Entschuldigt diese sehr lange Begründung.
Aber mir geht es hier um die Wurzeln unserer Identität, um die Ausbildung zu neugierigen, kritischen Bürger*innen – ohne die es Bündnis 90/Die Grünen nicht geben würde.
Und, es gibt kein dezidiertes "Kultur- Schlüsselprojekt". Jetzt muss es natürlich nicht für alles ein eigenes Schlüsselprojekt geben, aber Kultur ist nunmal die Basis unseres gesellschaftlichen und damit auch politischen Lebens. Noch einmal: es geht nicht um KUNST! – es geht um unsere Kultur.
Aber jetzt endlich inhaltlich zu dem Änderungsantrag:
Wir geben gigantische Summen für unsere Museen aus, die zu den besten der Welt gehören. Jedes Jahr mehr. Aber wir versagen, wenn es um die Besucherzahlen und – das ist mir besonders wichtig – die Zusammensetzung der Besuchergruppen geht. Alles was in den Museen steht gehört der gesamten Bevölkerung, sehen tun es nur wenige.
Uns fehlt der Mut! Der Mut etwas Neues auszuprobieren. Es geht auch anders. In London wurden vor gut 15 Jahren die Eintritte zu den Dauerausstellungen abgeschafft. Martin Roth, der damalige (deutsche) Direktor des Victoria Albert Museums, (das alleine mehr Besucher zählt als z.B. alle landeseigenen Berliner Museen zusammen) hat das erklärt:
„Der freie Eintritt. Unser Erfolg beruht auch darauf, dass niemand bezahlen muss, wenn er zu uns kommt. Zwanzig Jahre lang habe ich in Dresden zermürbende Gespräche über einen freien Eintritt geführt. Nein, geht nicht, hieß es, auch das Museum müsse etwas erwirtschaften. Das ist aber die falsche Vorstellung. Wir machen im V & A viel mehr Geld mit unseren attraktiven Sonderausstellungen, für die in der Tat Eintritt bezahlt werden muss. Aber wir haben das Publikum dann schon im Haus und in den Shops. Alexander McQueen schloss mit 492.030 Besuchern. Wir hätten auch 800.000 einlassen können, wenn wir mehr Platz gehabt hätten. Am Ende hatten wir 48 Stunden nonstop geöffnet, 48 Stunden lang standen draußen die Leute Schlange."
Wenn man jetzt noch sieht, dass es nur noch im Museum faktisch eine Ausgrenzung bildungsferner und armer Bürger*innen gibt, dann sollte es unsere Kernaufgabe sein hier gegenzusteuern.
Und es geht so einfach. In Essen hat das Folkwang Museum im letztem Jahr den Eintritt gestrichen und die Besucherzahlen haben sich verfünffacht. Die Menschen nehmen diese schweineteuren Kunsttempel auf einmal als das wahr, was sie sind. Schätze, die nicht mehr den Adelshäusern gehören sondern uns. Sie kommen auf eine halbe Stunde vorbei, um sich nur ein Bild anzuschauen. Sie treffen sich mit Freunden, sie nehmen am kulturellen Leben Teil. Wenn es uns um Teilhabe und Zugang geht, dann sollten wir dieses Erfolgsmodell ausprobieren.
Und letztlich nehmen diese Museen nur einen kleinen Teil, meist 5% - 15% über Eintrittsgelder ein, wir alle subventionieren also 85% - 95% der Kosten ohnehin. Und ja, die meisten Museen in Deutschland nehmen gar keinen Eintritt.
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Jürgen Hess: