Veranstaltung: | 46. Bundesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | PB-L Kapitel 1: Lebensgrundlagen schützen |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Bundesdelegiertenkonferenz |
Eingereicht: | 12.06.2021, 15:02 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Kapitel 1: Lebensgrundlagen schützen
Beschlusstext
Kapitel 1: Lebensgrundlagen schützen
Die Klimakrise ist die Existenzfrage unserer Zeit. Daher ist Klimaschutz keine
Zukunftsaufgabe, sondern Klimaschutz ist jetzt. Wenn wir zu Beginn dieses Jahrzehnts
konsequent handeln und die sozial-ökologische Transformation einläuten, können wir die
Klimakatastrophe noch verhindern und zu einer klimagerechten Welt beitragen.
Klimaneutralität ist dabei eine große Chance für höhere Lebensqualität, mehr soziale
Gerechtigkeit und einen klimagerechten Wohlstand. Sie gilt es zu ergreifen.
Wir haben in den vergangenen Jahren mit Hitzesommern, Waldsterben, Überschwemmungen und
Dürren die Klimakrise bereits zu spüren bekommen. Sie hat dramatische Konsequenzen bei uns
und auf der ganzen Welt: etwa für die Gesundheit der Menschen – und es sind vor allem die
mit den geringsten Einkommen und insbesondere die Menschen im globalen Süden, die den Preis
dafür zahlen, dass der ökologische Fußabdruck der Reichsten am größten ist. Oder für die
Bäuer*innen, denen zunehmend die Grundlage entzogen wird. Und für den Zusammenhalt in
unserer Gesellschaft. Alle diese Folgen werden sich vervielfachen, wenn wir jetzt nicht
umsteuern. Je entschiedener wir handeln, desto mehr Freiheiten und Alternativen sichern wir
für jetzige und künftige Generationen. Wir werden deshalb konsequent den Weg zur
Klimaneutralität gehen.
Das verlangt Können, Mut und Machen. Wir stellen in einer künftigen Regierung das Pariser
Klimaabkommen in den Mittelpunkt und richten das Handeln aller Ministerien danach aus. Wir
lenken all unsere Kraft darauf, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, die uns auf den 1,5-Grad-
Pfad führen. Klimagerechtigkeit ist eine Frage des politischen Kanons. Wir begreifen es als
unsere Aufgabe, bessere Regeln zu schaffen, nicht den besseren Menschen. Solch klare
politische Ordnungsrahmen entlasten auch uns als Menschen im Alltag und schaffen Freiheit.
Natürlich bedeutet Klimaneutralität Veränderung, aber diese Veränderung schafft Halt in der
Zukunft. Denn sie bewahrt uns davor, Kipppunkte zu überschreiten, und ermöglicht ein
klimagerechtes, ein besseres Leben. Wir bringen deshalb Strom, Wärme, Verkehr und Industrie
zusammen, beenden Energieverschwendung und sorgen so für eine effiziente Verzahnung dieser
Bereiche. Statt auf Kohle, Öl und fossilem Gas wird das Energiesystem auf Sonnen- und
Windenergie basieren. Statt an fossilen Verbrennungsmotoren festzuhalten, schaffen wir eine
neue Mobilität mit der Bahn, dem Rad, zu Fuß oder mit emissionsfreien Autos. Statt Öl und
Erdgas wärmt uns künftig die Kraft der Erneuerbaren. Die Zukunft wird damit leiser,
sauberer, gesünder, günstiger und sozial gerechter. Weniger Autos in der Stadt bedeuten mehr
Platz für uns Menschen. Leisere Straßen und saubere Luft dienen besonders jenen, die sich
nicht die Villa am ruhigen Stadtrand leisten können. Mehr Angebote an klima- und
umweltfreundlichen Verkehrsmitteln, zum Beispiel Rufbussen oder Carsharing, erleichtern zu
pendeln und befördern ein gutes Leben auf dem Land.
Mit dieser großen Veränderung entstehen neue Geschäftsfelder, neue Industriezweige, neue
Arbeitsplätze. Andere Bereiche werden sich wandeln, einige werden verschwinden. Für viele
Menschen ist das auch eine große Herausforderung, ja Zumutung. Die sozial-ökologische
Transformation gelingt nur, wenn wir gemeinsam alles dafür tun, Verluste zu verringern und
Brücken zu bauen. So müssen diejenigen, die neue Chancen oder Weiterbildung brauchen, sie
auch bekommen. Und es ist unsere Aufgabe, Sorge dafür zu tragen, dass die Kosten und
Belastungen dieser Veränderung gerecht verteilt sind. Klimagerechter Wohlstand bedeutet
Ökologie und Soziales zusammenzudenken und den Übergang
gut zu gestalten: für Menschen in der Stadt und auf dem Land. Für die Handwerkerin wie für
den Stahlarbeiter.
Der Verlust an intakter Natur und Umwelt ist ebenso dramatisch wie die Klimakrise und eine
der größten Bedrohungen für ein gutes und gesundes Leben. Wenn wir unsere Lebensgrundlagen
schützen wollen, wenn wir auch die zweite große ökologische Krise, das Artensterben,
eindämmen wollen, dann bedarf es mehr als einer Kurskorrektur, dann brauchen wir einen neuen
Kurs. Wir machen die planetaren Grenzen zum Leitprinzip unserer Politik und tragen so auch
zu mehr Umweltgerechtigkeit bei. Entsprechend verändern wir die Wirtschaftsweise, denn auf
einem endlichen Planeten kann es kein unendliches Wachstum geben. Wir setzen Prioritäten.
Von jetzt an wird belohnt und gefördert, was Mensch und Tier, Klima und Natur schützt. Und
was zerstörerisch wirkt, muss dafür auch die Kosten tragen und so schnell wie möglich
überwunden werden. Indem wir den Schutz der Meere und Gewässer, des Klimas und der Böden,
der Tiere und der Pflanzen zum Bestandteil unseres Wirtschafts- und Rechtssystems machen,
kann es gelingen, die Stabilität der Ökosysteme und unserer Lebensgrundlagen zu
gewährleisten. Und damit auch unsere Grundlagen für ein gutes und friedliches Zusammenleben.
Wir schaffen klimagerechten Wohlstand
Mehr Lebensqualität durch Klimaneutralität
Der Weg in die Klimaneutralität bietet riesige Chancen auf mehr Lebensqualität: Städte mit
weniger Staus und Abgasen, mit Platz, um sicher Rad zu fahren und zu Fuß zu gehen, zu
spielen und zu leben. Dörfer, die endlich angebunden sind an den öffentlichen Nahverkehr.
Wälder, in denen auch unsere Kinder noch die Schönheit der Natur entdecken können. Gesundes
Essen, hergestellt unter Wahrung von Tierrechten und Umweltschutz. Klimaschutz ist so viel
mehr als reine Technik, er ist die Voraussetzung für ein gesundes Leben auf einer gesunden
Erde.
Die Energierevolution: erneuerbar heizen, wohnen, wirtschaften
Klimaneutralität heißt: raus aus den fossilen Energien. Nicht nur der Strom, auch das Benzin
in unseren Autos, das Kerosin im Flugzeugtank, das Schweröl im Schiff, das Öl für die
Heizung und das Gas im Industriebetrieb müssen auf erneuerbare Energien umgestellt werden.
Das ist nichts weniger als eine Energierevolution. Dazu braucht es zuallererst eine massive
Ausbauoffensive für die Erneuerbaren, die so schnell wie möglich umgesetzt wird. Daran
hängen die Zukunft unseres Industriestandortes und unsere Versorgungssicherheit. Der
Ausbaupfad wird durch die Kraft und Kapazität von Industrie und Handwerker*innen beschränkt,
darf aber nicht von den politischen Rahmenbedingungen begrenzt werden. Daher beseitigen wir
in einem kontinuierlichen Prozess bestehende Ausbauhemmnisse – naturverträglich und
zugunsten der Bürger*innen. Unser Ziel ist ab sofort ein jährlicher Zubau von mindestens 5
bis 6 Gigawatt (GW) Wind an Land, ab Mitte der 20er Jahre von 7 bis 8 GW, bei Wind auf See
wollen wir 35 GW bis 2035. Im Bereich Solarenergie werden wir den Ausbau von beginnend 10
bis 12 GW auf 18 bis 20 GW pro Jahr steigern ab Mitte der 20er. Mit einer umfassenden
Steuer- und Abgabenreform wollen wir dafür sorgen, dass die Sektorenkoppelung vorankommt und
Strom zu verlässlichen und wettbewerbsfähigen Preisen vorhanden ist. Das Energiemarktdesign
ändern wir, sodass erneuerbarer Strom nicht länger ausgebremst wird. Wir stellen Sonne und
Wind ins Zentrum und ermöglichen es Industrie, Gewerbe und Handel, über flexibleren
Verbrauch besonders viel zur Integration der Erneuerbaren beizutragen. Erzeugungsspitzen
machen wir nach dem Prinzip „nutzen statt abschalten“ für Speicher und die Produktion von
Wärme oder grünem Wasserstoff nutzbar. Doppelte Belastungen und andere Bremsklötze schaffen
wir ab. Kritische Infrastrukturen sichern wir mit notstromfähigen Solaranlagen. Verteilnetze
und Verbraucher*innen statten wir mit intelligenter Technik aus, damit sie flexibel
reagieren können, wenn gerade viel erneuerbarer Strom produziert wird.
Energieeffizienz – weniger ist mehr
Auch in einer Welt der Erneuerbaren ist Energie ein wertvolles Gut, mit dem wir sparsam und
effizient umgehen müssen. Das gilt umso mehr, solange wir noch Kohle, Öl und fossiles Gas
verbrennen. Unser Ziel sind Gebäude, die gut gedämmt sind, verbrauchsarme Autos, auch wenn
sie elektrisch betrieben werden, effiziente Gewerbe- und Industrieprozesse sowie Weitergabe
und Nutzung von Abwärme. Dafür machen wir klare ordnungsrechtliche Vorgaben.
Strompreisvergünstigungen für Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, sollen
an die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen geknüpft werden. Denn je weniger Energie
benötigt wird, desto schneller schaffen wir 100 Prozent Erneuerbare, erreichen die
Klimaziele und sparen Kosten für Energieinfrastruktur. Klimaschutz lohnt sich.
Ein Ordnungsrahmen für eine sozial-ökologische Marktwirtschaft
Wir müssen unsere Wirtschaft auf Klimaneutralität und die planetaren Grenzen ausrichten und
eine Kreislaufwirtschaft etablieren. Den wirtschaftlichen Aufbruch nach der Corona-Krise und
die ökologische Modernisierung wollen wir zusammenbringen. Dazu braucht es eine sozial-
ökologische Neubegründung unserer Marktwirtschaft. Wir wollen mit ehrgeizigen Vorgaben in
Form von Grenzwerten, CO2-Reduktionszielen und Produktstandards der deutschen und
europäischen Wirtschaft Planungssicherheit geben und Impulse für neue Investitionen setzen.
Faire Preise sorgen dafür, dass sich klimagerechtes Handeln lohnt. Forschung und
Innovationen für klimagerechtes Wirtschaften wollen wir stärker fördern. Die öffentliche
Beschaffung richten wir konsequent auf die ressourcenschonendsten und sozial verträglichsten
Produkte und Dienstleistungen aus. So machen wir unsere Wirtschaft zur Spitzenreiterin bei
den modernsten Technologien und schützen unsere natürlichen Lebensgrundlagen.
Grüne Digitalisierung
Ob vernetzte Fahrzeuge, effiziente Industrie, punktgenaue Verteilung regenerativer Energie
oder intelligente Bewässerung auf Feldern: Mit digitalen und datengetriebenen Innovationen
können wir den Energie- und Ressourcenverbrauch besser reduzieren und bei
Zukunftstechnologien führend werden. Hierzu fördern und priorisieren wir digitale
Anwendungen und Lösungen, die einen Beitrag zur Ressourcenschonung leisten oder nachhaltiger
sind als analoge. Rebound-Effekte gilt es generell zu vermeiden, Suffizienz zu unterstützen.
Wir fördern Alternativen zu kritischen Rohstoffen wie seltene Erden und deren
menschenrechtskonforme Gewinnung. Ausschreibungs- und Beschaffungskriterien sind so
anzupassen, dass möglichst sozial-ökologisch nachhaltige Technologien vorrangig zum Einsatz
kommen. Bei IT-Beschaffungen des Bundes müssen Faktoren wie Herstellerabhängigkeit,
Folgebeschaffung, technische Offenheit, Sicherheit, Datenschutz, Reparaturfähigkeit,
Nachhaltigkeit und soziale Kriterien zwingend in die Bewertungen einfließen und
Zertifizierungen wie der Blaue Engel für IT-Produkte zum Standard werden. Wir wollen alle
Rechen- und Datencenter des Bundes nachhaltig umstellen, mit erneuerbarer Energie betreiben
und zertifizierte umweltfreundliche Hardware einsetzen. Zugleich gilt es, Anreize zu
schaffen, um den Stromverbrauch von Rechenzentren zu reduzieren, einschließlich Umstellung
auf Wasserkühlungssysteme, und CO2-neutrale Rechenzentren zu fördern.
Neue Arbeitsplätze mit guten Bedingungen
Eine ambitionierte Klimaschutzpolitik und der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft sind die
beste Chance, bestehende Arbeitsplätze in Deutschland und anderen Ländern zu erhalten und
neue zu schaffen. Die sozial-ökologische Modernisierung stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der
hiesigen Unternehmen und kann zu einer Renaissance von Industriearbeitsplätzen führen. Auf
dem Weg zur Klimaneutralität werden in den kommenden Jahren hunderttausende neue Jobs
entstehen – Green Jobs. Sie entstehen im Handwerk und in der Bauwirtschaft, in neuen
Industriebereichen und der Kreislaufwirtschaft, in der Batteriezellenproduktion und der
Wasserstoffindustrie sowie in neuen Dienstleistungsfeldern. Wir wollen, dass die neuen Jobs
nach Möglichkeit einem Tarifvertrag oder mindestens gleichwertigen Bedingungen unterliegen.
Darauf werden wir auch bei der Förderung von neuen Wirtschaftsfeldern achten.
Sicher im Wandel mit einem Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld
Wir sehen es als unsere Verpflichtung, Unternehmen und ihre Beschäftigten auf dem Weg hin zu
einem klimaneutralen Wirtschaftssystem zu unterstützen. Gerade auch dort, wo sich Jobprofile
grundlegend verändern oder Arbeitsplätze verloren gehen. Es braucht in der ökologischen
Transformation ein noch viel besseres Angebot an Weiterbildung und Qualifizierung. Dazu
wollen wir ein Recht auf Weiterbildung einführen und mit einem Weiterbildungsgeld auch für
Erwerbstätige in Qualifizierungsphasen eine soziale Absicherung schaffen. Mit einem neuen
Qualifizierungs-Kurzarbeitergeld ermöglichen wir Unternehmen, in Phasen der Transformation
ihre Beschäftigten im Betrieb zu halten und nachhaltig zu qualifizieren. Die
Qualifizierungs-Kurzarbeit koppeln wir eng an die Sozialpartnerschaft. Zudem wollen wir die
betriebliche Mitbestimmung bei Entscheidungen über die ökologische Transformation stärken.
Unternehmen, Gewerkschaften und Betriebsräte wissen gemeinsam am besten, wie die
Transformation zu gestalten ist.
Transformationsfonds für die Regionen
Die ökologische Modernisierung ist gerade für viele industriell geprägte Regionen eine große
Herausforderung. Um Regionen und insbesondere die dort ansässigen kleinen und mittleren
Unternehmen zu unterstützen, wollen wir regionale Transformationsfonds auflegen. Die
Förderung richtet sich an Unternehmen, die aus eigener Kraft den ökologischen Strukturwandel
nicht bewältigen können, mit ihrem Standort aber fest in der Region verankert sind und dort
bleiben wollen. Regionale Akteur*innen aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und
Gewerkschaften sollen eingebunden werden und gemeinsame Visionen erarbeiten, wo die Region
sozial und wirtschaftlich in Zukunft stehen sollte. Gleichzeitig wollen wir neue Formate wie
Reallabore und Experimentierräume fördern, in denen Zivilgesellschaft, Wissenschaft,
Wirtschaft und Kommunen gemeinsam an Lösungen für Herausforderungen vor Ort arbeiten und
forschen.
Klimaschutz-Sofortprogramm auflegen
Zentrale Grundlagen unserer Politik sind das Klimaabkommen von Paris sowie der Bericht des
Weltklimarates zum 1,5-Grad-Limit, der verdeutlicht, dass jedes Zehntelgrad zählt, um das
Überschreiten von relevanten Kipppunkten im Klimasystem zu verhindern. Es ist daher
notwendig, auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen. Dafür ist unmittelbares und substanzielles
Handeln in den nächsten Jahren entscheidend. Doch aktuell lahmt der Ausbau der erneuerbaren
Energien, der Kohleausstieg kommt zu spät, im Verkehrs- und Gebäudesektor geht es kaum
voran.
Gemäß der Klimaentscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die auch auf den
Sachverständigenrat für Umweltfragen verweist, müssen wir unsere Klimapolitik am
Budgetansatz orientieren. Der Weltklimarat beziffert das globale CO2-Budget ab dem Jahr 2018
für das 1,5-Grad-Ziel mit einer 67-prozentigen Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung auf 420
Gigatonnen CO2. Der Sachverständigenrat hat daraus ein verbleibendes nationales
Kohlenstoffbudget von 6,6 Gigatonnen CO2 ab 2020 abgeleitet. Bei fortdauernden Emissionen
auf heutigem Niveau wäre das deutsche CO2-Budget in weniger als neun Jahren verbraucht, bei
einer linearen Reduktion rund um 2035. Ein längerer Zeitverlauf zur Treibhausgasneutralität
erfordert überproportionale Reduktionserfolge in den nächsten Jahren. Deswegen werden wir
ein Klimaschutz-Sofortprogramm auf den Weg bringen, das in allen Sektoren sofort wirksame
Maßnahmen anstößt, bestehende Ausbauhindernisse beseitigt, naheliegende Einsparmöglichkeiten
umsetzt und auch die Klima-und Entwicklungspartnerschaften im Sinne des globalen
Budgetansatzes stärkt. Wir werden das noch immer ungenügende Klimaschutzgesetz generationen-
und budgetgerecht nachschärfen, jahres- und sektorenscharf ausbuchstabieren, die Rolle des
Expertenrates für Klimafragen stärken und das deutsche Klimaziel 2030 auf mindestens minus
70 Prozent anheben. Unser Ziel ist es, 100 Prozent erneuerbare Energien bis 2035 zu
erreichen.
So kann Deutschland in 20 Jahren klimaneutral werden.
Klimagerechtes Wirtschaften belohnen
Effektiver und sozial gerechter Klimaschutz muss sich auch ökonomisch lohnen. Derzeit sind
die Kosten der Schäden, die durch den Ausstoß einer Tonne CO2 entstehen, nur sehr gering
eingepreist. Nach aktuellen Berechnungen des Umweltbundesamtes verursacht die Emission einer
Tonne CO2 Schäden von rund 195 Euro. Unser Ziel ist eine Wirtschaft, in der die
nachhaltigsten Produkte auch die günstigsten sind. Das wollen wir durch einen klugen Mix aus
CO2-Preisen, Anreizen und Förderung sowie Ordnungsrecht und Abbau von umweltschädlichen
Subventionen ändern. Wollte man die Klimaziele allein über die Bepreisung von CO2 erreichen,
würde das unweigerlich zu erheblichen sozialen Unwuchten führen. Einige könnten sich
rauskaufen, andere nicht mehr teilhaben. Wir sehen in der CO2-Bepreisung also ein Instrument
von vielen – und werden es wirksam und sozial gerecht einsetzen. Das EU-
Emissionshandelssystem (ETS) ist im Lichte des neuen EU-Klimaziels für 2030 zu reformieren,
um seine Lenkungswirkung endlich voll und ganz zu erfüllen. Mit einer deutlichen Reduktion
von Emissionszertifikaten und der Löschung überschüssiger Zertifikate vom Markt erreichen
wir einen CO2-Preis im Bereich Strom, Industrie und europäischem Luftverkehr, der dafür
sorgt, dass erneuerbare Energien statt Kohle und Kerosin zum Einsatz kommen, die Industrie
Planungssicherheit bekommt und einen Anreiz hat, in Dekarbonisierung und
Technologieführerschaft zu investieren. Für die Bereiche Verkehr und Wärme wurde in
Deutschland auf Druck der Klimabewegung und von uns Grünen zudem ein CO2-Preis eingeführt,
dessen Lenkungswirkung aber weiter sozial gerecht verbessert werden muss. Wir wollen die
Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro auf das Jahr 2023 vorziehen. Danach soll der CO2-Preis
so ansteigen, dass er im Konzert mit den Fördermaßnahmen und ordnungsrechtlichen Vorgaben
die Erreichung des neuen Klimaziels 2030 absichert. Die Einnahmen aus dem nationalen CO2-
Preis geben wir als Energiegeld pro Kopf an die Menschen zurück.
Energiegeld einführen
Damit Klimaschutz sozial gerecht ist, wollen wir die Einnahmen aus dem nationalen CO2-Preis
direkt an die Bürger*innen zurückgeben. Dazu streben wir neben der Senkung der EEG-Umlage
ein Energiegeld an, das jede*r Bürger*in erhält. Über das Energiegeld geben wir alle
zusätzlichen Einnahmen transparent an die Menschen zurück und entlasten sie direkt, indem
sie eine Rückerstattung pro Kopf bekommen. So wird klimafreundliches Verhalten belohnt und
es findet ein sozialer Ausgleich im System statt. Unterm Strich werden so
Geringverdiener*innen und Familien entlastet und vor allem Menschen mit hohen Einkommen
belastet. Bezieher*innen von Transferleistungen wie Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe
profitieren ebenfalls, da das Energiegeld nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden
soll. Um zum Beispiel Pendler*innen mit niedrigen Einkommen bei der Anpassung zu
unterstützen, legen wir einen Klimabonus-Fonds auf, der mit großzügigen Hilfen unterstützt,
etwa beim Umstieg auf Bus und Bahn oder ein emissionsfreies Fahrzeug.
CO2-Bremse für alle Gesetze
Wir wollen Klimaschutz systematisch in unsere Rechtsordnung aufnehmen. Die Vorgaben des
Pariser Klimavertrages sowie den Atomausstieg wollen wir im Grundgesetz verankern und
Ökologie als weiteres Grundprinzip staatlichen Handelns stärken. Dem Staat geben wir mehr
Möglichkeiten, durch eine intelligente Steuergesetzgebung ressourcenschonendes Verhalten zu
belohnen und die Erzeugung von CO2 mit einem Preis zu versehen. Für Genehmigungsprozesse
führen wir eine Klimaverträglichkeitsprüfung ein. Mit einer CO2-Bremse machen wir
Klimaschutz zur Querschnittsaufgabe, indem wir Gesetze auf ihre Klimawirkung hin prüfen, die
Vereinbarkeit mit den nationalen Klimaschutzzielen und dem CO2- Budget sicherstellen und den
möglichen Einsatz von klimafreundlichen Alternativen gewährleisten.
Wir schaffen Versorgungssicherheit mit Erneuerbaren
Schneller raus aus der Kohle
Nach dem Willen der Großen Koalition werden in Deutschland Kohlekraftwerke noch bis 2038 dem
Klima und unserer Gesundheit schaden. Das ist mit den Klimazielen von Paris und dem 1,5-
Grad-Pfad nicht vereinbar. Wir setzen uns dafür ein, den Kohleausstieg bis 2030 zu
vollenden. In diesem Sinne werden wir alle Möglichkeiten – auch auf EU-Ebene – nutzen. Um
nicht erneut den Kohlekonzernen Milliarden an Steuergeldern zu schenken, werden wir die
massiven Klimaschäden der Kohleverstromung einpreisen. Das gelingt am besten über den EU-
Emissionshandel – mit einem lenkenden CO2-Preis. Sollte dieser auf europäischer Ebene nicht
schnell genug erreicht sein, setzen wir auf einen nationalen CO2-Mindestpreis im ETS für
Industrie und Strom von 60 Euro pro Tonne CO2. Ein beschleunigter Kohleausstieg bedarf im
Sinne der Versorgungssicherheit eines massiven Ausbaus der erneuerbaren Energien und einer
Ausrichtung des Energiemarktdesigns auf Sonne und Wind. Zugleich wollen wir für den
Gesundheitsschutz die Grenzwerte für den Ausstoß von Schadstoffen, insbesondere Quecksilber,
aus Großfeuerungsanlagen anschärfen. Niemand soll mehr für einen Tagebau sein Zuhause
verlassen müssen. Den durch den Braunkohletagebau Garzweiler von Enteignung und Vertreibung
bedrohten Menschen muss das Land Nordrhein-Westfalen endlich Planungs- und Rechtssicherheit
für Erhalt und Zukunft ihrer Dörfer geben. Dies wollen wir im Bund mit den richtigen
Rahmenbedingungen unterstützen. Das Bergrecht werden wir grundlegend überarbeiten und
Betroffenenrechte, Umwelt- und Naturschutz stärken. Naturholz ist als Rohstoff vielfältig
einsetzbar und zu wertvoll, um es in Großkraftwerken zu verbrennen.
Solardächer zum Standard machen
Wir wollen eine Energiewende, bei der alle mitmachen können – Mieter*innen wie
Hausbesitzer*innen. Unsere Dächer, Fassaden und Balkons können zu Kraftwerken werden – jede
Fläche mit Solaranlage hilft dem Klimaschutz. Die eigene Strom- und Wärmeenergie wird
dezentral und vor Ort erzeugt und genutzt. Unser Ziel sind 1,5 Millionen neue Solardächer in
den kommenden vier Jahren. Deshalb werden wir Solardächer fördern und zum Standard machen.
Beginnend mit Neubauten, öffentlichen und Gewerbegebäuden sowie Dachsanierungen wollen wir
diesen neuen Standard perspektivisch auf den Bestand ausweiten. Leasing-, Pacht- und
Contractingmodelle können hier unterstützend wirken. Für besonders erhaltenswerte
Bausubstanz werden wir Lösungsansätze erarbeiten. Die Mieterstrom-Regeln werden wir deutlich
vereinfachen und Mieterstromprojekte fördern. Bürokratische Hürden für die Nutzung des
Stroms vom eigenen Dach wollen wir abbauen, Eigenverbrauch und Direktvermarktung stärken.
Photovoltaik auf dem Land
Die Photovoltaik wollen wir nicht nur auf die Dächer, sondern auch in die Fläche bringen,
indem wir die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen verbessern und den Bau
erleichtern. Der Ausbau soll vorzugsweise auf versiegelten Flächen, etwa über Parkplätzen,
neben Autobahnen und Schienen und auf Konversions- oder Bergbaufolgeflächen, erfolgen und
nicht auf wertvollem Ackerland. Neue Flächenkonkurrenzen wollen wir vermeiden und stellen
den Mehrfachnutzen für Energieerzeugung, Biodiversität und Landwirtschaft in den
Vordergrund. Agri-Photovoltaikanlagen, d. h. Stromproduktion und landwirtschaftliche bzw.
gartenbauliche Nutzung auf einer Fläche, können einen wichtigen Beitrag für Klimaschutz und
Ökologie leisten. Wenn man es richtig anstellt, können Freiflächenanlagen zu Lebensräumen
werden. Landwirtschaftsbetriebe sollen für ökologische Leistungen Geld erhalten und so
zusätzliche Erträge erzielen. Wichtig ist zudem die Möglichkeit, direkte langfristige
Stromlieferverträge abschließen zu können. Bei der Planung gilt es die Bürger*innen
frühzeitig einzubeziehen und zu beteiligen, von den Erlösen müssen die Kommunen profitieren.
Mit Windenergieausbau den Wirtschaftsstandort Deutschland sichern
Auch bei der Windkraft müssen wir schneller vorankommen, zum Beispiel indem wir den Ausbau
außerhalb der Ausschreibungen stärken. Beim Windausbau gilt es den Konflikt mit Natur- und
Artenschutz zu minimieren, Anwohner*innen zu schützen und die Verfahren zur Genehmigung,
auch durch den Abbau bürokratischer Hürden und klare Rahmenbedingungen, zu beschleunigen. In
einem ersten Schritt wollen wir die erneuerbaren Energien als zwingend für die
Versorgungssicherheit definieren und dafür 2 Prozent der Fläche bundesweit nutzen. Alle
Bundesländer haben hierfür ihre entsprechenden Beiträge zu leisten. Verhinderungsplanungen
lehnen wir ab. Exzessive, pauschale Mindestabstände zu Siedlungen leisten keinen Beitrag zur
Akzeptanzsteigerung. Wir sorgen mit frühzeitiger Bürger*innenbeteiligung vor Ort, klaren
Vorrang- bzw. Eignungsgebieten für Wind sowie mit Ausschlussgebieten und gezielten
Artenschutzprogrammen für eine anwohner*innenfreundliche und naturverträgliche Standortwahl
und stärken zugleich den Schutz von Vögeln und Fledermäusen. Wir werden die Planungen und
Genehmigungen durch vereinfachte Verfahren, mehr Personal und einheitliche
Bewertungsmaßstäbe beschleunigen. Repowering wollen wir erleichtern, sodass alte
Windenergieanlagen am gleichen Standort zügig durch leistungsstärkere ersetzt werden können.
Über 20 Jahre alten Anlagen werden wir einen Weiterbetrieb ermöglichen. Den Bau von
Windenergieanlagen auch in direkter Nähe zu Industrie und Gewerbe wollen wir unterstützen,
um Strom dort zu produzieren, wo er gebraucht wird und wo der Lärmschutz von Anwohner*innen
leichter zu gewährleisten ist. Wir bauen unsere Offshore-Parks weiter aus und verbinden sie
in der Europäischen Energieunion mit den Solarparks der Mittelmeerstaaten, mit der
Wasserkraft Skandinaviens und der Alpen. Je vernetzter, desto stärker. Ein Kontinent ist für
die Energiewende eine gute Größe.
Die Bürger*innen an der Energiewende beteiligen
Wir wollen, dass von der Energiewende möglichst viele profitieren. Deshalb werden wir
Bürger*innen-Projekte bei Wind- und Solarparks besonders fördern und alle europarechtlich
garantierten Möglichkeiten für Bürger*innen-Energiegemeinschaften vollumfänglich
ausschöpfen. Die Kommunen beteiligen wir verbindlich an den Einnahmen aus den Erneuerbaren-
Anlagen, sodass gerade der ländliche Raum von den Gewinnen profitiert. Zudem wollen wir
Mieterstrom fördern, entbürokratisieren und so weiterentwickeln, dass Mieter*innen stärker
vom Ausbau der Erneuerbaren profitieren.
Unsere Energieinfrastruktur klimaneutral machen
Klimaneutralität in weniger als 30 Jahren heißt, dass die eine fossile Infrastruktur nicht
einfach durch eine andere fossile Infrastruktur ersetzt werden darf. Wir leiten daher den
Einstieg in den Ausstieg aus den Fossilen ein: Die Planung unserer Infrastruktur für Strom,
Wärme und Wasserstoff braucht ein Update und muss Klimaneutralität in den Mittelpunkt
stellen. Neue Gaskraftwerke oder Infrastrukturen, die wir für den Kohleausstieg brauchen,
darf es deshalb überhaupt nur geben, wenn sie aktuell zwingend notwendig sind und bereits
Wasserstoff-ready geplant und gebaut werden. Wir werden die rechtlichen Grundlagen dafür
schaffen, dass neue Betriebsgenehmigungen zeitlich befristet erteilt werden und den Wechsel
von Erdgas zu erneuerbaren Energieträgern enthalten. Denn auch Erdgas ist ein
klimaschädlicher Brennstoff, sein Gebrauch muss immer weiter abnehmen. Die extrem
klimaschädlichen Emissionen, die bei Erdgasförderung und -transport entstehen, wollen wir
schnellstmöglich reduzieren. Neue Hafenterminals zur Anlandung von Flüssigerdgas sollen
nicht mehr genehmigt werden. Neue Erdgas-Pipelines wie Nord Stream 2, die nicht auf grünen
Wasserstoff ausgerichtet sind, zementieren auf Jahrzehnte Abhängigkeiten von
klimaschädlichen Ressourcen, konterkarieren die Energiewende und sollten gestoppt werden.
Eine grüne Wasserstoffstrategie
Wasserstoff aus erneuerbaren Energien, sogenannter grüner Wasserstoff, ist zentral für die
Versorgungssicherheit in einer klimaneutralen Welt. Denn Wasserstoff ist gut speicherbar
und, wenn er mit Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, auch klimafreundlich.
Deutschland ist bei den Technologien zur Erzeugung von Wasserstoff weit vorne. Diese
Führungsrolle wollen wir weiter ausbauen und die entsprechende Infrastruktur dafür schaffen.
Mit Marktanreizen und einem umfassenden Förderprogramm werden wir die Kapazitäten zur
Wasserstoffherstellung in Deutschland schaffen. Auch wenn grüner Wasserstoff prioritär bei
uns produziert werden sollte, werden wir zur Bedarfsdeckung Wasserstoff importieren müssen.
Die Infrastruktur für Wasserstoffimporte müssen wir jetzt etablieren. Für die Importe werden
wir faire Kooperationen mit wind- und sonnenreichen Ländern anstoßen und ausbauen und die
Exportländer bei der Energiewende unterstützen. Für den Erfolg dieser Kooperationen ist es
unabdingbar, die lokale Bevölkerung einzubeziehen, Menschenrechte zu schützen, sich an den
nachhaltigen Entwicklungszielen zu orientieren und dafür auch verbindliche Standards
einzuführen. Damit Wasserstoff zur Klimaneutralität beiträgt, muss er aus erneuerbaren
Energien hergestellt werden. Das gilt auch für Wasserstoffimporte. Unser Ziel ist, dass
erneuerbare Energien effizient und wirtschaftlich genutzt und Elektrolyseure systemdienlich
eingesetzt werden. Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe dürfen nicht Teil einer
Verzögerungstaktik sein, sondern sollen aktiv zu Klimaneutralität beitragen. Die direkte
Nutzung von Strom über Batterien oder Wärmepumpen ist in der Regel viel effizienter. Es gilt
daher, Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe gerade dort zum Einsatz zu bringen, wo sie
wirklich gebraucht werden: etwa in der Industrie, in der Schifffahrt oder beim Flugverkehr.
Einen Markt für Ökostrom schaffen
Die Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vor über 20 Jahren war der
Startschuss für die Energiewende in Deutschland, inzwischen sind Sonne und Wind zu den
günstigsten Energiequellen geworden. Doch jetzt, bei einem Erneuerbaren-Anteil von fast 50
Prozent im Strombereich, brauche wir ein Marktdesign, das die Rahmenbedingungen für ein
klimaneutrales Energiesystem richtig setzt: Es sichert den schnellen und günstigen Ausbau
der Erneuerbaren, den wirtschaftlichen Betrieb von Speichern, flexiblen Erzeugern und
Verbrauchern sowie einen ausreichenden Netzausbau. Dafür treiben wir eine grundlegende
Reform des Energierechts voran. Die Sektorenkopplung unterstützen wir, indem die
systemdienliche Nutzung von erneuerbarem Strom gestärkt wird und regionale Unterschiede
berücksichtigt werden. Erste Wind- und große Solaranlagen benötigen bereits heute keine EEG-
Zahlungen mehr, und der Trend zu langfristigen Lieferverträgen zwischen Ökostromerzeugern
und Verbraucher*innen unterstützt diese Entwicklung. Ebenso sollen Endkund*innen den Strom
künftig besser direkt von Ökostromerzeugern kaufen können. Das EEG entwickeln wir so von
einem Förder- zu einem Absicherungsinstrument des Erneuerbaren-Ausbaus weiter. Die EEG-
Umlage wird damit langfristig automatisch auslaufen.
Netzausbau beschleunigen
Um die Energiewende zum Erfolg führen zu können, müssen wir auch die Netze schneller
ausbauen. Sie sorgen dafür, dass die Energie von dort, wo sie erzeugt wird, so schnell wie
möglich dorthin gelangt, wo sie benötigt wird. Ein kluger Mix aus lokaler Erzeugung,
Speichern und flexiblen Verbrauchern senkt die Kosten und erhöht die Versorgungssicherheit.
Voraussetzung für einen weiteren Netzausbau ist, dass er systemdienlich erfolgt und alle
Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die bestehenden Netze optimal auszunutzen und durch
intelligente Systeme und Speicher zu ergänzen. Wesentlich ist eine frühzeitige
Bürger*innenbeteiligung. Sie erhöht die Qualität der Planung und trägt nachweislich dazu
bei, dass potenzielle Klagegründe bereits zu Beginn gemeinsam ausgeräumt statt am Ende vor
Gericht geklärt werden. Klar ist auch: Die Erneuerbaren genießen Vorrang im Netz. Da
Stromübertragungsnetze natürliche Monopole und kritische Infrastruktur darstellen, wollen
wir den öffentlichen Einfluss darauf stärken. Dazu wollen wir nach Möglichkeit die
staatlichen Anteile an den vier Übertragungsnetzbetreibern in Deutschland erhöhen und sie in
eine Bundesnetzgesellschaft in Bundeshand überführen. Wir treiben außerdem eine Reform der
Netzentgelte voran, die die Transparenz stärkt, die Kosten der Energiewende fair verteilt
und eine Benachteiligung ländlicher Regionen – insbesondere im Norden und Osten – bei der
Finanzierung notwendiger Netzausbaukosten beseitigt.
Klima-Sanierungsoffensive bei Gebäuden
Es ist höchste Zeit, dass alle Neubauten und Bauwerke inklusive der Baustoffe im gesamten
Lebenszyklus klimaneutral geplant werden und entsprechend umfassende energetische
Sanierungen erfolgen. Dreh- und Angelpunkt ist die Festlegung hoher Bau- und
Sanierungsstandards: bei Neubauten KfW 40, was in etwa dem Passivhausstandard entspricht, im
Gebäudebestand nach Sanierung KfW 55 – mit Ausnahmen für denkmalgeschützte Gebäude. Die KfW-
Förderprogramme werden wir weiterentwickeln, auch in Bezug auf die Verwendung nachhaltiger
Baustoffe. Für die Aussöhnung von Baukultur und energetischer Sanierung wollen wir klare
Regelungen schaffen, die beiden Zielen angemessen sind. Die Sanierungsquote muss sehr
schnell verdoppelt und weiter gesteigert werden. Der Einsatz von serieller Sanierung kann
hier ein Weg sein. Die öffentliche Hand muss mit ihren Gebäuden als Vorbild vorangehen. Für
den Bestand muss gelten: Bei jedem Eigentümerwechsel muss ein Sanierungsfahrplan vorgelegt
werden. Bei der Umsetzung des Sanierungsfahrplans können Förderprogramme unterstützend
wirken. Wenn im Gebäudebestand ein Heizungsaustausch ansteht oder umfassend saniert wird,
aber auch im Neubau, sollen, wo möglich, ausschließlich erneuerbare Wärmequellen zum Einsatz
kommen. Wir legen dazu ein Investitionsprogramm für zwei Millionen hocheffiziente
Wärmepumpen bis 2025 auf. Auch die Fern- und Nahwärme wollen wir dekarbonisieren und richten
die Förderung an klimaneutralen Lösungen aus. Für die Energieeffizienz ist es maßgeblich,
von der Einzelbefeuerung weg und hin zu verknüpften Systemen zu kommen, in denen aus
verschiedenen Erneuerbaren-Quellen wie Abwärme, Geo- oder Solarthermie Wärme eingespeist und
gespeichert wird. Dabei werden wir auch Industrie und Wirtschaft in die Wärmesysteme
einbinden. Solche verbundenen klimaneutralen Energiesysteme werden wir fördern, besonders in
städtischen Gebieten.
Wärmewende fair gestalten
Die Wärmewende muss mit wirksamem Mieter*innenschutz und gezielter Förderung einhergehen.
Wir wollen mit dem sogenannten Drittelmodell die Kosten für klimafreundliche
Modernisierungen fair zwischen Vermieter*innen, Staat und Mieter*innen verteilen, sodass sie
für alle bezahlbar und für die Vermieter*innen angemessen wirtschaftlich werden. Die
Modernisierungsumlage wollen wir strikt begrenzen, damit Kosten nicht einfach auf die
Mieter*innen abgewälzt werden können. Mit einem Zuschuss zum Wohngeld, dem Klimawohngeld,
ermöglichen wir auch Empfänger*innen von Wohngeld, in klimafreundlichen Wohnungen zu leben.
Bei der CO2-Bepreisung im Wärmebereich erreichen wir Lenkungswirkung, wenn diejenigen dafür
aufkommen, die die Klima-Investitionen auch tätigen: die Hauseigentümer*innen. Denn sie sind
es, die etwas am Zustand der Gebäude und der Wärmeversorgung ändern können, während sie
zugleich von der Wertsteigerung durch die Modernisierung profitieren. Für Kommunen sollen
regionale Wärme- und Energie- sowie integrierte Quartiersplanungen verbindlich gelten. Dabei
unterstützen wir durch das Aktionsprogramm Faire Wärme mit Steuervergünstigungen,
kostenloser Beratung und zielgerichteten Förderprogrammen den Umbau hin zu einer
klimaneutralen Wärmeversorgung.
Atomausstieg vollenden – Endlagersuche zum Erfolg führen
Atomkraft ist nicht geeignet, die Klimakrise zu bekämpfen. Wir werden den Atomausstieg in
Deutschland vollenden. Doch obwohl Atomkraft eine Hochrisikotechnologie ist, wird bei uns
immer noch Uran angereichert, werden Brennstäbe hergestellt und exportiert. Unser Ziel ist
es, die Atomfabriken in Gronau und Lingen schnellstmöglich zu schließen. Der Betrieb des
Forschungsreaktors Garching mit hochangereichertem Uran gehört beendet. Zum Erbe der
Atomenergienutzung gehört die Endlagersuche. Wir bekennen uns zum verabredeten Pfad der
Standortsuche mit höchsten Sicherheitsstandards bei größtmöglicher Transparenz und
Beteiligung der Bevölkerung. Der Rückbau der bestehenden Atomkraftwerke muss schleunigst und
ohne Zeitverzögerung auf höchstem Sicherheitsniveau erfolgen. Auch hier gilt, dass wir mit
diesen Altlasten nicht die nachfolgenden Generationen belasten dürfen. Voraussetzung dafür
ist eine Zwischen- und Endlagerung von schwach-, mittel- und vor allem von hochradioaktivem
Abfall bei höchsten Sicherheitsstandards. Dafür ist ein Gesamtkonzept Voraussetzung. Vor
allem die Sicherheit gegen Terroranschläge muss gewährleistet sein, da die Zwischenlager
noch lange Zeit benötigt werden. Wir werden dafür sorgen, dass die Lagerung und die
Transporte streng überwacht werden. Auch in der EU wollen wir den Einstieg in den Ausstieg
vorantreiben. Wir setzen uns für eine Reform von Euratom, gegen die weitere Privilegierung
oder neue Förderungen der Atomkraft, und für verbindliche Sicherheitsstandards aller
Atomanlagen in Europa ein. So können alte und unsichere Reaktoren an Deutschlands Grenzen
schnell vom Netz genommen werden. Einspruchsmöglichkeiten bei Neubau oder
Laufzeitverlängerung von Atomanlagen in Europa wollen wir ausschöpfen und aus der
gemeinsamen Haftung der Staaten für Atomunfälle aussteigen.
Wir sorgen für nachhaltige Mobilität
Der Mobilitätswende eine Grundlage geben
Der Weg zur Klimaneutralität erfordert, unsere Mobilität im 21. Jahrhundert grundlegend neu
zu denken. Darin liegt eine große Chance: Städte und Dörfer mit mehr Lebensqualität,
Mobilität ohne Klimazerstörung, ohne Staus und Verkehrstote, mehr Freiheit, Teilhabe und
Wohlstand sind möglich. Mit einem Bundesmobilitätsgesetz wollen wir eine neue Grundlage für
die Verkehrspolitik und -gesetzgebung schaffen. Statt eines Verkehrsmittels, des Autos,
stellen wir den Menschen und seine vielfältigsten Bedürfnisse in den Mittelpunkt, vor allem
die der Verletzlichsten in unserer Gesellschaft, also der Kinder, Jugendlichen, Senior*innen
und Menschen mit Handicaps. Mobilitätspolitik wird konsequent an den Mobilitätsbedürfnissen
der Menschen, an Sicherheit, Klimaschutz, Verkehrsvermeidung, Flächengerechtigkeit,
Lärmschutz und Luftqualität, sozialer Teilhabe und Geschlechtergerechtigkeit ausgerichtet.
Statt wie seit Jahrzehnten einen Verkehrsträger einseitig zu bevorzugen, sorgen wir für eine
faire Balance – mit einer starken Bahn, einem modernen ÖPNV und besten Bedingungen für
Radfahrer*innen und Fußgänger*innen. Die Mobilitätswende braucht nicht nur eine bessere
gesetzliche Grundlage, sondern auch eine Beschleunigung in der Umsetzung. Dazu wollen wir
eine umfassende Ausbildungs- und Forschungsoffensive starten.
Investitionen für starke Bahnen
Eine leistungsfähige, verlässliche Bahn ist das Rückgrat einer nachhaltigen Verkehrswende.
Wir wollen den Deutschlandtakt weiterentwickeln und realisieren, um den Menschen mit mehr,
resilienteren und besser aufeinander abgestimmten Bahnangeboten in Stadt und Land attraktive
und für alle bezahlbare Mobilitätsangebote zu machen. Dafür wollen wir alle deutschen
Großstädte regelmäßig an den Fernverkehr anbinden, die Takte im Regionalverkehr verdichten
und den Zugverkehr wieder stärker in die Fläche bringen. Stillgelegte Bahnstrecken wollen
wir schnellstmöglich reaktivieren. Ergänzen wollen wir diese Angebote durch schnelle
Sprinterzüge und Nachtzüge, die alle großen europäischen Metropolen bezahlbar miteinander
verbinden. Lücken und Engpässe sowohl im innerdeutschen als auch im grenzüberschreitenden
Schienennetz sowie in den Bahnknoten wollen wir schließen. Den Aus- und Neubau, die
Elektrifizierung und Digitalisierung des Netzes treiben wir zügig voran. Die bundeseigene
Infrastruktur wollen wir vom Druck, Gewinne erzielen zu müssen, und von der chronischen
Unterfinanzierung befreien und dafür entsprechende Strukturen schaffen. Wir wollen 100
Milliarden Euro, verteilt auf die Jahre bis 2035, zusätzlich in Schienennetz und Bahnhöfe
investieren und im Zusammenwirken mit den Ländern die Regionalisierungsmittel zweckgebunden
noch einmal erhöhen, sodass sich die Pro-Kopf-Investitionen an das europäische Niveau
angleichen. Um die Investitionen langfristig und zuverlässig zu finanzieren, schaffen wir
einen Infrastrukturfonds, der sich auch aus Einnahmen aus der Lkw-Maut speist. Die
Trassenpreise wollen wir deutlich senken, um Anreize für Verkehrsverlagerungen auf die
Schiene zu verstärken. Bahnhöfe wollen wir zu modernen, barrierefreien Mobilitätsstationen
aufwerten. Die Kombination von Bahn mit dem Fahrrad- und Busverkehr wird dadurch deutlich
verbessert, dazu sollen auch die Mitnahmemöglichkeiten für Fahrräder im Zug erweitert
werden. Den Lärmschutz auch an dichtbefahrenen Bestandsstrecken verstärken wir,
Barrierefreiheit der Bahn wollen wir in zehn Jahren erreichen. Wir sorgen dafür, dass
Bahnfahren für alle
bezahlbar ist. Gerade junge Menschen in Ausbildung oder Studium wollen wir bei
klimafreundlicher und
bezahlbarer Mobilität besonders unterstützen. Wir wollen, dass in Zukunft auch alle
Freiwilligendienstleistende wie Soldat*innen kostenfrei mit der Deutschen Bahn fahren
dürfen. Den Deutsche-Bahn-Konzern wollen wir transparenter und effizienter machen und auf
das Kerngeschäft ausrichten, die Eisenbahn in Deutschland und im benachbarten europäischen
Ausland. Wir setzen auf starke Verlagerungen von Straßen- und Flugverkehr auf die Schiene.
Mit uns wird die Bahnbranche ein noch stärker wachsender Jobmotor mit sicheren
Arbeitsplätzen.
ÖPNV ausbauen
Busse und Bahnen sind für alle da, bieten preiswerte Mobilität und verringern den
Autoverkehr. Wir wollen die Fahrgastzahlen im ÖPNV bis 2030 verdoppeln. Dazu muss der
öffentliche Personennahverkehr attraktiver, innovativer und vollständig barrierefrei werden.
Wir wollen den ÖPNV zudem besser verknüpfen – vom Fernverkehrsnetz bis hin zu Bike & Ride –
und regionale Kooperationen stärken. Zusammen mit den Ländern werden wir eine Zukunfts- und
Ausbauoffensive starten, durch eine Mobilitätsgarantie flächendeckende Anbindungen schaffen,
Investitionen in Fahrzeuge und das ÖPNV-Netz erhöhen und Finanzierungsinstrumente wie das
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz und die Regionalisierungsmittel für diese Ziele
ausbauen.
Den Einsatz von emissionsfreien Bussen wollen wir durch ansteigende Quoten und durch
attraktive Förderung für die Kommunen vorantreiben sowie, wo möglich, vorrangig den Ausbau
und die Reaktivierung von Straßenbahnen unterstützen. Mobilität darf nicht vom Geldbeutel
abhängen: Länder, Kommunen und Verbünde wollen wir dabei unterstützen, attraktive
Preisangebote bis hin zu ticketlosem ÖPNV zu machen und neue Finanzierungsquellen wie eine
Umlagefinanzierung zu erschließen.
Deutschland wird Fahrradland und stärkt die Fußgänger*innen
Das Fahrrad hat für die Mobilitätswende riesiges Potenzial. Bereits jetzt boomt die
Fahrradindustrie und schafft Arbeitsplätze. Um diese Potenziale auszuschöpfen, wollen wir
Deutschland zum Fahrradland machen. Radfahren muss sicher und attraktiv sein – überall.
Radwege in Städten, Pendelstrecken oder Verbindungen von Dorf zu Dorf wie auch touristische
Radwege sollen sich durch hohe Qualität und hohe Sicherheitsstandards, wie eine separierte
Radinfrastruktur, sowie eine gute Beschilderung und Kartierung auszeichnen. Unsere Vision
ist ein lückenloses Fahrradnetz in ganz Deutschland mit Anschlüssen in den Grenzregionen.
Die Empfehlungen des Nationalen Radverkehrsplans, die sich an den Bund richten, werden von
uns schnellstmöglich umgesetzt; Kommunen, Länder und Unternehmen werden bei der Umsetzung
ihres Teils der Aufgaben umfassend unterstützt. Die Anzahl der Wege mit Rad und zu Fuß soll
bis 2030 verdoppelt werden. Um diese Ziele zu erreichen, wollen wir die Pro-Kopf-
Investitionen gemeinsam mit Ländern und Kommunen deutlich erhöhen. Wir verstärken die
Bundesförderung und Beratungsangebote für den Ausbau und die Modernisierung der
Radinfrastruktur, schaffen ein schlagkräftiges Kompetenzzentrum Radverkehr und bezuschussen
die Anschaffung von Job- und Lastenrädern sowie S-Pedelecs. Das Straßenverkehrsrecht
reformieren wir, damit Radfahrer*innen besser geschützt sind und einen gleichberechtigten
Platz im Straßenraum bekommen. An Verkehrswegen des Bundes sollen gut ausgebaute Radwege
nach niederländischem Vorbild im Bestand und bei Baumaßnahmen zur Regel werden. Mit einer
nationalen Fußmobilitätsstrategie schaffen wir Barrierefreiheit, Verkehrssicherheit und mehr
Aufenthaltsqualität für Fußgänger*innen.
Mobilpass einführen
Autonomes Fahren, vernetzte Mobilitätsangebote, nutzen statt besitzen – der digitale
Fortschritt wird unseren Alltag in den nächsten Jahren grundlegend verändern. Wir wollen die
deutsche Mobilitätswirtschaft zur Vorreiterin für neue Mobilitätslösungen machen und die
Digitalisierung nachhaltig, inklusiv und ausgewogen für die Verkehrswende nutzen.
Echtzeitinformationen und ein einheitliches Ticketsystem müssen im ÖPNV Standard werden.
Damit man problemlos überall von A nach B kommt, wollen wir mit dem Mobilpass die Angebote
von 120 Verkehrs- und Tarifverbünden in Deutschland vereinfachen und verknüpfen und Sharing-
und Ridepooling-Dienste so integrieren, dass Sozial- und Umweltdumping ausgeschlossen sind.
Bei der Vernetzung sind das Open-Data-Prinzip und offene Schnittstellen zu beachten. Wir
wollen den Wechsel zu Fahrrad, Bus und Bahn für alle attraktiv machen und auch finanziell
fördern. Der Mobilpass soll ebenso Sozialtarife und ticketlose Nutzung fördern. Alle
Mobilitätskonzepte müssen barrierefrei sein und eine Teilnahme auch ohne eigene digitale
Endgeräte ermöglichen. Für autonomes Fahren verbessern wir den Rechtsrahmen mit Schwerpunkt
auf dem öffentlichen Verkehr. Fahrgastrechte wollen wir durch automatisierte
Entschädigungsverfahren stärken.
Mehr Sicherheit durch die Mobilitätswende
Alle Menschen sollen sich in ihrem Alltag angstfrei fortbewegen und unversehrt ihre Ziele
erreichen können. Gerade Kinder, ältere Menschen oder Menschen mit Behinderung brauchen eine
besondere Aufmerksamkeit bei der Verkehrsplanung. Damit mehr Menschen auf das Fahrrad
steigen oder öfter zu Fuß gehen, sind zeitgemäße Verkehrsregeln, eine sichere Gestaltung der
Verkehrsinfrastruktur und eine Neuverteilung der Flächen entscheidend. Unser Ziel ist die
Vision Zero, d. h. keine Toten und Schwerverletzten mehr im Straßenverkehr. Um mehr
Sicherheit auf den Straßen zu erreichen, wollen wir in geschlossenen Ortschaften das Regel-
Ausnahme-Verhältnis umkehren. Tempo 30 ist dann die Regel, Abweichungen wie Tempo 50 werden
vor Ort ausgewiesen. Für die Autobahnen wollen wir ein Sicherheitstempo von 130 km/h. Wenn
besondere Gründe es notwendig machen, wie beispielsweise in Städten oder Ballungsgebieten
oder um sie herum, dann gelten maximal 120 km/h. Um die vielen Unfälle von
Fahrradfahrer*innen und Fußgänger*innen in Innenstädten zu verhindern, wollen wir
verbindlich technische Lösungen wie Lkw-Abbiegeassistenzsysteme, vollautomatische
Assistenzsysteme oder Warnsysteme voranbringen. Wir setzen uns ein für eine Reduzierung von
unnötigem und mutwilligem Lärm, wie er zum Beispiel auch von zu lauten Motorrädern und Pkws
ausgeht.
Den Autoverkehr klimaneutral gestalten
Der Automobilverkehr muss in den nächsten zehn Jahren endlich einen starken Beitrag zum
Klimaschutz leisten. Bisher sind dort die Emissionen immer weiter gestiegen, es braucht
jetzt die Trendwende. Zum Erreichen der Klimaneutralität muss der Autoverkehr abnehmen und
gleichzeitig emissionsfrei werden. Wir werden dafür sorgen, dass dank besserer Züge, Busse,
Rad- und Fußwege und flankierender Maßnahmen bis 2030 mehr als die Hälfte der Wege im
Umweltverbund zurückgelegt werden. Das Auto wird aber für viele weiterhin wichtig sein. Die
Autos müssen in der Summe im Sinne der Lebensqualität aller digitaler, leiser, kleiner und
leichter sowie klimaneutral und besser recyclebar sein. Dabei geht es uns auch darum, mit
Hilfe von Digitalisierung, autonomem Fahren und der Stärkung neuer
Mobilitätsdienstleistungen Autos effizienter zu nutzen und auf diese Weise mehr Mobilität
bei weniger Verkehr zu fördern. Ab 2030 dürfen deshalb nur noch emissionsfreie Autos neu
zugelassen werden; den Weg dorthin bereiten europäische CO2-Flottengrenzwerte und eine
ansteigende nationale Quote, die sich am 1,5-Grad-Pfad orientieren. Bis 2030 müssen aber
bereits in relevantem Maße bisherige Verbrennerfahrzeuge durch E-Autos ersetzt werden, deren
Anteil soll daher bis 2030 auf mindestens 15 Millionen Fahrzeuge steigen. So sorgen wir für
saubere Luft, erfüllen unsere Klima- und Umweltziele und die Automobilindustrie kann ihre
Entwicklungsarbeit und ihre Investitionen verlässlich planen.
Das sichert zukunftsfähige Arbeitsplätze und neue Geschäftsmodelle. Die Kaufförderung
emissionsfreier Autos wollen wir in ein Bonus-Malus-System überführen und für Elektro-
Leichtfahrzeuge öffnen. Klimafreundliche Autos werden billiger, klimaschädliche teurer. Auch
die Umrüstung bestehender Verbrenner zu emissionsfreien Autos wollen wir fördern. Zudem
nutzen wir Regulierung, verpflichtende Verbraucherinformationen und Anreize, um Autos
insgesamt leichter und effizienter zu machen. Wir beenden schrittweise die Dieselsubvention
und gestalten die Dienstwagenbesteuerung sozial-ökologisch um. Wir beschleunigen den
flächendeckenden Ausbau einer einheitlichen Ladeinfrastruktur, besonders im ländlichen Raum,
inklusive Schnellladesäulen. Laden muss flächendeckend in Deutschland und Europa schnell,
ökologisch, günstig und bequem möglich sein.
Moderne Verkehrsinfrastruktur
Die Verkehrspolitik hat jahrzehntelang einseitig Straßenbau und Pkw-Verkehr gefördert. Sie
reißt damit alle Klima- und Nachhaltigkeitsziele und führt doch tagtäglich zu Staus. Das hat
keine Zukunft – moderne Mobilität für dieses Jahrhundert verlangt neue Prioritäten.
Deutschland braucht eine Infrastrukturentwicklung, die den 1,5-Grad-Pfad einhält und allen
Menschen zukunftsfähige und sichere Mobilität ermöglicht. Wir legen den Fokus auf den Ausbau
von Geh-, Rad- und Schienenwegen, eine gleichberechtigte Verteilung von Flächen, die
Umnutzung bestehender Infrastrukturen sowie eine intelligente barrierefreie Vernetzung
umweltfreundlicher Verkehrsmittel. Auch die Vermeidung von Verkehr und daraus resultierenden
Belastungen, unter anderem durch bessere Bedingungen für Homeoffice und die Wiederkehr der
Nahversorgung in Orte und Stadtviertel, werden wir unterstützen. An den Verkehrswegen wollen
wir für zusätzliche Bäume und ihren Bestandserhalt als Teil einer grünen Infrastruktur
sorgen. Der bisherige Bundesverkehrswegeplan wird diesen Ansprüchen überhaupt nicht gerecht.
Trotz Klima- und Artenkrise und obwohl Deutschland eines der dichtesten Straßennetze der
Welt hat, enthält der Bundesverkehrswegeplan noch hunderte weitere Straßenbauprojekte, die
unsere Landschaften und unsere Natur zerschneiden und den Klimaschutz gefährden. Deutschland
hat keinen Mangel an Straßen, erst recht keinen an Autobahnen. Wir wollen deshalb den
Bundesverkehrswegeplan schnellstmöglich durch einen neuen Bundesnetzplan ersetzen, der die
Verkehrsinfrastrukturplanung systematisch an den Erfordernissen der Mobilitätswende
ausrichtet und die bis 2030 vorgesehenen Neu- und Ausbauten von Autobahnen und
Bundesfernstraßen deutlich reduziert. Dies erfordert eine grundsätzliche Änderung der
bisherigen standardisierten Bewertungsverfahren, Berechnungsgrundlagen und Kriterien unter
Berücksichtigung der tatsächlichen Klima- und Umweltkosten, die gründliche Prüfung von
Alternativen, die auch andere Verkehrsträger einbezieht, eine Verbesserung der bisher
unzureichenden Beteiligung der Bürger*innen und Verbände sowie die Abkehr vom sogenannten
Finanzierungskreislauf Straße. Wir schützen damit unsere Wohngebiete, Wald und Wasser, Moore
und Artenvielfalt und so unsere eigenen Lebensgrundlagen. Angesichts der Klimakrise darf
nicht gelten: Nur weil es schon immer so geplant war, muss das jetzt auch gemacht werden.
Die anstehende Überprüfung des aktuellen Bundesverkehrswegeplans werden wir zudem nutzen, um
alle nicht im Bau befindlichen Abschnitte sowie besonders umweltschädliche Straßenneubau-
und Straßenausbauprojekte einer Klima-, Umwelt- und Bedarfsprüfung zu unterziehen und sie
dadurch deutlich zu reduzieren. Bis zum Abschluss der Überprüfung dürfen bei diesen
Projekten keine irreversiblen Fakten geschaffen werden. Das gilt umso mehr, weil der
ausufernde Straßenneubau Mittel bindet, die wir anderswo viel dringender brauchen. Die
Mittel für den Straßenneu- und -ausbau werden wir deshalb weitgehend umschichten – zugunsten
der Sanierung maroder Infrastruktur und des Ausbaus der Schienen- und Radwegeinfrastruktur.
Dazu gehört auch eine gründliche Bewertung der finanziellen Risiken des Straßenbaus und der
neuen Autobahngesellschaft. Straßenfahrzeuge und Züge sollen leiser werden, durch mehr
aktiven Lärmschutz auch im Bestand. Dort, wo wir den Lärm nicht direkt an der Quelle mindern
können, sorgen wir für besseren Lärmschutz.
Mobil auf dem Land durch eine Mobilitätsgarantie
In ländlichen Räumen ist die Mobilitätswende am anspruchsvollsten, denn viele Menschen sind
dort auf das Auto angewiesen. Zugleich schränkt diese einseitige Autozentrierung die
Autonomie von Kindern, Jugendlichen und Menschen ohne Auto besonders stark ein. Wir wollen
erreichen, dass Mobilität auch auf dem Land ohne Auto und barrierefrei möglich ist. Wir
wollen mit den Ländern eine Mobilitätsgarantie mit gesetzlich definierten Standards für
Erreichbarkeit und Erschließung einführen, erweiterte Angebote an öffentlicher Mobilität in
ländlichen Räumen entwickeln, lokale Initiativen unterstützen und Radwege ausbauen. Gerade
in strukturschwachen Regionen braucht es eine regelmäßige, verlässliche und barrierefreie
Anbindung an den ÖPNV, zum Beispiel durch Schnellbuslinien, und an
Mobilitätsdienstleistungen wie Ridepooling- und On-Demand-Verkehre. Dennoch ist das Auto für
viele Menschen im ländlichen Raum unverzichtbar und dort gerade für viele Familien kaum
wegzudenken. Deshalb setzen wir hier auch besonders auf die Chancen der Antriebswende. Das
E-Auto ist insbesondere im Paket mit Solaranlagen auf dem Dach, einem Stromspeicher im
Keller und einer Wandladestation in der Garage eine zukunftsfähige Lösung. Zugleich wollen
wir Carsharing flächendeckend verfügbar machen und die Errichtung von Carsharing-Stationen
fördern, auch an zunächst weniger rentablen Standorten.
Mobilitätswende in der Stadt
Nirgendwo wird die Mobilitätswende sehnlicher erwartet als in den Innenstädten: Unfälle,
Staus, Abgase, Lärm, zu wenig Platz für Kinder zum Spielen und für Begegnungsräume – die
autozentrierte Stadt ist nicht nur klimaschädlich, sondern auch kein schöner Ort zum Leben.
Wir wollen unsere Städte lebenswerter machen und sie dazu bei der Mobilitätswende gezielt
unterstützen. Wir werden es ihnen erleichtern, den Raum Straße vielfältig nutzbar zu machen,
attraktive Rad- und Fußwege anzulegen, verkehrsberuhigte oder autofreie Innenstädte und
Stadtviertel voranzutreiben und mehr Grünflächen auch durch Entsiegelung zu schaffen.
Temporäre Umgestaltungen wie Pop-up-Bikelanes sollen erleichtert werden, um Best-Practice-
Lösungen testen zu können. Den Städten und Kommunen wollen wir die Planungshoheit
zurückgeben, damit sie öffentlichen Raum gerecht aufteilen können, zum Beispiel durch eine
stringente Parkraumbewirtschaftung, indem Autos nicht mehr überall, sondern nur noch auf
explizit dafür ausgewiesenen Flächen geparkt werden dürfen, oder durch bessere
Möglichkeiten, Fahrradparkplätze vorzugeben und Auto- in Fahrradparkplätze umzuwidmen. Wir
wollen, auch durch angemessene Bußgelder, Schluss machen mit Falschparken auf Radwegen und
Fußwegen und zugestellten Straßenkreuzungen. Zudem stärken wir die Möglichkeiten, auch durch
europäische Erfolgsmodelle wie eine City-Maut oder eine Nahverkehrsabgabe die
Mobilitätswende zu finanzieren, zu fördern und aktiv zu gestalten. Die Ausweitung von –
insbesondere stationsbasierten – Carsharing-Angeboten werden wir fördern, da diese für eine
Verringerung des Pkw-Bestands in den Städten sorgen.
Flugverkehr zukunftsfähig ausrichten
Fliegen bringt unsere Welt näher zusammen, ist aber eine der klimaschädlichsten
Fortbewegungsarten. Nach der Pandemie wollen wir kein Zurück zum unbegrenzten Wachstum des
Luftverkehrs, sondern diesen am Ziel der Klimaneutralität ausrichten. Kurzstreckenflüge
wollen wir ab sofort Zug um Zug verringern und bis 2030 überflüssig machen, indem wir massiv
Bahnangebote – gerade Direkt- und Nachtzugverbindungen – ausweiten und für faire
Wettbewerbsbedingungen zwischen den Verkehrsmitteln sorgen, die die ökologischen Kosten
wiederspiegeln. Die Zahl von Mittel- und Langstreckenflügen gilt es zu vermindern, zum
Beispiel indem öffentliche und privatwirtschaftliche Geschäftsreisen durch die Nutzung von
Videokonferenzen entfallen. Das Fliegen wollen wir nachhaltig, zukunftsfähig und langfristig
unabhängig von fossilen Treibstoffen machen. Dafür sorgen ein strikter europäischer
Emissionshandel, die Förderung moderner Flugzeugtechnologien und die Erhöhung der
Beimischungsquoten mit einem klaren Anstiegspfad, der fossiles Kerosin durch strombasierte
Kraftstoffe aus Erneuerbaren Schritt für Schritt ersetzt. Bis 2030 soll die Quote statt 2
Prozent mindestens 10 Prozent betragen und im Folgejahrzehnt deutlich anwachsen. Den Aufbau
von Produktionsanlagen dafür fördern wir. Umweltschädliche Subventionen sind abzubauen und
fortlaufende Finanzhilfen für Flughäfen zu beenden. Außerdem setzen wir uns für die
Einführung einer europäischen Kerosinsteuer ein. Bis diese in der EU umgesetzt ist, werden
wir auf nationaler Ebene eine Kerosinsteuer für innerdeutsche Flüge einführen. Lohndumping
durch Billigflüge muss beendet werden. Einen weiteren Ausbau der Flughafeninfrastruktur
lehnen wir ab. Neue Entwicklungen im Flugverkehr, wie zum Beispiel Drohnen, müssen sich
daran messen lassen, ob sie einen Beitrag zu einer nachhaltigen Mobilitätswende leisten
können. Zur Reduktion von Fluglärm braucht es weniger Flugzeuge, eine Pflicht zum aktiven
Schallschutz für leisere Flugzeuge, ein echtes Nachtflugverbot, die Gleichstellung von
militärischen und
zivilen Flughäfen sowie eine Novellierung der gesetzlichen Grundlagen mit strengeren
Grenzwerten. Für den Gesundheitsschutz wollen wir außerdem Grenzwerte für Ultrafeinstaub
festlegen.
Zukunftsfähiger Güterverkehr
Jeden Tag werden durch Deutschland Millionen Tonnen an Gütern transportiert, heute zumeist
in Form endloser Lkw-Karawanen auf unseren Straßen. In einem klimaneutralen Deutschland muss
auch der Güterverkehr zukunftsfähig, emissionsfrei und weniger lärmintensiv sein. Für
weniger Lkw-Verkehr wollen wir den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene verlagern.
Dafür werden wir die Kombination von Straße, Schiene und Wasser ertüchtigen und Industrie
und Gewerbe wieder ans Bahnnetz anschließen – auch in der Fläche. Wir fördern Investitionen
in moderne Güterverkehrstechnik, intermodale Güterverkehrszentren und Umschlagterminals für
den kombinierten Güterverkehr. Wir setzen zudem auf regionale Wirtschaftskreisläufe und die
Chancen der Digitalisierung und Vernetzung bei der Organisation der Logistik. Den
ausufernden Lkw-Verkehr wollen wir durch eine CO2-orientierte Maut so regulieren, dass die
entstehenden Kosten von den Verursacher*innen getragen werden. Zusammen mit ambitionierten
CO2-Flottengrenzwerten und Quoten, der Förderung klimafreundlicher Antriebe und dem
schnellen Aufbau der entsprechenden Infrastrukturen werden auch Lkw absehbar lokal
emissionsfrei. Für mehr Sicherheit im Lkw-Bereich braucht es eine bessere Durchsetzung von
Arbeitszeitvorschriften. Auch die Arbeitsbedingungen der Lkw-Fahrer*innen müssen erheblich
verbessert werden. Dafür werden wir das Bundesamt für Güterverkehr personell aufstocken und
diesem mehr Befugnisse erteilen. In der städtischen Logistik wollen wir den Einsatz von
Lastenrädern und Cargo-Trams fördern sowie neue Verteilkonzepte wie Cityhubs und die
Güterbeförderung auf der letzten Meile per Konzession vorantreiben.
Die Schifffahrt klima- und umweltverträglich machen
Für ein außenhandelsorientiertes Land wie Deutschland ist eine international
wettbewerbsfähige maritime Wirtschaft von entscheidender Bedeutung. Wir setzen uns für die
Entwicklung eines gemeinsamen Seehafenkonzepts durch Bund und Länder ein, das auf
Kooperation der Standorte statt auf Konkurrenz setzt. Die Schifffahrt wollen wir durch
verbindliche Emissionsminderungsziele und eine Einbeziehung in den EU-Emissionshandel
klimaneutral machen. Wir setzen die politischen Rahmenbedingungen dafür, dass die
Schifffahrt schnellstmöglich wegkommt vom Schweröl mit seinen giftigen Abgasen und dass sich
stattdessen Landstromanlagen, emissionsarme Terminals, alternative Schiffsantriebe und
klimaneutrale Treibstoffe ebenso wie faire Arbeitsbedingungen für alle an der Seefahrt
Beteiligten durchsetzen. Dafür drängen wir auf weltweit höhere Standards. Modernisierte
Binnenschiffe müssen künftig einen wichtigen Beitrag zum klimaneutralen Gütertransport
liefern. Wir sehen uns in der Verantwortung für einen guten ökologischen Zustand aller
Wasserstraßen. Marode Wasserstraßen müssen umweltverträglich saniert werden, für
Flussvertiefungen soll es ein Moratorium und eine grundsätzliche Überprüfung im Rahmen der
Neuaufstellung des Bundesnetzplans im Sinne der neuen UN-Dekade für die Wiederherstellung
von Ökosystemen geben.
Wir schützen Natur und Umwelt für ein gutes Leben
Artensterben stoppen
Biologische Vielfalt sichert das Leben auf der Erde. Ökologische Leitplanken müssen daher
unser Handeln definieren – als „Barometer des Lebens“. Um die Krise der Artenvielfalt zu
überwinden und das massenhafte Artensterben zu beenden, brauchen wir vor allem eine andere
Landnutzung. Wie beim Klimaschutz zählt auch beim Naturschutz jeder Tag. Deshalb werden wir
ein Sofortprogramm Artenschutz auflegen, mit dem wir den Pestizideinsatz deutlich verringern
und den Einsatz besonders schädlicher Umweltgifte wie Glyphosat untersagen. Wir wollen den
Verkauf von naturwertvollen bundeseigenen Flächen sowie die Entwässerung von Moorstandorten
stoppen und militärische Konversionsflächen dem Naturschutz zur Verfügung stellen. Zur
besseren Vernetzung der Schutzgebiete wollen wir Naturschutzkorridore schaffen. Gemeinsam
mit den Ländern werden wir die Naturschutzwirkung der Natura-2000-Gebiete verbessern, wo
möglich Nationalparks und andere Schutzgebiete vergrößern bzw. neue schaffen sowie das
nationale Naturerbe stärken. Damit der Naturschutz endlich ausreichend finanziert wird,
werden wir neue Wege gehen: 10 Prozent der Gelder aus dem Energie- und Klimafonds sollen für
Klimaschutz durch Naturschutzmaßnahmen eingesetzt werden. Wir werden den Wildnisfonds
ausbauen, damit sich auf mindestens 2 Prozent der Landesfläche wieder echte Wildnis
entwickelt, wo Pflanzen und Tiere ungestört leben können. Wir wollen erreichen, dass vor
jeder Planung von Infrastrukturvorhaben die Auswirkungen auf Klima, Natur und Umwelt
umfassend geprüft und berücksichtigt werden. Auch einer vielfältigen Kulturlandschaft kommt
eine große Bedeutung für den Schutz unserer Natur zu. Deshalb wollen wir wertvolle
Landschaftselemente wie artenreiche Blumenwiesen, Streuobstbestände, Weinbau-Terrassen,
Alleen, Einzelbäume und Blühstreifen entlang von Straßen und auf kommunalen Flächen besser
schützen und neu schaffen. Den Verbrauch an Boden in Natur und Landwirtschaft werden wir
endlich drastisch reduzieren – in einem ersten Schritt auf unter 30 Hektar pro Tag deutlich
vor 2030. Dazu werden wir gemeinsam mit den Ländern und Kommunen Instrumente umsetzen, mit
denen Bauen auf jetzigem Ackerland und Naturboden wirksam begrenzt wird.
Unseren Wald retten
Unser Wald ist durch die Klimakrise – durch Hitzewellen, Dürre und Stürme – stark bedroht.
Wir erleben heute schon ein Waldsterben, das weitaus größere Schäden anrichtet, als in den
80er Jahren durch den sauren Regen entstanden sind. Naturnahe, artenreiche und klimastabile
Waldökosysteme sind widerstandsfähiger als Monokulturen. Sie halten den Wasserkreislauf in
Balance und die Böden fruchtbar, speichern Kohlenstoff, reinigen die Luft, sind der
Lebensraum zahlreicher bedrohter Tiere, Pflanzen und Pilze, produzieren Rohstoffe und dienen
der Erholung und Gesundheitsvorsorge. Wir fördern die Entwicklung gesunder Wälder, die mehr
Kohlenstoff binden, als aus ihnen herausgeholt oder freigesetzt wird. Wir wollen gesetzliche
Mindeststandards festlegen, damit die Waldbewirtschaftung naturnah wird, den Umbau und die
Wieder- und Neubewaldung nach ökologischen Bewirtschaftungsvorgaben ausrichten und die
Waldbesitzer*innen dabei mit qualifizierter Förderung und Beratung unterstützen. Das dient
auch dem ökonomischen Mehrwert. Im Einklang mit Naturschutz- und Waldbesitzerverbänden
setzen wir uns für wald-, natur- und tierschutzgerechte Bejagungsmethoden ein. Die
Bewirtschaftung aller Flächen der öffentlichen Hand soll an ökologische Kriterien geknüpft
werden – im Wald nach FSC- oder Naturlandstandards, in der Landwirtschaft nach Ökolandbau
zertifiziert. Wir wollen als ersten Schritt mindestens 5 Prozent unserer Wälder der Natur
überlassen. So schaffen wir die Urwälder von morgen. Weitere Dürrejahre vergrößern die
Waldbrandgefahr. Gemeinsam mit Kommunen und Ländern wollen wir eine bundesweite Präventions-
und Bekämpfungsstrategie erarbeiten.
Biologische Vielfalt an Land und im Meer schützen
Der Artenrückgang und die Zerstörung natürlicher Lebensräume schreiten auch global weiter
voran. Wir werden uns für ein ambitioniertes Abkommen der Vereinten Nationen zum Erhalt der
biologischen Vielfalt einsetzen und es in Deutschland umsetzen. Entsprechend der
Biodiversitätsstrategie der Europäischen Union sollen mindestens 30 Prozent der Landfläche
und 30 Prozent der Meere wirksam geschützt werden. Die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung
wollen wir überall als neue Leitprinzipien verankern und für eine kohärente Politik sorgen.
Im Meeresbereich verfolgen wir eine gemeinsame internationale Meeresstrategie. Wir werden
uns dafür einsetzen, den Schutz der Meere über verbindliche Abkommen zu schärfen,
Vollzugsdefizite und Regellücken zu schließen und damit in den Fokus zu rücken, damit auch
bisher legale Verschmutzung, wie zum Beispiel Tankwäschen auf hoher See, verboten und
Übernutzung verhindert wird. Wir unterstützen Programme zum Stopp der globalen Entwaldung
und zum Schutz oder zur Wiedereinwanderung oder -ansiedlung besonders bedrohter Arten.
Landnutzer*innen, deren Lebensunterhalt durch Schutzmaßnahmen bedroht wird, müssen einen
Ausgleich erhalten. Gezielte Artenschutzprogramme von Zoos und wissenschaftlichen Instituten
wollen wir unterstützen und zugleich die Haltung der Tiere dort verbessern. Lebensräume, für
die wir in Deutschland internationale Verantwortung tragen, wie das Wattenmeer und alte
Buchenwälder, wollen wir gemeinsam mit den Ländern besser als bisher schützen und
entwickeln. Bei Eingriffen in die Natur müssen nicht verantwortbare Risiken, wie die
Manipulation oder Ausrottung ganzer Populationen oder Arten durch gentechnische Methoden,
sogenannte Gene Drives, ausgeschlossen werden. Es braucht eine umfassende Biomassestrategie,
damit die Produktion und der Import von Biomasse zur Energieerzeugung oder für Tierfutter
nicht zur Zerstörung der Artenvielfalt führt.
Flüsse und Moore schützen und renaturieren
Die Renaturierung von Flüssen, Auen und Wäldern und die Wiedervernässung von Mooren – all
das schützt nicht nur seltene Lebensräume und die biologische Vielfalt, sondern auch das
Klima. Deshalb werden wir eine Renaturierungsoffensive starten. Naturnahe Bäche und die
letzten frei fließenden Flüsse wie die Elbe müssen erhalten bleiben, einen Ausbau der Oder
lehnen wir ab, das gilt auch für die Tideelbe. Maßnahmen, die den ökologischen Zustand
unserer Fließgewässer verschlechtern, sind nicht erlaubt. Diese Vorgabe aus dem europäischen
Recht werden wir durchsetzen. Flüsse mit weiten Auen und Überschwemmungsgebieten sind auch
der beste Schutz gegen Hochwasser und halten das Wasser in der Landschaft. Wir werden
deshalb die Aufgaben der Bundeswasserstraßenverwaltungen nach ökologischen Kriterien neu
ausrichten. Spezifische Programme für wilde Bäche, naturnahe Flüsse, Seen, Auen und
Feuchtgebiete wie das Blaue Band wollen wir stärken und gemeinsam mit den Ländern die EU-
Wasserrahmenrichtlinie endlich konsequent umsetzen. Moorschutz ist Klimaschutz. Daher wollen
wir ein Ende der Torfnutzung und unsere Moore so schnell und umfassend wie möglich
wiedervernässen. Dazu legen wir gemeinsam mit den Ländern ein großflächig wirksames Moor-
Renaturierungsprogramm auf. Um die noch intakten Moore vor Torfabbau, Überdüngung und
Entwässerung zu retten, werden wir sie unter strengen Schutz stellen. Für genutzte Moorböden
wollen wir ökonomische Perspektiven für eine nachhaltige nasse Landwirtschaft ermöglichen
und extensive Weidewirtschaft und Paludikultur stärken.
Sauberes Wasser ist Leben
Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Düngemittel, Pestizide, Waschmittelrückstände und
Medikamentenreste gehören nicht in unser Wasser. Zum Schutz unseres Grundwassers, der Seen,
Flüsse und Meere wollen wir deshalb klare gesetzliche Vorgaben, etwa zur Flächenbindung der
Tierhaltung und des Pestizid- und Düngemitteleinsatzes, verankern sowie die Kläranlagen
verbessern. Ein Verursacherfonds und eine Reform der Abwasserabgabe sollen so zu einer
fairen Verteilung der Kosten von Abwasser- und Trinkwasseraufbereitung führen. Wir wollen
die Produktverantwortung von Hersteller*innen stärken. So verringern wir etwa durch
verbesserte Genehmigungs- und Entsorgungsvorschriften für Medikamente die Bildung von
Resistenzen und andere Gefahren von Arzneimittelrückständen im Wasser. Besonders gefährliche
und schlecht abbaubare Schadstoffe dürfen nicht mehr in den Wasserkreislauf gelangen. Wir
setzen das EU-Wasserrecht endlich konsequent um und reduzieren den Eintrag von
hormonverändernden Stoffen und Mikroplastik ins Wasser deutlich. Den Vorrang der
Trinkwasserversorgung gegenüber gewerblicher Nutzung gilt es sicherzustellen,
Wiederverwendung von Abwässern und Speicherung von Regenwasser wollen wir fördern und
Anreize zum Wassersparen schaffen. Wir machen das Vorsorgeprinzip auch im Gewässerschutz zur
Richtschnur, deswegen wollen wir im Bergrecht Fracking und künftige Projekte zur Förderung
von Erdöl und Erdgas ausschließen.
Meere schützen, Plastikmüllflut stoppen
Die Meere befinden sich in einem katastrophalen Zustand – und dieser droht sich durch
weitere Versauerung, Überdüngung, Überfischung, Verschmutzung und Plastikmüll noch zu
verschlechtern. Um der Plastikmüllflut Einhalt zu gebieten, wollen wir ein international
verbindliches Abkommen zum Stopp der Plastikvermüllung unserer Meere auf den Weg bringen
sowie ein Sofortprogramm mit ehrgeizigen Müllvermeidungszielen auflegen. Wir wollen Technik
fördern, die eine Bergung der Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee und ein
umweltverträgliches Abfischen von Müll aus dem Meer ermöglicht. Aus den Erdölförderanlagen
in der Nordsee treten durch Unfälle, ölhaltigen Bohrschlamm mit Bohrabfällen und auch durch
die Abfackelung von Gas giftige Stoffe aus. Wir setzen uns für ein Ende der Förderung
fossiler Energieträger ein. In der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone wollen wir
einen sofortigen Stopp neuer Öl- und Gasbohrungen umsetzen sowie ein Förderende bis 2025.
Auf europäischer und internationaler Ebene setzen wir uns für ein Ende der Öl- und
Gasförderung in der gesamten Nord- und Ostsee ein. Wir wollen auch den Ausstieg aus dem
Kies- und Sandabbau in Schutzgebieten vorantreiben und zugleich Raubbau in Ländern des
globalen Südens durch Importstandards verhindern. Um die Überfischung zu beenden, die
Fischbestände zu stabilisieren und Fischer*innen eine nachhaltige Perspektive zu geben,
wollen wir Fangquoten und Fischereiabkommen anpassen, Schonzeiten ausdehnen und die
Umstellung der Fischerei auf umwelt-, klima- und artenschonende Fangmethoden erreichen. Dazu
gehören auch ein schnellstmöglicher Ausstieg aus der klima- und umweltschädlichen
Grundschleppnetzfischerei und eine naturschutzgerechte Regulierung von Stellnetzen. Wir
wollen die Fischereisubventionen auf eine ökologische Meeresnutzung ausrichten. Regionale
Fischereibetriebe werden wir bei der Umstellung ebenso unterstützen wie beim Aufbau von
Alternativen durch umweltfreundliche touristische Angebote. Ein wichtiger Schritt, um
ökologische Fischerei und Aquakultur auskömmlich zu honorieren, ist eine verbindliche und
für die Verbraucher*innen transparente Kennzeichnung. Für lebendige Weltmeere sind die
Umsetzung der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie, ein Tiefseebergbaumoratorium sowie die
Ausweisung von großflächigen nutzungsfreien Meeresschutzgebieten notwendig.
Das Ende des Mülls
Der Plastikmüll wird immer mehr, der Mehrweganteil bei Getränken sinkt seit Jahren.
Einwegbecher werden nur für wenige Minuten genutzt, bevor sie zu Müll werden. Ausgediente
Handys und Tablets verstauben in Schubladen, obwohl sie wiederverwendet oder recycelt werden
könnten. Unser Ziel ist Zero Waste. Es soll kein Müll mehr verursacht und die
Ressourcenverschwendung gestoppt werden. Das kann nur gelingen, wenn Hersteller*innen und
Müllverursachende stärker in die Verantwortung genommen werden und das Konzept der
Kreislaufwirtschaft ganzheitlich bei Design, Herstellung, Nutzung und Entsorgung von
Produkten berücksichtigt wird. Unerwünschte, oft sogar noch in Plastikfolie eingepackte
Werbung gehört nicht in unsere Briefkästen. Wir werden das komplizierte Pfandsystem
entwirren. Jede Flasche soll in jeden Pfandautomaten passen, den To-go-Mehrwegbecher machen
wir bis 2025 zum Standard. Wir fördern Mehrweg bei Transport, Online-Handel, Einkauf und
Lebensmittelverpackungen. Wir treten für ein EU-weites Pfandsystem ein. Damit
Ressourcenschätze aus alten Elektrogeräten zurück in den Kreislauf finden, schaffen wir in
einem ersten Schritt ein Pfand auf Handys, Tablets und energieintensive Akkus. Das bisherige
Lizenzgeld für Plastikverwertung entwickeln wir zu einer Ressourcenabgabe weiter. Bei der
Ausgestaltung der Müllsammlung wollen wir die Position der Kommunen stärken. Das
Verpackungsgesetz wird zum Wertstoffgesetz, das allen ökologisch vorteilhaften
Mehrwegprodukten Vorrang einräumt sowie Müllvermeidung und hochwertiges Recycling fördert.
Dazu müssen Kunststoffsorten und Verbundstoffe reduziert und giftfrei werden. Biowertstoffe
gehören nicht in die Verbrennung, sondern müssen verwertet werden. Plastikmüll soll nicht
mehr exportiert werden, wenn er nicht hochwertig recycelt wird. Stoffe im Kreislauf zu
führen, wird auch ökonomisch vorteilhafter werden, als sie wegzuwerfen. Kreislaufwirtschaft
wird das neue Normal.
Giftfreie Produkte im Alltag
Plastik- und Schadstoffrückstände finden sich mittlerweile sogar schon in den Körpern von
Kindern und Jugendlichen. Die Weltgesundheitsorganisation sieht in hormonstörenden
Chemikalien eine globale Gesundheitsbedrohung. Wir wollen giftige Chemikalien, die
Erkrankungen wie Krebs, Diabetes oder Allergien und ungewollte Kinderlosigkeit auslösen
können, aus allen Alltagsprodukten verbannen, indem wir das EU-Recht im Chemikalienbereich
verbessern und schnell und konsequent durchsetzen. Der Eintrag von Mikroplastik, das sich
heute schon überall in unserer Umwelt findet, muss dringend minimiert werden. In Kosmetika
und Pflegeprodukten hat Mikroplastik nichts verloren. Besonderes Augenmerk richten wir auf
Spielzeug, Kinderpflegeprodukte und andere Alltagsprodukte wie Textilien, Möbel oder
Elektronik. Deutschland sollte dem Beispiel Frankreichs folgen und nachgewiesen giftige
Chemikalien wie Bisphenol A in Kochgeschirr und Lebensmittelverpackungen oder per- und
polyfluorierte Kohlenwasserstoffe in Papier und Pappe verbieten. Wir wollen
Verbraucher*innen besser schützen, indem wir gemeinsam mit den Ländern importierte Güter
stärker auf Giftstoffe kontrollieren, die Produktkennzeichnung verbessern und
Produktrückrufe erleichtern. Unser Ziel ist, dass die Menschen gesund in einer gesunden
Umwelt leben können.
Saubere Luft zum Atmen
Wir alle brauchen saubere Luft zum Atmen. Doch Abgase aus dem Verkehr, aus Kohlekraftwerken
oder alten Ölheizungen machen krank. Schlimmer noch: Nach Berechnung der Europäischen
Umweltagentur sterben allein in Deutschland pro Jahr 70.000 Menschen vorzeitig durch von
Luftverschmutzung verursachte Krankheiten. Die ökologische Modernisierung bietet riesige
Chancen, die Luft zu verbessern. E-Autos, Solar- und Windenergie schützen unsere Luft. Wir
wollen diese Entwicklung beschleunigen und die Grenzwert-Empfehlungen der
Weltgesundheitsorganisation für Luftschadstoffe schnellstmöglich umsetzen. Auch durch mehr
Grün in unseren Städten verbessern wir dort die Luftqualität. Um diese Ziele zügig zu
erreichen, werden wir alle Emissionsquellen wie Verkehr, Industrie und Landwirtschaft in den
Blick nehmen und in diesem Zusammenhang die Entscheidung darüber, ob und wie Feuerwerk im
Einzelnen zu regeln ist, dahin geben, wo sie hingehört – vor Ort.
Klimaanpassung und mehr Natur in der Stadt
Die Klimakrise verändert zunehmend die Rahmenbedingungen unseres Zusammenlebens. Schon heute
hat sich die Erde um 1,2 Grad erhitzt. Die Folgen sind mit Hitzesommern, Überschwemmungen
und Stürmen längst auch in unserem Land spürbar und treffen oft die am härtesten, die in
schwierigsten Umständen leben. Während wir um jedes Zehntelgrad weniger an Erderhitzung
kämpfen, müssen wir uns zugleich an diese Veränderungen anpassen. In ländlichen Räumen gilt
es insbesondere Land- und Forstwirtschaft, Tourismus und Fischerei bei der Anpassung zu
unterstützen, um Schäden durch Dürren, Ernteausfälle und Waldsterben zu verringern. Unsere
Städte wollen wir besser gegen Hitzewellen und Starkregen wappnen – mit Hitzeaktionsplänen
und einem Stadtumbau im Großen wie im Kleinen: mehr Stadtgrün, Bodenentsiegelung,
Frischluftschneisen, Gebäudebegrünung, Wasserflächen und öffentliche Trinkbrunnen. Als
Schwammstädte sollen sie künftig mehr Wasser aufnehmen, speichern und im Sommer kühlend
wirken. Das erhöht auch die Lebensqualität gerade für all jene, die sich keinen eigenen
Balkon oder Garten leisten können: Dachgärten sind natürliche Klimaanlagen für Wohnungen und
Büros, Parks und Stadtwälder spenden Schatten und frische Luft. Wir wollen durch
Verbesserungen im Baurecht und in der Städtebauförderung Stadt und Land helfen, all das
schnellstmöglich vor Ort umzusetzen. Auch für Tiere und Pflanzen sind unsere Städte immer
wichtigere Lebensräume. Deshalb wollen wir die Natur in der Stadt ausweiten. Das vorhandene
Grün werden wir schützen und ökologisch aufwerten, Gärtner*innen und Kleingärtner*innen
wollen wir dabei als Verbündete gewinnen. Wir werden die Lichtverschmutzung eindämmen, die
Menschen, Tiere und Pflanzen schädigt und wesentlich zum Verschwinden von Insekten und
Vögeln beiträgt.
Wir stärken Bäuer*innen, Tiere und Natur
Landwirtschaft fit für die Zukunft machen
Wir wollen Klima-, Umwelt-, Tier- und Gewässerschutz und landwirtschaftliche Erzeugung
miteinander versöhnen. Die Landwirtschaft fit für die Zukunft zu machen – das begreifen wir
als Aufgabe für die nächsten Jahre. Das geht nur mit der Natur zusammen und mit einem
Verständnis von Natur, das sich an Kreisläufen orientiert und sich dem Ressourcenschutz
verpflichtet sieht. Das bedeutet fruchtbare kohlenstoffspeichernde Böden, sauberes Wasser
und intakte Ökosysteme, aber auch ein faires Auskommen von Landwirt*innen und eine gute und
gesunde Ernährung für alle. Das können und werden wir nur gemeinsam mit den Bürger*innen und
Bäuer*innen erreichen. Insbesondere kleine Betriebe wollen wir bei der notwendigen
Transformation unterstützen und pragmatische Lösungen für sie finden. Unser Leitbild ist
eine sich weiterentwickelnde ökologische Landwirtschaft mit ihren Prinzipien
Tiergerechtigkeit, Gentechnikfreiheit und Freiheit von chemisch-synthetischen Pestiziden.
Dafür wollen wir den Ökolandbau umfangreich fördern und die Voraussetzungen dafür schaffen,
dass künftig immer mehr Bäuer*innen und Lebensmittelhersteller*innen umstellen. Ziel sind 30
Prozent Ökolandbau bis 2030. Die Agrarforschung für eine Ökologisierung der Landwirtschaft
werden wir deutlich ausweiten. Wir werden vielfältige Fruchtfolgen und widerstandsfähige
Anbausysteme wie Agroforst ebenso stärken wie die Nutzung von robusten Pflanzensorten und
Tierrassen. Stickstoffüberschüsse werden wir deutlich reduzieren. Auch digitale Anwendungen
können bei entsprechender Ausrichtung die Landwirtschaft umwelt- und klimafreundlicher
machen, müssen aber auch – zum Beispiel über Sharing-Konzepte – kleineren Betrieben
offenstehen und bezahlbar sein. Monokulturen, Pestizide und chemisch-synthetischer Dünger
führen auch im globalen Süden zu erheblichen Schäden für Gesundheit und Umwelt, während
Kleinbäuer*innen durch europäische Dumpingexporte, patentiertes Saatgut und Landraub weiter
in die Abhängigkeit getrieben werden. Das Recht auf Nahrung muss garantiert sein,
kleinbäuerliche Strukturen wollen wir stärken. Dafür unterstützen wir mit unserer Agrar- und
Entwicklungspolitik eine globale sozial-ökologische Agrarwende.
Öffentliches Geld für öffentliche Leistung
Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU sollte zu einem Instrument für eine sozial- ökologische
Agrarpolitik werden – und nicht wie bisher für die Industrialisierung der Landwirtschaft.
Das muss der Ausgangspunkt für einen Gesellschaftsvertrag zwischen Bäuer*innen,
Verbraucher*innen und Politik für Klima- und Naturschutz sein. Wir wollen eine Reform, damit
die Milliarden an öffentlichen Geldern künftig für öffentliche Leistungen wie Klima-,
Umwelt- und Tierschutz eingesetzt werden und dabei die regionale Landwirtschaft stärken. Um
den nachhaltigen Umbau der Landwirtschaft gemeinsam mit den Bäuer*innen voranzutreiben, gilt
es, die nationalen Spielräume für die bevorstehende Förderperiode bestmöglich für diese
Ziele zu nutzen. Wir wollen das System der Direktzahlungen schrittweise durch eine
Gemeinwohlprämie ablösen, die konsequent gesellschaftliche Leistungen honoriert. Wir setzen
uns für innovative Instrumente der Agrarumweltförderung ein, bei denen Klima- und
Naturschutz sowie agrarökologische Ziele gemeinsam gedacht werden. Bis zum Jahr 2028 wollen
wir für mindestens die Hälfte der Gelder eine ökologische Zweckbindung erreicht haben.
Pestizide reduzieren
Es gibt viele Gründe, den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft deutlich
herunterzufahren. Der Schutz der menschlichen Gesundheit gehört dazu. Vor allem sind weniger
Pestizide der wichtigste Hebel, um den Rückgang der Artenvielfalt zu stoppen. Wir wollen den
Ausstieg aus der Pestizidabhängigkeit unserer Landwirtschaft schnell und machbar gestalten:
durch eine systematische Pestizidreduktionsstrategie, ein Sofortverbot für besonders
umwelttoxische Wirkstoffe und das immer noch häufig eingesetzte Pestizid Glyphosat. Um den
Einsatz von Pestiziden insgesamt zu reduzieren, führen wir eine Pestizidabgabe ein. Um
wirksamen Artenschutz zu betreiben und unser Trinkwasser zu schützen, wollen wir die
Ausbringung von Pestiziden in Naturschutzgebieten und Trinkwasserschutzgebieten untersagen
und ein flächendeckendes Pestizidmonitoring einführen. Betroffene Landwirt*innen werden wir
bei der Umsetzung finanziell unterstützen. Wir werden außerdem den Export von Pestiziden
beenden, die in Deutschland oder der EU aufgrund von Umwelt- und Gesundheitsrisiken nicht
zugelassen oder verboten sind. Wir wollen die Zulassungsverfahren für Pestizide verbessern,
indem wir Transparenz und Unabhängigkeit stärken. Für ökologischen Pflanzenschutz werden wir
in Kooperation mit den Ländern ein umfassendes, kombiniertes Forschungs-, Umsetzungs- und
Beratungsprogramm für nicht chemisch-synthetischen Pflanzenschutz auflegen.
Vielfältiges Saatgut ohne Patente
Eine vielfältige, gerechte und nachhaltige Landwirtschaft beginnt beim Saatgut. Angesichts
der Klima- und Biodiversitätskrise wollen wir die Züchtung von robusten Sorten und die
Forschung für ökologisches Saatgut vorantreiben sowie die Forschung zu alternativen Ansätzen
stärken, die auf traditionelle und ökologische Züchtungsverfahren setzen. Dabei muss wie bei
jeder Technologie der Umgang mit alten wie neuen gentechnischen Verfahren einerseits die
Freiheit der Forschung gewährleisten und andererseits bei der Anwendung Gefahren für Mensch
und Umwelt ausschließen. Nicht die Technologie, sondern ihre Chancen, Risiken und Folgen
stehen im Zentrum. Wir werden daher an einem strengen Zulassungsverfahren und am europäisch
verankerten Vorsorgeprinzip festhalten. Dazu bleiben Risikoprüfungen auf umfassender
wissenschaftlicher Basis und eine Regulierung, die unkontrollierbare Verbreitung
ausschließt, sowie eine verbindliche Kennzeichnung, die gentechnikfreie Produktion und die
Wahlfreiheit der Verbraucher*innen schützt, nötig. Entsprechend braucht es eine Stärkung der
Risiko- und Nachweisforschung. Wir wollen das Patentrecht so ausrichten, dass es keine
Patente auf Lebewesen und ihre genetischen Anlagen mehr gibt.
Gerechte Einkommen und Arbeitsbedingungen für Bäuer*innen
Bäuer*innen müssen von ihrer Arbeit leben können. Wir wollen daher gegen Dumpingpreise, den
Verkauf von Lebensmitteln unter Erzeugerpreis und Konzentration in der Lebensmittelbranche
vorgehen und dazu die Möglichkeiten des Wettbewerbs- und Kartellrechts sowie der EU-
Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken nutzen. Wir wollen Junglandwirt*innen und
Neueinsteiger*innen unterstützen und Maßnahmen gegen Bodenspekulation und den Ausverkauf
ländlicher Fläche ergreifen. Dazu gehört, dass künftig die Flächen der bundeseigenen
Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH nicht mehr privatisiert, sondern vorzugsweise an
ortsansässige, bäuerliche Betriebe und Existenzgründer*innen verpachtet werden, mit dem
Ziel, die Flächen klima- und naturfreundlich zu bewirtschaften. Share Deals bei
landwirtschaftlichen Betrieben werden wir regulieren, um den Ausverkauf von Boden an
außerlandwirtschaftliche Investoren zu unterbinden. Auch in der Lebensmittelerzeugung und -
verarbeitung müssen faire Bedingungen herrschen. Ein besserer Arbeits- und Gesundheitsschutz
für Beschäftigte in Landwirtschaft und Fleischindustrie sind ebenso notwendig wie mehr
Rechte für die Arbeitnehmer*innen, tarifliche Löhne und starke Gewerkschaften. In der
Saisonarbeit gibt es zu viel prekäre Beschäftigung ohne Sozialversicherungsschutz. Hier
trifft häufig körperlich schwere Arbeit auf karge Löhne und schlechte Unterkünfte. Diese
sozialen Ungerechtigkeiten wollen wir beenden.
Regionale Produktion, Verarbeitung und Vermarktung stärken
Der Wunsch, wieder mehr regional und handwerklich erzeugte Lebensmittel zu kaufen, in der
Bäckerei, der Metzgerei, auf dem Bauernhof, wächst stetig. Gleichzeitig hat uns die Corona-
Krise vor Augen geführt, wie wichtig regional funktionierende Lieferketten sind. Wir wollen
die regionale Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung stärken und so dem Betriebesterben der
letzten Jahre entgegentreten. Dazu gehören auch faire Wettbewerbsbedingungen gegenüber
importierten Lebensmitteln. In öffentlichen Einrichtungen wollen wir verstärkt regionale und
ökologische Produkte, auch Umstellungsware, einsetzen – so schaffen wir Nachfrage und faire
Preise. Wir unterstützen Regionalsiegel und Direktvermarktungen der Betriebe durch lokale
Einkaufs-Apps und Regionalwerbung und sorgen mit einer klaren Definition von regionalen
Produkten für Schutz vor Betrug. Öffentliche Gelder und gezielte Beratung zum Umgang mit
Auflagen und Kennzeichnungsvorschriften sollen vorrangig kleinen und mittleren bäuerlichen
Betrieben und Handwerker*innen zugutekommen. Forschung und Beratung zur Regionalvermarktung
und für innovative und partizipative Ansätze wie Erzeuger*innengemeinschaften, solidarische
Landwirtschaft oder Ernährungsräte unterstützen wir.
Gute Ernährung fördern – Lebensmittel retten
Gesunde und ökologisch wertvolle Lebensmittel sollen allen Menschen in Deutschland leicht
zugänglich sein, gesunde Ernährung darf nicht vom Geldbeutel abhängen. Ernährungsbedingte
Krankheiten wollen wir gezielt eindämmen. Deshalb werden wir umsteuern und viele
Stellschrauben neu justieren – sich gut und gesund zu ernähren, muss einfacher werden.
Kitas, Schulen, Krankenhäuser, Pflegeheime, Mensen und Kantinen unterstützen wir dabei, mehr
gesundes regionales und ökologisch erzeugtes Essen anzubieten; auch vollwertiges
vegetarisches und veganes Essen soll zum täglichen Angebot gehören. Gutes Essen scheitert
allzu oft an unzureichendem Angebot und mangelnder Transparenz. Um das zu ändern, nehmen wir
die Lebensmittelindustrie in die Pflicht. Wir brauchen verbindliche Reduktionsstrategien
gegen zu viel Zucker, Salz, Fett und Zusatzstoffe in Fertiglebensmitteln und ökonomische
Anreize für gesündere Produkte. Für Lebensmittelwerbung, die sich an Kinder richtet, wollen
wir klare Regeln, die sich an den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation orientieren.
Umweltgerechte Ernährung gehört in die Lehrpläne aller relevanten Ausbildungsbereiche. Auch
die Ernährungspolitik muss sich an den Pariser Klimaschutzzielen ausrichten. Klimaschutz
heißt auch, dass wir als Gesellschaft weniger tierische Produkte produzieren und konsumieren
werden. Wir wollen vegetarische und vegane Ernährung attraktiver und zugänglich für alle
Menschen machen. Die Markteinführung von pflanzlichen Alternativen und
Fleischersatzprodukten wollen wir fördern und sie steuerlich besserstellen. So sollen
pflanzliche Milchalternativen mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz verkauft werden. Auch
für fair gehandelten Kaffee wollen wir die Steuer runtersetzen. Insgesamt wollen wir die
Forderung der EU-Kommission, Umweltfolgekosten auch im Lebensmittelbereich steuerlich zu
berücksichtigen, mit einer ökologischen Steuerreform aufgreifen, damit sich auch bei
pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln der Preis ökologisch und sozial gerecht darstellt.
Gegen die Lebensmittelverschwendung gehen wir entschlossen vor. Wir wollen mit einem Rettet-
die-Lebensmittel-Gesetz verbindliche Reduktionsziele einführen, Lebensmittelhandel und
‑produzent*innen verpflichten, genusstaugliche Lebensmittel weiterzugeben, statt sie
wegzuwerfen. Lebensmittel aus dem Müll zu retten – das sogenannte Containern – muss
entkriminalisiert werden.
Klare Lebensmittelkennzeichnung
Gutes, nachhaltiges und gesundes Essen soll leicht zu erkennen sein. Mit verständlichen
Informationen über Zutaten, Herkunft, Herstellung und zum ökologischen Fußabdruck wollen wir
für die nötige Transparenz sorgen. Wir werden eine verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung
mit anspruchsvollen Kriterien für Fleisch und andere Lebensmittel aus oder mit tierischen
Bestandteilen einführen und uns dafür einsetzen, dass dies auch EU-weit verbindlich wird.
Dabei soll der Weiterentwicklung von Tierschutzstandards Rechnung getragen werden. Die
Nährwertkennzeichnung Nutriscore wollen wir weiterentwickeln und EU-weit für alle
Fertigprodukte anwenden. Außerdem wollen wir die Transparenz über die Herkunft von
Lebensmitteln verbessern. Enthaltene Allergene sollen besser gekennzeichnet werden. Zur
einheitlichen Kennzeichnung von vegetarischen und veganen Lebensmitteln brauchen wir eine
EU-weite rechtsverbindliche Definition von „vegetarisch“ und „vegan“. Transparenz muss auch
bei der Lebensmittelhygiene gelten, deshalb sollen die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen
für alle erkennbar sein.
Wir ermöglichen Tieren ein besseres Leben
Tierhaltung mit mehr Platz für weniger Tiere
Das System des „Immer billiger, immer mehr“ hat die Landwirtschaft in einen Teufelskreis
getrieben: Bäuer*innen werden von Dumpingpreisen erdrückt und müssen immer mehr produzieren,
um zu überleben, die Tiere werden immer mehr auf Leistung gezüchtet und leben immer kürzer,
die ökologischen und gesellschaftlichen Probleme wachsen. Industrielle Massentierhaltung und
Billigfleischexport in alle Welt sind mit einer klimagerechten Zukunft nicht vereinbar. Es
braucht einen Ausweg. Ein Teil der Lösung ist, dass deutlich weniger Tiere gehalten werden
als bisher und diesen Tieren ein wesentlich besseres Leben ermöglicht wird. Tiere brauchen
mehr Platz, Auslauf im Freien und Beschäftigung – das wollen wir artspezifisch verbindlich
regeln und uns auch auf EU-Ebene für eine deutliche Anhebung der Tierschutzstandards
einsetzen. Damit Tierschutz wirtschaftlich machbar ist, wollen wir die Landwirt*innen
unterstützen: durch eine Umbauförderung, die durch einen Tierschutz-Cent auf tierische
Produkte finanziert wird, durch faire Preise und durch eine verpflichtende
Haltungskennzeichnung für tierische Produkte. Die Tierhaltung soll so an die Fläche und an
Obergrenzen pro Stall gebunden werden, dass eine umwelt- und tiergerechte Bewirtschaftung
gewährleistet ist. Den tiergerechten und brandsicheren Umbau von Ställen werden wir zum
Standard machen, an den sich alle halten müssen. Das werden wir ebenso gezielt fördern wie
die Weidetierhaltung, die ökologisch wertvolles Grünland erhält und sinnvoll nutzt. Ställe,
in denen Tiere nicht zumindest entsprechend der EU-Ökoverordnung gehalten werden können,
sollen nicht mehr gebaut werden. Statt tierquälerische Züchtung auf Hochleistung wollen wir
robuste Rassen und Zweinutzungsrassen fördern. Amputationen, Eingriffe ohne Betäubung und
qualvolle Betäubungsmethoden sowie Käfig- und Anbindehaltung wollen wir beenden. Den Einsatz
von Antibiotika in der landwirtschaftlichen Tierhaltung werden wir deutlich senken. Um diese
Medikamente gezielt einzusetzen und Resistenzen zu vermeiden, sollen vorrangig kranke
Einzeltiere behandelt werden. Reserveantibiotika sollen der Humanmedizin vorbehalten werden.
Um Lebendtiertransporte zu vermeiden, ziehen wir die regionale und mobile Schlachtung dem
Schlachten im zentralen Schlachthof vor und werden diese fördern. Wir wollen Tiertransporte
auf vier Stunden begrenzen und besser kontrollieren, Lebendtiertransporte in Drittstaaten
außerhalb der EU sollen ganz verboten werden.
Tiere schützen und respektieren
Tiere sind fühlende Lebewesen und brauchen Schutz, deshalb werden wir die gesetzlichen
Regelungen zur Tierhaltung verbessern. Für alle Tiere, die wir Menschen halten, haben wir
eine besondere Verantwortung. Wir wollen ihnen ein würdevolles, gutes und gesundes Leben
frei von Schmerzen, Angst und Stress ermöglichen. Dafür gilt es, wirkungsvolle Sanktionen
bei Tierschutzvergehen im Tierschutz- und Strafrecht zu verankern und gemeinsam mit den
Ländern und Kommunen auf einen effektiven Vollzug hinzuwirken. Wir werden ein umfassendes
Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzorganisationen einführen. Die anerkannten
Tierschutzorganisationen und ein*e unabhängige*r Bundestierschutzbeauftragte*r sollen
Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte wahrnehmen und Rechtsverstöße beanstanden können. Der
oder die Tierschutzbeauftragte soll zudem die zuständigen Bundesbehörden unterstützen sowie
bei Gesetzesvorhaben und Tierschutzangelegenheiten beteiligt werden. Wir wollen bessere
Regeln für Zucht, Haltung und Handel mit Tieren. Die Haltung von Wildtieren in Zirkussen
werden wir beenden. Wir streben die weitere konsequente Reduktion von Tierversuchen in der
Wissenschaft an und wollen sie mit einer klaren Ausstiegsstrategie und innovativen
Forschungsmethoden schnellstmöglich ersetzen. Dafür arbeiten wir mit allen beteiligten
Akteur*innen an einer zukunftsorientierten tierfreien Forschung, fördern Investitionen in
tierfreie Innovationen sowie die Weiterentwicklung von verbesserten Medikamenten- und
Sicherheitsprüfungen und beschleunigen die Zulassung tierversuchsfreier Verfahren. Die EU-
Vorgaben für Tierversuche werden wir endlich in deutsches Recht umsetzen.
Wildtierhandel an die Leine legen
Die Covid-19-Pandemie hat deutlich gemacht, dass die Gesundheit von Umwelt, Tier und Mensch
zusammengedacht werden und dieser Planetary-Health-Ansatz zum Prinzip unseres Handelns
werden muss. Der Raubbau an der Natur hat keine Zukunft. Die Pandemie basiert auf einer
Zoonose, einer vom Tier auf den Menschen übertragenen Infektionskrankheit. Solche
Krankheiten werden immer häufiger, sie werden durch die fortschreitende Zerstörung der Natur
und das Vordringen der Menschen in die letzten natürlichen Lebensräume begünstigt. Dem gilt
es überall auf der Welt entgegenzuwirken. Wildtiere gehören in die Wildnis, der Handel mit
ihnen muss strenger reguliert, existierende Regularien müssen konsequent umgesetzt werden.
In den Herkunftsländern müssen wirtschaftliche Alternativen aufgebaut werden. Wildtierhandel
auf Online-Portalen und gewerblichen Börsen sowie kommerzielle Importe von Wildfängen und
die Einfuhr von Jagdtrophäen müssen ganz verboten werden. Die Haltung von Tieren aus
Wildtiernachzuchten sollte an eine Positivliste und einen Sachkundenachweis geknüpft werden,
der sich an der Schwierigkeit der Haltung der jeweiligen Tierart bemisst. Auch die
industrielle Tierhaltung kann zu Pandemien beitragen, wie sich an coronainfizierten Nerzen
gezeigt hat. Die Tierhaltung ist deshalb auch an den Notwendigkeiten zur Eindämmung
möglicher Zoonosen auszurichten. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Haltung von Tieren
in und der Handel mit Pelzen aus Pelztierfarmen beendet werden.
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