Veranstaltung: | 44. Bundesdelegiertenkonferenz Bielefeld |
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Tagesordnungspunkt: | W-PR Wahl Parteirat |
Antragsteller*in: | Katharina Beck (KV Hamburg-Eimsbüttel) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 10.11.2019, 15:04 |
W-PR-10: Bewerbung: Katharina Beck
Bewerbungstext
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Delegierte,
hiermit bewerbe ich mich um Eure Stimme und Euer Vertrauen für den Parteirat.
Drei Anliegen sind mir dabei besonders wichtig:
1. Für die Vielfalt des Ehrenamts im Parteirat
Unsere Partei lebt davon, eine offene Partei der Mitgestaltung zu sein, die Vielfalt nicht nur in Bezug auf persönliche Freiheit, sondern auch als Perspektiven-Vielfalt und Vielfalt der Beteiligung begreift.
Als Sprecherin des Sprecher*innenrates der Bundesarbeitsgemeinschaften (BAGen) darf ich 24 unterschiedliche Bundesarbeitsgemeinschaften vertreten und zusammenbringen. Die BAGen bearbeiten so vielfältige Themen wie Energie, Soziales, Tierschutz, Mobilität und Verkehr, Gesundheit, Queer, Behindertenpolitik, Wissenschaftspolitik, Migration und Flucht, Globale Entwicklung, Wirtschaft und Finanzen - wo ich BAG Sprecherin bin - und wirklich noch viele mehr. Gemeinsam mit den entsprechenden LAGen auf Landesebene und den lokalen Arbeitskreisen sind die BAGen ein einmaliges inhaltliches und ehrenamtliches Herzstück in der Parteienlandschaft, das auch ganz aktuell für unsere vielen Neumitglieder eine positive Magnetwirkung hat.
Auf der wunderbaren großen Grundsatzakademie (GA) der BAGen diesen Sommer mit 400 Teilnehmenden, die ich gemeinsam im Orgateam mit gestaltet und organisiert habe, haben wir unser gemeinsames, vielfältiges Arbeiten noch einmal auf eine neue Ebene gehoben. Wir haben „cross-over“ in der Zusammenarbeit verschiedenster BAGen neue Perspektiven für unser Grundsatzprogramm entwickelt. Und wir haben einen Ort des kreativ-kritischen Austausches auch mit unseren Parlamentarier*innen und Bundesverständen geschaffen. Viele inhaltliche und persönliche Verbindungen und neue Perspektiven sind dort entstanden, die auch über die GA hinaus wirken.
Die vielfältigen Perspektiven der BAGen möchte ich soweit mir das möglich ist im Parteirat, einem der wichtigsten inhaltlichen Gremien unserer Partei, mit einbringen.
2. Für eine neue Qualität der Zusammenarbeit
Auf der GA haben eine große Anzahl von BAGen sich in einem beeindruckenden demokratischen Prozess zusammengetan, um den Klimaantrag, den wir am Sonntag auf dem Parteitag debattieren werden (WKF 07), anzustoßen. Vorausgegangen war ein Beschluss des Sprecher*innenrats im Juli, den Bundesvorstand (BuVo) und uns selbst zu einer Nachschärfung unserer Klima-Positionen aufzufordern. Mit einer BAGen Schreibgruppe, in der ich war, sind wir dann auf den BuVo zugegangen und haben beschlossen, gemeinsam diesen Antrag zu erarbeiten. Es war ein einmaliger Prozess, in dem wir enger aneinandergewachsen sind, voneinander gelernt haben und etwas Großartiges gemeinsam geschaffen haben: den Entwurf unseres grünen Klimaplans, der sich ehrlich macht mit der Dramatik der Klimakrise und was nun zu tun ist. Zwischenzeitlich gab es auch ruckelige Momente in diesem kurzfristigen Prozess, aber diese miteinander auszuhalten und zu lösen, im Gespräch zu bleiben und daraus für die Zukunft zu lernen, ist ein unbezahlbares Pfund. Ja, wir haben unterschiedliche Perspektiven, und ja, wir schaffen das gemeinsam – manchmal mit Tief Durchatmen Müssen, und oft mit viel Spaß und auch Humor.
Diese neue Qualität der Zusammenarbeit, in der wir verschieden bleiben und gleichzeitig gemeinsam gestalten, möchte ich in Zukunft durch unsere regelmäßigen Zusammenkünfte im Parteirat weiter stärken – mit dem BuVo und auch mit der Bundestagsfraktion (BTF).
3. Für ein zukunftsfähiges System innerhalb der planetaren Grenzen, in dem wir gerne leben
Kinder, Eltern und Großeltern, wir alle gehen derzeit zu Recht auf die Straße. Die friedliche Überlebensfähigkeit von uns Menschen auf dieser Erde ist ernsthaft in Gefahr. Die Regenwälder brennen, die Permafrostböden tauen, die Ozeane versauern und vermüllen. Was haben wir da für ein System geschaffen? Viele Menschen werden durch klimabedingte Dürren in die Flucht getrieben, Inselstaaten müssen ernsthaft um ihr Überleben bangen. Auch in Deutschland machen sich die Folgen des Klimawandels für Bäuerinnen und Bauern bemerkbar. Manche sagen, man dürfe die Radikalität der Erkenntnisse nicht kommunizieren, aber ich finde: doch, machen wir uns ehrlich. Aber nicht um Schwarz zu malen, sondern um jetzt mutig das Richtige zu tun. Das ist keine Zukunftsvision mehr, das ist jetzt.
- Dass ich für radikal-realistischen Klimaschutz einstehe ist einigen von Euch sicher durch mein standhaftes und gleichzeitig Kompromisse ermöglichendes Eintreten für den Kohleausstieg 2025/30 und für die aktuelle Erarbeitung des Klimaantrags (WKF 07) bekannt. Als nächstes wird es auf das Gewinnen von Mehrheiten und auf den intensiven Dialog mit der Gesellschaft ankommen, vor allem für eine positive Motivation für die kommenden Veränderungen. Denn so ungern der Mensch als Gewohnheitstier Veränderungen hat: Das wird gut! Hunderttausende neue Handwerker*innen-Jobs werden entstehen, Atemwegserkrankungen in unseren Städten sinken, laute Straßen könnten grüne Gemeinschaftsalleen werden, eine ganz neue Infrastruktur und Vernetzung auch auf dem Land. Dass wir die Veränderungen gerade gemeinsam mit abgehängten Regionen auf dem Land machen wollen, wie Annalena es in ihrer Bewerbung sehr greifbar beschreibt, ist super wichtig.
- Es geht um die Veränderung der Anreize des wirtschaftlichen Systems und nicht nur um Klimaschutz allein. Ich arbeite in der Wirtschaft und eins ist klar: Einige Anreize im System sind völlig falsch. Kurzfristigkeit geht über Langfristigkeit, Profit über Klima, Ressourcenschonung und Menschenrechte. So plakativ es klingen mag, diese Hürden beobachte ich als Unternehmensberaterin für Nachhaltigkeit fast jeden Tag. Und das spüren auch die 63% der Deutschen, die kürzlich im Deutschlandtrend sagten, dass Klimaschutz ihnen wichtiger als Wirtschaftswachstum ist. Gemeinsam mit Euch möchte ich mich einsetzen für ein zukunftsfähiges System, das Lebensqualität, Entfaltungsmöglichkeiten und die Einhaltung der planetaren Grenzen als positive gesellschaftliche Ziele hat, und in dem Instrumente wie Wachstum oder Innovation zu deren Erreichung dienen und kein Selbstzweck sind. Dieses neue System haben wir, die BAGen Globale Entwicklung und Wirtschaft und Finanzen, dieses Jahr im „Neuen Wohlstandskonsens. Für ein zukunftsfähiges Wirtschafts- und Finanzsystem für die eine Welt“ gemeinsam mit 50 externen und internen Impulsgeber*innen aus Wissenschaft, NGOs, Wirtschaft und der Partei beschrieben.
- Und wir brauchen ein gerechteres Steuer- und Sozialsystem für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt. Deutschland hat in Europa neben Österreich die größte Vermögensungleichheit. Das Misstrauen gegenüber denen „da oben“ oder der „Geldelite“ (Corneo) ist nur in Teilen und nur in seiner faschistischen Form unberechtigt. Dahinter liegt ein tatsächliches Problem unseres Systems, das strukturell Reiche reicher und Arme ärmer macht oder arm hält. Dass wir das in Deutschland angehen müssen, schreibt selbst das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) gebetsmühlenartig. Unser Steuersystem ist viel weniger progressiv als wir oft denken. Beispiel Erbschaftsteuer: Menschen, die unter einer halben Million Euro erben, zahlen prozentual mehr als fünfmal (!) so viel Erbschaftsteuer wie Menschen, die über 20 Millionen erben. Und die Löhne, die auf Arbeitsleistung beruhen, erhalten in Deutschland weniger vom Zuwachs des Volkseinkommens als die leistungslosen Kapiteleinkommen. Und um es nicht so abstrakt zu lassen: Jedes fünfte Kind in Deutschland, einem der reichsten Länder der Welt, lebt in Armut. Eigentum verpflichtet und diesen Grundsatz müssen wir wieder ernster nehmen.
In 6 Thesen für eine gerechtere und lebenswertere Gesellschaft haben Clara Herrmann und ich aufgelistet, welche Maßnahmen „oben“, in der „Mitte“ und „unten“ wir für sinnvoll erachten, um den sozialen Zusammenhalt zu stärken und die Schere zwischen Arm und Reich zu schließen. Ebenfalls möchte ich aufbauend auf unserem BAG-Beschluss zu „Hartz IV hinter uns lassen“ dazu beitragen, dass Roberts Initiative für eine Reform der Garantiesicherung wieder mehr in den Mittelpunkt rückt. Außerdem werde ich mich dafür einsetzen, dass wir mit unserer neuen Qualität der Zusammenarbeit es schaffen, unsere Positionen zu vermögensbezogenen Steuern konstruktiv gemeinsam zu überarbeiten.
Für dieses zukunftsfähige System innerhalb der planetaren Grenzen, in dem wir gerne leben, möchte ich mich im Parteirat einsetzen. Darüber hinaus freue ich mich auf die Dikussionen und den Austausch zu den vielen weiteren, damit zusammenhängenden Themen wie Feminismus, den Erhalt des Rechtsstaats und die internationale Friedensarchitektur.
Meine Mitgliedschaft im Parteirat ist auch eine Chance zu zeigen, wie wir ernst machen als Bündnispartei mit anderen gesellschaftlichen Gruppen. Mit meinen 12 Jahren Arbeitserfahrung außerhalb der Politik, in NGOs aber vor allem in der Wirtschaft, kann ich diese anderen gesellschaftlichen Logiken glaubwürdig in unsere politische Gestaltung mit einbringen. Und gerade meine Wirtschaftserfahrung kann die Wahrnehmung, dass wir „Wirtschaft können“ erhöhen, und gleichzeitig uns helfen, ggf. so manche Mythen noch besser zu entzaubern, die uns so manche Lobbyist*innen gerne glauben machen wollen.
Der Sprecher*innenrat der Bundesarbeitsgemeinschaften und die BAG Wirtschaft und Finanzen haben mir jeweils ein Votum für meine Bewerbung gegeben.
Über Euer Vertrauen und Eure Stimme für den Parteirat würde ich mich sehrst freuen.
Herzlich
Eure Katharina
Grünes Ehrenamt
- Sprecherin des Sprecher*innenrats der BAGen (Votum für den Parteirat)
- Sprecherin der BAG Wirtschaft und Finanzen (Votum für den Parteirat)
- Mitglied im Wirtschaftsbeirat der BTF
- Partei seit 2009
Beruf
- Senior Managerin Nachhaltigkeit, große Unternehmensberatung
- Stv. Aufsichtsratsvorsitzende, Sozialunternehmen
- 2009-13 in NGOs: u.a. Social Banking & Präsidentin von oikos International für nachhaltige BWL&VWL
Ausbildung
- Dipl.-Regio.-wiss. Lateinamerika
- Finanz-BWL
BUND, Greenpeace, UNHCR