Neben dem bereits hier als Änderungsantrag eingebrachten Schadensregister der EU nehmen wir mit der Forderung nach einem europäischen Sanktionsmechanismus die Lehre aus dem russischen Angriff auf die Ukraine in den Blick, dass die Vereinten Nationen aufgrund des Vetorechts Russland im Sicherheitsrat teilweise in ihrer Fähigkeit zur Krisenreaktion erheblich eingeschränkt sind und die EU aufgrund einzelstaatlicher Interesse bei der Sanktionsverhängung unangemessen langsam agiert. Im elften Sanktionspaket hat die EU im Juni 2023 auf der Grundlage ihrer Sanktionsbeschlüsse bis heute – nach nunmehr fast 600 Tagen Kriege - rund 1.800 russische Personen und Organisationen auf die Sanktionslisten gesetzt. In Russland leben nach den Analysen des EU Tax Observatory rund 100.000 Multimillionäre, die zum größten Teil ihr Vermögen in der EU, den G7 und Off-Shore Finanzzentren investiert haben und auf dies sich das Regime im Kreml ganz wesentlich stützt1.
Die EU hat bereits in der Vergangenheit Lehren aus europäischen und internationalen Krisen gezogen, um sich für die Zukunft zu wappnen und konsequent und schnell in der Zukunft auf diversen Politikfeldern handeln zu können. Hierfür wurden auf der Grundlage der europäischen Verträge Instrumente und Mechanismen geschaffen, um die Krisenreaktionsfähigkeit der EU zu verbessern und zu beschleunigen:
Der Europäische Stabilitätsmechanismus im Bereich der Eurozone, der Strategische Kompass im Bereich der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU und das sogenannte Anti-Coercion Instrument zum Schutz der EU-Mitgliedstatten im Falle von handelspolitischen Auseinandersetzungen stellen Beispiele für den Handlungswillen Europas dar, Lehren aus den Erfahrungen der Vergangenheit ziehen und über die Einrichtung von neuen Instrumenten und Mechanismen Stabilität und Sicherheit anhand glaubwürdiger und präventiver Instrumenten auf Ebene der EU zu Bewältigung künftiger Krisen zu schaffen.
Unser mit diesem Änderungsantrag vorgelegte Petitum für einen europäischen Sanktionsmechanismus setzt auf die Verfolgung der persönlichen Verantwortung von Kriegstreibern und Völkerrechtsverbrechern und deren Helfern. Im Kern geht es darum, die Voraussetzungen zu schaffen, um die Vermögen von Täter einzufrieren und diese zu nutzen, um die Opfer von Aggressionen und Völkerrechtsverbrechen zu kompensieren. Die EU muss für die Zukunft ihre Möglichkeiten zum Zugriff auf die Vermögenswerte der Täter in der EU effektiv erhöhen, indem sie die Transparenz bzgl. Briefkastenfirmen und Stiftungen in der EU und in den Steuerparadiesen der Länder des Westens vorantreibt und eine Mechanik zur Listung all derjenigen Personen etabliert, die Angriffskriegen, Terror und Völkerrechtsbrechen Vorschub leisten.
Die EU soll daher künftig neben der Sanktionierung bestimmter kriegswichtiger Güter rechtsicher die Rahmenbedingungen schaffen, um Handlungen von Einzelpersonen, politischen Entscheidern und deren Helfern, die völkerrechtswidrigen Kriegen Vorschub leisten, ohne Ausnahme zu kriminalisieren. Verletzungen der von ihr Verhängten Sanktionen im In- und Ausland sollen ausnahmslos mit strafrechtlichen Konsequenzen belegt werden.
Der Flickenteppich und die mangelnde Vorbereitung mit Bezug auf die Einführung und Durchsetzung von Sanktionen durch die EU Staaten, wie wir dies im Falle des Überfalls auf die Ukraine erlebt haben, muss künftig durch einen bindenden, rechtssicheren und präventiv wirkenden europäischen Sanktionsmechanismus beendet werden. Für die Verfolgung von Sanktionsverletzungen soll die bestehende Europäische Staatsanwaltschaft gestärkt und mit zusätzlichen Kompetenzen zur Anklageerhebung in den Mitgliedsstaaten mit Bezug auf die Verfolgung von Sanktionsverletzungen ausgestattet werden.
Zum Hintergrund:
Wir verfolgen mit diesem und unseren weiteren Anträgen das Ziel, auf der Grundlage der europäischen Rechtsstaatlichkeit und der Attraktivität der EU und des EUROs für die russische Finanzelite, russische Firmen und deren Helfer in und außerhalb Russlands schneller und konsequenter die Vermögen derjenigen Personen, Organisationen und Staaten einzufrieren sowie einzuziehen, die der Verletzung der Menschenrechte, des Beginns eines Angriffskriegs oder dem Terror gegen die Zivilbevölkerung schuldig gemacht haben oder diesen Verbrechen Vorschub leisten oder unterstützen. Dies gilt für die aktuelle russische Aggression gegenüber der Ukraine. Dies gilt zudem für potentielle Konflikte in der Zukunft, die über die russische Aggression in der Ukraine hinaus gehen.
Europa muss für die Zukunft über Instrumente, Mechanismen und die rechtlichen Voraussetzungen verfügen, allen Aggressoren und ihren Helfern glaubwürdig und entschlossen die Konsequenzen ihrer Verbrechen für Ihre eigene persönliche Lebensführung in der EU und die Beschlagnahme ihrer Vermögen zugunsten der Opfer ihrer Verbrechen vor Augen zu führen.
Dies gilt umso mehr, als dass für die nächste US-Präsidentschaftswahl in 2024 mit eine nicht unerheblichen Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein neuer republikanischer Präsident die bisherige Unterstützung für die Ukraine in großem Umfang reduziert oder einstellt, und damit die Gefahren für die Sicherheit der EU weiter deutlich steigen können. Daher gilt es bereits jetzt, das europäische Instrumentarium in der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zu ergänzen und nach zu schärfen.
Wir setzen uns für die Gründung eines permanenten Schadenregisters durch die EU ein, das künftig Menschenrechtsverletzungen und Schäden kriegerischer Angriffe zuverlässig dokumentiert. Damit schafft die EU die Voraussetzungen für die langwierige Verfolgung von Kompensations- und Reparationsforderungen gegenüber den Verantwortlichen.
Die Globale Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte wird dahingehend erweitert, dass Vermögenswerte von Personen und Organisationen, die schwere Menschenrechtsverletzungen zu verantworten haben, zu Gunsten der Kompensation ihrer Opfer in Europa eingezogen werden. Wir setzen zudem auf eine Ausweitung der Kompetenzen der Europäischen Staatsanwalt auf den Bereich der Verfolgung von Sanktionsverletzungen.
Die Abläufe innerhalb der EU im Zuge der Listung von Kriegsverbrecher*innen, Terrorist*innen und Unterstützern von Völkerrechtsverbrecher*innen sind neu zu ordnen, zu beschleunigen und rechtssicher zu machen. Die EU muss die notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen, das Know How und die
Datenbasis erhalten, um Sanktionen unverzüglich einzuführen, durchzusetzen und Sanktionsverletzter vor Gericht zu bringen.
Mit unseren Änderungsanträgen ziehen wir die Lehren aus den bisherigen 11 gegen Russland gerichtete Sanktionspakete der EU und dem Fortdauern des Krieges in der Ukraine bis zum heutigen Tage. Die europäische Sanktions- und Reparationspolitik muss in einem weitaus größeren Umfang die Schicht der rund 100.000 russischen, das Regime im Kreml stützenden Multimillionäre und Superreichen treffen, als dies bislang mit den im 11 Sanktionspaketen der EU mit bislang rund 1.800 gelisteten Russen und russischen Organisationen geschehen ist.