| Veranstaltung: | 51. Bundesdelegiertenkonferenz Hannover |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | A Außenpolitik: Ukraine und Naher Osten |
| Antragsteller*in: | Radosawa Stomporowski (KV Bonn) und 68 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 30%) |
| Status: | Eingereicht |
| Angelegt: | 16.10.2025, 20:54 |
A-10: Putins Öl brennt – jetzt Sanktionen verschärfen und Taurus liefern - Für eine entschlossene Haltung Deutschlands zur Unterstützung der Ukraine und zur Verschärfung der Sanktionen gegen Russland
Antragstext
Der völkerrechtswidrige russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dauert bald
vier volle Jahre und geht ins fünfte Kriegsjahr. Internationale Sanktionen und
unsere militärische Unterstützung haben die Bedrohung für die europäische
Friedensordnung bislang nicht abgewendet. Seit der Amtsübernahme von US-
Präsident Donald Trump steht das NATO-Bündnis erneut vor der Herausforderung,
Zusammenhalt, Sicherheit und Stabilität zu garantieren.
Trotzdem hat sich die Ukraine auch in diesem Jahr mit beeindruckender
Entschlossenheit gegen die russischen Angriffe gewehrt. Ihre Lage bleibt geprägt
von brutalen Attacken auf die Zivilbevölkerung, Städte und kritische
Infrastruktur. Die jüngsten russischen Luftschläge zeigen die
Eskalationsbereitschaft des Regimes – und dass der Ukraine ein weiterer harter
Winter bevorsteht. Dennoch gibt es Hoffnung auf eine Wende im Verteidigungskrieg
gegen die russische Aggression.
Zwar zeigte Präsident Trump zu Beginn seiner Amtszeit auffällige Nähe zum Kreml
– etwa durch ein Gipfeltreffen in Alaska und die demonstrative Brüskierung von
Präsident Selenskyj im Oval Office. Doch inzwischen äußert er seine
Unterstützungsbereitschaft für die Ukraine. Trotz dieser Avancen aus dem Weißen
Haus hat der Kreml sämtliche diplomatische Angebote ausgeschlagen. Über den
Sommer 2025 hat Putin einen möglichen Verhandlungsfrieden – vermittelt durch
Trump, aber verbunden mit harten Einschnitten für die Ukraine – bewusst
ausgesessen. Der Grund dafür ist, dass Putin den Krieg zur Machterhaltung, zur
Unterdrückung der eigenen Bevölkerung und zur Verschleierung der
wirtschaftlichen Missstände braucht. Gerade weil der Krieg militärisch nicht
erfolgreich verläuft, wächst zunehmend die Gefahr, dass Russland seine
Aggression über die Ukraine hinaus ausdehnt – etwa durch hybride Angriffe,
Desinformationskampagnen, Drohnen, Sabotageakte oder gezielte Provokationen
gegenüber EU- und NATO-Staaten. Ein geschwächtes Regime kann unberechenbar
werden, wenn es seine Machtbasis bedroht sieht. Umso beachtenswerter ist die
passende Strategie der Ukraine.
Die Ukraine hat mit eigenen Kraftanstrengungen und durch gezielte Unterstützung
aus Europa – auch aus Deutschland – ihre Verteidigungskapazitäten ausgebaut.
Hinzu kommt eine strategisch kluge Offensive gegen russische Ressourcen:
Munitionsfabriken, Raffinerien, Pumpstationen. Seit Anfang August wurden laut
der britischen NGO Open Source Centre (OSC) mindestens 58 Angriffe auf russische
Energieanlagen durchgeführt – mit Drohnen, die bis zu 2.000 Kilometer tief ins
russische Territorium vordringen. Im Juni waren es nur ein Angriff, im Juli
zwei.
Ziel dieser Strategie ist es, in Russland gezielt eine Verknappung von
Treibstoffen wie Benzin und Diesel herbeizuführen – um das Vorrücken an der
Front zu erschweren und die Kriegswirtschaft zu destabilisieren. Ursache dafür
ist aber auch, dass wir es nicht geschafft haben, Russlands Exporte zu
verhindern. Daher setzt die ukrainische Strategie gezielte Nadelstiche gegen die
wirtschaftliche Lebensader Russlands. Ihr Ausfall bedeutet:
Deutschland unterstützt die Ukraine militärisch und trägt die EU-Sanktionen mit.
Doch die Politik bleibt zu defensiv, zu intransparent und schöpft ihr
europäisches Potenzial nicht aus. Entscheidungen über Waffenlieferungen und
Sanktionsausnahmen erfolgen oft hinter verschlossenen Türen. Sanktionen gegen
Oligarchen werden verzögert oder juristisch ausgehebelt. Das schwächt die
Glaubwürdigkeit einer wertebasierten Außenpolitik.
Wir Grüne fordern, dass Deutschland seine Führungsrolle in Europa stärker
wahrnimmt: durch eine EU-weite Initiative gegen Sanktionsumgehung, durch klare
öffentliche Haltung gegenüber blockierenden Staaten wie Ungarn oder Österreich
und durch einen schnelleren Abbau verbleibender Energieabhängigkeiten.
Zudem braucht es mehr Transparenz bei Entscheidungen über Waffenlieferungen und
eine ehrliche Neubewertung der Unterstützungsmöglichkeiten – auch in Bezug auf
den Marschflugkörper Taurus. Wir begrüßen, dass die Bundesregierung sich aktiv
an den europäischen Sanktionspaketen beteiligt – zuletzt am 18. Paket mit Fokus
auf russische Raffinerien und die Deportation ukrainischer Kinder. Diese Linie
muss jedoch entschlossen fortgesetzt und durch mehr Offenheit, europäische
Initiative und klare Kommunikation ergänzt werden – für eine glaubwürdige,
solidarische und handlungsfähige europäische Friedens- und Sicherheitspolitik.
Begründung
Die Ukraine verteidigt nicht nur ihre eigene Souveränität, sondern auch die Grundwerte der europäischen Friedensordnung. Ihre militärischen Erfolge – insbesondere die gezielten Angriffe auf russische Energieinfrastruktur – zeigen, dass strategische Unterstützung wirkt. Doch diese Erfolge sind fragil, solange Deutschland und Europa nicht entschlossener handeln. Die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern, die Ausweitung der Sanktionen und eine koordinierte diplomatische Initiative sind keine Eskalation, sondern notwendige Schritte zur Eindämmung eines Regimes, das Krieg als Machtinstrument nutzt und auch uns angreifen will.
Wer Putins Kriegsfinanzierung nicht konsequent angreift, verlängert den Konflikt. Wer Sanktionen duldet, aber ihre Umgehung nicht bekämpft, schwächt ihre Wirkung. Und wer Waffenlieferungen hinter verschlossenen Türen verhandelt, gefährdet die Glaubwürdigkeit einer wertebasierten Außenpolitik.
