Veranstaltung: | 50. Bundesdelegiertenkonferenz Wiesbaden |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Inga Marie Sponheuer (KV Essen) und 60 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 48%) |
Status: | Zurückgezogen (Neu: VR-06) |
Eingereicht: | 27.09.2024, 06:13 |
V-17: Vorbereitung und Initiierung eines Antrags für ein Parteiverbotsverfahren der AfD durch den Bundesvorstand und die Bundestagsfraktion.
Titel
Antragstext
Die Bundesdelegiertenkonferenz möge beschließen:
Im Namen unserer Demokratie und zum Schutz der unveräußerlichen Rechte jedes
Einzelnen wird der Bundesvorstand und die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/DIE
GRÜNEN gebeten, ein Parteiverbotsverfahren nach Art. 21 Abs. 2, 4 Grundgesetz, §
13 Nr. 2, 43 ff. BVerfGG gegen die Partei Alternative für Deutschland (AfD)
vorzubereiten und sich in der Bundesregierung und im Bundestag dafür
einzusetzen, dass ein solches Verfahren eingeleitet wird.
Begründung
Ein Parteiverbotsverfahren gegen die AfD ist erforderlich, zum Schutz der Demokratie und der unveräußerlichen Rechte jedes Einzelnen.
Dabei geht es nicht nur um die Verteidigung unserer Verfassung – es geht um den Schutz dessen, was uns als Gesellschaft ausmacht: Gleichheit, Würde und Freiheit.
Die AfD steht mit ihrer rassistischen, menschenverachtenden Ideologie in scharfem Widerspruch zu diesen Werten und bedroht damit die Grundlagen unseres friedlichen Zusammenlebens.
Die Demokratie muss wehrhaft sein. Es reicht nicht, erst dann zu reagieren, wenn die Gefahr bereits übermächtig geworden ist. Unser Grundgesetz verlangt von uns, entschieden gegen jene Kräfte vorzugehen, die die Würde und Rechte aller Menschen angreifen. Die AfD untergräbt diese Werte, indem sie eine national-völkische Ideologie verbreitet, die Menschen auf rassistischer Grundlage in „wertvoll“ und „minderwertig“ einteilt. Diese Haltung stellt einen fundamentalen Angriff auf den Kern unseres demokratischen Systems dar.
Artikel 21 des Grundgesetzes wurde geschaffen, um uns vor Parteien zu schützen, die die Demokratie von innen zerstören wollen. Jetzt ist die Zeit gekommen, dieses Schutzinstrument zu nutzen, denn die AfD ist längst mehr als eine bloße politische Kraft – sie ist eine Gefahr für unsere Freiheit. Je länger wir zögern, desto mehr Macht gewinnt sie, besonders in Regionen, wo sie bereits bei Wahlen zweistellige Ergebnisse erzielt. Die AfD normalisiert ihre radikalen Positionen in der Mitte unserer Gesellschaft, und wenn wir nicht schnell handeln, wird der Schaden, den sie anrichtet, bald nicht mehr aufzuhalten sein.
Die AfD hat in ihrer Programmatik klar einen rassistisch-nationalistischen Volksbegriff verankert, der mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Sie propagiert eine Vorstellung von „Staatsvolk“, die Menschen nach ihrer Herkunft und Ethnie trennt. Ein solches Denken widerspricht dem zentralen Grundsatz unserer Verfassung, dass alle Menschen, unabhängig von Herkunft oder Religion, die gleiche Würde und die gleichen Rechte haben. Die AfD stellt das Gegenteil dieses Wertesystems dar – sie will ein Deutschland, in dem einige Menschen weniger wert sind als andere. Diese Haltung zeigt sich auch in zahlreichen öffentlichen Äußerungen ihrer Führungspersonen.
So stellt die AfD beispielsweise durch Aussagen wie die der Parteivorsitzenden Alice Weidel, die zwischen „echten Deutschen“ und sogenannten „Passdeutschen“ unterscheidet, deutlich unter Beweis, dass sie nicht alle Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft als gleichwertig anerkennt. Diese rassistische Ausgrenzung von Menschen mit Migrationsgeschichte, einschließlich deutscher Staatsbürger*innen, ist ein klarer Angriff auf die Werte unserer Verfassung und verdeutlicht die gefährliche Ideologie, die diese Partei vertritt.
Die AfD strebt an, willkürlich darüber zu entscheiden, wer in diesem Land leben darf und wer nicht – bis hin zur Deportation von Menschen, die nach ihrem rassistischen Weltbild hier keinen Platz haben. Diese menschenverachtenden Vorstellungen sind ein direkter Angriff auf die Prinzipien unseres Rechtsstaats. Die im Januar dieses Jahres veröffentlichten Ergebnisse des unabhängigen Recherchenetzwerks Correctiv haben die Gefahr noch einmal eindrücklich verdeutlicht. Doch schon zuvor war erkennbar, mit welcher Art von Partei wir es hier zu tun haben. Als der zu der Zeit Parteivorsitzende und heutige Ehrenvorsitzende der AfD, Alexander Gauland, 2017 über die damalige Integrationsbeauftragte der Bundesregierung sagte: „Wir werden sie dann auch, Gott sei Dank, in Anatolien entsorgen können“, zeigte sich einmal mehr, wie tief menschenverachtendes und rassistisches Gedankengut in der AfD verankert ist. Diese Partei schreckt nicht davor zurück, öffentlich die Entmenschlichung von Menschen zu fordern, die nicht in ihr völkisches Weltbild passen.
Auf der Website afd-verbot.de finden sich über 2300 Zitate von AfD-Mitgliedern, darunter hochrangige Funktionär*innen der Partei, die belegen, dass solche Aussagen keine Einzelfälle sind, sondern Ausdruck der systematischen verfassungsfeindlichen Bestrebungen.
Björn Höcke wird in seinem Buch „Nie zweimal in denselben Fluss“ebenfalls sehr konkret: Dieses "Remigrationsprojekt", so schreibt es Höcke, sei wohl nur mit Gewalt zu schaffen: "In der erhofften Wendephase", (Machtantritt der AfD), "stünden uns harte Zeiten bevor, denn umso länger ein Patient die drängende Operation verweigert, desto härter werden zwangsläufig die erforderlichen Schnitte werden, wenn sonst nichts mehr hilft." Und: "Vor allem eine neue politische Führung wird dann schwere moralische Spannungen auszuhalten haben: Sie ist den Interessen der autochthonen Bevölkerung verpflichtet und muss aller Voraussicht nach Maßnahmen ergreifen, die ihrem eigentlichen moralischen Empfinden zuwiderlaufen." Man werde – so heißt es bei Höcke weiter wörtlich –, "so fürchte ich, nicht um eine Politik der 'wohltemperierten Grausamkeit' herumkommen.“
Der Kurs, den der Thüringer Landeschef und als rechtsextrem eingestufte Björn Höcke verfolgt, dominiert heute das gesamte Parteigeschehen. Dieser Kurs zielt auf Zwangs- und Gewaltmaßnahmen ab, die Millionen von Menschen betreffen würden.
Die AfD wird bundesweit vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall geführt. In den Landesverbänden von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gilt die AfD als gesichert rechtsextrem. Zudem sind fünf Jugendorganisationen der AfD, einschließlich des Bundesverbandes, als eindeutig rechtsextrem eingestuft. Diese Organisationen und Strukturen unterstreichen die Gefahr, die von der AfD für unsere Demokratie ausgeht. Der Extremismus hat in der AfD nicht nur Fuß gefasst, sondern zahlreiche und gewichtige Anhaltspunkte deuten darauf hin, dass die AfD mit ihrer extremistischen Ideologie die freiheitlich-demokratische Grundordnung Deutschlands gefährdet.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat bereits festgestellt, dass die Kriterien für ein Verbotsverfahren gegen die AfD erfüllt sind und empfiehlt allen entscheidenden Ebenen, dieses vorzubereiten.
Man sollte nicht aus Sorge vor einer möglichen Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht von einem Parteiverbotsverfahren absehen. Ein solches Risiko besteht grundsätzlich bei einer derart weitreichenden Antragstellung. Doch bei einer Organisation wie der AfD, die wiederholt die freiheitlich-demokratische Grundordnung offensichtlich mit Füßen tritt, nur aus Furcht vor einem möglichen Scheitern auf einen Antrag zu verzichten, widerspricht dem Selbstverständnis der GRÜNEN, sich entschlossen für Demokratie, Freiheit und die Werte des Grundgesetzes einzusetzen.
Ein Parteiverbotsverfahren entbindet demokratische Parteien dabei nicht von der Pflicht, die AfD weiterhin politisch zu konfrontieren. Es bleibt entscheidend, ihre rassistischen und diskriminierenden Positionen offenzulegen und deutlich zu machen, dass vermeintlich einfache Lösungen in einer komplexen Welt oft rechtlich nicht umsetzbar sind und in der Regel zulasten derjenigen in unserer Gesellschaft gehen, die am meisten auf eine Unterstützung angewiesen sind. Politische Auseinandersetzung und Aufklärung müssen also auch parallel zu einem Verbotsverfahren konsequent fortgesetzt werden.
Es besteht zudem keine ernsthafte Gefahr, dass eine Niederlage vor dem Verfassungsgericht die AfD nachhaltig stärken würde. Die Stärke der AfD beruht auf ihrer menschenverachtenden, populistischen Politik. Dass einige Wähler*innen sich durch ein gescheitertes Verbotsverfahren in ihrer Wahlentscheidung bestärkt fühlen könnten, mag möglich sein – doch dieser Effekt tritt auch heute bereits aufgrund der (richtigen) politischen Ächtung der AfD ein. Es ist unwahrscheinlich, dass ein verlorenes Verfahren diesen Effekt maßgeblich verstärken würde. Das Risiko ist daher überschaubar und muss in Kauf genommen werden.
Ein Parteiverbot ist das schärfste Mittel der wehrhaften Demokratie, und angesichts der Bedrohung, die von der AfD ausgeht, ist dieses Mittel jetzt notwendig. Es darf nicht sein, dass eine Partei, die Zwangsmaßnahmen, Gewalt und rassistische Ideologien verfolgt, weiterhin Einfluss in unserer politischen Landschaft gewinnt. Die AfD hat wiederholt bewiesen, dass sie die Demokratie zerstören und durch ein repressives Regime ersetzen will.
Angesichts all dieser schwerwiegenden Argumente wird der Bundesvorstand und die Bundestagsfraktion gebeten, unverzüglich die notwendigen Schritte für ein Parteiverbotsverfahren gegen die AfD vorzubereiten und sich in der Bundesregierung und im Bundestag dafür einzusetzen, dass ein solches Verfahren eingeleitet wird.
Wir dürfen nicht länger zögern. Es ist unsere Verantwortung, die Demokratie zu schützen und sicherzustellen, dass verfassungsfeindliche Parteien keinen Platz in unserer politischen Landschaft haben.
weitere Antragsteller*innen
Änderungsanträge
- V-17-002 (Philipp Schmagold (KV Plön), Eingereicht)