| Veranstaltung: | 51. Bundesdelegiertenkonferenz Hannover |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
| Antragsteller*in: | Omid Nouripour (KV Frankfurt) und 63 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 36%) |
| Status: | Eingereicht |
| Angelegt: | 16.10.2025, 11:54 |
V-70: Raus aus der Atemlosigkeit: Mehr Bürgerbeteiligung, Stärkung der Parlamente, weniger Macht für den Bundeskanzler
Antragstext
Die Bundesdelegiertenkonferenz möge beschließen:
Bündnis 90/Die Grünen stehen für eine vorausschauende und zukunftsfähige
Politik, die den Anforderungen unserer Zeit gerecht wird. Die Herausforderungen
- vom Klimaschutz über Digitalisierung bis zu sozialer Gerechtigkeit und
globaler Sicherheit – sind komplexer denn je. Zugleich erleben wir eine
zunehmend aufgeheizte politische und gesellschaftliche Debattenkultur, in der
Differenziertheit oft verloren geht und Politik pauschal verächtlich gemacht
wird.
Diese Entwicklung setzt unsere parlamentarische Demokratie unter Druck wie nie
zuvor in der Nachkriegszeit. Kurzfristiges Denken und symbolische Politik
gewinnen an Gewicht, während strategische und langfristige Vorhaben auf der
Strecke bleiben.
Die derzeitige vierjährige Legislaturperiode verschärft das Problem: Nach
langwierigen Koalitionsverhandlungen schalten Regierungen und Parteien bereits
nach zweieinhalb Jahren wieder in den Wahlkampfmodus. Strategie und
Nachhaltigkeit werden dem kurzfristigen vermeintlichen Geländegewinn geopfert,
sodass symbolische Politik immer mehr an Gewicht zunimmt. Das schadet nicht nur
der Qualität politischer Entscheidungen, sondern unterminiert auch das Vertrauen
der Bürger*innen in verantwortungsbewusstes Regierungshandeln.
BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN stehen für eine politische Kultur, die auf Dialog,
Bürgerbeteiligung und die Stärkung der Parlamente setzt – und nicht auf
Machtkonzentration im Kanzleramt. Unser Ziel ist eine Politik, die wieder mehr
Raum für Denken, Debatte und nachhaltiges Handeln lässt.
Komplexe Herausforderungen lassen sich nicht in den bisherigen Wahlzyklen
nachhaltig lösen. Demokratie muss sich durch Problemlösungen legitimieren und
nicht durch Wahlkampfrhetorik. Dafür braucht Politik ein festeres Fundament und
mehr Beteiligung der Bürger*innen. Eine Verlängerung der Legislaturperiode im
Bund auf fünf Jahre kann zu mehr Besonnenheit und Stabilität beitragen – unter
der klaren Voraussetzung, dass gleichzeitig die direkte Bürgerbeteiligung
gestärkt wird.
Für eine Politik jenseits der Atemlosigkeit und für ein besseres demokratisches
Regieren fordern BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN:
- Eine Verlängerung der Wahlperiode des Deutschen Bundestages auf 5 Jahre
- Begrenzung der Amtszeiten der Bundeskanzlerin/des Bundeskanzlers auf zwei
Legislaturperioden
- Absenkung des aktiven und passiven Wahlalters auf 16 Jahren für alle
Parlamente
- Gleichberechtigte Repräsentanz der Geschlechter in den Parlamenten
- Überprüfung der Zulässigkeit der Veröffentlichung von Wählerbefragungen nach
Beginn der Briefwahl
- Stärkung der Formen direkter Bürgerbeteiligung, beispielsweise von Bürgerräten
- Reform der Wahlkreise: Aus jedem Wahlkreis müssen Abgeordnete in den Deutschen
Bundestag einziehen können. Die Besetzung der Wahlkreiskommission muss auch die
Vertretung aus ostdeutschen Bundesländern gesetzlich vorschreiben.
Begründung
Die bisherigen Regelungen sind nicht mehr zeitgemäß. Die komplexen Herausforderungen unserer Zeit erfordern neue Wege der Lösungsfindung jenseits der Atemlosigkeit. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für eine lebendige Demokratie, die auf Vertrauen, Transparenz und Mitwirkung beruht. Deshalb gilt es gerade jetzt, Verantwortung zu übernehmen und für Strukturen einzutreten, die politische Prozesse entschleunigen und zugleich die Qualität demokratischer Entscheidungen stärken
