die infrastrukturellen Rahmenbedingungen
individuelle Entscheidungen für eine klimafreundliche Lebensweise ermöglichen.
Er wird aber nur dann breite gesellschaftliche Akzeptanz erfahren, wenn er
gerecht gestaltet wird, wenn es sich alle leisten können und etwas davon haben.
Das ist keine Selbstverständlichkeit, denn viele Technologien, die mittel- und
langfristig deutliche Einsparungen und ein Mehr an Lebensqualität bringen, sind
bei der Anschaffung teuer – nicht jede*r kann sie sich leisten und ist in der
Zwischenzeit mit steigenden Energiepreisen konfrontiert.
Das verlangt entschiedenes Handeln jetzt.Doch die Bundesregierung tut nichts
dafür – im Gegenteil: Sie schiebt den Klimaschutz auf die lange Bank, und das
Klimageld gleich mit. So lässt sie die Menschen mit den Folgen der Klimakrise,
aber auch mit ihrer Bewältigung allein. Sie gefährdet mit diesem Kurs nicht nur
den Erfolg des ETS 2, sie untergräbt auch das Vertrauen in die ökologische
Transformation insgesamt. Anstatt soziale Sicherheit zum Rückgrat ambitionierter
Klimapolitik zu machen, lässt sie Haushalte mit niedrigen und mittleren
Einkommen allein und spielt so den Gegner*innen konsequenten Klimaschutzes in
die Hände.
Klimageld einführen - Haushalte entlasten
Der Emissionshandel und die damit verbundene Bepreisung von CO₂-Emissionen sorgt
für ehrliche Preise und belohnt die, die in Klimaschutz investieren oder aus
anderen Gründen nichts oder nur wenig zur weiteren Erderhitzung beitragen. Da
noch nicht alle zum Start des europäischen Emissionshandels ETS 2 mit
Wärmepumpen, E-Autos und Niedrigenergiehäusern ausgestattet sein werden,
brauchen wir zum Ausgleich endlich ein sozial und regional gestaffeltes
Klimageld.
Die schwarz-rote Koalition hat das Klimageld faktisch beerdigt – obwohl es in
den Wahlprogrammen angekündigt wurde. Damit verspielt sie Glaubwürdigkeit und
gefährdet die politische Akzeptanz des CO₂-Preises. Der für ein Klimageld
notwendige Auszahlungsmechanismus ist inzwischen technisch bereit. Jetzt muss
die Bundesregierung den politischen Willen aufbringen, das Klimageld umzusetzen
– als direkten, jährlichen Rückfluss von Teilen der Einnahmen aus der CO₂-
Bepreisung. Es schafft einen Ausgleich für Menschen mit niedrigen und mittleren
Einkommen. Sie werden entlastet, während Vielverbraucher*innen einen größeren
Teil der Transformationskosten tragen. Wir fordern die Bundesregierung auf, das
Klimageld sofort startklar zu machen und 2027 erstmals auszuzahlen.
Förderprogramme sozial und regional gerecht gestalten
Moderne klimafreundliche Technologien wie Wärmepumpen, Geothermie oder
energetische Gebäudesanierungen entlasten nach einigen Jahren durch geringere
Verbrauchskosten, sind aber in der Anschaffung teuer. Damit auch Menschen mit
geringem Einkommen und Vermögen den Umstieg starten können, müssen
Förderprogramme konsequent auf Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen
ausgerichtet werden. Wer wenig hat, erhält die höchste Förderung,
einkommensstarke Haushalte entsprechend weniger. Dieses Prinzip findet bisher
ausschließlich bei der Förderung für Heizungen aus erneuerbaren Energiequellen –
also etwa Wärmepumpen – Anwendung. Es ist aber auch für andere
Modernisierungsmaßnahmen richtig.
Für den Erfolg der ökologischen Modernisierung unseres Landes sind unsere Städte
und Gemeinden unerlässlich: Wir kämpfen im Bund und in den Ländern weiter dafür,
dass die Kommunen aus den Einnahmen aus erneuerbaren Energien einen gerechten
Anteil erhalten und sie mit gezielten Förderprogrammen dabei unterstützt werden,
ihre kommunale Wärmeplanung Wirklichkeit werden zu lassen: Mit
Investitionszuschüssen wollen wir mehr bezahlbare Fernwärme aus erneuerbaren
Energiequellen, lokale und nachhaltige Nahwärmenetze und dezentrale Lösungen
ermöglichen, die kommunal gut begleitet werden. So schaffen wir für Städte und
ländliche Regionen örtlich angepasste Lösungen.
Für Vermieter*innen müssen attraktive Anreize geschaffen werden, verbunden mit
einer klaren Begrenzung der Modernisierungsumlage, damit Warmmieten nicht
steigen. Insbesondere private Vermieter*innen werden wir bei der energetischen
Sanierung weiter verlässlich mit Förderzuschüssen unterstützen und
kostengünstige serielle Sanierungsverfahren voranbringen. Mit dem CO₂-Kosten-
Aufteilungsgesetz haben wir in der Ampel dafür gesorgt, dass Vermieter*innen
einen eigenen Anreiz haben, die Kosten für die Gebäudewärme für ihre
Mieter*innen gering zu halten. Je energieeffizienter ein Haus ist, desto
geringer ist der Vermieteranteil am CO₂-Preis. Wir wollen dieses im Grundsatz
richtige Stufenmodell im Zuge des Übergangs vom nationalen CO2 -Preis in den ETS
2 weiterentwickeln. Um die für die Erreichung der Klimaziele notwendige
Sanierungsquote zu erreichen und Mieterinnen und Mieter vor steigenden CO2 -
Kosten zu schützen, wollen wir perspektivisch im Zuge der Einführung des ETS 2
den Mieteranteil bei Wohnungen und Häusern mit überdurchschnittlich hohen CO2 -
Emissionen verringern. Erst, wenn ein Gebäude maximal 32kg CO2 pro m2 und Jahr
ausstößt, soll der CO2 -Preis auch anteilig auf die Mieter*innen umgelegt
werden. Das bedeutet: Wer nicht saniert, zahlt mehr als bisher - wer seine
Mieter*innen vor Energiekostensteigerungen schützt, wird belohnt.
Die Bundesregierung darf nicht länger warten, einen Plan vorzulegen, wie die
mehr als fünf Milliarden Euro aus dem europäischen Klima-Sozialfonds gezielt für
Haushalte mit wenig Einkommen eingesetzt werden.
Bahn stärken – saubere Mobilität für alle ermöglichen
Eine moderne Wirtschaft braucht eine zuverlässige, bezahlbare Bahn. Die
Investitionen in die Sanierung und Digitalisierung der Bahninfrastruktur, den
Aus- und Neubau von Bahnstrecken sowie die Modernisierung von Bahnhöfen müssen
mindestens verdoppelt und für zehn Jahre gesichert werden. In der Ampel-
Regierung haben wir es geschafft, dass erstmals mehr Geld in die Schiene als in
die Straße geflossen ist. Und wir haben den Finanzierungskreislauf Straße
durchbrochen – Einnahmen aus der Lkw-Maut sind endlich auch in die
Bahninfrastruktur geflossen. Beide Erfolge werden unter Schwarz-Rot
zurückgedreht. Wir fordern die Bundesregierung auf, diese Bahn-feindliche
Politik zu beenden.
Auch beim Deutschlandticket braucht es eine stärkere Beteiligung des Bundes,
damit der Preis wieder auf 49 Euro sinken kann - denn das ist unser Ziel.
Während Deutschland die teuersten Autobahnkilometer der Welt baut, fehlt es an
einer funktionierenden Bahn sowohl im Fernverkehr wie auch regional – eine
enorme Belastung für Pendler*innen und Unternehmen. Die neue Bahnstrategie muss
endlich mit einem Maßnahmenpaket zur Fachkräfteanwerbung und Baubeschleunigung
hinterlegt werden.
Gute Arbeit sichern – Sicherheit im Wandel schaffen
Verlässliche Beschäftigung ist essenziell für sozialen Zusammenhalt. Wir setzen
uns gemeinsam mit den Gewerkschaften für eine gestärkte Tarifbindung, einen
wirklich armutsfesten Mindestlohn und gute Arbeitsbedingungen in allen Branchen
ein. Arbeit darf nicht krank machen – sie muss Sicherheit und Würde bieten. Gute
Arbeit ist die soziale Basis jeder erfolgreichen Transformation.
Der Wandel gelingt nur, wenn er Sicherheit bietet. Dafür brauchen wir einen
verbindlichen Transformationsfonds, eine umfassende Qualifizierungsoffensive mit
Anspruch auf Mitbestimmung, Schutz bei Arbeitsplatzverlust sowie gezielte
Förderung für von Strukturwandel betroffene Regionen. Ein verlässliches soziales
Netz muss Menschen in allen Lebenslagen schützen – bei Arbeitslosigkeit,
Krankheit und Pflege. So entsteht Vertrauen in Veränderung und der Glaube:
Niemand bleibt zurück.
Gesundheitsschutz stärken - Kommunen bei der Klimaanpassung
unterstützen
Sozial gerechter Klimaschutz bedeutet auch, Schutzmaßnahmen gegen
Extremwetterereignisse wie Hitze und Überschwemmungen konsequent auszubauen.
Daten bestätigen, dass Hilfesysteme, medizinische Einrichtungen,
Bildungseinrichtungen, Sportvereine und viele andere die zunehmende
Wärmebelastung und die damit verbundenen gesundheitlichen Konsequenzen zunehmend
zu spüren bekommen. Wir wollen den Gesundheitsschutz insbesondere von
vulnerablen Gruppen wie Kleinkindern, älteren Menschen, gesundheitlich
vorbelasteten Menschen und Schwangeren sukzessive stärken. Durch moderne
Gestaltung wie baulichen Hitzeschutz, die Entsiegelung von Flächen, Planung
grüner Oasen in stark versiegelten Räumen, aber auch die Modernisierung von
Fahrzeugen im ÖPNV, Notfallpläne und Hitzeberatung wirken wir den Risiken von
Hitzschlag, Dehydration und hitzebedingter Krankheiten entgegen. Ebenso gilt es,
auf die Bedrohung durch Überschwemmungen mit Maßnahmen wie naturnahen
Flussläufen, Schwammstadtkonzepten und mehr Entsiegelung zu reagieren.
Verantwortung einfordern – fossile Subventionen abbauen,
Verursacher beteiligen
Wer Klimagerechtigkeit ernst meint, darf fossile Fehlanreize nicht länger
hinnehmen. Noch immer fließen Milliarden in klimaschädliche Vergünstigungen für
Diesel, Dienstwagen und Kerosin. Diese Mittel fehlen bei der Finanzierung des
Klimageldes, beim sozialen Ausgleich und bei Zukunftsinvestitionen. Wir fordern
die Bundesregierung auf, beim sozialverträglichen Abbau klimaschädlicher
Subventionen substanziell voranzukommen und die freiwerdenden Mittel konsequent
in Klimageld, Wärmewende und öffentliche Mobilität umzuleiten.
Wir stehen für das Verursacherprinzip. Wer massive ökologische wie ökonomische
Schäden verursacht, darf mit diesem Geschäftsmodell keine unverhältnismäßigen
Gewinne machen. Wir erwarten, dass fossile Unternehmen stärker an den Kosten der
Klimaschäden und der Klimaanpassung in den Kommunen beteiligt werden.
Unternehmen, die Gewinne aus Ausbeutung und Verkauf von Öl, Kohle und Gas
erzielen, werden wir verpflichten, entsprechende Beträge in einen Fonds
einzuzahlen, mit dem Kommunen bei der Bewältigung von Klimaschäden und bei
Investitionen in die Klimaanpassungsmaßnahmen unterstützt werden. Wir werden
deshalb die Möglichkeit schaffen, dafür Abgaben von den entsprechenden
Unternehmen zu erheben. Dazu erarbeiten wir verschiedene Optionen. So entsteht
eine Klimapolitik, die gerecht, wirksam und mehrheitsfähig ist – eine Politik,
die niemanden überfordert, sondern alle einlädt, Teil der Lösung zu sein.
Wirtschaft modernisieren – Klimaziele als
Standortstrategie
Das deutsche Wirtschaftsmodell – der Dreiklang aus vermeintlich billigen
Gasimporten, schier unendlich wirkenden Absatzmärkten in China und der
Auslagerung der Verantwortung für unsere Sicherheit an die USA – steckt in einer
tiefen strukturellen Krise und hat sich spätestens mit Beginn der Zeitenwende
überholt. Die Exportabhängigkeit, die lange ein Erfolgsmodell war, wird zur
Schwachstelle. Die Absatzmärkte in China und den USA verändern sich rapide. Die
Abhängigkeit von billigem Gas ist nicht überwunden. Und viele Branchen, aber
auch die Politik haben zu lange auf alte Technologien gesetzt, statt rechtzeitig
auf Zukunftsmärkte zu reagieren. In der aktuellen Lage herrscht nicht zuletzt
wegen der anhaltend schlechten Standortbedingungen große
Investitionszurückhaltung. Wer nicht weiß, wie sein Unternehmen die nächsten
Jahre überleben soll, investiert nicht in die darauffolgenden Jahrzehnte.
Überall in Deutschland haben sich Unternehmen aufgemacht, ihre Geschäftsmodelle
und Produktionsprozesse weiterzuentwickeln und auf Nachhaltigkeit und
Klimaschutz auszurichten. Sie sind unsere Partner und Verbündeten im Kampf gegen
die Erderhitzung und verdienen unsere Unterstützung auf diesem Weg. Doch genau
diese Unternehmen schauen unter Schwarz-Rot in die Röhre, weil ihnen die
Planungs- und Investitionssicherheit entzogen wird. Von dieser Entwicklung
profitieren diejenigen, die in der Phase des klimapolitischen Aufbruchs
abgewartet, verzögert oder sogar aktiv bekämpft haben.
Ehrlichkeit heißt auch, klar zu benennen: Geschäftsmodelle, die auf der
Bereitstellung, dem Transport oder der Verbrennung fossiler Energien beruhen,
werden enden, wenn wir unsere Lebensgrundlagen erhalten wollen.
Während andere Länder industriepolitisch klare Modernisierungsziele formuliert
und ihre Rahmenbedingungen an den Herausforderungen der Zukunft ausgerichtet
haben, haben deutsche Bundesregierungen es sich zusammen mit einigen
Großunternehmen oft bequem gemacht. Junge Unternehmen und Zukunftsbranchen –
etwa die Solar- oder Chipindustrie – wurden zu lange übergangen. Heute ist
Deutschland in Teilen stark in den Technologien von gestern, während die USA und
China bei den Technologien von morgen – von E-Mobilität über Batterien bis zur
KI – vorn liegen.
Deutschland kann diesen Rückstand aufholen, wenn es jetzt entschlossen handelt.
Wir haben exzellente Forschung, Erfahrung in der Entwicklung von Technologien
und industrielle Kompetenz – und mit dem europäischen Binnenmarkt einen
gewaltigen Hebel. Mit dem Sondervermögen für Klima und Infrastruktur bestehen
historische Investitionsmöglichkeiten, um einen echten Modernisierungsschub
einzuleiten.
Wir wollen die Finanzmärkte als Motor der Modernisierung nutzen. Kapitalströme
dürfen nicht länger fossile Geschäftsmodelle absichern, sondern müssen gezielt
in klimafreundliche und faire Wirtschaftsaktivitäten gelenkt werden. Dafür
wollen wir Greenwashing konsequent unterbinden, verbindliche
Nachhaltigkeitskriterien für Finanzprodukte einführen und Klimarisiken in die
Bankenaufsicht integrieren.
Wir setzen uns für die Weiterentwicklung der EU-Taxonomie ein, die fossile
Energien klar ausschließt und glaubwürdige Standards für nachhaltige
Finanzprodukte schafft. Nur wenn das Finanzsystem klima- und sozialgerecht
aufgestellt ist, gelingt die Transformation unserer Wirtschaft. Diese
Transformation bringt für die Unternehmen große Herausforderungen mit sich.
Viele tätigen mutige und mitunter riskante Investitionen, aus Verantwortung und
unternehmerischer Weitsicht. Wir wollen sie auf diesem Weg unterstützen und
nicht mit zusätzlicher Bürokratie belasten. Die Taxonomie wollen wir deshalb so
gestalten, dass sie mehr Unternehmen erfasst und besonders Berichtspflichten
deutlich reduzieren, vereinfachen und vereinheitlichen.
Forschung, Entwicklung und Skalierung in der Clean-Tech-Branche treiben wir
voran und stärken Anreize für privates Kapital, für start ups, scale ups und den
Mittelstand. Wo regulatorische Hürden klimafreundliche Innovation verhindert,
wie bei der Kreislaufwirtschaft, schaffen wir diese Hürden ab. Innovation hat
aufgrund der Dringlichkeit Vorrang.
Durch Digitalisierung können nachhaltige Geschäftsmodelle entstehen, ob das der
digitale Zwilling in der Produktion ist, der autonom fahrende Kleinbus in
ländlichen Regionen, oder das digitale Stromnetz. Daher wollen wir gerade an
dieser Schnittstelle Innovationen erleichtern und gleichzeitig für nachhaltige
Rechenzentren sorgen.
Sondervermögen und Klima- und Transformationsfonds gezielt
nutzen
Der Klima- und Transformationsfonds (KTF) ist das finanzielle Rückgrat der
ökologischen Modernisierung. Er kann – genauso wie das neu geschaffene
Sondervermögen – seine volle Modernisierungswirkung aber nur entfalten, wenn
seine Einnahmen konsequent für den wirtschaftlichen Umbau oder Förderungen
ausgegeben werden, die direkt im Alltag der Bürger*innen wirken – wie die
Heizungsförderung, die energetische Stadtsanierung oder Energiesparchecks. Die
Umwidmung des KTF etwa zur Ansiedelung einzelner Unternehmen steht diesem Ziel
entgegen.
Schwarz-Rot setzt diese Schieflage fort, anstatt sie zu korrigieren – und öffnet
zugleich neue Schlupflöcher, die Klimaschutz offen konterkarieren. Zwar konnten
wir verhindern, dass, wie ursprünglich von Lars Klingbeil geplant,
Strafzahlungen für verfehlte Emissionsziele aus dem Fonds bestritten werden. Die
jüngste Gesetzesänderung erlaubt es aber, über den KTF künftig auch
Gaspreissenkungen zu finanzieren. Bereits 2025 werden über die Gasspeicherumlage
Mittel des Fonds dafür genutzt. Auch Posten wie die Finanzierung von
Kernfusionsforschung haben in einem Klimafonds nichts verloren.
Mit den aus dem KTF finanzierten Klimaschutzverträgen haben wir die
Investitionsrisiken der Unternehmen reduziert, die sich für den
klimafreundlichen Umbau ihrer Produktionsprozesse entscheiden. Die Absicherung
der Differenzkosten zwischen konventioneller und emissionsarmer Produktion trägt
dazu bei, dass ein Business Case für grüne Produktion entsteht. Durch grünen
Druck ist es gelungen, die Klimaschutzverträge weiterzuführen - und das, obwohl
Katherina Reiche sie lieber hätte auslaufen lassen. Wir wollen die
Klimaschutzverträge pragmatisch, mittelstandsfreundlich und bürokratiearm
weiterentwickeln.
Mit dem Sondervermögen für Klimaschutz und Infrastruktur haben wir die
Möglichkeit geschaffen, dass zentrale Modernisierungsprojekte gezielt
angeschoben werden können. Teile der Wirtschaft investieren schon jetzt in eine
klimaneutrale Produktion – genau zur richtigen Zeit: China beginnt, CO₂-
reduzierten Stahl nach Europa zu exportieren und erhöht so den Druck auf
heimische Produzenten. Anstatt diese Umstellung hin zu klimafreundlichen
Produktionsprozessen der Zukunft zielgerichtet mit den neuen Milliarden aus dem
Sondervermögen zu unterstützen, organisiert Schwarz-Rot
Wir wollen das Sondervermögen stattdessen strategisch für die sozial-ökologische
Transformation und als Hebel zur Schaffung klimafreundlicher Geschäftsmodelle
und grüner Leitmärkte in den europäischen Schlüsselbranchen einsetzen. Damit
strategisch wichtige Industriebranchen in Europa bleiben und klimafreundliche
Geschäftsmodelle durchstarten können, braucht es eine gesicherte Nachfrage durch
die Schaffung grüner Leitmärkte, die Investitionen anreizen und industrielle
Wertschöpfung auch in den kommenden Jahrzehnten in Europa halten.
Deshalb sollte zusammen mit dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz
die Vergabe von öffentlichen Investitionen an Herkunftsnachweise und
Mindestanteile europäischer Wertschöpfung gebunden sein. So sollte etwa
festgelegt sein, dass mindestens zehn Prozent des verbauten Stahls
klimaneutraler Stahl aus Deutschland oder der EU sein müssen. Allein die
Deutsche Bahn als hundertprozentig bundeseigenes Unternehmen kann bei ihren
Investitionen aus dem Sondervermögen Vorreiterin darin sein, klimafreundlich
produzierte Güter made in Europe einzusetzen. So entstehen europäische
Leitmärkte, die Investitionen anreizen und europäische Wertschöpfung sichern.
Dieses Prinzip sollte auch in anderen strategisch wichtigen Branchen – etwa
Batterien, Wasserstoff oder klimaneutrale Grundstoffe – Anwendung finden.
Automobilindustrie zukunftsfähig machen
Teile der Automobilindustrie haben mit Unterstützung einer zögernden Politik
großer Koalitionen zu lange auf alte Modelle gesetzt und die Transformation
verschlafen. Nun droht sich dieser Fehler zu wiederholen. Während in anderen
Teilen der Welt die Elektromobilität auf dem Durchmarsch ist, diskutiert
Deutschland über die Zukunft des Verbrenners. Es ist falsch, dass Union und SPD
die europäische Einigung zum Verbrenner-Aus in Frage stellen. In der aktuellen
Absatzkrise braucht die Branche klare Leitplanken und gezielte Impulse für
klimaneutrale Innovationen: Die klare Orientierung, dass ab 2035 kein fossiler
Verbrenner mehr neu zugelassen wird, muss durch den Verkauf von E-Autos
anreizenden Maßnahmen ergänzt werden – etwa durch die Verbesserung und
Harmonisierung der Ladeinfrastruktur, die Senkung der Stromsteuer für alle, ein
Sonderbeschaffungsprogramm für Mobilität in Behörden und kommunalen Diensten,
sozial gestaffelte Leasingmodelle für Haushalte mit geringem Einkommen („Social
Leasing“) sowie eine auf klimafreundliche Fahrzeuge ausgerichtete Kfz-
Besteuerung. Wir wollen Menschen mit geringem Einkommen beim Umstieg auf die
Elektromobilität konkret unterstützen: Wer zum Pendeln oder auf dem Land auf das
Auto angewiesen ist und weniger als 40.000 Euro zu versteuerndes Jahreseinkommen
hat, zahlt für das Leasing eines elektrischen Kleinwagens maximal 100 Euro pro
Monat.
Wer strategisch wichtige Industriezweige in Deutschland und Europa halten will,
muss staatliche Förderung an Elektromobilität aus europäischer Wertschöpfung
binden. Wir setzen daher auf eine E-Auto-Kaufprämie und steuerliche Förderung
emissionsarmer Fahrzeuge, die besondere Anreize für Automodelle made in Europe
setzt. Zudem setzen wir uns für attraktive Kooperationen zwischen
Autoherstellern und Netzbetreibern ein, bei denen Privathaushalte mittels
bidirektionalem Laden bei ihrer Stromrechnung um mehrere Hundert Euro entlastet
werden.
Kohleausstieg vollenden - Gasunabhängigkeit strategisch
angehen
Deutschland hat mit dem Kohlekompromiss einen ersten Rahmen für einen geordneten
Ausstieg aus dem Abbau und der Verstromung von Kohle gesetzt. Auf grüne
Initiative ist es gelungen, den Kohleausstieg im Rheinischen Revier gesetzlich
und im Konsens mit den Betreibern auf 2030 vorzuziehen. Nun geht es darum,
diesen Ausstiegsplan konsequent umzusetzen. Auch in den mittel- und ostdeutschen
Kohlerevieren ist ein marktgetrieben früherer Ausstieg als 2038 möglich. Wir
halten es weiter für sinnvoll und notwendig, den Unternehmen, den Beschäftigten
und den Regionen durch eine gesetzliche Regelung Planungssicherheit zu geben,
damit etwa die Auszahlung der Strukturmittel an einen neuen Zeitplan angepasst
werden kann.
Um die Energieversorgung langfristig zu sichern und Preisschwankungen sowie
Abhängigkeiten zu vermeiden, braucht Deutschland aber auch eine klare
Gasunabhängigkeitsstrategie. Durch konsequenten Ausbau von Wind- und
Solarenergie, Elektrifizierung von Industrieprozessen, den Hochlauf der
Wasserstoffwirtschaft und Investitionen in Speichertechnologien kann der
Gasverbrauch in den kommenden Jahren halbiert werden. Das ist nötig, denn nur so
lässt sich die energiepolitische Abhängigkeit von teuren LNG-Importen aus den
USA und autokratisch regierten Staaten beenden. Die im Rahmen des Zoll-Deals
geplanten InvestitionenAusgaben von bis zu 750 Milliarden Euro für Trumps LNG-Gas lehnen
wir entschieden ab.
Zu einer Gasunabhängigkeitsstrategie gehört, die Bewilligung zur Förderung von
Gas (und Öl) zu begrenzen und keine neuen Gasfördergenehmigungen zu erteilen,
kein Vertragsgesetz für ein Unitarisierungsabkommen mit den Niederlanden
abzuschließen und die geplante Gas-Förderung vor Borkum abzusagen.
Es war richtig, nach der Vollinvasion Russlands in der Ukraine eine LNG-
Infrastruktur zu schaffen, um schnell die wegfallenden Lieferungen russischen
Erdgases zu ersetzen. Zugleich ist für uns klar: Neue Langfristverträge für den Import fossilen Gases oder neue LNG-Terminals sind nicht mit den Klimazielen und auch nicht mit einer Gasunabhängigkeitsstrategie vereinbar. Der Gasrausch der schwarz-roten Bundesregierung gefährdet die Klimaziele und unsere Sicherheit. Anstatt uns mit teurem, umwelt- und klimaschädlichem Fracking-Gas erpressen zu lassen, bringen wir die begonnene Reduktion des europäischen Gasverbrauchs als auch den Umstieg auf Sonne und Wind, grünen Wasserstoff und andere erneuerbare Quellen weiter voran. Die Nutzung von fossilem Gas werden wir schrittweise reduzieren und so schnell wie möglich, spätestens bis 2045, beenden, um die Klimaziele sicher einzuhalten.
Gas- und Erdölförderung richten weltweit gravierende, oft nicht hinreichend bilanzierte Gesundheits- und Umweltschäden an – gerade auch durch Fracking – und vertreiben Menschen aus ihrer Heimat. Methanleckagen können dazu führen, dass Erdgas bilanziell für ähnlich hohe Treibhausgasemissionen verantwortlich ist wie Kohle.
In Deutschland wird Fracking zurecht nicht genutzt, nun müssen auch die Importe schrittweise zurückgefahren werden. Außerdem fordern wir einen Importstopp für russische Stickstoffdünger, mit denen Putin überschüssiges Gas in Wert setzt, und eine Agrarpolitik, die unsere Landwirtschaft unabhängig von Kunstdünger macht.
In Abstimmungen mit unseren europäischen Partnern werden wir die LNG-Infrastruktur in Deutschland regelmäßig auf ihre Notwendigkeit überprüfen, Lock-in-Effekte von Gasinfrastruktur vermeiden, überflüssige Terminals schließen und alle neue Energieinfrastruktur mit dem verbindlichen Kriterium versehen, dass sie den Wechsel hin in ein Energiesystem auf der Basis von erneuerbaren Energien vollziehen kann. Nun muss es darum gehen, diesedie gesamte fossile Infrastruktur und ihre
Auslastung auf ein für die Versorgungssicherheit notwendiges Maß zu begrenzen. Bei den vorhandenen Terminals setzen wir uns dafür ein, dass Emissions- und Abwassergrenzwerte und weitere Regelungen zum Schutz von Umwelt, Natur und Bevölkerung voll eingehalten werden.
Original-Änderungsantrag: Antragstext
Von Zeile 120 bis 122 einfügen:
Zusicherung der EU-Kommission, als Teil des Handelsdeals mit den USA 750 Milliarden Dollar in Fossile aus den USA zuzüglich Infrastruktur zu investieren und fordern ein sofortiges Ende der Frackingimporte: Tanker statt Turbinen, Fracking statt Photovoltaik, Brennstoffe statt Batterien.
Von Zeile 125 bis 128:
von morgen. Statt uns in neue Abhängigkeiten zu begeben, gilt es jetzt den Ausbau der erneuerbaren Energien entschieden fortzusetzen. Eine Rückkehr zu Nordstream 2 – egal ob in rein russischer Hand oder mit Trumpschem Intermediär – muss verhindert werden.
und den Übergang zu einem Ausstieg aus Öl und Gas bis 2040 zu gewährleisten. Eine Rückkehr zu Nordstream 2 – egal ob in rein russischer Hand oder mit Trumpschem Intermediär – muss verhindert werden.
Vor achtzig Jahren gab sich die Staatengemeinschaft ein Versprechen: gemeinsam
für eine Welt einzustehen, in der Kooperation stärker ist als Krieg und
Konkurrenz. In Europa sehen wir jeden Tag, dass sich dieser Einsatz lohnt. Einst
trennten uns Frontlinien, Stacheldraht und Mauern. Heute verbinden uns das
gemeinsame Bekenntnis zu Frieden, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.
Die Europäische Union ist bis heute Garantin für diese Werte und Basis für
unseren wirtschaftlichen Erfolg. Als erfolgreichstes Friedensprojekt seit dem
Zweiten Weltkrieg hat die EU eine Strahlkraft weit über die Grenzen Europas
hinaus. Sie zeigt, dass sich der Einsatz für das Völkerrecht, für Frieden und
Kooperation lohnt.
Diese Errungenschaften werden heute auf eine harte Probe gestellt. Wir erleben
eine massive Erschütterung des internationalen Systems. Weltweit sind
nationalistische Bewegungen und autoritäre Kräfte auf dem Vormarsch. Diese
autoritären Kräfte gewinnen nicht nur in ihren Ländern immer stärker an Macht,
sondern vernetzen sich auch international und üben über gezielte Desinformation
und Propaganda zunehmend Einfluss auf unsere Demokratien aus. Sie eint ein
gemeinsames Interesse: Gewalt soll wieder zum normalen Mittel der
internationalen Politik werden. Sie führen Kriege, destabilisieren Demokratien
und multilaterale Organisationen. Sie wollen eine auf Recht und Kooperation
beruhende Weltordnung überwinden, die sie in der Ausdehnung ihrer Macht
beschränkt. Stattdessen wollen sie, dass wieder das Recht des Skrupelloseren,
Nullsummen- und imperiale Logiken gelten, und Demokratie und Freiheit der
Vergangenheit angehören.
Diese Entwicklung verschont auch unsere engsten Verbündeten nicht. Wir sehen mit
Sorge in den USA, dass die Demokratie Schritt für Schritt nach dem Drehbuch der
autoritären Kräfte beschnitten wird. Präsident Donald Trump treibt im
Rekordtempo einen autoritären Staatsumbau voran: Oppositionelle,
Zivilgesellschaft, Medien und Universitäten werden massiv unter Druck gesetzt.
Die Rechte von Frauen sowie LSBTIQ-Personen, Migrant*innen und Minderheiten
werden eingeschränkt, der Rechtsstaat angegriffen und soziale Ungleichheiten
verschärft. Den Angriff auf den Rechtsstaat im eigenen Land setzt Trump auf
internationaler Ebene fort: Statt auf das Völkerrecht setzt er auf die
Erpressung und Deals mit Autokraten. Bündnisse und Allianzen werden immer wieder
in Frage gestellt. Die Zerschlagung der US-Entwicklungsbehörde USAID hat
verheerende weltweite Auswirkungen. Einige der reichsten Männer der Welt um
Donald Trump ziehen ihre größte Genugtuung daraus, den Ärmsten der Welt das
Wenige zu nehmen, was sie haben. Während weltweit an humanitärer Hilfe und
Entwicklungszusammenarbeit gekürzt wird, eskaliert die humanitäre Krise im
Sudan. Das unermessliche Leid der Menschen ist nur ein besonders gravierendes
Beispiel der vielen vergessenen Krisen. Es ist nicht nur Teil unseres
Selbstverständnisses, sondern auch in unserem ureigenen Interesse dort nicht
wegzusehen, sondern Leid zu lindern.
Für uns als Menschenrechtspartei gilt: Die universellen Menschenrechte sind
unverhandelbar und unteilbar, und gelten für alle Menschen. Sie zu schützen und
wirksam durchzusetzen, ist Kern unserer grünen Überzeugung. Gerade in
unfriedlichen Zeiten, in denen Autokraten und Rechtspopulisten weltweit die
Rechte von Frauen und benachteiligten Gruppen angreifen braucht es
entschlossenen Einsatz dafür, dass Menschen unabhängig von Geschlecht, sexueller
Orientierung und Herkunft gleichberechtigt und friedlich leben können. Dafür
braucht es eine Außenpolitik, die auf die Einhaltung der Menschenrechte pocht,
für ihre Durchsetzung arbeitet, feministisch denkt und handelt. Die Deklaration
der universellen Menschenrechte und ihre Umsetzung überall bleiben unser
Handlungsziel.
Frieden und Menschenrechte gehören zusammen. Menschenrechte sind laut UN Charta
die Grundlage für friedliche und freundschaftliche Beziehungen zwischen den
Nationen. Wenn ein Land innerhalb seiner Grenzen mit sich in Frieden ist, wenn
grundlegende Rechte respektiert werden und es keine gewaltvolle strukturelle
Unterdrückung seiner Bürger gibt, ist die Chance höher, dass es auch nach Außen
nicht als Aggressor auftritt.
Für uns als Friedenspartei gilt: Frieden basiert auf der Einhaltung des
Völkerrechts. Das Völkerrecht schützt uns alle vor Gewalt und Willkür - und
bildet die Grundlage für Verständigung und Kooperation. Wenn nationale Grenzen
und das Selbstbestimmungsrecht der Völker missachtet und stattdessen imperiale
Logiken zum Leitprinzip werden, stellen wir Grüne uns an die Seite der
Angegriffenen und gegen die Aggressoren. Das Völkerrecht schützt die
Souveränität der Ukraine, das Existenzrecht Israels und das
Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser. Wer diese Rechte bestreitet, verletzt
die Grundpfeiler des Völkerrechts und schwächt eine gerechte, regelbasierte
Weltordnung. Die Vereinten Nationen und die internationale Strafgerichtsbarkeit
sind tragende Säulen dieser Weltordnung. Wer versucht, sie zu sabotieren oder zu
delegitimieren, der bedroht Sicherheit, Frieden, Freiheit und Wohlstand
weltweit. Das erschwert zugleich die Suche nach Lösungen für globale
Menschheitsfragen wie die Klimakrise.
Abhängigkeiten verringern, bestehende Partnerschaften stärken, neue aufbauen
Deutschlands Antwort auf diese massiven Verschiebungen muss konsequentes
europäisches Handeln sein. Als größter Mitgliedstaat muss die Bundesregierung
dabei eine Führungsrolle innerhalb der EU übernehmen - nicht mit leeren
Ankündigungen, sondern mit mutigem Handeln. Wenn wir in einer rauen Weltlage
nicht zum Spielball werden wollen, brauchen wir das Gewicht und die Fähigkeiten
der Europäischen Union.
Europa darf sich nicht länger erpressbar machen, sondern muss kritische
Abhängigkeiten überwinden und in die eigene Unabhängigkeit investieren. Die
Europäische Kommission unter Ursula von der Leyen hat die Zeichen der Zeit
erkannt. Doch gute Ideen brauchen Unterstützung aus den Mitgliedstaaten. Leider
zögert und zaudert Deutschland auch unter Friedrich Merz: Die Bundesregierung
steckt der EU Stöcke zwischen die Speichen. Sie schadet damit Deutschland. Denn
wer vermeintliche nationale Interessen über die europäische Einigkeit stellt,
schadet damit vor allem sich selbst.
Dazu zählt: Deutschland und Europa müssen Verantwortung für die eigene
Sicherheit übernehmen. Die NATO ist und bleibt in entscheidender Rolle für den
Schutz der Sicherheit auf unserem Kontinent; ihren europäischen Pfeiler gilt es
weiter zu stärken.
Vor allem muss Deutschland die neuen Pläne der EU Kommission zur europäischen
Verteidigungsfähigkeit unterstützen und effektiv europäische
Rüstungskooperationen, und gerade die deutsch-französischen, vorantreiben. Aber
Souveränität ist mehr als nur militärische Stärke. Deutschland muss seine
wirtschaftliche und technologische Souveränität erhöhen, indem strategische
Industrien und Innovation in Europa gesichert und ausgebaut werden. Dazu gehören
vor allem Technologien wie KI, Cloudlösungen, Chip-Herstellung, Quantencomputer,
Satellitenbau sowie Cyber- und IT-Sicherheitsinfrastrukturen. Regierungen und
Verwaltungen sollten in der Regel nur europäische Technologien nutzen. Das Land
Schleswig-Holstein geht hier vorbildlich voran.
Auch Deutschlands und Europas Abhängigkeiten von China müssen verringert werden.
Insbesondere die europäische Abhängigkeit von China im Rohstoffbereich führt zu
einer Erpressbarkeit. Deutschland muss dem entgegenwirken. Der Rohstofffonds,
den wir in Regierungsverantwortung noch in der letzten Legislaturperiode
aufgesetzt haben, setzt genau dort an. Er trägt einen Teil dazu bei,
unabhängiger von chinesischen Rohstoffen zu werden und orientiert sich an
menschenrechtlichen und ökologischen Standards. Darüber hinaus kann Deutschland
durch stärkere Kreislaufwirtschaft und Recycling von Rohstoffen wirtschaftliche
und ökologische Chancen heben. Gleichzeitig müssen wir in Europa jene Hebel
nutzen, die wir gegenüber China haben. Das beinhaltet auch die Bereitschaft, wo
nötig Gegenmaßnahmen - wie Ausfuhrbeschränkungen, Investitionsbeschränkungen
oder Zollmaßnahmen - zu ergreifen, wie sie im EU-Instrument gegen
Zwangsmaßnahmen durch Drittländer vorgesehen sind.
Auch Energieabhängigkeiten von einzelnen Ländern gilt es zu verringern, und
nicht zu vergrößern. Wir dürfen nicht Putins Gas mit Trumps Gas ersetzen. Sonst
verpassen wir die Chance, mit neuer, klimaneutraler Technik unabhängiger und
sicherer zu werden. Vor diesem Hintergrund stellen wir uns entschieden gegen die
Zusicherung der EU-Kommission, als Teil des Handelsdeals mit den USA 750
Milliarden Dollar in Fossile aus den USA zuzüglich Infrastruktur zu investieren und fordern ein sofortiges Ende der Frackingimporte:
Tanker statt Turbinen, Fracking statt Photovoltaik, Brennstoffe statt Batterien.
Das wäre eine gefährliche Rückentwicklung und eine weitere Verstrickung in
schmutzige Technologien von gestern statt Investitionen in saubere Technologien
von morgen. Statt uns in neue Abhängigkeiten zu begeben, gilt es jetzt den
Ausbau der erneuerbaren Energien entschieden fortzusetzen. Eine Rückkehr zu
Nordstream 2 – egal ob in rein russischer Hand oder mit Trumpschem Intermediär –
muss verhindert werden.
und den Übergang zu einem Ausstieg aus Öl und Gas bis 2040 zu gewährleisten. Eine Rückkehr zu Nordstream 2 – egal ob in rein russischer Hand oder mit Trumpschem Intermediär – muss verhindert werden.
Die Angriffe auf das multilaterale System stellen für viele Menschen weltweit
eine Bedrohung dar. Deutschland kann ihnen nur im Rahmen einer starken und
handlungsfähigen EU und gemeinsam mit anderen Partnern entgegentreten. Dafür
muss die Bundesregierung bereits bestehenden Partnerschaften wie die mit dem
Vereinigten Königreich, Kanada, Japan, Südkorea und Australien ausbauen.
Zugleich muss sie neue Partnerschaften und Kooperationen, besonders mit Ländern
im Globalen Süden, aufbauen. Neue und verstärkte Partnerschaften im Indopazifik
sind eine Möglichkeit, Allianzen zu bilden, einseitige Abhängigkeiten zu
reduzieren und technologische Entwicklungen zu beschleunigen. Ein besonderer
Schwerpunkt muss dabei in Sicherung der fairen Handelsbeziehungen, sowie auf der
Bekämpfung der Klimakrise liegen. Es gilt, Mitstreiter*innen für die Maßnahmen
zum weltweiten Ausstieg aus fossilen Energien, entschiedenen Ausbau von
erneuerbaren Energien und Steigerung der Energieeffizienz zu gewinnen und
Partnerschaften zu stärken.
Wir verlieren die unterschiedlichen Krisen und Konflikte in der Welt nicht aus
dem Blick. Wir sehen die Verknüpfungen zwischen diesen Krisen und wollen
gemeinsam mit den Ländern des Globalen Südens Antworten auf die
Herausforderungen finden.
Der Rückzug der USA aus der Finanzierung für Entwicklungshilfe und humanitäre
Hilfe hat eine enorme Lücke gerissen. Autokratische Staaten wie Russland und
China stehen bereit, das Vakuum zu füllen. Gerade jetzt muss Deutschland seiner
Verantwortung in der Welt gerecht werden und sein internationales Engagement
ausbauen – statt sich wie die Bundesregierung zurückzuziehen. Wer jetzt die
Entwicklungsfinanzierung kürzt, setzt Menschenleben weltweit aufs Spiel. Er
verpasst die Chance, weltweit Partnerschaften aufzubauen und Einfluss zu
gewinnen.
Trotz alldem bleiben die transatlantischen Beziehungen für uns von größter
Bedeutung. Gerade in Zeiten von Trumpmuss Deutschland Gesprächskanäle und
Kooperationen mit den demokratischen Kräften in Politik, Zivilgesellschaft,
Medien, Universitäten und Wirtschaft der USA aufrechterhalten und weiter
ausbauen, gerade auch auf der Ebene der Bundesstaaten. So lassen wir den
transatlantischen Geist von unten neu wachsen und erblühen.
Ukraine: Frieden und Sicherheit wiederherstellen und bewahren
Russland führt seinen Angriffskrieg gegen die gesamte Ukraine mit unfassbarer
Brutalität gegen die Zivilbevölkerung nunmehr im vierten Winter. Die
Ukrainer*innen verteidigen nicht nur ihr Territorium, sie verteidigen auch das
Recht in Freiheit, Frieden und Würde leben zu können – für sich und für uns –
als Europäerinnen und Europäer. Putins Krieg richtet sich nicht zuletzt gegen
eine auf dem Völkerrecht und Kooperation basierende multilaterale Ordnung. Er
führt einen hybriden Krieg gegen die gesamte Europäische Union samt ihrer
Beitrittskandidaten und bereitet sich auf einen konventionellen Krieg gegen
Frieden und Freiheit in ganz Europa vor.
Putins Aggression wird zunehmend zu einem Schlachtfeld der neuen Technologien.
Das russische Drohnenprogramm prägt immer mehr die brutale Kriegsführung des
Kremls. Gezielte Angriffe auf zivile Infrastruktur wie Energie-, Wasser- und
Wärmeversorgung sowie auf Wohngebiete bestimmen den Alltag in der Ukraine. Der
konstante Beschuss mit Drohnen, Raketen und Marschflugkörpern soll die
Bevölkerung mürbe machen. Die gezielte Zerstörung von Strom- und Wärmeversorgung
hat das Ziel, die Menschen im Winter frieren zu lassen. Die russische
Kriegsführung zeigt, wie der Terror gegen die Ukraine funktioniert - und sie
zeigt auch unsere eigenen Verwundbarkeiten.
Putins imperiales Machtstreben endet nicht an der Grenze der Ukraine – er führt
einen Krieg gegen das freie Europa. Immer wieder verletzen die russischen
Luftstreitkräfte den Luftraum europäischer Staaten, unter anderem auch
Deutschlands. Zunehmend dringen Drohnen in den europäischen Luftraum ein und
überfliegen Einrichtungen der kritischen Infrastruktur – auch bei uns in
Deutschland. Sabotageakte wie Cyberattacken auf IT-Infrastruktur, Brandsätze in
der Luftfracht oder Angriffe auf Datenkabel in der Ostsee gehören zur neuen
Realität. Es wird systematisch Einfluss auf Wahlen genommen und Desinformation
verbreitet. All das ist Teil der Angriffe Russlands auf unsere
gesellschaftlichen Lebensadern.
Wir stehen weiterhin in voller Solidarität an der Seite der Ukrainer*innen und
ihrem Kampf um Frieden, Freiheit, Demokratie und Selbstbestimmung. Der Krieg
wird erst enden, wenn Russland spürt, dass es scheitern wird. Die Ukraine muss
sich weiter verteidigen können und für den Fall von Friedensverhandlungen eine
starke Position sicherstellen können. Dabei muss immer gelten: „Nichts über die
Ukraine, ohne die Ukraine. Das Recht auf freie Bündniswahl gilt
selbstverständlich auch für die Ukraine. Wir setzen uns dafür ein, den EU-
Beitrittsprozess so schnell wie möglich zu beginnen und unterstützen die
Reformagenda konsequent. Wir stehen zur NATO-Beitrittsperspektive als robuste
Absicherung eines Friedens und Stärkung der kollektiven Verteidigungsfähigkeit.
Mit der Reform der Schuldenbremse haben wir der Bundesregierung neue finanzielle
Spielräume ermöglicht. Dennoch setzt die schwarz-rote Koalition ausgerechnet bei
der Ukraine-Unterstützung den Rotstift an. Deutschland muss die Militärhilfe für
die Ukraine aufstocken und sie auch diplomatisch, mit humanitärer Hilfe und
finanziell stärker unterstützen. Die deutsche Bundesregierung muss endlich dafür
sorgen, dass die eingefrorenen russischen Vermögen dafür eingesetzt werden
können. Vorschläge dafür liegen von der Europäischen Kommission auf dem Tisch –
es wird endlich Zeit, diese Gelder zu nutzen! Ja, dies birgt auch Risiken. Aber
die Ukrainer gehen nun seit Jahren täglich für uns ins Risiko.
Um den Druck auf Russland zu erhöhen, braucht es eine massive Verschärfung der
Sanktionen. Es ist untragbar, dass einzelne EU-Mitgliedsstaaten noch immer mit
dem Kauf von russischem Öl und Gas täglich Millionen in Putins Kriegskasse
spülen. Auch andere Importe von Rohstoffen müssen beendet werden. Gemeinsam mit
unseren Partnern gilt es auch andere Staaten zur Beendigung von
kriegsfinanzierenden Importen aus Russland zu bewegen. Es braucht endlich ein
entschiedenes Handeln gegen die russische Schattenflotte.
Deutschland muss eine echte Sicherheitsoffensive gegen hybride Bedrohungen
umsetzen, die bewusst die Urheberschaft von Angriffen verschleiern und die
Bevölkerung verunsichern sollen. Wir fordern, dass der Schutz unserer kritischen
Infrastrukturen - als zentraler Baustein für ein krisenfestes Land - stärker in
den Blick genommen wird. Dazu zählen zum Beispiel die Energieversorgung, die
Kommunikation, der Verkehrsbereich oder das Gesundheitswesen. Dazu gehört ein
tagesaktuelles Gesamtlagebild zu Angriffen und Spionagetätigkeiten, die zügige
Umsetzung der EU-Richtlinien zum einheitlichen Schutz unserer kritischen
Infrastruktur, eine verbesserten Drohnenabwehr und Investitionen in unsere
Sicherheitsbehörden. Dabei müssen wir die Erfahrungen der Ukrainer*innen nutzen.
Als Bündnis 90/Die Grünen haben wir die Stärkung des Zivil- und
Bevölkerungsschutz, der Nachrichtendienste, den Schutz der
informationstechnischen Systeme und die Hilfe für völkerrechtswidrig
angegriffene Staaten im Rahmen der Verhandlungen über das Sondervermögen als
Teil der Verteidigungsausgaben verankert - jetzt muss die Bundesregierung
liefern.
Russland testet die Entschlossenheit unseres Bündnisses und die
Reaktionsfähigkeit der europäischen Streitkräfte. Er verwischt Tag für Tag die
Grenzen von Krieg und Frieden. Nur wenn wir verteidigungsfähig sind, werden wir
uns nicht verteidigen müssen. Für den nötigen Ausbau der europäischen
Verteidigungsfähigkeit haben wir viel von der Ukraine zulernen, gerade bei der
Drohnenabwehr. Wir müssen jetzt in der EU dafür Sorge tragen, gemeinsame
Projekte und Strukturen innerhalb der europäischen Verteidigungsindustrie zu
etablieren.
Für den Schutz von Frieden in Freiheit in Europa müssen die NATO und die EU
handlungsfähig bleiben. Dafür wollen wir innerhalb der EU das Veto-Recht
reformieren - und Einstimmigkeitsprinzip abschaffen. Da dies aktuell in weiter
Ferne liegt, geht es darum, die Handlungsfähigkeit durch Koalitionen der
Freiheitsverteidiger zu erhöhen. Das bedeutet eine enge Kooperation von
entschlossenen EU-Staaten mit Ländern wie Norwegen und dem Vereinigten
Königreich. Dabei muss Deutschland auch stärker mit den nordischen und
baltischen Staaten kooperieren und von ihnen lernen.Wir brauchen neue Formate
der politischen Zusammenarbeit, die alle relevanten Länder einbeziehen und es
ermöglichen, europäische Sicherheitsinteressen zu diskutieren und gemeinsame
Entscheidungen voranzutreiben. Ein Format wäre ein Europäischer Sicherheitsrat,
der zunächst beratend für die EU und NATO agieren und langfristig auch zur
Umsetzung von gemeinsamen Entscheidungen genutzt werden kann.
Frieden in Nahost
Unsere Außenpolitik steht im Bewusstsein für unsere Geschichte und die
Verantwortung, die unser Land mit dem Grauen des Zweiten Weltkriegs und dem
Holocaust auf sich geladen hat. Das Existenzrecht Israels ist für uns
unverhandelbar. Unsere Verantwortung für die Sicherheit und das Existenzrechts
Israels als Teil deutscher Staatsräson heißt, Bedrohungen zu erkennen und die
Sicherheit israelischer Bürgerinnen und Bürger zu einer Grundlage unseres
Handelns zu machen. Israel hat das völkerrechtlich verbriefte Recht sich gegen
Angriffe zu verteidigen und auch die anerkannte Pflicht, seine Bürgerinnen und
Bürger im Rahmen des Völkerrechts zu schützen. Die anhaltende Bedrohung des
Staates Israels sowie die Angriffe und den Terror gegen seine Bevölkerung
verurteilen wir.
Aus unserer Geschichte ergibt sich auch die Verantwortung für das Völkerrecht,
die Würde jedes Menschen und die allgemeinen Menschenrechte. Nur wenn
Deutschland und die EU sich auch im Nahen Osten nachdrücklich für sie einsetzen,
wird unser weltweites Bemühen um eine regelbasierte internationale Ordnung
glaubwürdig sein. Deswegen haben wir uns so intensiv dafür eingesetzt, dass die
von der Hamas festgehaltenen Geiseln befreit werden, die Zivilbevölkerung
geschützt wird, die humanitäre Hilfe die Menschen erreicht und es zu einem
Waffenstillstand kommt.
Die Sicherheit der Palästinenserinnen und Palästinenser und ihre Menschenrechte
sind zu schützen, ihr Selbstbestimmungsrechts zu verwirklichen und ihr Schutz
vor willkürliche Gewalt zu gewährleisten, sei es durch israelische Siedler und
Sicherheitskräfte, sei es durch Hamas oder anderen islamistischen Terror.
Am 7. Oktober 2023 hat die Hamas mit unfassbarer Gewalt und Brutalität einen
Terroranschlag auf Israel verübt. Mehr als 1.200 Menschen wurden von der Hamas
ermordet, begleitet von unsäglicher sexualisierter Gewalt, 251 Menschen wurden
verschleppt. Familien, Kinder, Jugendliche, die auf einem Festival tanzten,
wurden auf grausame Weise umgebracht. Es war der schlimmste Angriff auf
jüdisches Leben seit der Shoah, ein Angriff auf das Existenzrecht Israels und
auf die gesamte israelische Gesellschaft. Er hat die Menschen in Israel zutiefst
traumatisiert. Unsere tiefe Solidarität gilt den Opfern und ihren Familien. Wir
blicken mit tiefer Anteilnahme auf diesen Tag und auf das Leid, dass der
Terroranschlag der Hamas bis heute verursacht.
Seit dem 7. Oktober hat der Antisemitismus weltweit eine starke Zunahme erfahren
und nimmt immer bedrohlichere Ausmaße an. Der Schutz jüdischen Lebens in
Deutschland und weltweit ist für uns eine Verpflichtung. Wir gehen entschlossen
gegen den zunehmenden Antisemitsimus in unserer Gesellschaft vor- egal von wem
er ausgeht. Jüdinnen und Juden müssen in Sicherheit leben können.
Die gezielten Angriffe durch die jemenitischen Houthis, die Hisbollah und den
Iran nach dem 7. Oktober haben zu weiteren Todesopfern geführt, haben Menschen
aus ihrer Heimat vertrieben. Wir verurteilen die fortgesetzte Gewalt und
Anschläge dieser Akteure. Die Hamas, das iranische Regime, die Hisbollah und
andere militante Gruppierungen machen keinen Hehl daraus, dass sie Israel
vernichten wollen. Sie negieren das Existenzrecht Israels. Das werden wir nie
akzeptieren.
Den auf die Terroranschläge vom 7. Oktober folgende Krieg hat die Hamas in ihrer
Skrupellosigkeit provoziert. Die völkerrechtswidrige Kriegsführung der
israelischen Regierung in Gaza ist dadurch aber nicht zu rechtfertigen und hat
im Laufe des Krieges unermessliches Leid für Palästinenserinnen und
Palästinenser verursacht: Mindestens 60.000 Tote, hunderttausende Verletzte,
zerstörte Städte – 80 Prozent der Bausubstanz in Trümmern – massenhafte
Vertreibung, eine Generation ohne Zukunft. Das Leid der Menschen in Gaza erfüllt
uns mit großem Schmerz. Auch in Deutschland leben viele Menschen die dort
Angehörige haben, ihre Sorge und Trauer gehören zu unserem Land und teilen wir.
Die Blockade humanitärer Hilfe durch die israelische Regierung und das
Aushungern der Zivilbevölkerung war ein schwerer Bruch des humanitären
Völkerrechts und hat zu einer von den Vereinten Nationen bestätigten Hungersnot
geführt. Kriegsverbrechen wie Angriffe auf Zivilist*innen und zivile
Infrastruktur, humanitäre Helfer und Journalist*innen sind durch die Vereinten
Nationen und NGOs in Gaza dokumentiert. Unabhängige Presseberichterstattung
wurde durch die Einschränkungen für Journalist*innen erheblich erschwert.
Zugleich haben die oft von der Regierung unterstützte Siedlergewalt, der
illegale Siedlungsbau und die damit einhergehenden Vertreibungen und
Annektionspläne im Westjordanland massiv zugenommen. Die palästinensische
Autonomiebehörde (PA) wurde durch das Vorenthalten von Steuer- und Zolleinnahmen
an den Rand des Bankrotts gebracht. Wir verurteilen dieses Vorgehen der in
Teilen rechtsextremen Regierung Netanjahu und halten es für falsch, dass
Premierminister Netanyahu seit Jahren die Politik betreibt, einen
palästinensischen Staat unmöglich zu machen. Wir halten fest an der Herrschaft
des Rechts.
Heute, fast zwei Jahre nach Beginn der Eskalation, gibt es Hoffnung auf ein Ende
des Krieges und Frieden. Die Friedensgespräche in Ägypten haben zur Freilassung
der Geiseln und einem Waffenstillstand in Gaza geführt. Nach zwei Jahren in den
Händen der Hamas konnten die noch lebenden Geiseln endlich zurück zu ihren
Familien. Hunderttausende Menschen in Gaza können endlich auf ein Ende der
Angriffe und der humanitären Notlage hoffen. Diese Freude und Erleichterung
teilen wir. Und es war ein Tag der Trauer über die verstorbenen Geiseln, von
denen bis heute nicht alle an ihre Angehörigen überführt wurden. Wir teilen den
Schmerz der Menschen in Gaza, die ihre Angehörigen nur noch unter den Trümmern
bergen können. Im Rahmen des Friedensprozesses muss jetzt alles getan werden,
damit das Schweigen der Waffen Bestand hat.
Als nächstes braucht es die Entwaffnung der Hamas, die Absicherung Gazas durch
eine internationale Truppe, den Rückzug der israelischen Armee aus Gaza, sowie
der Übergabe der Verantwortung an die Palästinenser. Dabei bleiben folgende
Grundsätze für uns leitend: Von Gaza darf künftig keine Gefahr mehr für Israels
Sicherheit ausgehen. Die Palästinenser dürfen nicht aus Gaza vertrieben werden,
und es darf keine Wiederbesetzung oder territoriale Reduzierung von Gaza durch
Israel geben. Es braucht eine gemeinsame Perspektive für Gaza und
Westjordanland. Die völkerrechtswidrige Besatzung der Westbank und die
Annexionen müssen beendet werden. Es darf keine Lösung über die Köpfe der
Palästinenser hinweg geben. Sie müssen den politischen Prozess mitgestalten. Es
ist wichtig, dass sich dabei auch die arabischen Nachbarstaaten gemeinsam für
eine politische Perspektive engagieren.
Dieser Prozess braucht aber auch das Ziel von dauerhaftem Frieden und Sicherheit
für alle Menschen in der Region. Nur eine Zweistaatenlösung wird dauerhaften
Frieden bringen, und dazu gehört die Anerkennung eines palästinensischen
Staates. Unser Ziel bleibt eine verhandelte Zweistaatenlösung, bei der der Staat
Israel und ein souveräner, demokratischer und lebensfähiger palästinensischer
Staat Seite an Seite in Frieden und Sicherheit leben.
Israel und die Palästinenser brauchen die Hilfe der internationalen
Gemeinschaft, um die Voraussetzungen für einen Frieden zu schaffen, denn der Weg
dahin ist weit. Die EU muss im anstehenden Friedensprozess eine aktive Rolle
spielen und dabei alle Hebel nutzen, die ihr zur Verfügung stehen. Auch im Nahen
Osten gilt: Nur eine starke und geeinte EU kann das nötige diplomatische Gewicht
entwickeln, um wirkungsvoll zu handeln und zum Frieden in Nahost beizutragen.
Wir halten dies für notwendig und sehen dies auch im deutschen Interesse an
einer friedlichen Region und einer völkerrechtsbasierten internationalen
Ordnung. Die Bundesregierung darf hierbei nicht bremsend am Rande stehen,
sondern muss sich konstruktiv für eine gemeinsame europäische Nahostpolitik
einbringen.
Deutschland hat sich zurecht entschieden, sicherzustellen, dass keine
Lieferungen von Waffen und Rüstungsgütern an Israel erfolgen, die
völkerrechtswidrig eingesetzt werden könnten. Unbenommen davon muss Deutschland
Israel bei der Verteidigung gegen Bedrohungen, vor allem durch den Iran und
seine Stellvertreter weiter unterstützen, auch durch Lieferung von Waffen und
Rüstungsgütern. Ob deutsche Waffen zur Selbstverteidigung oder zur Vertreibung
der palästinensischen Zivilbevölkerung eingesetzt werden, ist nicht immer leicht
zu überprüfen. Doch wenn wir unserer Verantwortung für die Sicherheit Israels
und dem Völkerrecht gleichermaßen gerecht werden wollen, müssen wir diese
Differenzierung leisten.
Deutschland trägt Verantwortung, seiner humanitären Pflicht in der Region
gerecht zu werden. Vorrang hat der schnelle, sichere und ungehinderte Zugang zu
Hilfsgütern. Unmittelbar dafür notwendig ist der Wiederaufbau funktionierender
UN-Verteilstrukturen in Gaza. Die Sicherheit und Arbeitsfähigkeit humanitärer
Akteure sind zu gewährleisten. Humanitäre Hilfe ist ein Gebot der Menschlichkeit
und den Prinzipien der Neutralität und Unparteilichkeit verpflichtet. Besonders
die Kinder in Gaza wie in Israel gehören zu den besonders schwer Leidtragenden.
Diese tief sitzenden Wunden zu sehen und zu heilen, gehört jetzt zu den
besonders dringlichen Aufgaben für all diejenigen, denen an Menschlichkeit,
Aussöhnung und Frieden gelegen ist.
Deutschland sollte zur Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts der
Palästinenser weiterhin palästinensische Staatlichkeitsbestrebungen praktisch
fördern – durch Unterstützung beim Aufbau rechtsstaatlicher Institutionen,
Ausbildung von Verwaltung und Justiz, Förderung demokratischer Prozesse und
wirtschaftlicher Perspektiven. Die israelische Regierung muss in diesem Zuge die
vorenthaltenen Zoll- und Steuereinnahmen der PA freigeben. Eine
Wiederaufbaukonferenz für den Gazastreifen sollte maßgeblich von Deutschland
vorangetrieben werden. Dabei muss sichergestellt sein, dass die Bedürfnisse der
Bürger*innen Gazas im Mittelpunkt stehen - und die Sicherheit Israels gewahrt
wird.
Zu einem glaubwürdigen Einsatz für eine Zweistaatenlösung zählen auch Schritte
gegen diejenigen, die ihn gezielt unterlaufen. Die Bundesregierung muss den
Kampf gegen die Terrorgruppen Hamas, Hisbollah und andere djihadistische Gruppen
unterstützen. Der Druck auf das iranische Regime als Treiberin der Bedrohung und
Destabilisierung der gesamten Region muss ausgebaut werden. Wir setzen uns
weiter für die rechtssichere Terrorlistung der iranischen Revolutionsgarden auf
EU-Ebene ein. Es braucht jetzt gezielte Sanktionen gegen gewalttätige Siedler
und die rechtsextremen israelischen Minister Bezalel Smotrich und Itamar Ben-
Gvir. Hier muss Deutschland seine Blockade im Europäischen Rat endlich aufgeben.
Das EU-Assoziationsabkommen enthält starke positive Anreiz zur Einhaltung des
Völkerrechts. Der beiderseitige Respekt für Menschenrechte und demokratische
Prinzipien ist nach Artikel 2 des Abkommens ein essenzieller Bestandteil der
engen Kooperation zwischen Israel und den Ländern der Europäischen Union. Wir
halten die Anwendung der Menschenrechtsklausel für notwendig. Im Falle der
Nichtumsetzung des Friedensplans können partielle Aussetzungen des Abkommens
erfolgen.
Zu einem Friedensprozess gehört auch die rechtliche und politische Aufarbeitung
von Kriegsverbrechen. Deutsche und europäische Nahostpolitik soll aktiv dafür
werben, dass Verstöße transparent aufgeklärt und geahndet werden. Dabei spielt
die internationale Gerichtsbarkeit - insbesondere der Internationale
Strafgerichtshof - eine zentrale Rolle. Für diese Aufarbeitung ist auch die
Medienberichterstattung und der freie Zugang der Presse entscheidend.
Doch nicht allein die Politik zählt jetzt. Der Weg zum Frieden braucht den
Rückhalt einer starken Zivilgesellschaft. Wir stehen solidarisch an der Seite
der israelischen und palästinensischen Zivilgesellschaft, die sich für
Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Dialog einsetzen. Sie spielen eine
Schlüsselrolle für einen nachhaltigen Frieden. Wir wollen diese
Zivilgesellschaft weiter fördern, in Israel wie in Palästina. Wir stellen uns
deswegen gegen Bestrebungen, Israel oder Palästinenserinnen und Palästinenser
von Sport- oder Kulturveranstaltungen auszuschließen, denn diese Schritte ziehen
die ganze Gesellschaft in Mitleidenschaft – nicht zuletzt diejenigen, die für
Demokratie und Frieden kämpfen. Wir stehen an der Seite derjenigen, die sich für
die demokratische Verfasstheit Israels und den Schutz seiner Bevölkerung vor dem
Abbau von Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit und demokratischen Strukturen
einsetzen, genauso wie wir alle unterstützen, die genau diese Werte für einen
palästinensischen Staat wollen.
