Veranstaltung: | 51. Bundesdelegiertenkonferenz Hannover |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Lena Renner (KV Berlin-Tempelhof/Schöneberg) und 60 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 51%) |
Status: | Eingereicht |
Angelegt: | 16.10.2025, 17:03 |
V-53: Artenschutz stärken – Zootierhaltung neu denken
Antragstext
Derzeit gibt es gemäß der Definition des Bundesnaturschutzgesetzes in
Deutschland rund 800 Zoos.[2] Sie alle sind rechtlich verpflichtet einen Beitrag
zur Arterhaltung zu leisten. Dazu kann zwar auch Zucht gehören, ausdrücklich
genannt werden jedoch ebenso andere Ansätze wie Forschung,
Informationsaustausch, Bildungsarbeit oder die Unterstützung von
Wiederansiedlungsprojekten.[3]
Allerdings zeigen verschiedene Untersuchungen, dass die Tierhaltung in Zoos
bislang immer noch an Schauzwecken und nicht an den Erfordernissen des
Artenschutzes ausgerichtet ist. Eine in 25 deutschen Zoos durchgeführte
Untersuchung ergab, dass von 1.601 Arten, die in Zoos gehalten werden, nur 15.6
% auf der Internationalen Roten Liste als bedroht eingestuft sind und davon nur
2 % als vom Aussterben bedroht gelten. In den wissenschaftlich geführten VdZ
Zoos, die durchschnittlich 171 Arten halten, ist nur jede 5. Art überhaupt
bedroht.[4]
Auch von den knapp 500 Arten, die in koordinierten europäischen Zuchtprogrammen
(EEP) gezüchtet werden, sind nur knapp 40% der Arten von der IUCN als bedroht
eingestuft. Ein Großteil der Arten, die in den Erhaltungszuchtprogrammen der
Zoos gezüchtet werden, sind publikumswirksame Tiere wie Totenkopfäffchen,
Wombats, Königspinguine oder Delfine.[5][6]
Die Auswilderung von Wildtieren, die über Generationen in Gefangenschaft
gehalten und gezüchtet wurden, ist nur schwer möglich. Zu artwidrig sind die
Haltungsbedingungen in Gefangenschaft, insbesondere bei exotischen Wildtieren.
Zwischen 2005 bis 2020 wurden lediglich 149 Tiere geschützter Arten für
Auswilderungsprojekte aus deutschen Zoos ins Ausland ausgeführt. Keine 10 Tiere
im Jahr, weniger als der Tiergarten Nürnberg an einem Tag getötet hat.[7]
Angesichts des globalen Artensterbens braucht es eine Neuausrichtung der
zoologischen Gärten und Artenschutzmaßnahmen, die tatsächlich wirken. Die
Geschichte des großen Pandas – des ikonischen Symboltiers für den Kampf gegen
das Artensterben - macht deutlich, nicht Zucht und Auswilderung, sondern der
Schutz der natürlichen Lebensräume rettet Arten vor dem Aussterben.
Um dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt nachzukommen und den Ex-Situ-
Artenschutz in der Herkunftsregion der jeweiligen Art stattfinden zu lassen,
sollte auch die Populationsförderung wo möglich im Heimathabitat erfolgen. Daher
setzen wir uns für ein Auslaufen der klassischen Zootierhaltung und ein Ende der
Zucht in Gefangenschaft ein. Zucht soll nur noch zum Aufbau einer notwendigen
Mindestpopulationsgröße zur Wiederauswilderung geschehen, wenn das im
Heimathabitat nicht möglich ist. Um das sicherzustellen, muss sie immer in ein
transparentes Wiederauswilderungsprojekt eingebunden sein. Dadurch entstehen
neue Erwerbsquellen für die lokale Bevölkerung und Mensch-Wildtierkonflikten
kann vor Ort begegnet werden.
Langfristig sollten Zoos zu Auffangstationen für heimische Wildtiere sowie für
Tiere umgebaut werden, die aufgrund schlechter Haltungsbedingungen auf Schutz
und eine zeitweise Unterbringung angewiesen sind – und sich gleichzeitig zu
modernen, familienorientierten Bildungseinrichtungen weiterentwickeln.
Begründung
Initiiert von den tierpolitischen Aktiven der Grünen Jugend, unterstützt von den Arten- und Wildtierschutzexpert*innen der BAG-Tierschutzpolitik.