Veranstaltung: | 51. Bundesdelegiertenkonferenz Hannover |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Omid Nouripour (KV Frankfurt) und 58 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 59%) |
Status: | Eingereicht |
Angelegt: | 16.10.2025, 10:05 |
V-72: Afghanistan: Frauen und Mädchen schützen, Menschenrechte verteidigen, Anerkennung der Taliban-Terrorherrschaft stoppen
Antragstext
Vier Jahre nach dem Abzug der internationalen Truppen und seit der
Machtübernahme der Taliban herrscht in Afghanistan ein Regime der Angst und
Unterdrückung. Frauen und Mädchen werden schrittweise systematisch entrechtet,
Bildung und Arbeit werden ihnen verweigert. Regelwerke wie die sogenannten
„Laster- und Tugend“- Gesetze drängen sie aus dem öffentlichen Leben und rauben
ihnen jede Stimme.
Oppositionelle verschwinden, Folter und öffentliche Hinrichtungen kehren zurück.
Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist auf humanitäre Hilfe angewiesen,
Millionen Kinder leiden unter Hunger und Mangelernährung. Bei dem diesjährigen
Erdbeben kamen über 2.200 Menschen ums Leben, Zehntausende verloren ihre
Lebensgrundlage. Frauen und Mädchen sind davon besonders stark betroffen: Ihr
Zugang zu sicherer Unterkunft, medizinischer Hilfe und psychosozialer
Unterstützung ist stark eingeschränkt. Sie sind in besonderem Maße von
Vernachlässigung, Ausbeutung und Gewalt bedroht und wurden teilweise nicht
einmal geborgen.
Indes macht sich die Klimakrise im ganzen Land breit. Dürren und
Überschwemmungen zerstören Ernten und Lebensgrundlagen. Afghanistan gehört zu
den am stärksten vom Klimawandel betroffenen Ländern der Welt, doch das Taliban-
Regime hat keinen Willen, den Bedürfnissen der Bevölkerung zu begegnen.
Stattdessen werden Repression und Armut ausgeweitet.
Deutschland trägt eine besondere Verantwortung: Der überstürzte Abzug 2021 im
internationalen Geleit, das Versagen im Evakuierungsmanagement und die noch
immer ausstehende Aufnahme gefährdeter Ortskräfte gefährden bis heute
Menschenleben. Gerade letztere sind in Lebensgefahr aufgrund ihrer Unterstützung
für die entsandten deutschen Einsatzkräfte. Auch den mutigen Frauen, die sich
gegen die Terroristen widersetzen, gebührt unsere besondere Unterstützung. Wir
müssen ihre Vorbildfunktion und ihren Mut ehren, anstatt sie durch die
Normalisierung eines Terrorregimes weiter zu gefährden.
Während weiterhin Tausende mit von Deutschland erteilten Aufnahmezusagen in
Pakistan ausharren, setzt die deutsche Politik auf Abschottung, bürokratische
Hürden und Kooperation mit den Taliban. Diese Politik ist nicht nur
verantwortungslos, sondern schadet Deutschlands Glaubwürdigkeit und Ansehen in
der Welt.Die Bundesregierung sucht gezielt Kontakte zu den terroristischen
Taliban. Sie verschleiert dies unter dem Deckmantel sogenannter „technisch-
konsularischer Gespräche“ und missbraucht sie für ihre repressive
Abschiebepolitik anstatt sie als Instrument der humanitären Hilfe in
Notsituationen zu nutzen. Damit ebnet die Bundesregierung den Taliban den Weg zu
diplomatischer Anerkennung. Das ist brandgefährlich.
Diese Praxis läuft auf eine schleichende Normalisierung des terroristischen
Taliban-Regimes hinaus und konterkariert jede glaubwürdige Außenpolitik. Eine
Flagge der Taliban über der Botschaft in unserer Hauptstadt wäre ein
symbolischer Sieg für den Extremismus und ein sicherheitspolitischer Dammbruch
mit fatalen Folgen. Denn wer Terroristen normalisiert oder ihnen Legitimität
zuspricht, riskiert auch unsere Sicherheit in Deutschland.
Veteran*innen der Bundeswehr bezeichnen die heutigen Kontakte zur Taliban-
Terrorherrschaft angesichts der 60 in Afghanistan gefallenen deutschen Soldaten
als „Hohn“ ihnen und ihrem Einsatz gegenüber. Die Tatsache, dass das Auswärtige
Amt öffentlich erklärt, keine Erkenntnisse über die vom Bundesinnenministerium
geführten Verhandlungen mit den Taliban zu haben, wirft ein beunruhigendes Licht
auf die außenpolitische Abstimmung innerhalb der Bundesregierung. Chaos ist
keine Entschuldigung für Versagen - die Bundesregierung steht in der
Verantwortung.
Begründung
Die Herrschaft der terroristischen Taliban ist ein Angriff auf Menschenrechte, Frauenrechte und internationale Sicherheit. Das Regime unterdrückt systematisch Frauen, verbreitet Angst und Gewalt und bietet internationalen Terrornetzwerken Rückzugsräume.
Die Entscheidung von Bundesminister Alexander Dobrindt, Terroristen im Gegenzug für eine repressive Abschiebepolitik den roten Teppich auszurollen und damit ihre Anerkennung in Kauf zu nehmen, zeigt eine gefährliche Verschiebung politischer Maßstäbe. Eine Normalisierung oder gar Anerkennung der Taliban würde solche Praktiken legitimieren und Extremisten weltweit ermutigen.
Bündnis 90/Die Grünen stehen für eine Außenpolitik, die auf Werten basiert. Die grüne Bewegung hat sich stets für Menschenrechte, Gerechtigkeit und Frieden eingesetzt. Diese Prinzipien gelten auch in Zeiten von Rechtsruck und geopolitischer Unsicherheit.
Ein verantwortungsvoller Umgang mit Afghanistan bedeutet, den Menschen beizustehen, die unter der Taliban-Herrschaft leiden, anstatt die Täter zu legitimieren. Die Grünen müssen in ihrer politischen Agenda klarstellen: Wer Terror fördert, Frauen entrechtet und Menschenrechte mit Füßen tritt, kann kein Partner für Deutschland oder die internationale Gemeinschaft sein.
Eine klare Haltung gegen jede Form der Anerkennung der Taliban ist Ausdruck grüner Verantwortung, Solidarität und sicherheitspolitischer Vernunft.