Veranstaltung: | 49. Bundesdelegiertenkonferenz Karlsruhe |
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Tagesordnungspunkt: | EP-WS Was uns schützt. |
Status: | Beschluss (vorläufig) |
Beschluss durch: | Bundesdelegiertenkonferenz |
Beschlossen am: | 25.11.2023 |
Antragshistorie: | Version 2 |
Was uns schützt.
Beschlusstext
Antrag für das gesamte Kapitel: Nach Beschlusslage in geschlechtergerechte Sprache
umformulieren.
Liebe Wählerinnen und Wähler,
am 9. Juni 2024 haben Sie die Wahl. Wir stehen vor der Entscheidung, ob wir das erhalten,
was uns stärkt, und das stärken, was uns schützt. Es geht um nicht weniger als unseren
Frieden und Wohlstand. Das ist Grundlage für den sozialen und gesellschaftlichen
Zusammenhalt in einem geeinten Europa.
Woher wir kommen: ein Europa, das Frieden schafft
Es ist die größte Errungenschaft unseres Kontinents: Wo noch vor wenigen Jahrzehnten
Europäer gegeneinander auf dem Schlachtfeld kämpften, überwiegen nun Zutrauen und
Zusammenhalt. Wo einst Frontlinien und Stacheldraht trennten, später dann Mauern und
Grenzposten, verbindet nun das Bekenntnis zu Freiheit, Rechtsstaat und Demokratie.
Aus Feinden sind Nachbarn, aus Nachbarn längst Freunde geworden.
Die Idee der Europäische Union steht in einer Welt voller Konflikte als Garantin für Schutz
und Frieden: Es ist gar nicht lange her, da klang das noch für viele wie selbstverständlich.
Spätestens mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zerbrach diese Gewissheit.
Dieser Krieg richtet sich gegen den Willen der Ukrainerinnen und Ukrainer, in Frieden und
Freiheit zu leben. Er richtet sich gegen ihren Wunsch, Teil der europäischen Familie zu sein
und zu bleiben. Er richtet sich aber auch gegen international verankerte europäische Werte,
wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte – und erinnert uns daran, welchen
Schutz die Europäische Union für uns alle bedeutet. Um diesen Schutz zu bewahren, gilt es
diese Werte auch in der Europäischen Union täglich zu verteidigen. Das heißt auch: eine
klare Absage an antidemokratische, nationalistische und rechtsextreme Kräfte zu erteilen.
In einer Welt, deren Herausforderungen mitnichten an nationalen Grenzen haltmachen, kann ein
starkes und geeintes Europa die Sicherheit und den Wohlstand bieten, nach der sich so viele
Menschen sehnen, und als globaler Akteur Verantwortung übernehmen. Wenn wir Freiheit,
Demokratie und Menschenrechte nach innen stärken, kann die Europäische Union sie auch nach
außen als fairer und verantwortlicher Partner in der Weltgemeinschaft überzeugend vertreten.
Wo die Durchsetzungskraft des einzelnen Nationalstaates endet, fängt die der Europäischen
Union erst an.
Vor diesem Hintergrund wollen wir Europa schützen, damit es uns schützt. Wir wollen es
stärken, weil es uns stark macht. Wir wollen seine Handlungsfähigkeit sichern, um Freiheit
zu wahren.
Wohin wir wollen: ein Europa, das Wohlstand für alle
mehrt
Frieden und Wohlstand sind in der europäischen Idee untrennbar miteinander verbunden. Mehr
noch, ihre Verknüpfung war Ausganspunkt der europäischen Einigung: Die Interessen der
einzelnen Staaten sollten derart eng miteinander verwoben werden, dass Krieg fortan „nicht
nur undenkbar, sondern materiell unmöglich“ werde.
Es war ein Wagnis. Und es gelang. Aus den Ruinen von Krieg und Zerstörung entstand eine
politische Ordnung mit geteilten Werten, auf der Grundlage von Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit, basierend auf Freiheit und Solidarität – der unverzichtbaren Ergänzung
wirtschaftlicher Einigung.
Nun stehen wir vor der nächsten großen Aufgabe. Wachsende Spannungen in der Welt, soziale
Ungerechtigkeit, der technologische Wandel und die Klimakrise als Katalysator all dessen:
Sie stellen uns und unsere Gesellschaft, stellen Wirtschaft und Politik vor neue
Herausforderungen. Wir müssen deshalb mehr tun, als den bestehenden Wohlstand bloß zu
erhalten. Wir definieren Wohlstand anhand Gerechtigkeit, Klimaneutralität, Lebensqualität
und Vorsorge. Das ist das Fundament für die persönliche finanzielle Sicherheit und ein Leben
in Würde. Wir müssen jetzt dort vorangehen, wo die Arbeitsplätze und der Wohlstand der
nächsten Jahrzehnte entstehen, soziale Sicherheit schaffen und dabei unsere natürlichen
Lebensgrundlagen bewahren. Damit lassen wir das Versprechen des Wohlstandes für alle
Europäer*innen Wirklichkeit werden.
Europa zu stärken und das Klima zu schützen, ist also kein Selbstzweck; wir tun es, um Ihren
Wohlstand, Ihre Freiheit und Ihre Sicherheit zu schützen und zu mehren.
Wir wollen eine Infrastrukturunion schaffen: aus Solaranlagen und Windparks, aus
Wasserstoffnetzen und Glasfaserleitungen, aus Stromtrassen und Schienen, aber auch aus
modernen Krankenhäusern und Bildungseinrichtungen – aus Institutionen also und Standards,
die Gerechtigkeit stärken und Ihre Rechte schützen, für Verbraucherschutz und faire Löhne,
gegen Willkür und Ausbeutung. Eine Infrastrukturunion, die uns in Europa enger und
nachhaltiger verbindet, so unseren Zusammenhalt stärkt, Innovation und Fortschritt
ermöglicht. Wir wollen Europa ganz wörtlich verbinden.
Die Klimakrise ist global und muss auch global gelöst werden. In einer Zeit, in der
insbesondere China und die USA endlich massiv in die klimaneutrale Modernisierung ihrer
Wirtschaft investieren, brauchen wir eine ebenso gestaltende, strategische europäische
Investitionspolitik, die dafür sorgt, dass Europa im internationalen Wettbewerb besteht und
zum ersten klimaneutralen Wirtschaftsstandort wird. Für eine solche Politik brauchen wir
Investitionen, die sich aber auszahlen. Wenn wir sozial und ökologisch das Klima schützen,
schaffen wir: gute Arbeitsplätze, saubere Infrastruktur und sicheren Wohlstand.
Gute Politik baut indes nicht nur Infrastruktur auf, sondern auch Bürokratie ab: Sie
reguliert, wo es die Sicherung des Allgemeinwohls erfordert, hält wichtige Schutz- und
Beteiligungsstandards aufrecht – dreht zugleich aber auch unnötige Regulierung zurück, die
Wirtschaft und Gesellschaft ausbremst, Investitionen hemmt und den Alltag erschwert. Dabei
helfen Digitalisierung, die dem Menschen dient und die Vereinheitlichung der Regelungen und
Standards verschiedener Ebenen und Staaten, wie es auch die Europäischen Union möglich
macht.
Indem wir so die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen auf den Märkten der Zukunft
sichern, legen wir das Fundament für gute Jobs und faire Löhne, für die Gewinnung von Fach-
und Arbeitskräften, für Sicherheit in unsicheren Zeiten. Wir wollen unseren Wohlstand nicht
nur für die Wenigen mehren, sondern sicherstellen, dass er bei den Vielen ankommt: in der
Breite der Gesellschaft. Diesen Anspruch verfolgen wir.
Indem wir unseren Wohlstand auf klimaneutrale Beine stellen und weniger Ressourcen
verbrauchen, schützen wir unsere vielleicht kritischste Infrastruktur: unsere Umwelt und
unser Klima, unsere Artenvielfalt und vielfältige Natur, von der wir ein Teil sind. Die
Folgen des Klimawandels haben wir in den letzten Jahren europa- und weltweit immer
drastischer zu spüren bekommen. Extremwetter wie Hitzewellen und Überschwemmungen haben
Leben gekostet, Häuser und Ernten, Wohlstand und Arbeitsplätze zerstört. Das Artensterben
und die Verschmutzung der Natur gefährden die Ökosysteme, auf die wir unmittelbar angewiesen
sind. Es liegt auch in unserem ureigensten Interesse, diesen Trend zu stoppen: Deswegen
wollen wir das Klima schützen, uns aber auch vor den veränderten klimatischen Bedingungen
schützen und daran anpassen. Mit dem „European Green Deal“ sind wir wichtige Schritte in
diese Richtung gegangen. Diesen Weg wollen wir fortsetzen.
Indem wir in die Standortvorteile von morgen investieren – erneuerbare Energien und rasche
Digitalisierung, modernste Batterietechnik und grüner Stahl oder die Ausbildung unserer
Kinder und lebenswerte Dörfer –, bauen wir ein Europa, das Schutz bietet: für seine
Bürgerinnen und Bürger, für Sie und uns alle.
Wir wissen: All das gelingt nur europäisch. Europäisch aber gelingt es.
Der Weg dorthin: Haltung und Verantwortung
Wir wollen Verantwortung übernehmen. Darum bitten wir um Ihr Vertrauen. Wir treten an für
eine Politik, die nicht übertönt, sondern überzeugt. Für eine Politik mit klaren Zielen, die
zugleich Brücken zur gemeinsamen Lösung baut. Für eine Politik, die Antworten gibt.
Was uns Kraft gibt, sind die Erfolge der letzten Legislaturperiode. Der Corona- und
Energiekrise sind wir mit europäischer Solidarität begegnet. Europäischer Klimaschutz ist
auf dem Weg Richtung Pariser Klimaziele eingeschwenkt - dank des Ausbaus der Erneuerbaren
und zum Beispiel dem Verbrenneraus. Und Große Digital-Konzerne folgen jetzt demokratischen
Regeln.
Gerade weil wir wissen, dass wir gemeinsam mehr erreichen können als im nationalen
Alleingang, wollen wir die Europäische Union demokratischer und nahbarer machen. Wir wollen
Europa, unbedingt – aber noch besser. Besser für Sie. Ein Europa, wie es sein könnte.
Dabei sind wir bereit, über unseren Schatten zu springen, wenn es bedeutet, dass wir dadurch
gemeinsam vorankommen. Verantwortung, die ernst gemeint ist, bedeutet immer auch Kompromiss.
Dabei haben wir unsere klaren Werte als Stärke und Orientierung im Rücken, sie sind unsere
Leitplanken. Eines ist dabei klar: Menschenrechte gelten uneingeschränkt und sind
unverhandelbar. Gleichzeitig war europäischer Fortschritt gerade in einem Europa der
Vielfalt nie die vermeintlich reine Lehre, nie dafür oder dagegen, nie schwarz oder weiß.
Wer aber deshalb den Kompromiss als solchen ablehnt, dem geht es ums Rechthaben, nicht
darum, Lösungen zu finden; der nimmt hin, dass das Vertrauen in die Demokratie erodiert; der
nimmt in Kauf, dass die Einheit Europas leidet.
Europa hat beides erlebt: dunkelste Kapitel unserer Geschichte, aber auch die Fähigkeit des
Menschen, neue Kapitel aufzuschlagen, Freiheit zu erkämpfen und Demokratie zu verteidigen.
Die EU mag bisweilen anstrengend sein und ja, sie muss besser werden. Doch sie bleibt der
Schlüssel zu einem Leben in Wohlstand und Sicherheit. Wenn wir heute vor gleich mehreren
Jahrhundertaufgaben stehen, allesamt menschgemacht, wenn deren Gleichzeitigkeit und Größe
auch mal überwältigend wirken mögen, wissen wir als Europäerinnen und Europäer: Die Antwort
wird es auch sein – menschgemacht und europäisch.
Was bei alledem zählt, ist nicht, wer gewinnt oder Recht behält. Erfolg hat keine politische
Farbe. Erfolgreich ist, was das Leben der Menschen in Deutschland und Europa lebenswerter
macht. Was uns gemeinsam stärker macht. Was unsere Gesellschaft zusammenhält. Was auch Sie
schützt. Für eine solche Politik treten BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in den Wettbewerb um die
besten Ideen. Eine solche Politik ist unser Angebot an Sie.
Für diesen Weg bitten wir Sie um Ihr Vertrauen: Wählen Sie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.