V-23 Beschluss (vorl.): Zivilgesellschaft stärken – Reform des Gemeinnützigkeitsrechts muss politisches Engagement absichern und neue Freiräume für die Zivilgesellschaft ermöglichen
Veranstaltung: | 44. Bundesdelegiertenkonferenz Bielefeld |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Malte Spitz (Unna KV) und 31 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 16%) |
Status: | Eingereicht |
Verfahrensvorschlag: | Abstimmung |
Eingereicht: | 04.10.2019, 10:16 |
Antragshistorie: | Version 1(04.10.2019) Version 1(17.11.2019) |
Kommentare
Andreas Rieger:
Karl Friederichs:
Text § 65 AO - Zweckbetrieb
Ein Zweckbetrieb ist gegeben, wenn
1. ...
2. ....
3. der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.
Karl Friederichs StB
Karl Friederichs:
Vor dem Hintergrund der Geschichte der Gemeinnützigkeit im Zusammenhang mit der illegalen Parteienfinanzierung in Deutschland und der in auch Europa vereinzelt erkennbaren Bestrebungen, gemeinnützige Einrichtungen für eine illegale und illegitime Parteienhonorierung zu nutzen, erscheint die aktuelle Rechtsprechung (Attac) und -praxis (Campact) als vertretbar: Man kann es als plausibel ansehen, dass die Verfolgung beliebiger Ziele nicht allein dadurch die Gemeinnützigkeit erhalten darf, dass man die öffentliche Kommunikation eines Vereins mit dem Etikett der Bildungsförderung versieht. Andernfalls könnten auch Vereine, die über die Schönheiten des Porsche-Fahrens oder über eine als verfassungsrechtlich bedenklich deklarierte Ungleichbehandlung durch Steuerprogression informieren, als Förderung der Bildung der Allgemeinheit den Gemeinnützigkeitsstatus beanspruchen.
Auch könnte man die Gemeinnützigkeit spezieller Zwecke der prominenten Betroffenen (Attac und Campact) vielleicht durch eine Anerkennung nach § 52 Abs. 2 Satz 1 oder Satz 2 Abgabenordnung rechtfertigen:
- Die gebündelte Kommunikation verbreiteter Anliegen durch Campact schafft eine früher nicht möglich Brücke zwischen direkter und indirekter Demokratie, die den unter Umständen desaströsen Widerstreit von Volksabstimmung und Parlamentsentscheidung verhindern kann (vgl. z.B. den Brexitkonflikt). Das berührt den Bereich des § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 24 Abgabenordnung.
- Die Bestrebungen von Attac, nationale und globale Regeln zur Wohlstandsverteilung argumentativ zu hinterfragen, müssten national einer Förderung der Wohlfahrt (Nr. 9) und international der Förderung Entwicklungszusammenarbeit (Nr. 15) gleichgestellt werden, da sie die gleichen Ziele (Armutsbekämpfung) durch eine Änderung der Regeln mit den Mitteln des demokratischen Diskurses verfolgen.
Darüber hinaus steht ein Ausschluss der politischen Betätigung aber in der heutigen Zeit, in der sich verfassungsfeindliche und faschistische Bestrebungen in Parteien und Organisationen etablieren können, solange Verbote nicht opportun erscheinen, im Wertungswiderspruch zu unserer verfassungsrechtlichen Ordnung. Diese gibt in Art 1 bis 20a GG unverrückbare Grundsätze vor, die von Bürgern UND Organisationen verteidigt werden müssen, schon bevor ein neuer faschistischer Führer mit seiner sich formal noch vom Faschismus distanzierenden Partei die Stimmenmehrheit erhält.
Daher gebieten die Wertungen des Grundgesetzes auch, dass ihre Verteidigung als zulässige Tätigkeit der im Gemeinnützigkeitsrecht der in § 58 Nr. 1 bis 5 AO bisher nur nachrangig erlaubten Förderung anderer gemeinnütziger Organisationen nicht nur gleichgestellt wird, sondern auch darüber hinaus erlaubt wird, solange die überwiegende Verfolgung der eigenen satzungsmäßigen gemeinnützigen Zwecke nicht beeinträchtigt wird und und als eigenständiges Ziel anerkannt wird.
Unabhängig davon ist zu prüfen, ob die Rechtssicherheit für Spender dadurch verbessert werden werden sollte, dass, wie zeitweise im Bereich bestimmter Kapitalanlagen (vgl. § 1 Abs. 1d Satz 3 Investmentsteuergesetz 2004-2017), Feststellungen über das Nichtvorliegen der Steuerbefreiung erst für Folgejahre nach Bestandskraft gelten. Wenn Renditeinteressen über Spenderinteressen stehen sollten, wäre auch dafür ein tragender Grund der Gerechtigkeit erforderlich.
Richard Schiller:
Karl Friederichs: