Selbstbestimmung und assistierter Suizid
Das Thema Sterbehilfe war in der Vergangenheit mehrfach Gegenstand der Beratungen auf Bundesdelegiertenkonferenzen. Eine relativ knappe Mehrheit der BDK in Berlin im Juni 2017 folgte der von Britta Hasselmann vorgetragenen Einschätzung, die Partei solle vor einer Positionierung das Urteil des Bundesverfassungsgerichts abwarten. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26.02. 2020 ist überaus deutlich. Es bestärkt die von der BAG Säkulare Grüne immer wieder vorgetragenen Position einer deutlichen Stärkung des Selbstbestimmungsrechts Betroffener. Der von uns entwickelte Änderungsvorschlag zum Entwurf des Grundsatzprogramms setzte die neue Rechtsprechung um.
Selbstbestimmung wird im Entwurf für ein neues Grundsatzprogramm als einer der grünen Werte bezeichnet, der mit zu dem Fundament gehört, das die Grundlage für eine solidarische Gesellschaft bildet (S. 9 des Entwurfs). Im Entwurf heißt es: „Selbst über das eigene Leben bestimmen zu können, macht die Würde und Freiheit eines Menschen aus“ (S. 13).
Unerwähnt bleibt jedoch – neben vielen anderen Beispielen für und Bedingungen von Selbstbestimmung – das Selbstbestimmungsrecht über das eigene Lebensende und darüber selbst entscheiden zu können, sich beim Suizid fremder Hilfe bedienen zu dürfen. Zu diesem Thema hat das Bundesverfassungsgericht in einem Grundsatzurteil im Februar dieses Jahres deutlich gemacht, dass die Politik mit der Schaffung des § 217 StGB im Jahre 2015 in einem solchen Maße verfassungswidrig gehandelt hat, dass diese Regelung sogar für nichtig erklärt werden musste, d.h. von Anfang an unwirksam war.
Das Bundesverfassungsgericht hebt hervor, dass dieses Selbstbestimmungsrecht nicht auf bestimmte Lebens- oder Krankheitsphasen beschränkt bleibt. Es existiere „in jeder Lebensphase“ und schließe das Recht ein, die Unterstützung Dritter in Anspruch zu nehmen. Mit dieser Entscheidung gewährleistet das Gericht das Recht jedes Einzelnen, nach eigenen Maßstäben die Entscheidung über eine Beendigung des eigenen Lebens zu treffen (und nicht erst in einem schwerkranken Zustand). Zugleich bewahrt das Gericht Sterbende davor, fremden Vorstellungen religiöser und politischer Natur schutzlos ausgeliefert zu sein. Das Gericht wörtlich: Diese Autonomie des Einzelnen „entzieht sich einer politischen oder moralischen Bewertung wie auch einer Bewertung anhand allgemeiner Wertvorstellungen, religiöser Gebote und auch Überlegungen objektiver Vernünftigkeit.“
Kommentare