Veranstaltung: | 51. Bundesdelegiertenkonferenz Hannover |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Franz Florian Krause (KV Hamburg-Nord) und 50 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 51%) |
Status: | Eingereicht |
Angelegt: | 12.10.2025, 22:44 |
V-51: Nein zur Wehrpflicht – Ja zur Friedentüchtigkeit
Antragstext
Begründung
80 Jahre nach der Befreiung vom Faschismus soll die deutsche Bevölkerung wieder „kriegstüchtig“ gemacht werden. Im Rahmen dieser Diskussion fordert das konservative bis rechte Lager die Wiedereinführung der Wehrpflicht.
Über die Begriffe „Wehrhaftigkeit“ und „Kriegstüchtigkeit“ als Leitbegriffe preußischer Staats-und Kulturpolitik schreibt Hartmut Vinçon in der Berliner Zeitung. „Mit Wehrfähigkeit und Kriegstüchtigkeit war in aller Deutlichkeit die Aufrüstung der Waffensysteme gemeint, um die Großmachtstellung des Deutschen Reiches in Mitteleuropa zu beschleunigen und zu festigen. In der Propagandasprache des Nationalsozialismus waren und blieben die Begriffe Kriegstüchtigkeit und Wehrhaftigkeit fest verankert. Sie mussten nicht erfunden werden, sondern feierten in Wort und Tat fröhliche Urständ.“ (1)
Nach zwei vom deutschen Boden ausgegangenen Weltkriegen, welche Tod und Zerstörung über Millionen von Menschen gebracht haben, will Bundeskanzler Friedrich Merz Deutschland wieder zu einer militärischen Weltmacht machen, die sich in der aufgewühlten Welthegemonie im Sinne des Rechts des Stärkeren durchsetzet. Hierfür braucht es nicht nur Panzer, Granaten oder Drohnen, sondern im besonderen Maße Menschen, die bereit sind für diese Idee ihr Leben aufs Spiel zu setzen und andere zu entmenschlichen. Die deutsche Bevölkerung macht hierbei aber bisher nicht mit.
Laut der Studie „Jugend in Deutschland“ sind 81% der befragten Jugendlichen nicht bereit, für ihr Land zu sterben. 69% würden Deutschland nicht mit einer Waffe verteidigen. (2) Heroische Heldengeschichten und nationale Beschwörungen verfangen bei der Jugend nicht. Sie ist nicht kriegstüchtig, will weder töten noch sterben für ein wie auch immer geartetes „Ideal“. Hier kommt die Wehrpflicht ins Spiel. In einem besonderen Ausmaß des Zwangs sollen jungen Menschen durch die militärische Erziehung Egoismus, Ellenbogengesellschaft und Befehl und Gehorsam eingeprügelt werden. Der starke Mann an der Front und die sanfte Frau am Herd (oder vice versa, ganz liberal) sollen zu Leitbildern ausgerufen werden, welche nicht nur der Vorbereitung und Durchführung eines Krieges helfen, sondern auch von Großkonzernen und ihren Aktionären gerne gesehen werden. Wer anspruchslos ist durch die Erziehung zur Genügsamkeit, nimmt jede Lohnkürzung oder Arbeitsauswertung gerne hin: Der Chef hat es ja befohlen…
Der oktroyierte Stärkekult richtet sich dabei gegen die Würde und Gleichheit aller Menschen und den globalen Aufbruch, in dem wir uns befinden. Die westliche Vorherrschaft ist angezählt und soll, unter kompletter Ignoranz gegenüber den persönlichen und gesamtgesellschaftlichen Folgen, aufrechterhalten werden. Statt dies als Chance für die gemeinsame Aneignung der Welt im Sinne der Menschen- und Völkerrechte zu nutzen, soll die Sinnlosigkeit und der Nihilismus des „jeder gegen jeden“im neuen Maß zugespitzt werden.
Die Menschheit, und damit jeder einzelne von uns, ist jedoch nicht der Spielball der Geschichte – wir sind die Spieler. Statt sich der rassistischen Mär hinzugeben, liegt es an uns weltweit die Unterdrückung und Ausbeutung zu überwinden. Wenn von uns Befehl und Gehorsam gefordert wird, dann beantworten wir das mit Lebensfreude und Dissidenz. Wenn der Ellenbogen ausgefahren werden soll, dann fordern und leben wir im besonderen Maße Solidarität. Dies ist die Konsequenz aus der Befreiung vom Faschismus und Weltkrieg, welche bspw. die Grundlage für die Erklärung der Menschenrechte oder das Grundgesetz bildete. Statt Kriegstüchtigkeit und Wehrpflicht müssen wir die im Menschen angelegte Friedenstüchtigkeit fördern – mit guten Lebensbedingungen für jeden, gesellschaftlicher Mitbestimmung in allen Bereichen und einem klaren Bekenntnis zum Zivilen. Sowohl hierzulande mit dem Neuaufkommen der Friedensbewegung als auch international bspw. mit Streiks und Sabotagen gegen den Krieg in Palästina haben sich bereits viele Menschen aufgemacht, gegen den Krieg und für die zivile Entwicklung aller zu kämpfen. Schließen wir uns diesem Kampf zur Realisierung der Menschenrechte an.
Von euch, die ihr den Hammer schwingt,
von euch, die ihr auf Krücken hinkt,
von euch, die ihr die Feder führt,
von euch, die ihr die Kessel schürt,
von euch, die mit den treuen Händen
dem Manne ihre Liebe spenden –
von euch, den Jungen und den Alten –:
Ihr sollt drei Minuten inne halten.
Wir sind ja nicht unter Kriegsgewinnern.
Wir wollen uns einmal erinnern.
Die erste Minute gehöre dem Mann.
Wer trat vor Jahren in Feldgrau an?
Zu Hause die Kinder – zu Hause weint Mutter ...
Ihr: feldgraues Kanonenfutter –!
Ihr zogt in den lehmigen Ackergraben.
Da saht ihr keinen Fürstenknaben:
der soff sich einen in der Etappe
und ging mit den Damen in die Klappe.
Ihr wurdet geschliffen. Ihr wurdet gedrillt.
Wart ihr noch Gottes Ebenbild?
In der Kaserne – im Schilderhaus
wart ihr niedriger als die schmutzigste Laus.
Der Offizier war eine Perle,
aber ihr wart nur ›Kerle‹!
Ein elender Schieß- und Grüßautomat.
»Sie Schwein! Hände an die Hosennaht –!«
Verwundete mochten sich krümmen und biegen:
kam ein Prinz, dann hattet ihr stramm zu liegen.
Und noch im Massengrab wart ihr die Schweine:
Die Offiziere lagen alleine!
Ihr wart des Todes billige Ware ...
So ging das vier lange blutige Jahre.
Erinnert ihr euch –?
Die zweite Minute gehöre der Frau.
Wem wurden zu Haus die Haare grau?
Wer schreckte, wenn der Tag vorbei,
in den Nächten auf mit einem Schrei?
Wer ist es vier Jahre hindurch gewesen,
der anstand in langen Polonaisen,
indessen Prinzessinnen und ihre Gatten
alles, alles, alles hatten – –?
Wem schrieben sie einen kurzen Brief,
dass wieder einer in Flandern schlief?
Dazu ein Formular mit zwei Zetteln ...
wer mußte hier um die Renten betteln?
Tränen und Krämpfe und wildes Schrein.
Er hatte Ruhe. Ihr wart allein.
Oder sie schickten ihn, hinkend am Knüppel,
euch in die Arme zurück als Krüppel.
So sah sie aus, die wunderbare
große Zeit – vier lange Jahre ...
Erinnert ihr euch –?
Die dritte Minute gehört den Jungen!
Euch haben sie nicht in die Jacken gezwungen!
Ihr wart noch frei! Ihr seid heute frei!
Sorgt dafür, dass es immer so sei!
An euch hängt die Hoffnung. An euch das Vertraun
von Millionen deutschen Männern und Fraun.
Ihr sollt nicht strammstehn. Ihr sollt nicht dienen!
Ihr sollt frei sein! Zeigt es ihnen!
Und wenn sie euch kommen und drohn mit Pistolen –:
Geht nicht! Sie sollen euch erst mal holen!
Keine Wehrpflicht! Keine Soldaten!
Keine Monokel-Potentaten!
Keine Orden! Keine Spaliere!
Keine Reserveoffiziere!
Ihr seid die Zukunft!
Euer das Land! Schüttelt es ab, das Knechtschaftsband!
Wenn ihr nur wollt, seid ihr alle frei!
Euer Wille geschehe! Seid nicht mehr dabei!
Wenn ihr nur wollt: bei euch steht der Sieg!
– Nie wieder Krieg –!
„Drei Minuten Gehör!“, Kurt Tucholsky, 1922
weitere Antragsteller*innen
- Lene Greve (KV Hamburg-Altona)
- Sabine Hebbelmann (KV Odenwald-Kraichgau)
- Tabitha Elkins (LV Bayern)
- Hans Schmidt (KV Bad Tölz-Wolfratshausen)
- Andreas Kleist (KV Coburg-Land)
- Barbara Romanowski (KV Oberberg)
- Svenja Horn (KV Hamburg-Mitte)
- Kathrin Weber (KV Bielefeld)
- Linus Sage (KV Hamburg-Harburg)
- Wolfgang Wähnelt (KV Magdeburg)
- Farid Abdullah Najem (KV Hamburg-Mitte)
- Peter Meiwald (KV Ammerland)
- Lars Klaus Aßhauer (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Gabriele Raasch (KV Ludwigslust-Parchim)
- Walter Zuber (KV Aurich-Norden)
- Michael Hoffmeier (KV Eichsfeld)
- Andrea Piro (KV Rhein-Sieg)
- Heike Dahlgaard (KV Hamburg-Mitte)
- Günther Bieser (KV Ortenau)
- Maximilian Alsen (KV Hamburg-Eimsbüttel)
- Teuta Cilic (KV Ennepe-Ruhr)
- Hannah Weiser (KV Odenwald-Kraichgau)
- Gregor Kaiser (KV Olpe)
- Lene Eckardt (LV Grüne Jugend Hamburg)
- Lucia Schmidt (KV Bad Tölz-Wolfratshausen)
- Angelika Aigner (KV Traunstein)
- Irmgard Pehle (KV Herford)
- Tobias Kraft (KV Rems/Murr)
- Mersad Rekic (KV Stuttgart)
- Marion Sickmann (KV Ennepe-Ruhr)
- Zohra Mojadeddi (KV Hamburg-Wandsbek)
- Almut Kückelhaus (KV Märkischer Kreis)
- Elisabeth Petras (KV Hamburg-Nord)
- Timo Hilker (LV Grüne Jugend Hamburg)
- Bärbel Radmacher (KV Wesel)
- Paul-Josef Sieger (KV Ahrweiler)
- Canan Balaban (KV Ludwigsburg)
- Barbara-Marie Mundt (KV Ludwigslust-Parchim)
- Nicole Lauterwald (KV Frankfurt)
- Lenio Elia Kunz (KV Birkenfeld)
- Thomas Mohr (KV München)
- Malte-André Schneider (LV Grüne Jugend Hamburg)
- Manuela Braun (KV Rastatt/Baden-Baden)
- Carlos Echegoyen (KV Bonn)
- Matthias Henneberger (KV Wunsiedel)
- Peter Kallusek (KV Südliche Weinstraße)
- Jochim Wienberg (KV Hamburg-Nord)
- Wilhelm Achelpöhler (KV Münster)
- Krystyna Grendus (KV Vorpommern-Greifswald)
- Babette Schulz (KV Ettlingen)