| Veranstaltung: | 51. Bundesdelegiertenkonferenz Hannover |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
| Antragsteller*in: | BAG Wirtschaft und Finanzen (dort beschlossen am: 13.10.2025) |
| Status: | Eingereicht |
| Angelegt: | 16.10.2025, 08:31 |
V-28: Bezahlbares Leben statt Vermögensblase: Asset-Preisinflation begrenzen
Antragstext
Die Preise von Vermögenswerten (Assets) wie Immobilien, Grundbesitz und
Unternehmensbeteiligungen wie zum Beispiel Aktien sind in den letzten
Jahrzehnten insgesamt deutlich stärker gestiegen als die Löhne und sind
entkoppelt vom Wirtschaftswachstum. In Deutschland hat zuletzt die
Wirtschaftsleistung (BIP) stagniert, während Assets um etwa 7 % jährlich im Wert
zulegten. Unternehmensbeteiligungen und Immobilienbesitz konzentrieren sich an
der Spitze der Vermögensverteilung, sodass nur sehr wenige Menschen von diesen
Preisanstiegen profitieren. Die Mehrheit der Menschen in Deutschland hat über
die letzten 25 Jahre kein Vermögenswachstum erlebt, da sie kein oder nur
geringes Vermögen besitzen.
Die Binnenmarktnachfrage in Deutschland bleibt weiterhin auf sehr
niedrigem Niveau, wenn die Mehrheit der Menschen nicht von den Asset-
Preisanstiegen profitieren kann und dadurch zu wenig Geld für zusätzliche
Investitionen zur Verfügung hat. Dies erschwert es Unternehmen,
Zukunftstechnologien am Markt in der Breite der Bevölkerung zu etablieren.
Das Staatsvermögen ist durch Privatisierung über Jahrzehnte und
Staatsverschuldung deutlich reduziert. Deshalb kann der Staat nicht von
Asset-Preisinflation profitieren und verliert fiskalischen
Handlungsspielraum. Dies geht einher mit einer historisch geringen
Besteuerung der Spitze der Vermögensverteilung, obwohl dort die größten
Vermögenszuwächse realisiert wurden.
Begründung
Der Anstieg von Asset-Preisen lässt sich unter anderem sehr gut am Aktienmarkt verfolgen. Hier zeigen breit gestreute Indizes mit Aktienwerten aus der ganzen Welt und in Deutschland über Jahrzehnte gemittelt Preisanstiege von etwa 7 % pro Jahr. Für Deutschland zeigt sich darüber hinaus, dass sich die Preise für Wohnimmobilien besonders in Großstädten in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt haben, daraus resultierend zeichnet sich ein ähnliches Bild für die Wohnungsmieten vor allem in Großstädten.
Demgegenüber stehen die nominalen Löhne, die in den letzten zehn Jahren etwa mit 3 % pro Jahr gewachsen sind. Hieraus müssen Menschen zusätzlich ihre lebensnotwendigen Konsumausgaben tätigen, die einer Verbraucherpreisinflation von etwa 2 % pro Jahr unterliegen, zuletzt sogar mehr als 5 %.
Während Daten für die Spitze der Vermögensverteilung aufgrund der geringen Anzahl an befragten Personen mit extremen Vermögen kaum aussagekräftig sind, lassen sich viele Beobachtungen aus der Zusammensetzung der übrigen Vermögen und ihrem Wachstum ziehen. Verschiedene Wirtschaftsforschungsinstitute sind hier in einer gemeinsamen Studie zu dem Schluss gekommen, dass die Vermögen der unteren Hälfte der Vermögensverteilung in den letzten 25 Jahren stagniert sind. Darüber hinaus besteht das Vermögenswachstum von 90 % der Menschen in Deutschland fast ausschließlich aus den Preissteigerungen für ihre Immobilie, in der sie selbst wohnen. Von diesen Preissteigerungen können Menschen nicht profitieren, ohne ihr Eigenheim zu verkaufen.
Vermögen generiert typischerweise passive Einkommen, wie die Miete aus Immobilien, Dividenden und Gewinnausschüttungen aus Unternehmensbeteiligungen oder Zinsen aus Pfandbriefen. Im Fall von großen Vermögen sind diese häufig in Holding-Strukturen verwaltet, sodass die passiven Einkommen nicht von der Einkommenssteuer oder Kapitalertragssteuern betroffen sind. Die durchschnittliche prozentuale Rendite spiegelt sich in Asset-Preissteigerungen, wenn eine höhere Rendite zu erwarten ist, steigen Asset-Preise. Für Vermögen von Milliardären lassen sich auch hier Wachstumsraten von 7 % beobachten.
Asset-Preisinflation bringt also insgesamt einen Großteil der Menschen in eine schwierige finanzielle Lage. Zum einen ist häufig kaum Vermögen außerhalb des selbstgenutzten Wohneigentums vorhanden und knapp die Hälfte der Menschen hat weniger als 2000 € Rücklagen. Zum anderen ist es durch die Lohnentwicklung kaum möglich, mit dem Einkommen aus Gehältern einen signifikanten Anteil an den Assets zu kaufen. Hinzu kommt, dass die passiven Einkommen mit den Asset-Preisen wachsen und somit passive Einkommen die Löhne am Markt überbieten können.
In dieser schwierigen wirtschaftlichen Lage werden wichtige private Zukunftsinvestitionen zu einer noch großen finanziellen Herausforderung für viele Menschen und das Konsumklima bleibt unter dem Niveau der Corona-Pandemie. Analysten beschrieben diese Zusammenhänge und einen zunehmenden Fokus der Kaufkraft auf Luxusprodukte bereits in den 2000er-Jahren. Dies belastet auch Unternehmen, die ihre innovativen Produkte in der Breite der Bevölkerung verkaufen möchten, sichtbar zum Beispiel im Bereich der E-Mobilität.
Über die negativen Effekte auf das Konsumklima hinaus dämpft die Vermögenspreisinflation Unternehmensinvestitionen über viele weitere Kanäle: Kredite und Kapital werden in Immobilien und Finanztransaktionen gelenkt, während produktive Vorhaben relativ unterfinanziert bleiben. Hohe Boden- und Mietkosten erhöhen Eintrittsbarrieren und Fixkosten, was Wettbewerb und Innovation drückt. Die höhere Unsicherheit bei aufgeblähten Bewertungen erhöht den Anreiz zum Abwarten, und die geringere Arbeitskräftemobilität senkt die Rendite neuer Investitionen. In Summe saugen hohe Vermögenspreise Kaufkraft ab, lenken Kredite in Beton, verteuern Standorte und belohnen schnelle Finanzgewinne – dadurch fehlt Firmen der Anreiz, breit in neue Produkte und Technik zu investieren.
Die finanziellen Sorgen der Menschen bei gleichzeitig stagnierender Wirtschaft bieten auch einen Nährboden für rechte Narrative. Häufig werden Probleme am Wohnungsmarkt oder Ungleichheit auf Migration umgelenkt.
Geeignete Maßnahmen wie vermögensbezogene Steuern (insb. zunächst eine Erbschaftsteuerreform)) können die Vermögenskonzentration beschränken und eine Asset-Preisspirale verhindern. Passive Einkommen können so rückverteilt werden und zur Staatsfinanzierung beitragen.
