Veranstaltung: | Außerordentliche Bundesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | Beschlüsse (vorläufig) |
Antragsteller*in: | Bundesdelegiertenkonferenz (dort beschlossen am: 27.01.2018) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 31.01.2018, 15:31 |
Antragshistorie: | Version 1 |
V-23 Beschluss: Das Leid im Jemen lindern: Rüstungsexporte stoppen!
Antragstext
Seit Jahren leiden die Menschen im Jemen unter einem brutalen Krieg und seinen schrecklichen
Folgen. Er hat für eine der größten humanitären Katastrophen der Welt gesorgt. Seit
Kriegsbeginn sind bereits über 10.000 Menschen an den direkten Folgen der Kampfhandlungen
gestorben, zahllose weitere an Hunger und Krankheiten. Fast eine Million Menschen sind mit
Cholera infiziert und können wegen fehlender medizinischer Versorgung und dem fast
vollständigen Kollaps öffentlicher Dienstleistungen nur unzureichend versorgt werden. 7
Millionen Menschen sind akut vom Hunger bedroht. Über hundert Kinder sterben täglich an
akuter Mangelernährung und ihren Folgen, mehr als 11 Millionen Kinder sind dringend auf
humanitäre Hilfe angewiesen. Die Trinkwasserversorgung in den großen Städten ist nahezu
vollständig zusammengebrochen. Diese dramatische Lage führt dazu, dass fast 20 Millionen
Menschen auf Hilfe angewiesen sind.
Dieses Ausmaß von Leid und Zerstörung im Jemen ist in erster Linie durch die äußere
Intervention in einen ursprünglich lokalen Konflikt verursacht worden – vor allem durch die
Bombenangriffe einer Staatenkoalition unter Führung Saudi-Arabiens. Sie finden mit
Unterstützung der USA und Großbritanniens statt und durch Waffen aus europäischer
Herstellung. Diese Angriffe richten sich oft gezielt gegen zivile Infrastruktur wie Schulen
und Krankenhäuser. Fast alle Mitglieder der Staatenkoalition sind Empfänger von direkten
oder indirekten Waffenlieferungen aus Deutschland. Zudem produziert Saudi-Arabien in Lizenz
deutsche Gewehre. Auch der Iran hat mit seiner Unterstützung der Houthi-Milizen zu dieser
Eskalation beigetragen: diese haben mit ihrem gewaltsamen Feldzug nach Sana’a und Aden und
dem daraus resultierenden Sturz der Regierung Hadi den Konflikt zuallererst begonnen.
Neben den eigentlichen Kriegshandlungen ist die illegale Seeblockade durch Saudi-Arabien und
die Vereinigten Arabischen Emirate die bedeutendste Ursache für die Mangelernährung der
Bevölkerung. Trotz der Existenz eines Kontrollmechanismus der Vereinten Nationen bringen
diese Staaten dadurch – unter dem Vorwand, Waffenschmuggel verhindern zu wollen – die
Versorgung großer Teile des Landes nahezu zum Erliegen. Diese Blockade, ebenso wie die
Schließung des Flughafens Sana’a, die Belagerung von Städten und weitere Behinderungen
humanitären Zugangs verstoßen gegen die Bestimmungen der Sicherheitsratsresolutionen 2140
und 2216 und können entsprechend sanktioniert werden. Auch der Zugang der Vereinten
Nationen, humanitärer Organisationen sowie von Journalistinnen und Journalisten wird massiv
behindert.
Der Wechsel des ehemaligen Präsidenten Ali Abdallah Saleh auf die Seite der saudisch-
geführten Koalition und seine Ermordung durch die ehemals mit ihm verbündeten Houthi-Milizen
stellen den Jemen vor neue politische Herausforderungen. Die verschärften
Auseinandersetzungen haben zu noch mehr Opfern in der Zivilbevölkerung geführt. Gewaltsame
Angriffe auf friedliche Demonstrantinnen und Demonstranten sowie die Blockade elektronischer
Kommunikation gehören neben zahlreichen Fällen von Verschwindenlassen, Folter und
außergerichtlichen Tötungen sowie dem Einsatz von Kindersoldaten zu den Vergehen aller
Kriegsparteien.
Wir begrüßen es daher, dass der UN-Menschenrechtsrat mit der 36/31 des VN-Menschenrechtsrats
eine unabhängige Expertenkommission zur Untersuchung möglicher Kriegsverbrechen im Jemen
eingesetzt hat. Wir begrüßen ebenfalls den auch auf Betreiben der Grünen Fraktion im
Europäischen Parlament zustandegekommenen Beschluss 2017/2849, der unter anderem die
Forderung nach einem Exportstopp von Rüstungsgütern an die kriegsführenden Staaten enthält.
Nun muss die Bundesregierung handeln. Wir fordern sie auf:
- im Sinne wiederholter Beschlüsse des Europäischen Parlaments jegliche Rüstungsexporte
an die am Jemenkrieg beteiligten Staaten sofort zu stoppen, keine neuen Genehmigungen
an diese Staaten zu erteilen, erfolgte Genehmigungen zu widerrufen und auch keine
Ausfuhrgenehmigungen zu erteilen;
- in Zusammenarbeit mit den VN die Initiative für neue Friedensgespräche zu übernehmen,
deren erstes Ziel ein schnellstmöglicher Waffenstillstand und die Gewährung
humanitären Zugangs sein muss;
- sich in diesem Zusammenhang auch gegenüber der US-amerikanischen und britischen
Regierungen für ein Ende der militärischen Unterstützung der arabischen Koalition
einzusetzen;
- auf alle Kriegsparteien einzuwirken, den Zugang für Hilfs- und Lebensmittellieferungen
uneingeschränkt sicherzustellen;
- sich im Falle der Behinderung humanitären Zugangs, wie in Sicherheitsratsresolutionen
2140 und 2216 vorgesehen, für Sanktionen gegen die Verantwortlichen aller
Kriegsparteien einzusetzen;
- den Jemen weiter humanitär zu unterstützen und den Nachbarstaaten bei der Aufnahme und
Versorgung der Flüchtlinge aus dem Jemen zu helfen;
- die Arbeit der vom VN-Menschenrechtsrat eingesetzten Expertenkommission nach allen
Kräften zu unterstützen und dabei besonders deren uneingeschränkten Zugang zum
Kriegsgebiet einzufordern;
- die Umsetzung des Beschlusses 2017/2849 des Europäischen Parlaments nach Kräften zu
unterstützen.
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