Veranstaltung: | 51. Bundesdelegiertenkonferenz Hannover |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Karl-Wilhelm Koch (KV Vulkaneifel) und 56 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 40%) |
Status: | Eingereicht |
Angelegt: | 14.10.2025, 11:29 |
V-73: Rüstungskontrolle und Abrüstung jetzt!
Antragstext
Die BDK von Bündnis 90 / Die Grünen fordert den Bundesvorstand, die
Bundestagsfraktion und die Fraktion der Grünen im EU-Parlament auf, sich für
umfassende Verhandlungen zur Abrüstung und Rüstungskontrolle in Europa und
weltweit einzusetzen. Diese sollen alle Bereiche militärischer Rüstung: atomar,
biologisch, chemisch, konventionelle Rüstung, Drohnen, Weltraum-gestützte Waffen
und digitaler Werkzeuge, umfassen.
Ziel ist es, die Aufrüstungsspirale zwischen Russland auf der einen Seite und
der Nato und ihrer Verbündeten auf der anderen Seite kurzfristig zu unterbrechen
und langfristig zu beenden. Abrüstungsverhandlungen zwischen den bestimmenden
Groß- sowie mit den Atommächten weltweit sind ebenso initiieren.
Begründung
Rüstungskontrolle hat das Ziel, Rüstungswettläufe und Destabilisierung von Abschreckung zu verhindern. Hochrüstung ist kein Garant, dass es nicht zum Krieg kommt. Rüstungsausgaben schwächen den Ausgleich von Gesellschaften nach innen und destabilisieren dadurch die Staaten und Demokratien. Ausgaben im Rüstungsbereich schaffen weniger Wohlstand und lebenswerte Bedingungen als Investitionen in Infrastruktur. Der Klimawandel und das Kippen von immer mehr Staaten in Richtung Autoritärer Strukturen erfordern eine weltweite gemeinsame Anstrengung in sozialer Gerechtigkeit und Ökologie.
Auch ohne, dass Russland die Nato '2029' angreift, kann der 'Westen' strukturell geschwächt werden, in dem er gereizt wird und durch Provokationen eine Aufrüstungsspirale in Gang gesetzt wird.
Es ist sicherlich riskant, sich auf die Worte von z.B. Putin und Trump zu vertrauen. Aber beide haben signalisiert, dass sie Abrüstungsverträge verlängern oder neu schließen wollen. Putin hat gerade angeboten den Newstart Vertrag um ein Jahr zu verlängern, Trump hat im Frühjahr vorgeschlagen, die Atomare Rüstung um 50% zu verringern. Wir sollten sie beim Wort nehmen.
Die Abschreckung als Mittel der Wahl für die Herstellung und Bewahrung von Sicherheit ist sehr fragil und kann durch Fehler, Missverständnisse, Pannen (KI!?) unbeabsichtigt versagen und dann zu einer gefährlichen Eskalation ausufern. Eine weitere große Gefahr droht unseren Gesellschaften nicht nur von absichtlich geführten Angriffen potentieller Gegner, sondern von einem unbeabsichtigten Versagen der Abschreckung. Die möglichen Reaktionszeiten haben sich schon heute gegenüber dem Kalten Krieg drastisch verkürzt.
Diese Gefahr würde durch die 2026 geplante Stationierung der US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland weiter erhöht, da Vorwarnzeiten für US-Angriffe auf die russischen Abschreckungspotentiale sich auf wenige Minuten verkürzen würden. Umgekehrt besteht durch die Mittelstreckenraketen in Kaliningrad aber nicht die Gefahr, da sie die US-Abschreckungspotentiale auf nordamerikanischem Boden nicht erreichen. Um diese gefährliche Eskalation zu verhindern und Verhandlungen Raum zu geben, muss auf die Stationierung verzichtet werden.
Diese unbeabsichtigten Eskalationspfade zu versperren und/oder eine in Folge eines Versagens der Abschreckung bereits beginnende Eskalation schnell niederzuschlagen, ist daher eine extrem wichtige und unverzichtbare Funktion von Sicherheitspolitik. Rüstungskontrolle und Abrüstung dienen dieser Funktion. Sie sind existenziell wichtig und müssen Abschreckung beidseitig auf das möglichst niedrigste Niveau regulieren, vertrauensbildend wirken und dazu beitragen, das so genannte Sicherheitsparadoxon zu lösen.
Hinweis: Der Antrag wird bewusst auf den TOP "A Außenpolitik: Ukraine und Naher Osten" gestellt, auch wenn er Staaten und Bündnisse über die benannten geografischen Bereiche hinaus thematisiert. Auch bezgl. Nahost ist mit den Atommächte Israel und Pakistan (Bündnis mit Saudia-Arabien) die Frage relevant.
Aber gerade in den Diskussionen um den Ukrainekrieg ist "Abrüstung" eines der wesentlichen Argumente der "Diplomatie und Friedensverhandlungen" fordernden Teile unserer Partei und unserer Beschlusslage.