Veranstaltung: | 51. Bundesdelegiertenkonferenz Hannover |
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Tagesordnungspunkt: | E Klima & Energie |
Antragsteller*in: | KV Warendorf (dort beschlossen am: 08.10.2025) |
Status: | Eingereicht |
Angelegt: | 13.10.2025, 15:30 |
E-01: Klimaantrag
Antragstext
Der gemeinsame Aufruf der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft, der Deutschen
Physikalischen Gesellschaft und der Gesellschaft Deutscher Chemiker unter dem
Titel "KLIMAAUFRUF 2025 - Ein Aufruf zu entschlossenem Handeln" warnt vor einem
Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um 3 Grad bis 2050.
Die Auswertung der Klimadaten weist eine Beschleunigung der Klimakatastrophe
aus. Das Weltklima befindet sich mit einer relevanten Wahrscheinlichkeit auf dem
Worst-Case-Pfad des IPCC-Berichts von 2023. Ergebnisse von Klimamodellen deuten
darauf hin, dass bis Ende des Jahrhunderts eine Erwärmung bis zu 5 Grad möglich
ist. Dies würde das Ende der Zivilisation und der Artenvielfalt, wie wir sie
heute kennen, bedeuten und muss deshalb mit allen verfügbaren Mitteln verhindert
werden.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat am 9. April 2024
klargestellt, dass unzureichender Klimaschutz eine Verletzung der Menschenrechte
darstellen kann. Das Gericht befand, dass Staaten die Pflicht haben, effektive
Maßnahmen zum Schutz ihrer Bürger*innen vor den Auswirkungen des Klimawandels zu
ergreifen, um das Recht auf Leben und Gesundheit zu gewährleisten. Dieses Urteil
macht deutlich: Klimaschutz ist nicht nur Umwelt- und Wirtschaftspolitik – er
ist auch Schutz von Gesundheit, Gerechtigkeit und Menschenwürde für alle
Menschen, heute und in der Zukunft.
Frauen sind weltweit und auch in Deutschland in besonderem Maße von
klimabedingten Risiken betroffen – etwa durch höhere gesundheitliche
Belastungen, durch soziale Ungleichheiten und durch die Zunahme von Sorge- und
Pflegearbeit infolge klimatischer Veränderungen. Klimapolitik muss deshalb immer
auch geschlechtergerecht sein.
Die Klimakatastrophe trifft den Globalen Süden am härtesten – dort, wo Menschen
am wenigsten zu seiner Entstehung beigetragen haben. Dürren, Überschwemmungen
und Ernteausfälle zerstören Existenzen und treiben Menschen in die Flucht.
Klimaschutz ist daher auch Menschenschutz und ein zentraler Beitrag zur
Verringerung globaler Fluchtbewegungen.
Wir von Bündnis 90/Die Grünen müssen erkennen, dass wir die Geschwindigkeit und
die vielfältigen Auswirkungen der Klimakatastrophe unterschätzt haben. Auf Basis
der von der Wissenschaft bereitgestellten Faktenlage werden wir Grünen uns daher
inhaltlich und strategisch neu aufstellen. Dazu gehört insbesondere, dass die
globalisierte Gesellschaft das Festhalten an Wirtschaftswachstum und
Ressourcenausbeutung beenden muss. Die Zukunft liegt in Suffizienz, Effizienz
und regionalen Wirtschaftskreisläufen.
1) Bündnis 90/Die Grünen sind sich der realen Gefährdungslage der Zivilisation
durch die fortschreitende menschengemachte globale Erwärmung und der
Dringlichkeit des Handelns bewusst. Die Erhöhung der globalen
Durchschnittstemperatur um 3 Grad bis 2050 ist das Szenario, auf das sich die
globale Gesellschaft einstellen muss.
3) Bündnis 90/Die Grünen setzen sich dafür ein, die wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen zu verändern. Superreiche sind insgesamt für mehr als doppelt
so viel Treibhausgasemissionen verantwortlich wie die ärmere Hälfte der gesamten
Weltbevölkerung. Wir wollen, dass die Verursacher für die Emissionen von
Treibhausgasen gemäß ihrem Anteil an der Klimakatastrophe zur Verantwortung
gezogen werden. Dazu sind insbesondere wirtschaftliche Anreize so zu gestalten,
dass die Gesellschaft radikal auf einen emissionsarmen Entwicklungspfad
umschwenkt.
4) Bündnis 90/Die Grünen setzen sich dafür ein, dass Flächenverbrauch begrenzt
und Naturzerstörung gestoppt werden. Natürliche Treibhausgassenken wie Grünland,
Moore und Wälder müssen wieder aufgebaut werden, um damit die Konzentration von
Treibhausgasen in der Atmosphäre zu reduzieren. Ohne echte Fortschritte beim
Naturschutz werden wir die Klimaschutzziele nicht erreichen.
5) Bündnis 90/Die Grünen setzen sich dafür ein, die notwendigen Maßnahmen zur
Anpassung an die Folgen der globalen Erwärmung so zu planen, dass sie nach
Möglichkeit gleichzeitig auch dem Klimaschutz dienen. Anstatt den Fokus auf den
CO₂-Fußabdruck der Verbraucher*innen zu setzen, müssen wir uns dabei auf
Industrie, Verkehr und Energie konzentrieren.
7) Bündnis 90/Die Grünen setzen sich dafür ein, dass das Recht aller Menschen
auf eine gesunde und lebenswerte Zukunft als Leitprinzip in allen Klimaschutz-
und Klimafolgenanpassungs-Strategien verankert wird. Gesundheitliche Folgen wie
u.a. Hitzebelastung, Luftverschmutzung und psychische Belastungen müssen
systematisch in Präventions- und Versorgungsstrukturen einbezogen werden.
9) Bündnis 90/Die Grünen arbeiten darauf hin, dass sich Deutschland auf
internationaler Ebene aktiv für die Umsetzung und Fortschreibung der Grundsätze
des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte einsetzt und dass alle
politischen Ebenen – vom Bund bis zu den Kommunen – ihre Entscheidungen im
Lichte dieser völkerrechtlichen Verpflichtung überprüfen.