Antrag: | Grundwerte: Die Werte, die uns einen |
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Antragsteller*in: | Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg (dort beschlossen am: 22.09.2020) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Erledigt durch: GSP.W-01-003 |
Eingereicht: | 24.09.2020, 08:26 |
GSP.G-01-079: Grundwerte: Die Werte, die uns einen
Verfahrensvorschlag zu GSP.W-01-003: Antragstext
Von Zeile 3 bis 9 (GSP.W-01: Kapitel 2: In die Zukunft wirtschaften):
(90) Die Wirtschaft dient den Menschen und dem Gemeinwohl, nicht andersherum. Nachhaltiger Wohlstand im Sinne von Klimaneutralität, Nachhaltigkeit, Vorsorge und Gerechtigkeit ist Kern eines zukunftsfähigen Wirtschaftssystems. Ziel ist ein Wirtschafts- und Finanzsystem, das die planetaren Grenzen einhält und mehr Lebensqualität für alle Menschen erreicht, weltweit und für zukünftige Generationen. Dafür brauchtDazu ist es dennotwendig, grundlegend anders zu wirtschaften: chancen-, ressourcen- und geschlechtergerecht. Dies bedeutet einen Wandel hin zu einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft innerhalb klarer Leitplanken und mit Gemeinwohlorientierung, die Konzepte wie Wachstum, Effizienz, fairen Wettbewerb und Innovation als Mittel zur Erreichung von mehr Lebensqualität für alle Menschen nutzt, weltweitzum Zweck betrachtet und für zukünftige GenerationenKonzentration ökonomischer Macht bei Wenigen vermeidet.
Kapitel 2: In die Zukunft wirtschaften
Sozial-Ökologische Marktwirtschaft
(90) Die Wirtschaft dient den Menschen und dem Gemeinwohl, nicht andersherum. Nachhaltiger Wohlstand im
Sinne von Klimaneutralität, Nachhaltigkeit, Vorsorge und Gerechtigkeit ist Kern eines
zukunftsfähigen Wirtschaftssystems. Ziel ist ein Wirtschafts- und Finanzsystem, das die
planetaren Grenzen einhält und mehr Lebensqualität für alle Menschen erreicht, weltweit und für zukünftige Generationen. Dafür brauchtDazu ist es dennotwendig, grundlegend anders zu wirtschaften: chancen-, ressourcen- und geschlechtergerecht. Dies bedeutet einen Wandel hin zu einer sozial-ökologischen
Marktwirtschaft innerhalb klarer Leitplanken und mit Gemeinwohlorientierung, die Konzepte wie Wachstum, Effizienz, fairen Wettbewerb und Innovation als Mittel zur
Erreichung von mehr Lebensqualität für alle Menschen nutzt, weltweitzum Zweck betrachtet und für zukünftige
GenerationenKonzentration ökonomischer Macht bei Wenigen vermeidet.
(91) Viele der strukturellen Anreize zum Produzieren, Handeln und Konsumieren stellen uns
vor ökologische Probleme dramatischen Ausmaßes und befeuern sozial-ökonomische
Verteilungskrisen. Wirtschaftswachstum ist nicht per se das Problem, der damit einhergehende
Verbrauch natürlicher Ressourcen schon. Wachstum in bestimmten Bereichen wird auch in
Zukunft wichtig sein, um die Lebensbedingungen der Menschheit zu verbessern. Es geht dabei
um ein qualitatives Wachstum, das neben ökonomischen Kriterien auch soziale und ökologische
berücksichtigt.
(92) Wohlstand definiert sich nicht allein durch materiellen Reichtum, sondern meint
Lebensqualität. Es geht auch um Sicherheit, Freiheit, Zeitsouveränität, gesunde
Lebensgrundlagen, Gleichberechtigung, kulturelle Teilhabe und ein friedliches Zusammenleben.
Dafür sind ein neuer Wohlstandsbegriff und ein anderes Wirtschaften nötig. Mit einem
umfassenden Wohlstandsindikator können ökologische, soziale und qualitative Merkmale erfasst
werden. Wasser, Luft, Boden und Artenvielfalt sind globale Gemeingüter, die abseits einer
reinen Verwertungslogik allen Menschen zugutekommen.
(93) Den Weg zur sozial-ökologischen Marktwirtschaft bereitet ein europäischer Green Deal.
Er schafft den neuen Ordnungsrahmen für faires, ökologisches und nachhaltiges Wirtschaften,
indem er auf ein Bündnis aus Arbeit und Umwelt baut. Er investiert mutig in die Zukunft. Er
setzt neue Kräfte für Kreativität und Innovationen frei. Er sorgt für sozialen Ausgleich und
stärkt Geschlechtergerechtigkeit.
(94) Freies und kreatives Handeln von Menschen sowie die Dynamik eines fairen Wettbewerbs
und gesellschaftlicher Kooperation können nachhaltigen Wohlstand, Fortschritt und innovative
Problemlösungen schaffen.
(95) Märkte können ein mächtiges Instrument für ökonomische Effizienz, Innovation und
technologischen Fortschritt sein. Ihre Dynamik und Schaffenskraft sind unverzichtbar, um die
großen Herausforderungen der ökologischen Krisen zu bewältigen. Unregulierte Märkte aber
sind zukunftsblind, krisenanfällig und instabil. Erst klare Regeln stellen sicher, dass
Märkte und Wettbewerb funktionieren und im gesellschaftlichen Interesse wirken. Es ist
Aufgabe des Staates, für Information, Transparenz und Wahlfreiheit zu sorgen und die
Durchsetzung von Verbraucher*innen-Rechten sicherzustellen.
(96) Der Markt ist nicht das alleinige Organisationsprinzip für das Wirtschaften in einer
Gesellschaft. Ein Großteil menschlicher Wirtschaftsbeziehungen erfolgt jenseits von Märkten
über den Staat, in Haushalten oder gemeinschaftlich organisierten Bereichen. Wir wollen den
Weg ebnen für soziales und ökologisches Unternehmer*innentum, für eine Wirtschaft des
Teilens sowie für frei zugängliches Wissen und frei zugängliche Gemeingüter. So wird die
sozial-ökologische Wirtschaft im Sinne des Gemeinwohls gestärkt.
(97) Es gilt das Primat der Politik, auch gegenüber Wirtschaft und Kapital. Wir wollen es
neu begründen und durchsetzen. Dafür braucht es einen starken, effizienten und
handlungsfähigen Staat und klare Leitplanken aus Steuer-, Abgaben- und Ordnungsrecht sowie
intelligenter öffentlicher Forschungs- und Förderpolitik. Im Wettbewerb soll erfolgreich
sein, wer übergeordnete gesellschaftliche Ziele nicht konterkariert, sondern befördert.
(98) Nur wenn Preise die ökologische und soziale Wahrheit sagen, geht der Wettbewerb der
Märkte nicht zulasten von Mensch und Umwelt. Klimafreundliche und soziale Alternativen
können sich dann durchsetzen.
(99) Zukunftsfähige Wirtschaftspolitik orientiert sich an einem neuen Wohlstandsmaß und
einer neuen Form der Wirtschaftsberichterstattung. Diese berücksichtigen neben ökonomischen
auch ökologische, soziale und gesellschaftliche Entwicklungen sowie Sorgearbeit, die zum
größten Teil von Frauen – unbezahlt – geleistet wird.
(100) Zukunftsfähiges Wirtschaften braucht Planungssicherheit. Staatliche Wirtschafts-,
Investitions- und Infrastrukturpolitik muss langfristig und verlässlich stattfinden. Um
erfolgreich zu wirtschaften, brauchen Unternehmen eine moderne und intakte Infrastruktur,
gut ausgebildete Fachkräfte, gute Finanzierungsbedingungen, eine funktionierende öffentliche
Verwaltung sowie soziale Stabilität und Rechtssicherheit. Dazu zählen auch schnellere
Planungsverfahren durch frühzeitige Verfahrensbeteiligung sowie Behörden und Gerichte mit
ausreichendem Personal und einer vollständig elektronischen Abwicklung von Anträgen.
(101) Infrastrukturen sind eine öffentliche Aufgabe. Öffentliche Güter und Institutionen
müssen für alle zugänglich sein. Grundinfrastrukturen der Sicherheit, des Rechts, der
Mobilität und der Verwaltung gehören in öffentliche Hand. Güter und Dienstleistungen von
allgemeinem Interesse, die kommunale Daseinsvorsorge und die kommunale Selbstverwaltung
müssen in öffentliche Hand und von Marktmechanismen und Wettbewerb ausgenommen bleiben.
Wirtschafts- und Industriepolitik
(102) Wettbewerb unter gleichen Bedingungen ist die Voraussetzung dafür, dass Märkte
effizient funktionieren und Wohlstand und Fortschritt hervorbringen können. Es ist Aufgabe
von Politik, Machtstellungen und Monopole zu verhindern und aufzubrechen sowie jene Bereiche
einer Gesellschaft zu definieren und auszugestalten, die nicht durch Märkte dominiert werden
sollen.
(103) Dumping, Protektionismus und mangelnde Regulierung führen zu unfairem Wettbewerb.
Darunter leiden viele europäische Unternehmen. Der Erwerb von Unternehmensbeteiligungen,
Direktinvestitionen, Marktzutritte und auch die Vergabe öffentlicher Aufträge durch und an
Dritte sollen auf der Basis von Standards und Gegenseitigkeit erfolgen. Außereuropäische
Übernahmen müssen dann, wenn nötig, auch untersagt werden. Kritische Infrastruktur und
Schlüsselindustrien gilt es zu schützen.
(104) Regulierung ist kein Selbstzweck. Sie muss sich an gesellschaftlichen Zielen
orientieren. Sie sollte Individuen und Unternehmen möglichst viel Freiheit in Bezug auf die
gewählten Mittel lassen. Es ist laufend zu überprüfen, ob es bestimmter Vorschriften noch
bedarf und sie ihren Schutzzweck weiterhin erfüllen. Dabei ist zu beachten, dass sowohl
ungeeignete politische Regeln als auch fehlende politische Regulierung Wettbewerb
einschränken und Marktmacht zementieren können. Regulierungen müssen so ausgestaltet sein,
dass sie nicht als Barriere für Gründungen wirken und zum Wettbewerbsnachteil für kleine
Unternehmen und das Handwerk werden. Sie sollen stattdessen bewirken, dass Machtunterschiede
möglichst ausgeglichen werden.
(105) Digitale Plattformen sind Teil der Infrastruktur. Das Teilen, Tauschen und Vermitteln
von Gütern, Dienstleistungen und Informationen auf digitalen Plattformen kann die Teilhabe
der Menschen stärken. Diese Plattformen sollen klar und streng reguliert werden, damit sie
ihre Machtstellung nicht ausnutzen können, damit faire Wettbewerbs- und Arbeitsbedingungen
herrschen sowie Innovation im Sinne des Gemeinwohls stattfindet. In Europa braucht es
öffentlich-rechtliche Alternativen zu den bisherigen privaten Monopolen.
(106) Wirtschaftspolitisch muss der Staat mehr tun, als nur einen Rahmen zu setzen.
Deutschland kann nur in der ökologischen Moderne seine internationale Position als globaler
Industriestandort wahren, mit neuen Wertschöpfungsketten, neuen Produkten, guten
Arbeitsplätzen und zukunftsfähigen Geschäftsmodellen. Dazu braucht es eine aktive
Industriepolitik, die neuen Technologien zum Durchbruch verhilft, gerade da, wo der Markt
das Risiko scheut. Sie muss außerdem Wettbewerbsnachteile ausgleichen, in Forschung und
Digitalisierung investieren und Arbeitsplätze sichern.
(107) Unternehmer*innen dürfen nicht gezwungen werden, sich zwischen einem wirtschaftlich
erfolgreichen Weg oder einer sozialen und ökologischen Ausrichtung des Unternehmens zu
entscheiden. Wirtschaftliche Aktivität muss sich an langfristigen Zielen und
gesamtgesellschaftlichem Wohlstand ausrichten. Die Finanzberichterstattung soll mit
Langfristzielen ergänzt werden sowie mit Indikatoren, welche die sozialen, ökologischen und
gesellschaftlichen Auswirkungen messen.
(108) Schlüsselprojekt einer sozial-ökologischen Industriepolitik ist die vollständige
Dekarbonisierung der Produktionsprozesse in Europa. Automobil- und Chemieindustrie sowie der
Maschinenbau waren die Säulen des Erfolges der deutschen Wirtschaft in den vergangenen
Jahrzehnten, aber diese Branchen müssen sich neu erfinden, um den Herausforderungen des 21.
Jahrhunderts gerecht zu werden. Dabei kann die deutsche Industrie auf das bauen, was sie –
ganz besonders den Mittelstand – stark gemacht hat: ihre Ingenieurskunst, ihre Kreativität,
die Sozialpartnerschaft mit den Gewerkschaften sowie ihre europäische und globale
Orientierung.
(109) Das Handwerk ist einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren in Deutschland. In seiner
Vielfalt ist das Handwerk Voraussetzung für die Stadt der kurzen Wege, für attraktive
Regionen und für die sozial-ökologische Transformation. Das Handwerk muss durch faire
Wettbewerbsbedingungen dabei unterstützt werden, seine Traditionen in die Zukunft zu
übertragen und seine wichtige Rolle bei der Ausbildung von Fachkräften zu stärken und in
strukturschwachen Regionen zu erhalten.
(110) Entscheidend für eine Dekarbonisierung von Produktion und Konsum ist ihre Einbettung
in eine Kreislaufwirtschaft. Produktion und Konsum finden dabei so weit wie möglich in
vollständigen Kreisläufen statt, so dass weniger natürliche Ressourcen verwendet werden
müssen. Zentral dabei ist ein umfassendes Gebot für ressourcensparendes und
kreislauftaugliches Produktdesign. So wird die Zahl der neu produzierten Waren und Güter
minimiert, Produkte werden langlebiger und können repariert oder wiederaufbereitet werden.
(111) Als einer der größten Wirtschaftsräume der Welt kann die Europäische Union mit dem
gemeinsamen Binnenmarkt weltweit Standards setzen. Das gilt es zu nutzen, um die
Transformation voranzubringen, Menschenrechte zu schützen, wettbewerbsfähig zu bleiben,
Innovationen und Wertschöpfung zu fördern, sich weniger abhängig von anderen globalen
Playern zu machen und zugleich in der noch weitestgehend unregulierten digitalen Welt
Bürger*innen-Rechte zu sichern.
(112) Die Grundstoffindustrie wird auch künftig ein zentraler Baustein bleiben. In einem
gemeinsamen Zusammenspiel von ökologischer und technologischer Innovation, Digitalisierung,
branchenübergreifender Kooperation und planungssicherer politischer Rahmensetzung sind die
Grundlagen dafür zu legen, dass Stahl, Aluminium, Glas, Papier oder Chemikalien weiter in
Europa produziert werden. Die dafür nötigen Transformationsschritte müssen
wettbewerbsrechtlich ausgeglichen werden.
(113) Statt einer Abhängigkeit Europas im Bereich technischer Entwicklungen und Erfindungen
brauchen wir ausreichend eigene Produktionskapazitäten für systemrelevante Produkte wie
medizinische Präparate oder Techniken der kritischen Infrastruktur. Die Regionalisierung in
kritischen Bereichen und eine globale Kooperation gehören zusammen. Der Markt allein kann
das nicht richten.
(114) Das freie Unternehmer*innentum, die Gründer*innen in Start-ups sind die Treiber*innen
für Innovation. Grundlage für Neugründungen und Fortschritt sind Wagniskapital und
Investitionen in Forschung. Wirtschaftspolitik begünstigt, fördert und vernetzt neue Ideen
und kleine Unternehmen sowie Start-ups und Ausgründungen aus Universitäten europaweit. Sie
unterstützt bei der Finanzierung, beim Transfer von Grundlagenforschung in die Praxis und
sorgt für attraktive Rahmenbedingungen, um die besten Forscher*innen, Gründer*innen und
Fachkräfte anzuziehen.
Eigentum und Gemeinwohl
(115) Ohne Recht auf Eigentum sind eine freiheitliche Gesellschaft und eine sozial-
ökologische Marktwirtschaft unvorstellbar. Gleichzeitig verpflichtet es gesellschaftlich,
weil eine zu starke Konzentration von Eigentum in den Händen Weniger Demokratie und
Marktwirtschaft bedroht.
(116) Grund und Boden unterliegen einer besonderen Sozialbindung, weil sie unvermehrbar und
unverzichtbar sind. Deshalb müssen Renditen in diesem Bereich begrenzt sein sowie Grund und
Boden verstärkt in öffentliches Eigentum überführt werden. Es gilt zusätzlich, die
Flächeninanspruchnahme zu begrenzen. Der Staat muss für vielfältige Besitzstrukturen sorgen
und sie stärken.
(117) Es braucht neue Formen von gemeinwohlorientiertem Eigentum und eine stärkere
Gemeinwohlbindung. Genossenschaften und soziale Unternehmen leisten einen wichtigen Beitrag
hin zu einer gemeinwohlorientierten Wirtschaft.
(118) Die Weitergabe von bestehendem Wissen ist über Open Source praktisch ohne Kosten
möglich. Der Zugang zu Wissen für alle Menschen erhöht Wohlstand und Gerechtigkeit.
Geistiges Eigentum soll daher auf das Maß begrenzt werden, das erforderlich ist, um
ökonomische Anreize zur Wissensgenerierung zu erhalten. So viel Wissen wie möglich soll
Menschheitswissen werden.
Finanzmärkte und Banken
(119) Finanzmärkte und Banken haben die Aufgabe, realwirtschaftliche Investitionen zu
finanzieren und Sparer*innen attraktive Anlagemöglichkeiten zu bieten. Durch die
Deregulierung der Märkte geriet jedoch die Spekulation mit unproduktiven Finanzprodukten zum
Hauptzweck. Spekulationen müssen eingedämmt werden und wir müssen zurück zum sogenannten
„boring banking“, bei dem die langfristige Finanzierung im Vordergrund steht und nicht die
kurzfristige Spekulation. Dafür muss das Einlagen- und Kreditgeschäft vom riskanten
Investmentbanking abgetrennt werden (Trennbankensystem). Es braucht einen Finanzmarkt, der
sich an der Finanzierung des Gemeinwohls beteiligt, statt ihm zu schaden.
(120) Gute Banken sind Grundpfeiler moderner Volkswirtschaften. Werden sie zu groß, werden
sie zur Gefahr. Deshalb sollte keine Bank so groß sein, dass sie eine ganze Volkswirtschaft
in den Abgrund reißen kann. Eine Abwicklung muss ohne Rückgriff auf Steuermittel jederzeit
möglich sein. Außerdem brauchen Banken eine gute Eigenkapitalausstattung und wirksame
Haftungsregeln.
(121) Deutschlands bestehendes Drei-Säulen-Bankwesen mit seinen vielen kleinen, lokalen
Banken hat sich bewährt. Der Finanzmarkt braucht eine effektive Aufsicht sowie einfache,
glasklare Regeln ohne Lücken, die für alle gelten – egal ob Banken, Hedgefonds oder
FinTechs. Kleine Banken, von denen keine Gefahr für das Finanzsystem ausgeht, müssen nicht
so umfassend reguliert und beaufsichtigt werden wie Großbanken.
(122) Finanzmärkte haben eine wichtige Funktion für den Klimaschutz, wenn Anlagegelder in
den ökologischen Umbau gelenkt werden und nicht mehr in die alte, von fossilen Energien
getragene Wirtschaft fließen. Die öffentliche Hand muss vorangehen und sich vollständig aus
Investitionen Unternehmen zurückziehen, die auf fossile Energien bauen. Für Anleger*innen
muss zu jeder Zeit transparent sein, welche ökologischen und sozialen Folgen mit ihren
Investitionen oder Einlagen verbunden sind. Es gilt, die Klima- und Nachhaltigkeitsrisiken
im Finanzsektor offenzulegen und einzupreisen. Das macht die Finanzierung von Investitionen
in Klimaschutz und Nachhaltigkeit günstiger als die Bereitstellung von Kapital für andere
Zwecke.
Geld- und Fiskalpolitik
(123) Aufgabe der Geldpolitik von Zentralbanken sowie der Fiskalpolitik ist es, ökonomischen
Krisen entgegenzuwirken. Denn sie vernichten Arbeitsplätze und Existenzen und können
Gesellschaften ins Chaos stürzen.
(124) Die Zentralbanken allein stoßen an Grenzen, wenn es um die Stabilisierung der
Wirtschaft in Krisenzeiten geht. Insbesondere die Haushaltspolitik muss einen Beitrag
leisten, das Auf und Ab der Konjunktur auszugleichen und tiefe wirtschaftliche Krisen zu
verhindern. Deshalb gilt es, stets die Auswirkung von Staatsausgaben auf die
Gesamtwirtschaft zu berücksichtigen. Es ist sinnvoll, sowohl auf nationaler als auch auf
europäischer Ebene die Spielräume zur Kreditfinanzierung öffentlicher Ausgaben zu nutzen und
auszubauen, um Wirtschaftskrisen und deren soziale Folgen zu vermeiden. Langfristige
Schuldentragfähigkeit ist dabei stets zu gewährleisten und gerade mit Blick auf die
Handlungsspielräume künftiger Generationen gesetzlich zu verankern.
(125) Unsere gemeinsame europäische Währung trägt zu einem starken gemeinsamen Europa bei.
Die Währungsunion ist allerdings ein unvollendetes Projekt geblieben. So verschärfen sich
wirtschaftliche Unterschiede und Ungleichgewichte bei Wettbewerbsfähigkeit und Handel, ohne
dass es dagegen europäische Instrumente gibt. Daher gilt es, die europäische Währungsunion
zu vollenden und die dafür notwendigen Vertragsveränderungen auf den Weg zu bringen.
(126) Die Zentralbanken sollten eigene Standards für digitale Währungen schaffen. Private
Währungen sollen im Euro-Raum nicht zugelassen werden. Digitale Zahlungen, Kryptowährungen
und die Personen hinter den Accounts müssen nachvollziehbar sein. Zur Bekämpfung von
Verbrechen wie Geldwäsche, die Darstellung sexualisierter Gewalt gegen Kinder,
Steuerhinterziehung und Terror-Finanzierung braucht es eine staatliche Infrastruktur.
(127) Die EU braucht eine eigene Zuständigkeit für die Wirtschafts- und Fiskalpolitik. Sie
braucht einen Haushalt, der groß genug ist, um makroökonomisch zu stabilisieren und in
schweren Krisen Zuschüsse für die nationalen Haushalte leisten zu können. Dieser Haushalt
muss über eigene Steuereinnahmen verfügen. Um langfristige Investitionen zu finanzieren und
schwere Konjunktureinbrüche abzuwehren und zu bekämpfen, muss sich dieser Haushalt auch über
Kredite finanzieren können. Um den Euro zu stärken, müssen Staatsanleihen der Europäischen
Union und ihrer Mitgliedstaaten eine absolut sichere Geldanlage darstellen. Ein
Zahlungsausfall muss in jedem Fall ausgeschlossen sein.
(128) Die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank ist ein hohes Gut. Sie gilt es zu
bewahren. Krisen haben jedoch gezeigt, dass eine alleinige Ausrichtung auf das Ziel der
Preisniveaustabilität ein zu enges Mandat für die Geldpolitik ist. Daher sollte die EZB, wie
andere Zentralbanken auch, gleichberechtigt das Ziel der Wohlstandsmehrung und eines hohen
Beschäftigungsstands verfolgen. Solange die Unabhängigkeit der Zentralbank gesichert ist,
sollte es zulässig sein, dass die Notenbank in schweren Krisen die Liquidität der Staaten
garantiert.
(129) Auf europäischer Ebene ist eine stärkere Harmonisierung und Vergemeinschaftung von
wettbewerbssensiblen Steuern notwendig, wie etwa der Besteuerung von Unternehmensgewinnen.
Lohn- und Tarifpolitik sollten schrittweise stärker aufeinander abgestimmt werden. Im Fall
von hohen und dauerhaften Handelsungleichgewichten innerhalb der Währungsunion müssen die
Empfehlungen der Europäischen Kommission eine stärkere Verbindlichkeit haben, etwa den
Defizit- wie auch den Überschussländern symmetrische Verpflichtungen zum Abbau aufzuerlegen.
Haushalts- und Steuerpolitik
(130) Haushaltsmittel gehören allen Bürger*innen. Mit ihnen ist stets sorgsam umzugehen und
es ist zu überprüfen, ob die angestrebten gesellschaftlichen Ziele auf effizientem Weg
erreicht werden. Die öffentlichen Haushalte sollten in einer Demokratie klar, transparent
und nachvollziehbar sein. Gender Budgeting ist für einen gerechten Haushalt unerlässlich.
(131) Wir stehen zu langfristig nachhaltigen Staatsfinanzen und zu gesetzlichen Regeln für
die Begrenzung der Kreditaufnahme. Dabei gilt es, nicht nur die Verbindlichkeiten zu
betrachten, sondern auch das Vermögen der öffentlichen Hand zu erhalten und auszubauen.
Investitionen in Infrastruktur und Nachhaltigkeit sichern die Handlungsspielräume künftiger
Generationen. In diesem Sinne ist der Anteil der öffentlichen Investitionen an der
Wirtschaftsleistung auszubauen. Für den Ausbau des öffentlichen Vermögens und die
langfristige Sicherung unseres Wohlstands kann eine Kreditfinanzierung sinnvoll und
pragmatisch geboten sein, insbesondere wenn sie eine gute Rendite verspricht.
(132) Infrastruktur ist öffentliche Aufgabe. Öffentlich-Private Partnerschaften kommen nur
dann in Betracht, wenn sich durch sie ein Mehrwert bzw. geringere Kosten für die
Steuerzahler*innen ergeben.
(133) Unser Steuersystem stellt die Finanzierung öffentlicher Aufgaben sicher. Es braucht
ein gerechtes Steuersystem, das verständlich und effizient ist. Das ist Grundlage für
Akzeptanz und reduziert soziale Ungleichheit.
(134) Ein Steuersystem, das wirtschaftliche Dynamik schaffen will, begünstigt neue
Aktivitäten und Investitionen und besteuert Vermögen sowie leistungslose Einkommen. Das
Aufkommen der Steuern aus Kapitaleinkommen, aus großen Vermögen und Erbschaften muss wieder
erhöht werden. Die Besteuerung von Kapitaleinkommen muss mindestens dem Maß der Besteuerung
der Erwerbstätigkeit entsprechen. Der Vermögensaufbau von einkommensschwachen Gruppen soll
gezielt gefördert werden, unter anderem über Wohnerwerbsförderung oder Mitarbeiter*innen-
Beteiligungsprogramme.
(135) Steuern lenken. Steuersysteme sollen gesellschaftliche Ziele abbilden. Nicht am
Gemeinwohl orientierte und ökologisch schädliche Tätigkeiten und Produkte sollen stärker
besteuert und damit verteuert werden. Im Gegenzug werden der ökologische Umbau und soziales
Engagement begünstigt.
(136) Steuerdumping schadet Volkswirtschaften. Unternehmensgewinne und digitale Umsätze
müssen stärker am Ort des Konsums besteuert und eine gemeinsame europäische
Bemessungsgrundlage muss eingeführt werden.
(137) Alle sollen sich ihrer finanziellen Lage entsprechend am Gemeinwohl beteiligen. Die
Besteuerung soll progressiver werden. Dafür braucht es Transparenz über wirtschaftliche
Verhältnisse und eine Verwaltung, die in der Lage ist, das Recht durchzusetzen.
Steuerhinterziehung und -umgehung, Schwarzarbeit, Geldwäsche und Sozialbetrug sind mit allen
Mitteln zu bekämpfen.
Antragstext
Von Zeile 78 bis 81:
(15) Eine nachhaltige Wirtschaftsweise schützt nicht nur Lebensgrundlagen, sondern erhöht auch Wohlstand und Lebensqualität. Das erfordert eine grundlegende Dekarbonisierung unserer WirtschaftUmstellung der Wirtschafts- und unserer Lebensweise, in Richtung eines niedrigeren Umsatzes von Kohlenstoffdioxid – also eine Dekarbonisierung, für die in den kommenden Jahrzehnten erhebliche Investitionen notwendig sind. Eine nachhaltige Wirtschaftsweise ist aber kein Allheilmittel, um soziale und ökologische Gerechtigkeit zu erreichen. Eine konsequente Transformation unserer Gesellschaft ist nur möglich, wenn Verzicht auf Wachstum und Konsum Teil unseres Maßnahmenpakets werden.
Grundwerte: Die Werte, die uns einen
(1) Im Mittelpunkt unserer Politik steht der Mensch in seiner Würde und Freiheit. Jeder
Mensch ist einzigartig und frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Die universellen
und unteilbaren Menschenrechte sind Anspruch und Maßstab unserer Politik.
(2) Die Werte, die unsere Politik tragen, sind Ökologie, Gerechtigkeit, Selbstbestimmung,
Demokratie und Frieden. Dieses Fundament bildet für uns die Grundlage für eine solidarische
Gesellschaft, in der sich die Freiheit der und des Einzelnen auch in der Achtung der Anderen
als Gleiche sowie in ihrer Würde und Freiheit entfaltet.
(3) Diese Werte, die auf dem Prinzip der Menschenwürde beruhen, ergänzen sich nicht nur, sie
stehen mitunter auch im Widerstreit. Werteorientierte Politik braucht also Gespräch und
Streit, Gestaltung und Erneuerung. Nur ein geschlossenes Weltbild kennt keine Widersprüche.
Eine demokratische Gesellschaft realisiert sich weder in Werte- oder Regellosigkeit noch in
starren Dogmen, sondern indem das Verhältnis der Werte zueinander immer wieder konkret
ausverhandelt wird. Das ist grundlegende Voraussetzung für die Legitimität von Politik.
(4) Politik gestaltet die Wirklichkeit im Heute für das Morgen und im Bewusstsein für das
Gestern. Ohne Woher kein Wohin. Wir blicken nach vorne im Wissen sowohl um die geglückten
Erfahrungen als auch um die Schuld und das Grauen in unserer Geschichte. Als Europäer*innen
handeln wir im Bewusstsein einer Verantwortung für globale Gerechtigkeit auf Grundlage der
Bürger*innen- und Menschenrechte, wie sie sich in der Allgemeinen Erklärung der
Menschenrechte sowie im Grundgesetz und der EU-Grundrechtecharta manifestieren. Die Lehren
aus den Menschheitsverbrechen des Nationalsozialismus sind uns Verpflichtung.
(5) Unsere Politik richtet sich an alle Menschen. Wir verstehen uns als Bündnispartei, die
auf der Grundlage gemeinsamer Überzeugungen offen ist für unterschiedliche Erfahrungen,
Vorstellungen und Ansätze. Sie orientiert sich nicht an der Summe einzelner Interessen oder
einzelner Gruppen, sondern verbindet verschiedene Interessen zu einer gemeinsamen Vision für
eine bessere Zukunft. Das kann anstrengend sein, aber nur so entsteht aus den vielen
verschiedenen Erfahrungen und Ideen Neues.
(6) Jede Zeit hat ihre Aufgabe. Die Aufgabe unserer Zeit ist, eine krisenfeste Gesellschaft
demokratisch zu gestalten. Dazu sind Wohlstand im Sinne von Klimaneutralität, Vorsorge und
Gerechtigkeit sowie globale Verantwortung neu zu definieren und die Politik ist darauf
auszurichten. Um Krisen zu meistern, braucht es Zusammenhalt – in einer Gesellschaft, die
allen Bürger*innen die gleichen Rechte und Möglichkeiten gewährt, die die
Unterschiedlichkeit von Menschen und Regionen als Stärke und Wert begreift, die die Rechte
und Teilhabe von Minderheiten schützt und fördert sowie Spannungen durch Respekt ausgleicht.
Wir streben nach einem gemeinsamen Wir in einer vielfältigen Gesellschaft.
Ökologie
(7) Die Umwelt des Menschen zu schützen und zu erhalten ist Voraussetzung für ein Leben in
Würde und Freiheit. Sauberes Wasser und saubere Luft, Artenvielfalt und fruchtbare Böden
sind notwendige Bedingungen für unsere Entfaltungsfreiheit und Emanzipation. Eine Politik,
welche die natürlichen Lebensgrundlagen schützt, erhält die Möglichkeit zur Selbstbestimmung
für uns und künftige Generationen. Das 21. Jahrhundert ist das Zeitalter des Anthropozän.
Darin ist der Mensch zum entscheidenden Einflussfaktor dafür geworden, wie sich unsere Erde
verändert. Die Natur braucht uns nicht. Wir brauchen sie.
(8) Das Wissen um die planetaren Grenzen ist Leitlinie unserer Politik. Wir überschreiten
derzeit durch unser Handeln die ökologischen Belastungsgrenzen in Bereichen wie
Artenvielfalt, Klimaerhitzung oder Meeresversauerung und gefährden so die Stabilität unseres
Ökosystems und die Lebensgrundlagen der Menschen. Es ist unsere Aufgabe, uns durch sozialen,
wirtschaftlichen und technologischen Fortschritt zum Wohle der Menschen so nachhaltig
weiterzuentwickeln, dass wir unsere Lebensgrundlagen bewahren und den Weg in die ökologische
Moderne einschlagen.
(9) Wir haben nur diese eine Erde, in ihrer Schönheit und natürlichen Vielfalt. Menschen
sind nicht die einzigen Lebewesen, die fühlen. Daher ist es Pflicht für uns Menschen, das
Wohl von Tieren und die gesamte lebendige Natur zu schützen.
(10) Eine intakte Umwelt ist Voraussetzung für Gesundheit. Der Erhalt unserer natürlichen
Lebensgrundlagen und die Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakrise verhindern massive
Gesundheitsschäden und schützen im Sinne der Vorsorge die Gesundheit zukünftiger
Generationen.
(11) Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt. Ziel einer nachhaltigen Entwicklung
ist auch die ökologische Gerechtigkeit zwischen den Generationen. Es ist unsere
Verpflichtung, nachfolgenden Generationen faire Handlungsspielräume und
Entscheidungsfreiheiten zu ermöglichen.
(12) Die Klimakrise und Zerstörung unserer Lebensgrundlagen verschärft bestehende
Ungleichheiten und trifft damit insbesondere Frauen. Ökologische Maßnahmen müssen von Frauen
mitgestaltet werden. Nachhaltigkeit bedeutet auch Geschlechtergerechtigkeit.
(13) Unter der Zerstörung der Natur leiden diejenigen früher und am stärksten, die dazu am
wenigsten beitragen und ihr am wenigsten entgehen können. Wo reiche Menschen sich noch
teilweise anpassen können, spüren ärmere die Folgen mit brutaler Härte. Umwelt- und
Klimapolitik sind eine Voraussetzung für soziale Gerechtigkeit. Jedoch können ökologische
Maßnahmen in Widerspruch zu sozialen Interessen geraten. Daher muss ökologische Politik
soziale Interessen immer miteinbeziehen.
(14) Wir denken Ökologie global. Ein Leben in Würde und Freiheit bedeutet ein Recht aller
Menschen auf Selbstbestimmung und Teilhabe. Globale Umweltgerechtigkeit nimmt die
historische Verantwortung der Industriestaaten für die Zerstörung der Umwelt in den Blick.
Deshalb sind wir in der Pflicht, die ökologischen und sozialen Kosten unseres Wirtschaftens
zu reduzieren, statt sie in andere Weltregionen zu verlagern, sowie diejenigen zu
unterstützen, die schon heute stark von Umweltzerstörungen betroffen sind und das in Zukunft
noch stärker sein werden.
(15) Eine nachhaltige Wirtschaftsweise schützt nicht nur Lebensgrundlagen, sondern erhöht
auch Wohlstand und Lebensqualität. Das erfordert eine grundlegende Dekarbonisierung unserer
WirtschaftUmstellung der Wirtschafts- und unserer Lebensweise, in Richtung eines niedrigeren Umsatzes von Kohlenstoffdioxid – also eine Dekarbonisierung, für die in den kommenden Jahrzehnten erhebliche
Investitionen notwendig sind. Eine nachhaltige Wirtschaftsweise ist aber kein Allheilmittel, um soziale und ökologische Gerechtigkeit zu erreichen. Eine konsequente Transformation unserer Gesellschaft ist nur möglich, wenn Verzicht auf Wachstum und Konsum Teil unseres Maßnahmenpakets werden.
(16) Der Weg in die ökologische Moderne sichert Demokratie und Selbstbestimmung für heute
und für künftige Generationen. Sonst verlieren wir, was wir mit dem Klima schützen: Freiheit
und Würde. Demokratische Verfahren bringen die Kreativität und den gesellschaftlichen
Zusammenhalt hervor, die es zur Bewältigung der ökologischen Krisen braucht.
Gerechtigkeit
(17) Die Würde und Freiheit des Menschen werden in einer gerechten und solidarischen
Gesellschaft verwirklicht. Solidarität schafft gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Gerechtigkeit heißt für uns gleiche und größtmögliche Freiheit für alle. Sie ist die
Grundlage für ein gutes Leben.
(18) Gerechtigkeit bedeutet mehr als ein Leben ohne Armut. Soziale Gerechtigkeit braucht
einen starken Sozialstaat, der nicht nur materielle Sicherheit und Teilhabe gewährleistet
und Menschen vor Armut schützt, sondern die Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes,
glückliches Leben schafft. Jeder hat das Recht auf materielle Sicherheit und soziale
Teilhabe sowie ein Leben frei von existenzieller Not.
(19) Eine gerechte Gesellschaft ermöglicht, gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben
teilzunehmen. Das verlangt starke öffentliche Räume und Institutionen – gute Kitas,
Kindergärten und Schulen, Hochschulen, Schwimmbäder und Sportplätze, Bibliotheken und
Theater, einen gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr, Breitbandanschlüsse für alle, gute
gesundheitliche Versorgung und gleichwertige Lebensverhältnisse in der Stadt und auf dem
Land. In Zeiten der Individualisierung, in der sich viele Menschen einsam fühlen, sind
solche Orte von besonderer Bedeutung.
(20) Die Finanzierung einer starken Daseinsvorsorge ist öffentliche Aufgabe.
(21) Gute und diskriminierungsfreie Bildung ist Voraussetzung für Gerechtigkeit. Wir
brauchen ein ganzheitliches und am Menschen orientiertes Bildungssystem. Das Vertrauen, dass
wir die Zukunft für uns und die Generationen nach uns ermöglichen und gestalten können, ist
ein notwendiger Antrieb für gesellschaftlichen Fortschritt.
(22) Eine Gesellschaft ist dann sozial, wenn ihr Wohlstand gerecht verteilt ist.
Unregulierter Kapitalismus produziert Ungleichheit und Machtkonzentration. Zu große
Ungleichheit bedroht den Zusammenhalt der Gesellschaft und damit einen Pfeiler der
Demokratie. Aufgabe von Politik ist es, durch Regulierung, Investitionen und Steuern
Ungleichheit zu reduzieren und einen Ausgleich zu schaffen. Große Vermögen bringen soziale
Verpflichtungen mit sich.
(23) Alle Menschen sollen unabhängig vom Geschlecht an der Gesellschaft teilhaben können.
Gerechtigkeit bedeutet, dass bezahlte und unbezahlte Arbeit, Einkommen, Zugang zu Bildung,
Eigentum und Zeit zwischen den Geschlechtern gerecht verteilt sind.
(24) Ohne die staatliche Garantie für diskriminierungsfreie und gleiche Rechte, Zugänge und
Teilhabe für alle ist Gerechtigkeit nicht herstellbar. Das heißt auch, dass die Bekämpfung
von Rassismus und allen Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit grundlegende
Aufgabe von Staat und Gesellschaft ist.
(25) Soziales und ökologisches Wirtschaften schafft Innovation und Fortschritt und trägt so
zu einer gerechten Gesellschaft bei. Dafür braucht es gemeinsame Regeln, die fairen
Wettbewerb ermöglichen, die Konzentration von Macht verhindern und Verbraucher*innen-Rechte
schützen. Eine sozial-ökologische Marktwirtschaft trägt dazu bei, dass Menschen sich
verwirklichen können, Informationen effektiv genutzt werden, Wohlstand zum Wohle aller
entsteht und die Versorgung mit grundlegenden Gütern gewährleistet ist.
(26) Um globale Gerechtigkeit zu ermöglichen, muss das Weltwirtschaftssystem ein sozial-
ökologisches werden, das nach demokratischen Regeln organisiert ist und auf der Grundlage
von Kooperation und Solidarität und nicht auf Dominanz beruht.
Selbstbestimmung
(27) Menschen begegnen sich als Gleiche – in ihren Rechten und ihrer Würde. Selbst über das
eigene Leben bestimmen zu können, macht die Würde und Freiheit eines Menschen aus. Politik
hat die Aufgabe, die Freiheit und das Recht zur Selbstbestimmung zu schützen. Sie erkennt
Unterschiede an und verhindert undemokratische und damit ungerechtfertigte Herrschaft.
Voraussetzung für Selbstbestimmung, Freiheit und eine freie Entfaltung ist eine
Gesellschaft, in der weder der soziale Status, das Geschlecht oder die Herkunft noch die
Religion oder äußere Merkmale noch rassistische Zuschreibungen, das Alter oder eine
Behinderung noch die sexuelle Orientierung oder die sexuelle Identität einen Einfluss darauf
haben, wer dazugehört und wer nicht. Freiheit muss gesellschaftlich aktiv ermöglicht werden.
(28) Selbstbestimmtes Leben ist auf soziale, rechtliche, demokratische und ökologische
Voraussetzungen angewiesen, sonst bleibt es das Privileg weniger. Freie Entfaltung braucht
eine barrierefreie Infrastruktur, Sicherheit und Schutz vor Gewalt und Kriminalität.
Informationelle Selbstbestimmung und informationstechnische Sicherheit sind im digitalen
Zeitalter zu garantieren.
(29) Die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen ist Voraussetzung für den
gesellschaftlichen Zusammenhalt und für die individuelle Selbstbestimmung. Eine inklusive
Gesellschaft verändert Strukturen und schafft öffentliche Institutionen, die allen Menschen
offenstehen und allen in ihrer Unterschiedlichkeit und Vielfalt Partizipation ermöglichen.
(30) Selbstbestimmtes Leben setzt wirtschaftliche Freiheit voraus. Die Freiheit, den Beruf
zu wählen, Verträge zu schließen und ein Gewerbe oder Unternehmen zu gründen, gehört dazu.
Alle haben das Recht, in einer Gewerkschaft für gute Arbeitsbedingungen und Löhne zu
kämpfen. Wirtschaftliche Freiheit gewährleistet Eigentumsfreiheit, die sozial verpflichtet.
(31) In einer Welt, in der die Anforderungen an jede*n Einzelne*n steigen, in der alle immer
schneller, anpassungsfähiger und immer besser sein müssen, darf es auch Schwäche geben.
Jeder Mensch verdient Wertschätzung und Anerkennung für seine individuellen
Lebensentscheidungen, solange sie nicht zulasten Dritter gehen. Damit sich alle mit ihren
Stärken und Schwächen selbstbestimmt entfalten können, braucht es eine solidarische
Gesellschaft.
(32) Freiheit bedeutet Verantwortung für sich selbst und für andere. Sie fordert Individuen
und Gesellschaft heraus. Sie verlangt uns allen etwas ab. Freiheit und Selbstbestimmung
finden ihre Grenze dort, wo durch sie anderen Menschen und zukünftigen Generationen Freiheit
und Selbstbestimmung genommen werden. Nur demokratische und rechtsstaatliche Verfahren
können die Einschränkung von Freiheit und Selbstbestimmung legitimieren.
(33) Eine gleichberechtigte Gesellschaft ist eine, in der auch Mädchen und Frauen
selbstbestimmt über ihr Leben und ihren Körper entscheiden können. Das setzt die
Emanzipation von Verhältnissen der Unterdrückung und der Gewalt voraus. Wir stehen an der
Seite von Mädchen und Frauen, die global für ihr Selbstbestimmungsrecht streiten.
(34) Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie haben eigene Rechte auf Förderung ihrer
Entwicklung, auf Schutz, Teilhabe, Gehörtwerden und Bildung. Selbstbestimmung ist nur
möglich, wenn allen Kindern und Jugendlichen gleiche Chancen gegeben werden.
Demokratie
(35) Demokratie heißt gleiche politische Freiheit für alle. Die Demokratie lebt von
Voraussetzungen, die sie selbst nicht garantieren kann. Deshalb braucht sie Demokrat*innen.
Demokratie steht nie still. Sie entwickelt sich immer weiter. Demokratie ist die Staatsform,
die zur Selbstkorrektur in der Lage ist.
(36) Demokratie ist mehr als die Herrschaft der Mehrheit, denn sie garantiert den Schutz von
Menschen-, Freiheits- und Minderheitenrechten auf Grundlage eines liberalen Rechtsstaates.
Auch die wehrhafte Demokratie braucht Bürger*innen, die sie aktiv verteidigen und ihr immer
wieder neue Kraft geben. Das ist der beste Schutz gegen die Zerstörung von innen.
(37) In einer Demokratie eignen sich Menschen ihre Zukunft gemeinsam an und verwandeln
äußeres Geschehen in gemeinsame Entscheidungen. Demokratie ist anstrengend. Sie braucht
respektvollen Streit genauso wie den Kompromiss. Demokratie braucht Freiheit, sie muss
Bürger*innen- und Menschenrechte garantieren und ist sogleich an soziale Voraussetzungen und
Solidarität gebunden.
(38) Gewaltenteilung und ein starker Rechtsstaat tragen eine demokratische Gesellschaft. Der
Rechtsstaat verankert das Gewaltmonopol des Staates und hegt es ein.
(39) Wir stehen für eine inklusive, vielfältige Demokratie. In einer diverser werdenden
Gesellschaft, in der vielfältige Perspektiven zusammenkommen und sich Gehör verschaffen,
sehen wir die Aufgabe, Unterschiede anzuerkennen, Nachteile auszugleichen und
Gleichberechtigung zu schaffen. Das ist die Grundlage für die wechselseitige Anerkennung als
Gleiche in einer vielfältigen Gesellschaft. Demokratie ermöglicht ein gesellschaftliches
Wir, das nicht in Partikularinteressen auseinanderfällt. Sie wird reicher durch den Respekt
vor verschiedenen Erfahrungen.
(40) Allen Geschlechtern kommt in der Demokratie gleiche Gestaltungs- und Entscheidungsmacht
zu. Um Frauen an allen demokratischen Prozessen gleichberechtigt zu beteiligen, braucht es
Parität sowie Lebensbedingungen, die allen ermöglichen, Erwerbs- und Sorgearbeit sowie
gesellschaftliche und politische Arbeit zu vereinbaren.
(41) Demokratie ist eine öffentliche Angelegenheit. Der demokratische Meinungsstreit braucht
eine starke und lebendige Zivilgesellschaft, Engagement und Bürger*innen-Beteiligung, starke
und freie Medien, Kultur und Wissenschaft sowie gute Bildungseinrichtungen. Für die offene
Auseinandersetzung nach klaren Regeln braucht Demokratie immer wieder Innovationen und
Parteien, in denen sich Menschen zusammenfinden, um Meinungen zu bündeln und sich mit
Programmen und Haltungen der öffentlichen Debatte und der Entscheidung zu stellen.
(42) Demokratie ist darauf angewiesen, dass sich Menschen einmischen und repräsentiert
sehen. Demokratie braucht Zugänge und auch direkte Beteiligung, um die unterschiedlichen
Perspektiven und Positionen in den demokratischen Prozess einbringen zu können.
(43) Demokratie beruht auf nachvollziehbaren Entscheidungswegen und auf Transparenz über
Einflussnahme – etwa durch Unternehmen, Lobbyismus oder andere Staaten. Ein zu starker
Einfluss bestimmter Gruppen und ökonomischer Interessen untergräbt die Eigenständigkeit und
Glaubwürdigkeit politischen Handelns und muss eingegrenzt werden.
(44) Der Schutz, die Förderung und die Gewährleistung der Menschenrechte sind konstitutiv
für die Demokratie.
(45) Der Föderalismus in Deutschland ist eine Lehre aus dem düstersten Kapitel unserer
Geschichte und verhindert zentralstaatliche Übergriffe auf die Bürger*innen-Rechte. Er
verpflichtet zur Kooperation. Das Zusammenspiel von Bund, Ländern und Kommunen sichert
demokratische und soziale Stabilität. Es stärkt vielfältige Regionen und sorgt für eine
nahbare, ansprechbare Politik. Im Streben nach gleichwertigen Lebensverhältnissen tragen
Bund und Länder gemeinsame Verantwortung.
(46) Die europäische Integration ist konstitutiv – sie zu einer Föderalen Europäischen
Republik ökologisch, sozial und demokratisch weiterzuentwickeln ist Voraussetzung und Teil
einer demokratischen Gestaltung globaler Fragen.
Frieden
(47) Gelebte Freiheit und garantierte Würde benötigen Frieden. Das Zusammenleben der
Menschen fußt auf der Fähigkeit, Konflikte gewaltfrei und friedlich zu lösen und die
Menschenrechte aller zu wahren. Wo Gewalt friedliche Politik verneint, können Menschenrechte
und Gewaltfreiheit in Konflikt geraten. Wir setzen auf die Mittel der Politik, die dem Geist
der Kooperation in globaler Verantwortung entsprechen.
(48) Würde, Freiheit und Gleichheit ergeben sich aus der Universalität und Unteilbarkeit der
Menschenrechte. Die verbrieften Menschenrechte sind nicht verhandelbar – weder gegenüber
machtpolitischen oder wirtschaftlichen Interessen noch gegenüber einem kulturellen
Relativismus. Die Würde jedes Menschen ist unantastbar. Dies zu gewährleisten ist
Verpflichtung nationaler und internationaler Politik. Wir tragen als internationale
Gemeinschaft Verantwortung, gegen schwerste Menschenrechtsverletzungen und Völkermord im
Rahmen der Vereinten Nationen vorzugehen.
(49) Gewaltfreiheit ist mehr als die Nichtanwendung physischer Gewalt, Frieden mehr als die
Abwesenheit von Krieg. Kooperation, Dialog, demokratischer Ausgleich von Interessen und die
Stärke des Rechts, genauso Multilateralismus, internationale Partnerschaft und europäische
Einigung sind der Weg, um globale Herausforderungen, vor denen die Menschheit als Ganzes
steht, zu bewältigen.
(50) Frauenrechte sind Menschenrechte. Die Verwirklichung von Frauenrechten, der Schutz vor
geschlechtsspezifischer Gewalt, Verfolgung und Diskriminierung sowie eine aktive Mädchen-
und Frauenförderung in allen Bereichen sollen die internationale Politik leiten.
(51) Das vereinigte Europa ist ein einzigartiges Friedensprojekt. Gegen einen autoritären
Nationalismus ist das Versprechen der europäischen Einigung auf Frieden, Freiheit,
Solidarität und Stabilität wichtiger Anker multilateraler und menschenrechtsorientierter
Politik in der Welt.
(52) Humanitäre Verantwortung und internationale Solidarität bestimmen unser politisches
Handeln. Unser Ziel ist eine weltweite Ordnung mit internationalen Institutionen. Sie soll
Frieden, Gerechtigkeit und Freiheit sichern, Armut verringern, den gleichberechtigten Zugang
zu globalen Gemeingütern ermöglichen, Demokratie fördern, die gleichberechtigte Teilhabe von
Frauen und Minderheitengruppen garantieren, die verbrieften Menschenrechte aller
Migrant*innen und das Klima schützen, wie es in den Zielen für nachhaltige Entwicklung der
Vereinten Nationen vereinbart ist.
weitere Antragsteller*innen
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Von Zeile 3 bis 9 (GSP.W-01: Kapitel 2: In die Zukunft wirtschaften):
(90) Die Wirtschaft dient den Menschen und dem Gemeinwohl, nicht andersherum. Nachhaltiger Wohlstand im Sinne von Klimaneutralität, Nachhaltigkeit, Vorsorge und Gerechtigkeit ist Kern eines zukunftsfähigen Wirtschaftssystems. Ziel ist ein Wirtschafts- und Finanzsystem, das die planetaren Grenzen einhält und mehr Lebensqualität für alle Menschen erreicht, weltweit und für zukünftige Generationen. Dafür brauchtDazu ist es dennotwendig, grundlegend anders zu wirtschaften: chancen-, ressourcen- und geschlechtergerecht. Dies bedeutet einen Wandel hin zu einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft innerhalb klarer Leitplanken und mit Gemeinwohlorientierung, die Konzepte wie Wachstum, Effizienz, fairen Wettbewerb und Innovation als Mittel zur Erreichung von mehr Lebensqualität für alle Menschen nutzt, weltweitzum Zweck betrachtet und für zukünftige GenerationenKonzentration ökonomischer Macht bei Wenigen vermeidet.
Kapitel 2: In die Zukunft wirtschaften
Sozial-Ökologische Marktwirtschaft
(90) Die Wirtschaft dient den Menschen und dem Gemeinwohl, nicht andersherum. Nachhaltiger Wohlstand im
Sinne von Klimaneutralität, Nachhaltigkeit, Vorsorge und Gerechtigkeit ist Kern eines
zukunftsfähigen Wirtschaftssystems. Ziel ist ein Wirtschafts- und Finanzsystem, das die
planetaren Grenzen einhält und mehr Lebensqualität für alle Menschen erreicht, weltweit und für zukünftige Generationen. Dafür brauchtDazu ist es dennotwendig, grundlegend anders zu wirtschaften: chancen-, ressourcen- und geschlechtergerecht. Dies bedeutet einen Wandel hin zu einer sozial-ökologischen
Marktwirtschaft innerhalb klarer Leitplanken und mit Gemeinwohlorientierung, die Konzepte wie Wachstum, Effizienz, fairen Wettbewerb und Innovation als Mittel zur zum Zweck betrachtet und
Erreichung von mehr Lebensqualität für alle Menschen nutzt, weltweitfür zukünftige Konzentration ökonomischer Macht bei Wenigen vermeidet.
Generationen
(91) Viele der strukturellen Anreize zum Produzieren, Handeln und Konsumieren stellen uns
vor ökologische Probleme dramatischen Ausmaßes und befeuern sozial-ökonomische
Verteilungskrisen. Wirtschaftswachstum ist nicht per se das Problem, der damit einhergehende
Verbrauch natürlicher Ressourcen schon. Wachstum in bestimmten Bereichen wird auch in
Zukunft wichtig sein, um die Lebensbedingungen der Menschheit zu verbessern. Es geht dabei
um ein qualitatives Wachstum, das neben ökonomischen Kriterien auch soziale und ökologische
berücksichtigt.
(92) Wohlstand definiert sich nicht allein durch materiellen Reichtum, sondern meint
Lebensqualität. Es geht auch um Sicherheit, Freiheit, Zeitsouveränität, gesunde
Lebensgrundlagen, Gleichberechtigung, kulturelle Teilhabe und ein friedliches Zusammenleben.
Dafür sind ein neuer Wohlstandsbegriff und ein anderes Wirtschaften nötig. Mit einem
umfassenden Wohlstandsindikator können ökologische, soziale und qualitative Merkmale erfasst
werden. Wasser, Luft, Boden und Artenvielfalt sind globale Gemeingüter, die abseits einer
reinen Verwertungslogik allen Menschen zugutekommen.
(93) Den Weg zur sozial-ökologischen Marktwirtschaft bereitet ein europäischer Green Deal.
Er schafft den neuen Ordnungsrahmen für faires, ökologisches und nachhaltiges Wirtschaften,
indem er auf ein Bündnis aus Arbeit und Umwelt baut. Er investiert mutig in die Zukunft. Er
setzt neue Kräfte für Kreativität und Innovationen frei. Er sorgt für sozialen Ausgleich und
stärkt Geschlechtergerechtigkeit.
(94) Freies und kreatives Handeln von Menschen sowie die Dynamik eines fairen Wettbewerbs
und gesellschaftlicher Kooperation können nachhaltigen Wohlstand, Fortschritt und innovative
Problemlösungen schaffen.
(95) Märkte können ein mächtiges Instrument für ökonomische Effizienz, Innovation und
technologischen Fortschritt sein. Ihre Dynamik und Schaffenskraft sind unverzichtbar, um die
großen Herausforderungen der ökologischen Krisen zu bewältigen. Unregulierte Märkte aber
sind zukunftsblind, krisenanfällig und instabil. Erst klare Regeln stellen sicher, dass
Märkte und Wettbewerb funktionieren und im gesellschaftlichen Interesse wirken. Es ist
Aufgabe des Staates, für Information, Transparenz und Wahlfreiheit zu sorgen und die
Durchsetzung von Verbraucher*innen-Rechten sicherzustellen.
(96) Der Markt ist nicht das alleinige Organisationsprinzip für das Wirtschaften in einer
Gesellschaft. Ein Großteil menschlicher Wirtschaftsbeziehungen erfolgt jenseits von Märkten
über den Staat, in Haushalten oder gemeinschaftlich organisierten Bereichen. Wir wollen den
Weg ebnen für soziales und ökologisches Unternehmer*innentum, für eine Wirtschaft des
Teilens sowie für frei zugängliches Wissen und frei zugängliche Gemeingüter. So wird die
sozial-ökologische Wirtschaft im Sinne des Gemeinwohls gestärkt.
(97) Es gilt das Primat der Politik, auch gegenüber Wirtschaft und Kapital. Wir wollen es
neu begründen und durchsetzen. Dafür braucht es einen starken, effizienten und
handlungsfähigen Staat und klare Leitplanken aus Steuer-, Abgaben- und Ordnungsrecht sowie
intelligenter öffentlicher Forschungs- und Förderpolitik. Im Wettbewerb soll erfolgreich
sein, wer übergeordnete gesellschaftliche Ziele nicht konterkariert, sondern befördert.
(98) Nur wenn Preise die ökologische und soziale Wahrheit sagen, geht der Wettbewerb der
Märkte nicht zulasten von Mensch und Umwelt. Klimafreundliche und soziale Alternativen
können sich dann durchsetzen.
(99) Zukunftsfähige Wirtschaftspolitik orientiert sich an einem neuen Wohlstandsmaß und
einer neuen Form der Wirtschaftsberichterstattung. Diese berücksichtigen neben ökonomischen
auch ökologische, soziale und gesellschaftliche Entwicklungen sowie Sorgearbeit, die zum
größten Teil von Frauen – unbezahlt – geleistet wird.
(100) Zukunftsfähiges Wirtschaften braucht Planungssicherheit. Staatliche Wirtschafts-,
Investitions- und Infrastrukturpolitik muss langfristig und verlässlich stattfinden. Um
erfolgreich zu wirtschaften, brauchen Unternehmen eine moderne und intakte Infrastruktur,
gut ausgebildete Fachkräfte, gute Finanzierungsbedingungen, eine funktionierende öffentliche
Verwaltung sowie soziale Stabilität und Rechtssicherheit. Dazu zählen auch schnellere
Planungsverfahren durch frühzeitige Verfahrensbeteiligung sowie Behörden und Gerichte mit
ausreichendem Personal und einer vollständig elektronischen Abwicklung von Anträgen.
(101) Infrastrukturen sind eine öffentliche Aufgabe. Öffentliche Güter und Institutionen
müssen für alle zugänglich sein. Grundinfrastrukturen der Sicherheit, des Rechts, der
Mobilität und der Verwaltung gehören in öffentliche Hand. Güter und Dienstleistungen von
allgemeinem Interesse, die kommunale Daseinsvorsorge und die kommunale Selbstverwaltung
müssen in öffentliche Hand und von Marktmechanismen und Wettbewerb ausgenommen bleiben.
Wirtschafts- und Industriepolitik
(102) Wettbewerb unter gleichen Bedingungen ist die Voraussetzung dafür, dass Märkte
effizient funktionieren und Wohlstand und Fortschritt hervorbringen können. Es ist Aufgabe
von Politik, Machtstellungen und Monopole zu verhindern und aufzubrechen sowie jene Bereiche
einer Gesellschaft zu definieren und auszugestalten, die nicht durch Märkte dominiert werden
sollen.
(103) Dumping, Protektionismus und mangelnde Regulierung führen zu unfairem Wettbewerb.
Darunter leiden viele europäische Unternehmen. Der Erwerb von Unternehmensbeteiligungen,
Direktinvestitionen, Marktzutritte und auch die Vergabe öffentlicher Aufträge durch und an
Dritte sollen auf der Basis von Standards und Gegenseitigkeit erfolgen. Außereuropäische
Übernahmen müssen dann, wenn nötig, auch untersagt werden. Kritische Infrastruktur und
Schlüsselindustrien gilt es zu schützen.
(104) Regulierung ist kein Selbstzweck. Sie muss sich an gesellschaftlichen Zielen
orientieren. Sie sollte Individuen und Unternehmen möglichst viel Freiheit in Bezug auf die
gewählten Mittel lassen. Es ist laufend zu überprüfen, ob es bestimmter Vorschriften noch
bedarf und sie ihren Schutzzweck weiterhin erfüllen. Dabei ist zu beachten, dass sowohl
ungeeignete politische Regeln als auch fehlende politische Regulierung Wettbewerb
einschränken und Marktmacht zementieren können. Regulierungen müssen so ausgestaltet sein,
dass sie nicht als Barriere für Gründungen wirken und zum Wettbewerbsnachteil für kleine
Unternehmen und das Handwerk werden. Sie sollen stattdessen bewirken, dass Machtunterschiede
möglichst ausgeglichen werden.
(105) Digitale Plattformen sind Teil der Infrastruktur. Das Teilen, Tauschen und Vermitteln
von Gütern, Dienstleistungen und Informationen auf digitalen Plattformen kann die Teilhabe
der Menschen stärken. Diese Plattformen sollen klar und streng reguliert werden, damit sie
ihre Machtstellung nicht ausnutzen können, damit faire Wettbewerbs- und Arbeitsbedingungen
herrschen sowie Innovation im Sinne des Gemeinwohls stattfindet. In Europa braucht es
öffentlich-rechtliche Alternativen zu den bisherigen privaten Monopolen.
(106) Wirtschaftspolitisch muss der Staat mehr tun, als nur einen Rahmen zu setzen.
Deutschland kann nur in der ökologischen Moderne seine internationale Position als globaler
Industriestandort wahren, mit neuen Wertschöpfungsketten, neuen Produkten, guten
Arbeitsplätzen und zukunftsfähigen Geschäftsmodellen. Dazu braucht es eine aktive
Industriepolitik, die neuen Technologien zum Durchbruch verhilft, gerade da, wo der Markt
das Risiko scheut. Sie muss außerdem Wettbewerbsnachteile ausgleichen, in Forschung und
Digitalisierung investieren und Arbeitsplätze sichern.
(107) Unternehmer*innen dürfen nicht gezwungen werden, sich zwischen einem wirtschaftlich
erfolgreichen Weg oder einer sozialen und ökologischen Ausrichtung des Unternehmens zu
entscheiden. Wirtschaftliche Aktivität muss sich an langfristigen Zielen und
gesamtgesellschaftlichem Wohlstand ausrichten. Die Finanzberichterstattung soll mit
Langfristzielen ergänzt werden sowie mit Indikatoren, welche die sozialen, ökologischen und
gesellschaftlichen Auswirkungen messen.
(108) Schlüsselprojekt einer sozial-ökologischen Industriepolitik ist die vollständige
Dekarbonisierung der Produktionsprozesse in Europa. Automobil- und Chemieindustrie sowie der
Maschinenbau waren die Säulen des Erfolges der deutschen Wirtschaft in den vergangenen
Jahrzehnten, aber diese Branchen müssen sich neu erfinden, um den Herausforderungen des 21.
Jahrhunderts gerecht zu werden. Dabei kann die deutsche Industrie auf das bauen, was sie –
ganz besonders den Mittelstand – stark gemacht hat: ihre Ingenieurskunst, ihre Kreativität,
die Sozialpartnerschaft mit den Gewerkschaften sowie ihre europäische und globale
Orientierung.
(109) Das Handwerk ist einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren in Deutschland. In seiner
Vielfalt ist das Handwerk Voraussetzung für die Stadt der kurzen Wege, für attraktive
Regionen und für die sozial-ökologische Transformation. Das Handwerk muss durch faire
Wettbewerbsbedingungen dabei unterstützt werden, seine Traditionen in die Zukunft zu
übertragen und seine wichtige Rolle bei der Ausbildung von Fachkräften zu stärken und in
strukturschwachen Regionen zu erhalten.
(110) Entscheidend für eine Dekarbonisierung von Produktion und Konsum ist ihre Einbettung
in eine Kreislaufwirtschaft. Produktion und Konsum finden dabei so weit wie möglich in
vollständigen Kreisläufen statt, so dass weniger natürliche Ressourcen verwendet werden
müssen. Zentral dabei ist ein umfassendes Gebot für ressourcensparendes und
kreislauftaugliches Produktdesign. So wird die Zahl der neu produzierten Waren und Güter
minimiert, Produkte werden langlebiger und können repariert oder wiederaufbereitet werden.
(111) Als einer der größten Wirtschaftsräume der Welt kann die Europäische Union mit dem
gemeinsamen Binnenmarkt weltweit Standards setzen. Das gilt es zu nutzen, um die
Transformation voranzubringen, Menschenrechte zu schützen, wettbewerbsfähig zu bleiben,
Innovationen und Wertschöpfung zu fördern, sich weniger abhängig von anderen globalen
Playern zu machen und zugleich in der noch weitestgehend unregulierten digitalen Welt
Bürger*innen-Rechte zu sichern.
(112) Die Grundstoffindustrie wird auch künftig ein zentraler Baustein bleiben. In einem
gemeinsamen Zusammenspiel von ökologischer und technologischer Innovation, Digitalisierung,
branchenübergreifender Kooperation und planungssicherer politischer Rahmensetzung sind die
Grundlagen dafür zu legen, dass Stahl, Aluminium, Glas, Papier oder Chemikalien weiter in
Europa produziert werden. Die dafür nötigen Transformationsschritte müssen
wettbewerbsrechtlich ausgeglichen werden.
(113) Statt einer Abhängigkeit Europas im Bereich technischer Entwicklungen und Erfindungen
brauchen wir ausreichend eigene Produktionskapazitäten für systemrelevante Produkte wie
medizinische Präparate oder Techniken der kritischen Infrastruktur. Die Regionalisierung in
kritischen Bereichen und eine globale Kooperation gehören zusammen. Der Markt allein kann
das nicht richten.
(114) Das freie Unternehmer*innentum, die Gründer*innen in Start-ups sind die Treiber*innen
für Innovation. Grundlage für Neugründungen und Fortschritt sind Wagniskapital und
Investitionen in Forschung. Wirtschaftspolitik begünstigt, fördert und vernetzt neue Ideen
und kleine Unternehmen sowie Start-ups und Ausgründungen aus Universitäten europaweit. Sie
unterstützt bei der Finanzierung, beim Transfer von Grundlagenforschung in die Praxis und
sorgt für attraktive Rahmenbedingungen, um die besten Forscher*innen, Gründer*innen und
Fachkräfte anzuziehen.
Eigentum und Gemeinwohl
(115) Ohne Recht auf Eigentum sind eine freiheitliche Gesellschaft und eine sozial-
ökologische Marktwirtschaft unvorstellbar. Gleichzeitig verpflichtet es gesellschaftlich,
weil eine zu starke Konzentration von Eigentum in den Händen Weniger Demokratie und
Marktwirtschaft bedroht.
(116) Grund und Boden unterliegen einer besonderen Sozialbindung, weil sie unvermehrbar und
unverzichtbar sind. Deshalb müssen Renditen in diesem Bereich begrenzt sein sowie Grund und
Boden verstärkt in öffentliches Eigentum überführt werden. Es gilt zusätzlich, die
Flächeninanspruchnahme zu begrenzen. Der Staat muss für vielfältige Besitzstrukturen sorgen
und sie stärken.
(117) Es braucht neue Formen von gemeinwohlorientiertem Eigentum und eine stärkere
Gemeinwohlbindung. Genossenschaften und soziale Unternehmen leisten einen wichtigen Beitrag
hin zu einer gemeinwohlorientierten Wirtschaft.
(118) Die Weitergabe von bestehendem Wissen ist über Open Source praktisch ohne Kosten
möglich. Der Zugang zu Wissen für alle Menschen erhöht Wohlstand und Gerechtigkeit.
Geistiges Eigentum soll daher auf das Maß begrenzt werden, das erforderlich ist, um
ökonomische Anreize zur Wissensgenerierung zu erhalten. So viel Wissen wie möglich soll
Menschheitswissen werden.
Finanzmärkte und Banken
(119) Finanzmärkte und Banken haben die Aufgabe, realwirtschaftliche Investitionen zu
finanzieren und Sparer*innen attraktive Anlagemöglichkeiten zu bieten. Durch die
Deregulierung der Märkte geriet jedoch die Spekulation mit unproduktiven Finanzprodukten zum
Hauptzweck. Spekulationen müssen eingedämmt werden und wir müssen zurück zum sogenannten
„boring banking“, bei dem die langfristige Finanzierung im Vordergrund steht und nicht die
kurzfristige Spekulation. Dafür muss das Einlagen- und Kreditgeschäft vom riskanten
Investmentbanking abgetrennt werden (Trennbankensystem). Es braucht einen Finanzmarkt, der
sich an der Finanzierung des Gemeinwohls beteiligt, statt ihm zu schaden.
(120) Gute Banken sind Grundpfeiler moderner Volkswirtschaften. Werden sie zu groß, werden
sie zur Gefahr. Deshalb sollte keine Bank so groß sein, dass sie eine ganze Volkswirtschaft
in den Abgrund reißen kann. Eine Abwicklung muss ohne Rückgriff auf Steuermittel jederzeit
möglich sein. Außerdem brauchen Banken eine gute Eigenkapitalausstattung und wirksame
Haftungsregeln.
(121) Deutschlands bestehendes Drei-Säulen-Bankwesen mit seinen vielen kleinen, lokalen
Banken hat sich bewährt. Der Finanzmarkt braucht eine effektive Aufsicht sowie einfache,
glasklare Regeln ohne Lücken, die für alle gelten – egal ob Banken, Hedgefonds oder
FinTechs. Kleine Banken, von denen keine Gefahr für das Finanzsystem ausgeht, müssen nicht
so umfassend reguliert und beaufsichtigt werden wie Großbanken.
(122) Finanzmärkte haben eine wichtige Funktion für den Klimaschutz, wenn Anlagegelder in
den ökologischen Umbau gelenkt werden und nicht mehr in die alte, von fossilen Energien
getragene Wirtschaft fließen. Die öffentliche Hand muss vorangehen und sich vollständig aus
Investitionen Unternehmen zurückziehen, die auf fossile Energien bauen. Für Anleger*innen
muss zu jeder Zeit transparent sein, welche ökologischen und sozialen Folgen mit ihren
Investitionen oder Einlagen verbunden sind. Es gilt, die Klima- und Nachhaltigkeitsrisiken
im Finanzsektor offenzulegen und einzupreisen. Das macht die Finanzierung von Investitionen
in Klimaschutz und Nachhaltigkeit günstiger als die Bereitstellung von Kapital für andere
Zwecke.
Geld- und Fiskalpolitik
(123) Aufgabe der Geldpolitik von Zentralbanken sowie der Fiskalpolitik ist es, ökonomischen
Krisen entgegenzuwirken. Denn sie vernichten Arbeitsplätze und Existenzen und können
Gesellschaften ins Chaos stürzen.
(124) Die Zentralbanken allein stoßen an Grenzen, wenn es um die Stabilisierung der
Wirtschaft in Krisenzeiten geht. Insbesondere die Haushaltspolitik muss einen Beitrag
leisten, das Auf und Ab der Konjunktur auszugleichen und tiefe wirtschaftliche Krisen zu
verhindern. Deshalb gilt es, stets die Auswirkung von Staatsausgaben auf die
Gesamtwirtschaft zu berücksichtigen. Es ist sinnvoll, sowohl auf nationaler als auch auf
europäischer Ebene die Spielräume zur Kreditfinanzierung öffentlicher Ausgaben zu nutzen und
auszubauen, um Wirtschaftskrisen und deren soziale Folgen zu vermeiden. Langfristige
Schuldentragfähigkeit ist dabei stets zu gewährleisten und gerade mit Blick auf die
Handlungsspielräume künftiger Generationen gesetzlich zu verankern.
(125) Unsere gemeinsame europäische Währung trägt zu einem starken gemeinsamen Europa bei.
Die Währungsunion ist allerdings ein unvollendetes Projekt geblieben. So verschärfen sich
wirtschaftliche Unterschiede und Ungleichgewichte bei Wettbewerbsfähigkeit und Handel, ohne
dass es dagegen europäische Instrumente gibt. Daher gilt es, die europäische Währungsunion
zu vollenden und die dafür notwendigen Vertragsveränderungen auf den Weg zu bringen.
(126) Die Zentralbanken sollten eigene Standards für digitale Währungen schaffen. Private
Währungen sollen im Euro-Raum nicht zugelassen werden. Digitale Zahlungen, Kryptowährungen
und die Personen hinter den Accounts müssen nachvollziehbar sein. Zur Bekämpfung von
Verbrechen wie Geldwäsche, die Darstellung sexualisierter Gewalt gegen Kinder,
Steuerhinterziehung und Terror-Finanzierung braucht es eine staatliche Infrastruktur.
(127) Die EU braucht eine eigene Zuständigkeit für die Wirtschafts- und Fiskalpolitik. Sie
braucht einen Haushalt, der groß genug ist, um makroökonomisch zu stabilisieren und in
schweren Krisen Zuschüsse für die nationalen Haushalte leisten zu können. Dieser Haushalt
muss über eigene Steuereinnahmen verfügen. Um langfristige Investitionen zu finanzieren und
schwere Konjunktureinbrüche abzuwehren und zu bekämpfen, muss sich dieser Haushalt auch über
Kredite finanzieren können. Um den Euro zu stärken, müssen Staatsanleihen der Europäischen
Union und ihrer Mitgliedstaaten eine absolut sichere Geldanlage darstellen. Ein
Zahlungsausfall muss in jedem Fall ausgeschlossen sein.
(128) Die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank ist ein hohes Gut. Sie gilt es zu
bewahren. Krisen haben jedoch gezeigt, dass eine alleinige Ausrichtung auf das Ziel der
Preisniveaustabilität ein zu enges Mandat für die Geldpolitik ist. Daher sollte die EZB, wie
andere Zentralbanken auch, gleichberechtigt das Ziel der Wohlstandsmehrung und eines hohen
Beschäftigungsstands verfolgen. Solange die Unabhängigkeit der Zentralbank gesichert ist,
sollte es zulässig sein, dass die Notenbank in schweren Krisen die Liquidität der Staaten
garantiert.
(129) Auf europäischer Ebene ist eine stärkere Harmonisierung und Vergemeinschaftung von
wettbewerbssensiblen Steuern notwendig, wie etwa der Besteuerung von Unternehmensgewinnen.
Lohn- und Tarifpolitik sollten schrittweise stärker aufeinander abgestimmt werden. Im Fall
von hohen und dauerhaften Handelsungleichgewichten innerhalb der Währungsunion müssen die
Empfehlungen der Europäischen Kommission eine stärkere Verbindlichkeit haben, etwa den
Defizit- wie auch den Überschussländern symmetrische Verpflichtungen zum Abbau aufzuerlegen.
Haushalts- und Steuerpolitik
(130) Haushaltsmittel gehören allen Bürger*innen. Mit ihnen ist stets sorgsam umzugehen und
es ist zu überprüfen, ob die angestrebten gesellschaftlichen Ziele auf effizientem Weg
erreicht werden. Die öffentlichen Haushalte sollten in einer Demokratie klar, transparent
und nachvollziehbar sein. Gender Budgeting ist für einen gerechten Haushalt unerlässlich.
(131) Wir stehen zu langfristig nachhaltigen Staatsfinanzen und zu gesetzlichen Regeln für
die Begrenzung der Kreditaufnahme. Dabei gilt es, nicht nur die Verbindlichkeiten zu
betrachten, sondern auch das Vermögen der öffentlichen Hand zu erhalten und auszubauen.
Investitionen in Infrastruktur und Nachhaltigkeit sichern die Handlungsspielräume künftiger
Generationen. In diesem Sinne ist der Anteil der öffentlichen Investitionen an der
Wirtschaftsleistung auszubauen. Für den Ausbau des öffentlichen Vermögens und die
langfristige Sicherung unseres Wohlstands kann eine Kreditfinanzierung sinnvoll und
pragmatisch geboten sein, insbesondere wenn sie eine gute Rendite verspricht.
(132) Infrastruktur ist öffentliche Aufgabe. Öffentlich-Private Partnerschaften kommen nur
dann in Betracht, wenn sich durch sie ein Mehrwert bzw. geringere Kosten für die
Steuerzahler*innen ergeben.
(133) Unser Steuersystem stellt die Finanzierung öffentlicher Aufgaben sicher. Es braucht
ein gerechtes Steuersystem, das verständlich und effizient ist. Das ist Grundlage für
Akzeptanz und reduziert soziale Ungleichheit.
(134) Ein Steuersystem, das wirtschaftliche Dynamik schaffen will, begünstigt neue
Aktivitäten und Investitionen und besteuert Vermögen sowie leistungslose Einkommen. Das
Aufkommen der Steuern aus Kapitaleinkommen, aus großen Vermögen und Erbschaften muss wieder
erhöht werden. Die Besteuerung von Kapitaleinkommen muss mindestens dem Maß der Besteuerung
der Erwerbstätigkeit entsprechen. Der Vermögensaufbau von einkommensschwachen Gruppen soll
gezielt gefördert werden, unter anderem über Wohnerwerbsförderung oder Mitarbeiter*innen-
Beteiligungsprogramme.
(135) Steuern lenken. Steuersysteme sollen gesellschaftliche Ziele abbilden. Nicht am
Gemeinwohl orientierte und ökologisch schädliche Tätigkeiten und Produkte sollen stärker
besteuert und damit verteuert werden. Im Gegenzug werden der ökologische Umbau und soziales
Engagement begünstigt.
(136) Steuerdumping schadet Volkswirtschaften. Unternehmensgewinne und digitale Umsätze
müssen stärker am Ort des Konsums besteuert und eine gemeinsame europäische
Bemessungsgrundlage muss eingeführt werden.
(137) Alle sollen sich ihrer finanziellen Lage entsprechend am Gemeinwohl beteiligen. Die
Besteuerung soll progressiver werden. Dafür braucht es Transparenz über wirtschaftliche
Verhältnisse und eine Verwaltung, die in der Lage ist, das Recht durchzusetzen.
Steuerhinterziehung und -umgehung, Schwarzarbeit, Geldwäsche und Sozialbetrug sind mit allen
Mitteln zu bekämpfen.
Antragstext
Von Zeile 78 bis 81:
(15) Eine nachhaltige Wirtschaftsweise schützt nicht nur Lebensgrundlagen, sondern erhöht auch Wohlstand und Lebensqualität. Das erfordert eine grundlegende Dekarbonisierung unserer WirtschaftUmstellung der Wirtschafts- und unserer Lebensweise, in Richtung eines niedrigeren Umsatzes von Kohlenstoffdioxid – also eine Dekarbonisierung, für die in den kommenden Jahrzehnten erhebliche Investitionen notwendig sind. Eine nachhaltige Wirtschaftsweise ist aber kein Allheilmittel, um soziale und ökologische Gerechtigkeit zu erreichen. Eine konsequente Transformation unserer Gesellschaft ist nur möglich, wenn Verzicht auf Wachstum und Konsum Teil unseres Maßnahmenpakets werden.
Grundwerte: Die Werte, die uns einen
(1) Im Mittelpunkt unserer Politik steht der Mensch in seiner Würde und Freiheit. Jeder
Mensch ist einzigartig und frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Die universellen
und unteilbaren Menschenrechte sind Anspruch und Maßstab unserer Politik.
(2) Die Werte, die unsere Politik tragen, sind Ökologie, Gerechtigkeit, Selbstbestimmung,
Demokratie und Frieden. Dieses Fundament bildet für uns die Grundlage für eine solidarische
Gesellschaft, in der sich die Freiheit der und des Einzelnen auch in der Achtung der Anderen
als Gleiche sowie in ihrer Würde und Freiheit entfaltet.
(3) Diese Werte, die auf dem Prinzip der Menschenwürde beruhen, ergänzen sich nicht nur, sie
stehen mitunter auch im Widerstreit. Werteorientierte Politik braucht also Gespräch und
Streit, Gestaltung und Erneuerung. Nur ein geschlossenes Weltbild kennt keine Widersprüche.
Eine demokratische Gesellschaft realisiert sich weder in Werte- oder Regellosigkeit noch in
starren Dogmen, sondern indem das Verhältnis der Werte zueinander immer wieder konkret
ausverhandelt wird. Das ist grundlegende Voraussetzung für die Legitimität von Politik.
(4) Politik gestaltet die Wirklichkeit im Heute für das Morgen und im Bewusstsein für das
Gestern. Ohne Woher kein Wohin. Wir blicken nach vorne im Wissen sowohl um die geglückten
Erfahrungen als auch um die Schuld und das Grauen in unserer Geschichte. Als Europäer*innen
handeln wir im Bewusstsein einer Verantwortung für globale Gerechtigkeit auf Grundlage der
Bürger*innen- und Menschenrechte, wie sie sich in der Allgemeinen Erklärung der
Menschenrechte sowie im Grundgesetz und der EU-Grundrechtecharta manifestieren. Die Lehren
aus den Menschheitsverbrechen des Nationalsozialismus sind uns Verpflichtung.
(5) Unsere Politik richtet sich an alle Menschen. Wir verstehen uns als Bündnispartei, die
auf der Grundlage gemeinsamer Überzeugungen offen ist für unterschiedliche Erfahrungen,
Vorstellungen und Ansätze. Sie orientiert sich nicht an der Summe einzelner Interessen oder
einzelner Gruppen, sondern verbindet verschiedene Interessen zu einer gemeinsamen Vision für
eine bessere Zukunft. Das kann anstrengend sein, aber nur so entsteht aus den vielen
verschiedenen Erfahrungen und Ideen Neues.
(6) Jede Zeit hat ihre Aufgabe. Die Aufgabe unserer Zeit ist, eine krisenfeste Gesellschaft
demokratisch zu gestalten. Dazu sind Wohlstand im Sinne von Klimaneutralität, Vorsorge und
Gerechtigkeit sowie globale Verantwortung neu zu definieren und die Politik ist darauf
auszurichten. Um Krisen zu meistern, braucht es Zusammenhalt – in einer Gesellschaft, die
allen Bürger*innen die gleichen Rechte und Möglichkeiten gewährt, die die
Unterschiedlichkeit von Menschen und Regionen als Stärke und Wert begreift, die die Rechte
und Teilhabe von Minderheiten schützt und fördert sowie Spannungen durch Respekt ausgleicht.
Wir streben nach einem gemeinsamen Wir in einer vielfältigen Gesellschaft.
Ökologie
(7) Die Umwelt des Menschen zu schützen und zu erhalten ist Voraussetzung für ein Leben in
Würde und Freiheit. Sauberes Wasser und saubere Luft, Artenvielfalt und fruchtbare Böden
sind notwendige Bedingungen für unsere Entfaltungsfreiheit und Emanzipation. Eine Politik,
welche die natürlichen Lebensgrundlagen schützt, erhält die Möglichkeit zur Selbstbestimmung
für uns und künftige Generationen. Das 21. Jahrhundert ist das Zeitalter des Anthropozän.
Darin ist der Mensch zum entscheidenden Einflussfaktor dafür geworden, wie sich unsere Erde
verändert. Die Natur braucht uns nicht. Wir brauchen sie.
(8) Das Wissen um die planetaren Grenzen ist Leitlinie unserer Politik. Wir überschreiten
derzeit durch unser Handeln die ökologischen Belastungsgrenzen in Bereichen wie
Artenvielfalt, Klimaerhitzung oder Meeresversauerung und gefährden so die Stabilität unseres
Ökosystems und die Lebensgrundlagen der Menschen. Es ist unsere Aufgabe, uns durch sozialen,
wirtschaftlichen und technologischen Fortschritt zum Wohle der Menschen so nachhaltig
weiterzuentwickeln, dass wir unsere Lebensgrundlagen bewahren und den Weg in die ökologische
Moderne einschlagen.
(9) Wir haben nur diese eine Erde, in ihrer Schönheit und natürlichen Vielfalt. Menschen
sind nicht die einzigen Lebewesen, die fühlen. Daher ist es Pflicht für uns Menschen, das
Wohl von Tieren und die gesamte lebendige Natur zu schützen.
(10) Eine intakte Umwelt ist Voraussetzung für Gesundheit. Der Erhalt unserer natürlichen
Lebensgrundlagen und die Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakrise verhindern massive
Gesundheitsschäden und schützen im Sinne der Vorsorge die Gesundheit zukünftiger
Generationen.
(11) Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt. Ziel einer nachhaltigen Entwicklung
ist auch die ökologische Gerechtigkeit zwischen den Generationen. Es ist unsere
Verpflichtung, nachfolgenden Generationen faire Handlungsspielräume und
Entscheidungsfreiheiten zu ermöglichen.
(12) Die Klimakrise und Zerstörung unserer Lebensgrundlagen verschärft bestehende
Ungleichheiten und trifft damit insbesondere Frauen. Ökologische Maßnahmen müssen von Frauen
mitgestaltet werden. Nachhaltigkeit bedeutet auch Geschlechtergerechtigkeit.
(13) Unter der Zerstörung der Natur leiden diejenigen früher und am stärksten, die dazu am
wenigsten beitragen und ihr am wenigsten entgehen können. Wo reiche Menschen sich noch
teilweise anpassen können, spüren ärmere die Folgen mit brutaler Härte. Umwelt- und
Klimapolitik sind eine Voraussetzung für soziale Gerechtigkeit. Jedoch können ökologische
Maßnahmen in Widerspruch zu sozialen Interessen geraten. Daher muss ökologische Politik
soziale Interessen immer miteinbeziehen.
(14) Wir denken Ökologie global. Ein Leben in Würde und Freiheit bedeutet ein Recht aller
Menschen auf Selbstbestimmung und Teilhabe. Globale Umweltgerechtigkeit nimmt die
historische Verantwortung der Industriestaaten für die Zerstörung der Umwelt in den Blick.
Deshalb sind wir in der Pflicht, die ökologischen und sozialen Kosten unseres Wirtschaftens
zu reduzieren, statt sie in andere Weltregionen zu verlagern, sowie diejenigen zu
unterstützen, die schon heute stark von Umweltzerstörungen betroffen sind und das in Zukunft
noch stärker sein werden.
(15) Eine nachhaltige Wirtschaftsweise schützt nicht nur Lebensgrundlagen, sondern erhöht
auch Wohlstand und Lebensqualität. Das erfordert eine grundlegende Dekarbonisierung unserer
WirtschaftUmstellung der Wirtschafts- und unserer Lebensweise, in Richtung eines niedrigeren Umsatzes von Kohlenstoffdioxid – also eine Dekarbonisierung, für die in den kommenden Jahrzehnten erhebliche
Investitionen notwendig sind. Eine nachhaltige Wirtschaftsweise ist aber kein Allheilmittel, um soziale und ökologische Gerechtigkeit zu erreichen. Eine konsequente Transformation unserer Gesellschaft ist nur möglich, wenn Verzicht auf Wachstum und Konsum Teil unseres Maßnahmenpakets werden.
(16) Der Weg in die ökologische Moderne sichert Demokratie und Selbstbestimmung für heute
und für künftige Generationen. Sonst verlieren wir, was wir mit dem Klima schützen: Freiheit
und Würde. Demokratische Verfahren bringen die Kreativität und den gesellschaftlichen
Zusammenhalt hervor, die es zur Bewältigung der ökologischen Krisen braucht.
Gerechtigkeit
(17) Die Würde und Freiheit des Menschen werden in einer gerechten und solidarischen
Gesellschaft verwirklicht. Solidarität schafft gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Gerechtigkeit heißt für uns gleiche und größtmögliche Freiheit für alle. Sie ist die
Grundlage für ein gutes Leben.
(18) Gerechtigkeit bedeutet mehr als ein Leben ohne Armut. Soziale Gerechtigkeit braucht
einen starken Sozialstaat, der nicht nur materielle Sicherheit und Teilhabe gewährleistet
und Menschen vor Armut schützt, sondern die Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes,
glückliches Leben schafft. Jeder hat das Recht auf materielle Sicherheit und soziale
Teilhabe sowie ein Leben frei von existenzieller Not.
(19) Eine gerechte Gesellschaft ermöglicht, gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben
teilzunehmen. Das verlangt starke öffentliche Räume und Institutionen – gute Kitas,
Kindergärten und Schulen, Hochschulen, Schwimmbäder und Sportplätze, Bibliotheken und
Theater, einen gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr, Breitbandanschlüsse für alle, gute
gesundheitliche Versorgung und gleichwertige Lebensverhältnisse in der Stadt und auf dem
Land. In Zeiten der Individualisierung, in der sich viele Menschen einsam fühlen, sind
solche Orte von besonderer Bedeutung.
(20) Die Finanzierung einer starken Daseinsvorsorge ist öffentliche Aufgabe.
(21) Gute und diskriminierungsfreie Bildung ist Voraussetzung für Gerechtigkeit. Wir
brauchen ein ganzheitliches und am Menschen orientiertes Bildungssystem. Das Vertrauen, dass
wir die Zukunft für uns und die Generationen nach uns ermöglichen und gestalten können, ist
ein notwendiger Antrieb für gesellschaftlichen Fortschritt.
(22) Eine Gesellschaft ist dann sozial, wenn ihr Wohlstand gerecht verteilt ist.
Unregulierter Kapitalismus produziert Ungleichheit und Machtkonzentration. Zu große
Ungleichheit bedroht den Zusammenhalt der Gesellschaft und damit einen Pfeiler der
Demokratie. Aufgabe von Politik ist es, durch Regulierung, Investitionen und Steuern
Ungleichheit zu reduzieren und einen Ausgleich zu schaffen. Große Vermögen bringen soziale
Verpflichtungen mit sich.
(23) Alle Menschen sollen unabhängig vom Geschlecht an der Gesellschaft teilhaben können.
Gerechtigkeit bedeutet, dass bezahlte und unbezahlte Arbeit, Einkommen, Zugang zu Bildung,
Eigentum und Zeit zwischen den Geschlechtern gerecht verteilt sind.
(24) Ohne die staatliche Garantie für diskriminierungsfreie und gleiche Rechte, Zugänge und
Teilhabe für alle ist Gerechtigkeit nicht herstellbar. Das heißt auch, dass die Bekämpfung
von Rassismus und allen Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit grundlegende
Aufgabe von Staat und Gesellschaft ist.
(25) Soziales und ökologisches Wirtschaften schafft Innovation und Fortschritt und trägt so
zu einer gerechten Gesellschaft bei. Dafür braucht es gemeinsame Regeln, die fairen
Wettbewerb ermöglichen, die Konzentration von Macht verhindern und Verbraucher*innen-Rechte
schützen. Eine sozial-ökologische Marktwirtschaft trägt dazu bei, dass Menschen sich
verwirklichen können, Informationen effektiv genutzt werden, Wohlstand zum Wohle aller
entsteht und die Versorgung mit grundlegenden Gütern gewährleistet ist.
(26) Um globale Gerechtigkeit zu ermöglichen, muss das Weltwirtschaftssystem ein sozial-
ökologisches werden, das nach demokratischen Regeln organisiert ist und auf der Grundlage
von Kooperation und Solidarität und nicht auf Dominanz beruht.
Selbstbestimmung
(27) Menschen begegnen sich als Gleiche – in ihren Rechten und ihrer Würde. Selbst über das
eigene Leben bestimmen zu können, macht die Würde und Freiheit eines Menschen aus. Politik
hat die Aufgabe, die Freiheit und das Recht zur Selbstbestimmung zu schützen. Sie erkennt
Unterschiede an und verhindert undemokratische und damit ungerechtfertigte Herrschaft.
Voraussetzung für Selbstbestimmung, Freiheit und eine freie Entfaltung ist eine
Gesellschaft, in der weder der soziale Status, das Geschlecht oder die Herkunft noch die
Religion oder äußere Merkmale noch rassistische Zuschreibungen, das Alter oder eine
Behinderung noch die sexuelle Orientierung oder die sexuelle Identität einen Einfluss darauf
haben, wer dazugehört und wer nicht. Freiheit muss gesellschaftlich aktiv ermöglicht werden.
(28) Selbstbestimmtes Leben ist auf soziale, rechtliche, demokratische und ökologische
Voraussetzungen angewiesen, sonst bleibt es das Privileg weniger. Freie Entfaltung braucht
eine barrierefreie Infrastruktur, Sicherheit und Schutz vor Gewalt und Kriminalität.
Informationelle Selbstbestimmung und informationstechnische Sicherheit sind im digitalen
Zeitalter zu garantieren.
(29) Die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen ist Voraussetzung für den
gesellschaftlichen Zusammenhalt und für die individuelle Selbstbestimmung. Eine inklusive
Gesellschaft verändert Strukturen und schafft öffentliche Institutionen, die allen Menschen
offenstehen und allen in ihrer Unterschiedlichkeit und Vielfalt Partizipation ermöglichen.
(30) Selbstbestimmtes Leben setzt wirtschaftliche Freiheit voraus. Die Freiheit, den Beruf
zu wählen, Verträge zu schließen und ein Gewerbe oder Unternehmen zu gründen, gehört dazu.
Alle haben das Recht, in einer Gewerkschaft für gute Arbeitsbedingungen und Löhne zu
kämpfen. Wirtschaftliche Freiheit gewährleistet Eigentumsfreiheit, die sozial verpflichtet.
(31) In einer Welt, in der die Anforderungen an jede*n Einzelne*n steigen, in der alle immer
schneller, anpassungsfähiger und immer besser sein müssen, darf es auch Schwäche geben.
Jeder Mensch verdient Wertschätzung und Anerkennung für seine individuellen
Lebensentscheidungen, solange sie nicht zulasten Dritter gehen. Damit sich alle mit ihren
Stärken und Schwächen selbstbestimmt entfalten können, braucht es eine solidarische
Gesellschaft.
(32) Freiheit bedeutet Verantwortung für sich selbst und für andere. Sie fordert Individuen
und Gesellschaft heraus. Sie verlangt uns allen etwas ab. Freiheit und Selbstbestimmung
finden ihre Grenze dort, wo durch sie anderen Menschen und zukünftigen Generationen Freiheit
und Selbstbestimmung genommen werden. Nur demokratische und rechtsstaatliche Verfahren
können die Einschränkung von Freiheit und Selbstbestimmung legitimieren.
(33) Eine gleichberechtigte Gesellschaft ist eine, in der auch Mädchen und Frauen
selbstbestimmt über ihr Leben und ihren Körper entscheiden können. Das setzt die
Emanzipation von Verhältnissen der Unterdrückung und der Gewalt voraus. Wir stehen an der
Seite von Mädchen und Frauen, die global für ihr Selbstbestimmungsrecht streiten.
(34) Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie haben eigene Rechte auf Förderung ihrer
Entwicklung, auf Schutz, Teilhabe, Gehörtwerden und Bildung. Selbstbestimmung ist nur
möglich, wenn allen Kindern und Jugendlichen gleiche Chancen gegeben werden.
Demokratie
(35) Demokratie heißt gleiche politische Freiheit für alle. Die Demokratie lebt von
Voraussetzungen, die sie selbst nicht garantieren kann. Deshalb braucht sie Demokrat*innen.
Demokratie steht nie still. Sie entwickelt sich immer weiter. Demokratie ist die Staatsform,
die zur Selbstkorrektur in der Lage ist.
(36) Demokratie ist mehr als die Herrschaft der Mehrheit, denn sie garantiert den Schutz von
Menschen-, Freiheits- und Minderheitenrechten auf Grundlage eines liberalen Rechtsstaates.
Auch die wehrhafte Demokratie braucht Bürger*innen, die sie aktiv verteidigen und ihr immer
wieder neue Kraft geben. Das ist der beste Schutz gegen die Zerstörung von innen.
(37) In einer Demokratie eignen sich Menschen ihre Zukunft gemeinsam an und verwandeln
äußeres Geschehen in gemeinsame Entscheidungen. Demokratie ist anstrengend. Sie braucht
respektvollen Streit genauso wie den Kompromiss. Demokratie braucht Freiheit, sie muss
Bürger*innen- und Menschenrechte garantieren und ist sogleich an soziale Voraussetzungen und
Solidarität gebunden.
(38) Gewaltenteilung und ein starker Rechtsstaat tragen eine demokratische Gesellschaft. Der
Rechtsstaat verankert das Gewaltmonopol des Staates und hegt es ein.
(39) Wir stehen für eine inklusive, vielfältige Demokratie. In einer diverser werdenden
Gesellschaft, in der vielfältige Perspektiven zusammenkommen und sich Gehör verschaffen,
sehen wir die Aufgabe, Unterschiede anzuerkennen, Nachteile auszugleichen und
Gleichberechtigung zu schaffen. Das ist die Grundlage für die wechselseitige Anerkennung als
Gleiche in einer vielfältigen Gesellschaft. Demokratie ermöglicht ein gesellschaftliches
Wir, das nicht in Partikularinteressen auseinanderfällt. Sie wird reicher durch den Respekt
vor verschiedenen Erfahrungen.
(40) Allen Geschlechtern kommt in der Demokratie gleiche Gestaltungs- und Entscheidungsmacht
zu. Um Frauen an allen demokratischen Prozessen gleichberechtigt zu beteiligen, braucht es
Parität sowie Lebensbedingungen, die allen ermöglichen, Erwerbs- und Sorgearbeit sowie
gesellschaftliche und politische Arbeit zu vereinbaren.
(41) Demokratie ist eine öffentliche Angelegenheit. Der demokratische Meinungsstreit braucht
eine starke und lebendige Zivilgesellschaft, Engagement und Bürger*innen-Beteiligung, starke
und freie Medien, Kultur und Wissenschaft sowie gute Bildungseinrichtungen. Für die offene
Auseinandersetzung nach klaren Regeln braucht Demokratie immer wieder Innovationen und
Parteien, in denen sich Menschen zusammenfinden, um Meinungen zu bündeln und sich mit
Programmen und Haltungen der öffentlichen Debatte und der Entscheidung zu stellen.
(42) Demokratie ist darauf angewiesen, dass sich Menschen einmischen und repräsentiert
sehen. Demokratie braucht Zugänge und auch direkte Beteiligung, um die unterschiedlichen
Perspektiven und Positionen in den demokratischen Prozess einbringen zu können.
(43) Demokratie beruht auf nachvollziehbaren Entscheidungswegen und auf Transparenz über
Einflussnahme – etwa durch Unternehmen, Lobbyismus oder andere Staaten. Ein zu starker
Einfluss bestimmter Gruppen und ökonomischer Interessen untergräbt die Eigenständigkeit und
Glaubwürdigkeit politischen Handelns und muss eingegrenzt werden.
(44) Der Schutz, die Förderung und die Gewährleistung der Menschenrechte sind konstitutiv
für die Demokratie.
(45) Der Föderalismus in Deutschland ist eine Lehre aus dem düstersten Kapitel unserer
Geschichte und verhindert zentralstaatliche Übergriffe auf die Bürger*innen-Rechte. Er
verpflichtet zur Kooperation. Das Zusammenspiel von Bund, Ländern und Kommunen sichert
demokratische und soziale Stabilität. Es stärkt vielfältige Regionen und sorgt für eine
nahbare, ansprechbare Politik. Im Streben nach gleichwertigen Lebensverhältnissen tragen
Bund und Länder gemeinsame Verantwortung.
(46) Die europäische Integration ist konstitutiv – sie zu einer Föderalen Europäischen
Republik ökologisch, sozial und demokratisch weiterzuentwickeln ist Voraussetzung und Teil
einer demokratischen Gestaltung globaler Fragen.
Frieden
(47) Gelebte Freiheit und garantierte Würde benötigen Frieden. Das Zusammenleben der
Menschen fußt auf der Fähigkeit, Konflikte gewaltfrei und friedlich zu lösen und die
Menschenrechte aller zu wahren. Wo Gewalt friedliche Politik verneint, können Menschenrechte
und Gewaltfreiheit in Konflikt geraten. Wir setzen auf die Mittel der Politik, die dem Geist
der Kooperation in globaler Verantwortung entsprechen.
(48) Würde, Freiheit und Gleichheit ergeben sich aus der Universalität und Unteilbarkeit der
Menschenrechte. Die verbrieften Menschenrechte sind nicht verhandelbar – weder gegenüber
machtpolitischen oder wirtschaftlichen Interessen noch gegenüber einem kulturellen
Relativismus. Die Würde jedes Menschen ist unantastbar. Dies zu gewährleisten ist
Verpflichtung nationaler und internationaler Politik. Wir tragen als internationale
Gemeinschaft Verantwortung, gegen schwerste Menschenrechtsverletzungen und Völkermord im
Rahmen der Vereinten Nationen vorzugehen.
(49) Gewaltfreiheit ist mehr als die Nichtanwendung physischer Gewalt, Frieden mehr als die
Abwesenheit von Krieg. Kooperation, Dialog, demokratischer Ausgleich von Interessen und die
Stärke des Rechts, genauso Multilateralismus, internationale Partnerschaft und europäische
Einigung sind der Weg, um globale Herausforderungen, vor denen die Menschheit als Ganzes
steht, zu bewältigen.
(50) Frauenrechte sind Menschenrechte. Die Verwirklichung von Frauenrechten, der Schutz vor
geschlechtsspezifischer Gewalt, Verfolgung und Diskriminierung sowie eine aktive Mädchen-
und Frauenförderung in allen Bereichen sollen die internationale Politik leiten.
(51) Das vereinigte Europa ist ein einzigartiges Friedensprojekt. Gegen einen autoritären
Nationalismus ist das Versprechen der europäischen Einigung auf Frieden, Freiheit,
Solidarität und Stabilität wichtiger Anker multilateraler und menschenrechtsorientierter
Politik in der Welt.
(52) Humanitäre Verantwortung und internationale Solidarität bestimmen unser politisches
Handeln. Unser Ziel ist eine weltweite Ordnung mit internationalen Institutionen. Sie soll
Frieden, Gerechtigkeit und Freiheit sichern, Armut verringern, den gleichberechtigten Zugang
zu globalen Gemeingütern ermöglichen, Demokratie fördern, die gleichberechtigte Teilhabe von
Frauen und Minderheitengruppen garantieren, die verbrieften Menschenrechte aller
Migrant*innen und das Klima schützen, wie es in den Zielen für nachhaltige Entwicklung der
Vereinten Nationen vereinbart ist.
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(15) Eine nachhaltige Wirtschaftsweise schützt nicht nur Lebensgrundlagen, sondern erhöht auch Wohlstand und Lebensqualität. Das erfordert eine grundlegende Dekarbonisierung unserer WirtschaftUmstellung der Wirtschafts- und unserer Lebensweise, in Richtung eines niedrigeren Umsatzes von Kohlenstoffdioxid – also eine Dekarbonisierung, für die in den kommenden Jahrzehnten erhebliche Investitionen notwendig sind. Eine nachhaltige Wirtschaftsweise ist aber kein Allheilmittel, um soziale und ökologische Gerechtigkeit zu erreichen. Eine konsequente Transformation unserer Gesellschaft ist nur möglich, wenn Verzicht auf Wachstum und Konsum Teil unseres Maßnahmenpakets werden.
Grundwerte: Die Werte, die uns einen
(1) Im Mittelpunkt unserer Politik steht der Mensch in seiner Würde und Freiheit. Jeder
Mensch ist einzigartig und frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Die universellen
und unteilbaren Menschenrechte sind Anspruch und Maßstab unserer Politik.
(2) Die Werte, die unsere Politik tragen, sind Ökologie, Gerechtigkeit, Selbstbestimmung,
Demokratie und Frieden. Dieses Fundament bildet für uns die Grundlage für eine solidarische
Gesellschaft, in der sich die Freiheit der und des Einzelnen auch in der Achtung der Anderen
als Gleiche sowie in ihrer Würde und Freiheit entfaltet.
(3) Diese Werte, die auf dem Prinzip der Menschenwürde beruhen, ergänzen sich nicht nur, sie
stehen mitunter auch im Widerstreit. Werteorientierte Politik braucht also Gespräch und
Streit, Gestaltung und Erneuerung. Nur ein geschlossenes Weltbild kennt keine Widersprüche.
Eine demokratische Gesellschaft realisiert sich weder in Werte- oder Regellosigkeit noch in
starren Dogmen, sondern indem das Verhältnis der Werte zueinander immer wieder konkret
ausverhandelt wird. Das ist grundlegende Voraussetzung für die Legitimität von Politik.
(4) Politik gestaltet die Wirklichkeit im Heute für das Morgen und im Bewusstsein für das
Gestern. Ohne Woher kein Wohin. Wir blicken nach vorne im Wissen sowohl um die geglückten
Erfahrungen als auch um die Schuld und das Grauen in unserer Geschichte. Als Europäer*innen
handeln wir im Bewusstsein einer Verantwortung für globale Gerechtigkeit auf Grundlage der
Bürger*innen- und Menschenrechte, wie sie sich in der Allgemeinen Erklärung der
Menschenrechte sowie im Grundgesetz und der EU-Grundrechtecharta manifestieren. Die Lehren
aus den Menschheitsverbrechen des Nationalsozialismus sind uns Verpflichtung.
(5) Unsere Politik richtet sich an alle Menschen. Wir verstehen uns als Bündnispartei, die
auf der Grundlage gemeinsamer Überzeugungen offen ist für unterschiedliche Erfahrungen,
Vorstellungen und Ansätze. Sie orientiert sich nicht an der Summe einzelner Interessen oder
einzelner Gruppen, sondern verbindet verschiedene Interessen zu einer gemeinsamen Vision für
eine bessere Zukunft. Das kann anstrengend sein, aber nur so entsteht aus den vielen
verschiedenen Erfahrungen und Ideen Neues.
(6) Jede Zeit hat ihre Aufgabe. Die Aufgabe unserer Zeit ist, eine krisenfeste Gesellschaft
demokratisch zu gestalten. Dazu sind Wohlstand im Sinne von Klimaneutralität, Vorsorge und
Gerechtigkeit sowie globale Verantwortung neu zu definieren und die Politik ist darauf
auszurichten. Um Krisen zu meistern, braucht es Zusammenhalt – in einer Gesellschaft, die
allen Bürger*innen die gleichen Rechte und Möglichkeiten gewährt, die die
Unterschiedlichkeit von Menschen und Regionen als Stärke und Wert begreift, die die Rechte
und Teilhabe von Minderheiten schützt und fördert sowie Spannungen durch Respekt ausgleicht.
Wir streben nach einem gemeinsamen Wir in einer vielfältigen Gesellschaft.
Ökologie
(7) Die Umwelt des Menschen zu schützen und zu erhalten ist Voraussetzung für ein Leben in
Würde und Freiheit. Sauberes Wasser und saubere Luft, Artenvielfalt und fruchtbare Böden
sind notwendige Bedingungen für unsere Entfaltungsfreiheit und Emanzipation. Eine Politik,
welche die natürlichen Lebensgrundlagen schützt, erhält die Möglichkeit zur Selbstbestimmung
für uns und künftige Generationen. Das 21. Jahrhundert ist das Zeitalter des Anthropozän.
Darin ist der Mensch zum entscheidenden Einflussfaktor dafür geworden, wie sich unsere Erde
verändert. Die Natur braucht uns nicht. Wir brauchen sie.
(8) Das Wissen um die planetaren Grenzen ist Leitlinie unserer Politik. Wir überschreiten
derzeit durch unser Handeln die ökologischen Belastungsgrenzen in Bereichen wie
Artenvielfalt, Klimaerhitzung oder Meeresversauerung und gefährden so die Stabilität unseres
Ökosystems und die Lebensgrundlagen der Menschen. Es ist unsere Aufgabe, uns durch sozialen,
wirtschaftlichen und technologischen Fortschritt zum Wohle der Menschen so nachhaltig
weiterzuentwickeln, dass wir unsere Lebensgrundlagen bewahren und den Weg in die ökologische
Moderne einschlagen.
(9) Wir haben nur diese eine Erde, in ihrer Schönheit und natürlichen Vielfalt. Menschen
sind nicht die einzigen Lebewesen, die fühlen. Daher ist es Pflicht für uns Menschen, das
Wohl von Tieren und die gesamte lebendige Natur zu schützen.
(10) Eine intakte Umwelt ist Voraussetzung für Gesundheit. Der Erhalt unserer natürlichen
Lebensgrundlagen und die Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakrise verhindern massive
Gesundheitsschäden und schützen im Sinne der Vorsorge die Gesundheit zukünftiger
Generationen.
(11) Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt. Ziel einer nachhaltigen Entwicklung
ist auch die ökologische Gerechtigkeit zwischen den Generationen. Es ist unsere
Verpflichtung, nachfolgenden Generationen faire Handlungsspielräume und
Entscheidungsfreiheiten zu ermöglichen.
(12) Die Klimakrise und Zerstörung unserer Lebensgrundlagen verschärft bestehende
Ungleichheiten und trifft damit insbesondere Frauen. Ökologische Maßnahmen müssen von Frauen
mitgestaltet werden. Nachhaltigkeit bedeutet auch Geschlechtergerechtigkeit.
(13) Unter der Zerstörung der Natur leiden diejenigen früher und am stärksten, die dazu am
wenigsten beitragen und ihr am wenigsten entgehen können. Wo reiche Menschen sich noch
teilweise anpassen können, spüren ärmere die Folgen mit brutaler Härte. Umwelt- und
Klimapolitik sind eine Voraussetzung für soziale Gerechtigkeit. Jedoch können ökologische
Maßnahmen in Widerspruch zu sozialen Interessen geraten. Daher muss ökologische Politik
soziale Interessen immer miteinbeziehen.
(14) Wir denken Ökologie global. Ein Leben in Würde und Freiheit bedeutet ein Recht aller
Menschen auf Selbstbestimmung und Teilhabe. Globale Umweltgerechtigkeit nimmt die
historische Verantwortung der Industriestaaten für die Zerstörung der Umwelt in den Blick.
Deshalb sind wir in der Pflicht, die ökologischen und sozialen Kosten unseres Wirtschaftens
zu reduzieren, statt sie in andere Weltregionen zu verlagern, sowie diejenigen zu
unterstützen, die schon heute stark von Umweltzerstörungen betroffen sind und das in Zukunft
noch stärker sein werden.
(15) Eine nachhaltige Wirtschaftsweise schützt nicht nur Lebensgrundlagen, sondern erhöht
auch Wohlstand und Lebensqualität. Das erfordert eine grundlegende Dekarbonisierung unserer Umstellung der Wirtschafts- und
Wirtschaftunserer Lebensweise, in Richtung eines niedrigeren Umsatzes von Kohlenstoffdioxid – also eine Dekarbonisierung, für die in den kommenden Jahrzehnten erhebliche
Investitionen notwendig sind. Eine nachhaltige Wirtschaftsweise ist aber kein Allheilmittel, um soziale und ökologische Gerechtigkeit zu erreichen. Eine konsequente Transformation unserer Gesellschaft ist nur möglich, wenn Verzicht auf Wachstum und Konsum Teil unseres Maßnahmenpakets werden.
(16) Der Weg in die ökologische Moderne sichert Demokratie und Selbstbestimmung für heute
und für künftige Generationen. Sonst verlieren wir, was wir mit dem Klima schützen: Freiheit
und Würde. Demokratische Verfahren bringen die Kreativität und den gesellschaftlichen
Zusammenhalt hervor, die es zur Bewältigung der ökologischen Krisen braucht.
Gerechtigkeit
(17) Die Würde und Freiheit des Menschen werden in einer gerechten und solidarischen
Gesellschaft verwirklicht. Solidarität schafft gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Gerechtigkeit heißt für uns gleiche und größtmögliche Freiheit für alle. Sie ist die
Grundlage für ein gutes Leben.
(18) Gerechtigkeit bedeutet mehr als ein Leben ohne Armut. Soziale Gerechtigkeit braucht
einen starken Sozialstaat, der nicht nur materielle Sicherheit und Teilhabe gewährleistet
und Menschen vor Armut schützt, sondern die Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes,
glückliches Leben schafft. Jeder hat das Recht auf materielle Sicherheit und soziale
Teilhabe sowie ein Leben frei von existenzieller Not.
(19) Eine gerechte Gesellschaft ermöglicht, gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben
teilzunehmen. Das verlangt starke öffentliche Räume und Institutionen – gute Kitas,
Kindergärten und Schulen, Hochschulen, Schwimmbäder und Sportplätze, Bibliotheken und
Theater, einen gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr, Breitbandanschlüsse für alle, gute
gesundheitliche Versorgung und gleichwertige Lebensverhältnisse in der Stadt und auf dem
Land. In Zeiten der Individualisierung, in der sich viele Menschen einsam fühlen, sind
solche Orte von besonderer Bedeutung.
(20) Die Finanzierung einer starken Daseinsvorsorge ist öffentliche Aufgabe.
(21) Gute und diskriminierungsfreie Bildung ist Voraussetzung für Gerechtigkeit. Wir
brauchen ein ganzheitliches und am Menschen orientiertes Bildungssystem. Das Vertrauen, dass
wir die Zukunft für uns und die Generationen nach uns ermöglichen und gestalten können, ist
ein notwendiger Antrieb für gesellschaftlichen Fortschritt.
(22) Eine Gesellschaft ist dann sozial, wenn ihr Wohlstand gerecht verteilt ist.
Unregulierter Kapitalismus produziert Ungleichheit und Machtkonzentration. Zu große
Ungleichheit bedroht den Zusammenhalt der Gesellschaft und damit einen Pfeiler der
Demokratie. Aufgabe von Politik ist es, durch Regulierung, Investitionen und Steuern
Ungleichheit zu reduzieren und einen Ausgleich zu schaffen. Große Vermögen bringen soziale
Verpflichtungen mit sich.
(23) Alle Menschen sollen unabhängig vom Geschlecht an der Gesellschaft teilhaben können.
Gerechtigkeit bedeutet, dass bezahlte und unbezahlte Arbeit, Einkommen, Zugang zu Bildung,
Eigentum und Zeit zwischen den Geschlechtern gerecht verteilt sind.
(24) Ohne die staatliche Garantie für diskriminierungsfreie und gleiche Rechte, Zugänge und
Teilhabe für alle ist Gerechtigkeit nicht herstellbar. Das heißt auch, dass die Bekämpfung
von Rassismus und allen Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit grundlegende
Aufgabe von Staat und Gesellschaft ist.
(25) Soziales und ökologisches Wirtschaften schafft Innovation und Fortschritt und trägt so
zu einer gerechten Gesellschaft bei. Dafür braucht es gemeinsame Regeln, die fairen
Wettbewerb ermöglichen, die Konzentration von Macht verhindern und Verbraucher*innen-Rechte
schützen. Eine sozial-ökologische Marktwirtschaft trägt dazu bei, dass Menschen sich
verwirklichen können, Informationen effektiv genutzt werden, Wohlstand zum Wohle aller
entsteht und die Versorgung mit grundlegenden Gütern gewährleistet ist.
(26) Um globale Gerechtigkeit zu ermöglichen, muss das Weltwirtschaftssystem ein sozial-
ökologisches werden, das nach demokratischen Regeln organisiert ist und auf der Grundlage
von Kooperation und Solidarität und nicht auf Dominanz beruht.
Selbstbestimmung
(27) Menschen begegnen sich als Gleiche – in ihren Rechten und ihrer Würde. Selbst über das
eigene Leben bestimmen zu können, macht die Würde und Freiheit eines Menschen aus. Politik
hat die Aufgabe, die Freiheit und das Recht zur Selbstbestimmung zu schützen. Sie erkennt
Unterschiede an und verhindert undemokratische und damit ungerechtfertigte Herrschaft.
Voraussetzung für Selbstbestimmung, Freiheit und eine freie Entfaltung ist eine
Gesellschaft, in der weder der soziale Status, das Geschlecht oder die Herkunft noch die
Religion oder äußere Merkmale noch rassistische Zuschreibungen, das Alter oder eine
Behinderung noch die sexuelle Orientierung oder die sexuelle Identität einen Einfluss darauf
haben, wer dazugehört und wer nicht. Freiheit muss gesellschaftlich aktiv ermöglicht werden.
(28) Selbstbestimmtes Leben ist auf soziale, rechtliche, demokratische und ökologische
Voraussetzungen angewiesen, sonst bleibt es das Privileg weniger. Freie Entfaltung braucht
eine barrierefreie Infrastruktur, Sicherheit und Schutz vor Gewalt und Kriminalität.
Informationelle Selbstbestimmung und informationstechnische Sicherheit sind im digitalen
Zeitalter zu garantieren.
(29) Die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen ist Voraussetzung für den
gesellschaftlichen Zusammenhalt und für die individuelle Selbstbestimmung. Eine inklusive
Gesellschaft verändert Strukturen und schafft öffentliche Institutionen, die allen Menschen
offenstehen und allen in ihrer Unterschiedlichkeit und Vielfalt Partizipation ermöglichen.
(30) Selbstbestimmtes Leben setzt wirtschaftliche Freiheit voraus. Die Freiheit, den Beruf
zu wählen, Verträge zu schließen und ein Gewerbe oder Unternehmen zu gründen, gehört dazu.
Alle haben das Recht, in einer Gewerkschaft für gute Arbeitsbedingungen und Löhne zu
kämpfen. Wirtschaftliche Freiheit gewährleistet Eigentumsfreiheit, die sozial verpflichtet.
(31) In einer Welt, in der die Anforderungen an jede*n Einzelne*n steigen, in der alle immer
schneller, anpassungsfähiger und immer besser sein müssen, darf es auch Schwäche geben.
Jeder Mensch verdient Wertschätzung und Anerkennung für seine individuellen
Lebensentscheidungen, solange sie nicht zulasten Dritter gehen. Damit sich alle mit ihren
Stärken und Schwächen selbstbestimmt entfalten können, braucht es eine solidarische
Gesellschaft.
(32) Freiheit bedeutet Verantwortung für sich selbst und für andere. Sie fordert Individuen
und Gesellschaft heraus. Sie verlangt uns allen etwas ab. Freiheit und Selbstbestimmung
finden ihre Grenze dort, wo durch sie anderen Menschen und zukünftigen Generationen Freiheit
und Selbstbestimmung genommen werden. Nur demokratische und rechtsstaatliche Verfahren
können die Einschränkung von Freiheit und Selbstbestimmung legitimieren.
(33) Eine gleichberechtigte Gesellschaft ist eine, in der auch Mädchen und Frauen
selbstbestimmt über ihr Leben und ihren Körper entscheiden können. Das setzt die
Emanzipation von Verhältnissen der Unterdrückung und der Gewalt voraus. Wir stehen an der
Seite von Mädchen und Frauen, die global für ihr Selbstbestimmungsrecht streiten.
(34) Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie haben eigene Rechte auf Förderung ihrer
Entwicklung, auf Schutz, Teilhabe, Gehörtwerden und Bildung. Selbstbestimmung ist nur
möglich, wenn allen Kindern und Jugendlichen gleiche Chancen gegeben werden.
Demokratie
(35) Demokratie heißt gleiche politische Freiheit für alle. Die Demokratie lebt von
Voraussetzungen, die sie selbst nicht garantieren kann. Deshalb braucht sie Demokrat*innen.
Demokratie steht nie still. Sie entwickelt sich immer weiter. Demokratie ist die Staatsform,
die zur Selbstkorrektur in der Lage ist.
(36) Demokratie ist mehr als die Herrschaft der Mehrheit, denn sie garantiert den Schutz von
Menschen-, Freiheits- und Minderheitenrechten auf Grundlage eines liberalen Rechtsstaates.
Auch die wehrhafte Demokratie braucht Bürger*innen, die sie aktiv verteidigen und ihr immer
wieder neue Kraft geben. Das ist der beste Schutz gegen die Zerstörung von innen.
(37) In einer Demokratie eignen sich Menschen ihre Zukunft gemeinsam an und verwandeln
äußeres Geschehen in gemeinsame Entscheidungen. Demokratie ist anstrengend. Sie braucht
respektvollen Streit genauso wie den Kompromiss. Demokratie braucht Freiheit, sie muss
Bürger*innen- und Menschenrechte garantieren und ist sogleich an soziale Voraussetzungen und
Solidarität gebunden.
(38) Gewaltenteilung und ein starker Rechtsstaat tragen eine demokratische Gesellschaft. Der
Rechtsstaat verankert das Gewaltmonopol des Staates und hegt es ein.
(39) Wir stehen für eine inklusive, vielfältige Demokratie. In einer diverser werdenden
Gesellschaft, in der vielfältige Perspektiven zusammenkommen und sich Gehör verschaffen,
sehen wir die Aufgabe, Unterschiede anzuerkennen, Nachteile auszugleichen und
Gleichberechtigung zu schaffen. Das ist die Grundlage für die wechselseitige Anerkennung als
Gleiche in einer vielfältigen Gesellschaft. Demokratie ermöglicht ein gesellschaftliches
Wir, das nicht in Partikularinteressen auseinanderfällt. Sie wird reicher durch den Respekt
vor verschiedenen Erfahrungen.
(40) Allen Geschlechtern kommt in der Demokratie gleiche Gestaltungs- und Entscheidungsmacht
zu. Um Frauen an allen demokratischen Prozessen gleichberechtigt zu beteiligen, braucht es
Parität sowie Lebensbedingungen, die allen ermöglichen, Erwerbs- und Sorgearbeit sowie
gesellschaftliche und politische Arbeit zu vereinbaren.
(41) Demokratie ist eine öffentliche Angelegenheit. Der demokratische Meinungsstreit braucht
eine starke und lebendige Zivilgesellschaft, Engagement und Bürger*innen-Beteiligung, starke
und freie Medien, Kultur und Wissenschaft sowie gute Bildungseinrichtungen. Für die offene
Auseinandersetzung nach klaren Regeln braucht Demokratie immer wieder Innovationen und
Parteien, in denen sich Menschen zusammenfinden, um Meinungen zu bündeln und sich mit
Programmen und Haltungen der öffentlichen Debatte und der Entscheidung zu stellen.
(42) Demokratie ist darauf angewiesen, dass sich Menschen einmischen und repräsentiert
sehen. Demokratie braucht Zugänge und auch direkte Beteiligung, um die unterschiedlichen
Perspektiven und Positionen in den demokratischen Prozess einbringen zu können.
(43) Demokratie beruht auf nachvollziehbaren Entscheidungswegen und auf Transparenz über
Einflussnahme – etwa durch Unternehmen, Lobbyismus oder andere Staaten. Ein zu starker
Einfluss bestimmter Gruppen und ökonomischer Interessen untergräbt die Eigenständigkeit und
Glaubwürdigkeit politischen Handelns und muss eingegrenzt werden.
(44) Der Schutz, die Förderung und die Gewährleistung der Menschenrechte sind konstitutiv
für die Demokratie.
(45) Der Föderalismus in Deutschland ist eine Lehre aus dem düstersten Kapitel unserer
Geschichte und verhindert zentralstaatliche Übergriffe auf die Bürger*innen-Rechte. Er
verpflichtet zur Kooperation. Das Zusammenspiel von Bund, Ländern und Kommunen sichert
demokratische und soziale Stabilität. Es stärkt vielfältige Regionen und sorgt für eine
nahbare, ansprechbare Politik. Im Streben nach gleichwertigen Lebensverhältnissen tragen
Bund und Länder gemeinsame Verantwortung.
(46) Die europäische Integration ist konstitutiv – sie zu einer Föderalen Europäischen
Republik ökologisch, sozial und demokratisch weiterzuentwickeln ist Voraussetzung und Teil
einer demokratischen Gestaltung globaler Fragen.
Frieden
(47) Gelebte Freiheit und garantierte Würde benötigen Frieden. Das Zusammenleben der
Menschen fußt auf der Fähigkeit, Konflikte gewaltfrei und friedlich zu lösen und die
Menschenrechte aller zu wahren. Wo Gewalt friedliche Politik verneint, können Menschenrechte
und Gewaltfreiheit in Konflikt geraten. Wir setzen auf die Mittel der Politik, die dem Geist
der Kooperation in globaler Verantwortung entsprechen.
(48) Würde, Freiheit und Gleichheit ergeben sich aus der Universalität und Unteilbarkeit der
Menschenrechte. Die verbrieften Menschenrechte sind nicht verhandelbar – weder gegenüber
machtpolitischen oder wirtschaftlichen Interessen noch gegenüber einem kulturellen
Relativismus. Die Würde jedes Menschen ist unantastbar. Dies zu gewährleisten ist
Verpflichtung nationaler und internationaler Politik. Wir tragen als internationale
Gemeinschaft Verantwortung, gegen schwerste Menschenrechtsverletzungen und Völkermord im
Rahmen der Vereinten Nationen vorzugehen.
(49) Gewaltfreiheit ist mehr als die Nichtanwendung physischer Gewalt, Frieden mehr als die
Abwesenheit von Krieg. Kooperation, Dialog, demokratischer Ausgleich von Interessen und die
Stärke des Rechts, genauso Multilateralismus, internationale Partnerschaft und europäische
Einigung sind der Weg, um globale Herausforderungen, vor denen die Menschheit als Ganzes
steht, zu bewältigen.
(50) Frauenrechte sind Menschenrechte. Die Verwirklichung von Frauenrechten, der Schutz vor
geschlechtsspezifischer Gewalt, Verfolgung und Diskriminierung sowie eine aktive Mädchen-
und Frauenförderung in allen Bereichen sollen die internationale Politik leiten.
(51) Das vereinigte Europa ist ein einzigartiges Friedensprojekt. Gegen einen autoritären
Nationalismus ist das Versprechen der europäischen Einigung auf Frieden, Freiheit,
Solidarität und Stabilität wichtiger Anker multilateraler und menschenrechtsorientierter
Politik in der Welt.
(52) Humanitäre Verantwortung und internationale Solidarität bestimmen unser politisches
Handeln. Unser Ziel ist eine weltweite Ordnung mit internationalen Institutionen. Sie soll
Frieden, Gerechtigkeit und Freiheit sichern, Armut verringern, den gleichberechtigten Zugang
zu globalen Gemeingütern ermöglichen, Demokratie fördern, die gleichberechtigte Teilhabe von
Frauen und Minderheitengruppen garantieren, die verbrieften Menschenrechte aller
Migrant*innen und das Klima schützen, wie es in den Zielen für nachhaltige Entwicklung der
Vereinten Nationen vereinbart ist.
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