| Veranstaltung: | 51. Bundesdelegiertenkonferenz Hannover |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | A Außenpolitik: Ukraine und Naher Osten |
| Antragsteller*in: | Lene Greve (KV Hamburg-Altona) und 49 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 50%) |
| Status: | Eingereicht |
| Angelegt: | 12.10.2025, 23:08 |
A-05: Rüstungsexporte nach Israel stoppen - Völkerrecht verwirklichen!
Antragstext
In dem Krieg, den die israelische Armee unter dem Namen „Operation Eiserne
Schwerter“ seit dem Terrorüberfall durch die Hamas und weitere Gruppen vom 7.
Oktober 2023 führt, wurden vor den Augen der Weltöffentlichkeit schwerste
Kriegsverbrechen gegen die palästinensische Bevölkerung einschließlich
systematischer Tötungen von Zivilist:innen verübt und die lebensnotwendige
Infrastruktur Gazas einschließlich Schulen, Universitäten und Krankenhäusern
vorsätzlich zerstört. Internationale Institutionen, Wissenschaftler:innen und
israelische Menschenrechtsorganisationen bezeichnen diese Kriegführung als
Genozid. Vor der Gefahr eines Genozids wurde bereits Anfang 2024 durch den IGH
gewarnt, im September 2025 mahnte die vom UN-Menschenrechtsrat eingesetzte
Kommission Schritte zu seiner Beendigung an.
Im 20. Jahrhundert wurden die Völkermordverbrechen deutscher Kolonialtruppen an
den Herero und Nama, osmanischer Truppen an den Armeniern sowie des „Dritten
Reiches“ an der jüdischen Bevölkerung mit deutschen Waffen begangen. Aus dieser
Geschichte und aus der Zäsur von 1945 folgt die Verantwortung der hiesigen
Zivilgesellschaft einschließlich der demokratischen Parteien, mit besonderer
Sorgfalt an der Verwirklichung freundschaftlicher internationaler Beziehungen
zur kooperativen Lösung der Menschheitsherausforderungen, zur Schaffung von
sozialem Fortschritt und zur Achtung von Würde und Wert der menschlichen
Persönlichkeit im Sinne der UN-Charta zu arbeiten. Nie wieder Faschismus – Nie
wieder Krieg!
Waffenexporte in Kriegs- und Krisengebiete hingegen untergraben die Prinzipien
der Vereinten Nationen, die Arbeit an der gegenseitigen Vermenschlichung und
jede Perspektive kooperativer Entwicklung. Waffen sind keine neutralen
Werkzeuge, sondern Mittel zur Entmenschlichung. Sie schaffen keinen Frieden,
sondern drängen Menschen in internationalen Konflikten dazu, das menschliche
Gegenüber als zu vernichtenden Feind statt als potenziellen Gesprächspartner zu
verstehen.
Die Grundsätze der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung aller Völker sowie
die universellen Menschenrechte und Grundfreiheiten ohne Unterschied in Bezug
auf „Rasse“, Geschlecht, Sprache oder Religion beinhalten gemäß der Erklärung
über die Gewährung der Unabhängigkeit an kolonialen Ländern und Völkern der UN
die Verantwortung zur Begünstigung der Souveränität und Wohlentwicklung
abhängiger Völker: „Alle bewaffneten Aktionen oder repressiven Maßnahmen aller
Art, die gegen abhängige Völker gerichtet sind, müssen eingestellt werden, damit
diese friedlich und frei ihr Recht auf vollständige Unabhängigkeit ausüben
können und die Integrität ihres nationalen Territoriums respektiert wird.“
Begründung
„Was für Waffen werden aus Deutschland nach Israel geschickt?“
Nach veröffentlichten Angaben wurden zwischen 2019 und 2023 Waffen für 1,1 Mrd. Euro exportiert und seit 2023 Rüstungsexporte in Höhe von 500 Mio. Euro ausgeführt. Der Anteil daran von Januar 2024 bis Juli 2025 betrug 250 Mio. Euro.[1] Die exportierten Waffengattungen beinhalten Drohnen, Korvetten, Munition, Panzergetriebe und Panzerfäuste.[2] Auch nach Merz Ankündigung eines Exportstopps im August 2025 wurden im September 2025 binnen zwei Wochen Rüstungsgüter unbekannter Art im Umfang von 2,5 Mio. Euro ausgeführt.[3] Nach dem Bekanntwerden des 20-Punkte-Plans von Donald Trump stellte Bundeskanzler Friedrich Merz das umfassende Ende des Lieferstopps in Aussicht.[4]
„Ist die Gefahr eines Genozids mit dem 20-Punkte-Plan von Donald Trump nicht abgewendet? Liefert Deutschland nicht ohnehin nur Verteidigungswaffen?“
Die israelische Armee verübt in Zusammenarbeit mit rechtsextremen Siedlergruppen auch in der Westbank schwere Menschenrechtsverbrechen und versucht die Annexion palästinensischer Gebiete voranzutreiben.[5] Auch hier wird Waffengewalt illegitim und im Widerspruch zu den Grundsätzen der Vereinten Nationen über die Rechte abhängiger Völker eingesetzt.[6] Dabei lässt sich zwischen Verteidigungs- und Angriffswaffen nicht unterscheiden, so werden sogenannte Matador-Panzerfäuste gegen zivile Infrastruktur eingesetzt.[7]
„Sind die Waffenlieferungen an Israel nicht Bestandteil der Verantwortung aus den Menschheitsverbrechen des deutschen Faschismus?“
Aus der Geschichte des deutschen Faschismus ergibt sich eine besondere Verantwortung gegenüber der israelischen Bevölkerung. Doch die deutsche Rüstungskooperation mit Israel ist von Beginn an nicht Teil des „Nie Wieder“, sondern Teil der Revision des „Nie Wieder“. Die wesentlichen Grundsätze der Antihitlerkoalition, mit denen die Alliierten „dem deutschen Volk die Möglichkeit geben [wollten], sich darauf vorzubereiten, sein Leben auf einer demokratischen und friedlichen Grundlage von neuem wiederaufzubauen“ wurden 1945 im Potsdamer Abkommen festgehalten: Denazifizierung, Demokratisierung, Demonopolisierung und Demilitarisierung.[8] Unter dem Schutz der USA im beginnenden Kalten Krieg konnte Adenauer das gegenteilige Programm durchsetzen: mit Bundeskanzleramtschef Hans Globke und BND-Präsident Reinhard Gehlen gegen die Denazifizierung; mit kultureller Restauration gegen die Demokratisierung; mit der Wiederherstellung der NSDAP-Finanziers IG Farben und ThyssenKrupp gegen die Demonopolisierung; mit der im Grundgesetz nicht vorgesehenen Gründung der Bundeswehr unter der Führung ehemaliger Wehrmachtsgeneräle gegen die Demilitarisierung. Die von Adenauer und Strauß in diesem Zusammenhang begonnene Zahlung von Reparationen an Israel (1952) sollten den NATO-Beitritt der BRD (1955) akzeptabel machen; die vereinbarte Rüstungskooperation (1957) den Wiederaufbau der deutschen Rüstungsindustrie[9] weißwaschen. Sie hatten mit einer Entschädigung der NS-Opfer oder dem Kampf gegen Antisemitismus nichts zu tun.
„Warum ist der Nahe Osten überhaupt so stark gerüstet?“
Die höchst ungleiche globale Entwicklung zwischen hochentwickelten industriellen Zentren und Staaten, die als Ressourcenlieferanten in Unterentwicklung gehalten werden, dient der möglichst effizienten Ausbeutung. Im Nahen Osten geht es dabei zentral um das Interesse westlicher Unternehmen an freien Handelswegen (Suez-Kanal, Rotes Meer) sowie am Zugang zu reichlich vorhandenen Ressourcen (Erdöl, Erdgas). Um diese Ordnung gegen das Streben nach Gleichheit und Gerechtigkeit zu verteidigen, werden nach dem Prinzip „Teile und Herrsche“ ethnische Konflikte konstruiert, Zwietracht gesät und die abhängigen Völker mit Waffengewalt kontrolliert.
Mit der spezifischen Wirtschaft der Besatzung und Genozid selber werden überdies Profite gemacht, auch von deutschen Unternehmen: Die Allianz hat 7,3 Mrd. USD in Firmen investiert, die im Bericht „Von der Besatzungswirtschaft zur Völkermordwirtschaft“ der UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten Gebiete Palästinas als Profiteure der Unterdrückung auftauchen – und hält 960 Mio. USD in Staatsanleihen zur Stabilisierung der israelischen Wirtschaft.
Mit der Rüstung, die diese Unterdrückung maßgeblich ermöglicht, werden wiederum Profite gemacht.[10] In diesem Fall dient sie auch der Erlangung einer von Merz ausgerufenen militärischen „Führungsrolle“ Deutschlands, so werden Bundeswehrsoldaten an den zynisch als „einsatzerprobt“ vermarkteten Heron-Drohnen durch die israelische Armee ausgebildet.[11]
„Und was ist mit der Gegenseite, die ihre Waffen nicht nur aus Deutschland erhält?“
Keine Waffen zu liefern, reicht nicht aus – darüber hinaus sind Initiativen zur Kooperation erforderlich, für die wir als Teil der internationalen Zivilgesellschaft gefragt sind. Waffenlieferungen schaden dabei, weil sie der nachhaltigen Lösung des Konfliktes ausgehend von seinen Ursachen im Wege stehen.
„Wenn Deutschland keine Waffen liefert, springen dann nicht andere ein?“
Andere Staaten haben diese Entscheidung bereits getroffen, darunter die Haager Gruppe aus Staaten des Globalen Südens sowie Frankreich und Spanien.[12] Deutschland ist nach den USA das zweitwichtigste Herkunftsland von Waffen für die israelische Armee.[13] Ein Stopp von Rüstungsexporten auch aus Deutschland erhöht den politischen Druck auf die US-Regierung.
weitere Antragsteller*innen
- Sabine Hebbelmann (KV Odenwald-Kraichgau)
- Elke Roskosch-Buntemeyer (KV Oldenburg-Stadt)
- Tabitha Elkins (LV Bayern)
- Hans Schmidt (KV Bad Tölz-Wolfratshausen)
- Andreas Kleist (KV Coburg-Land)
- Barbara Romanowski (KV Oberberg)
- Svenja Horn (KV Hamburg-Mitte)
- Franz Florian Krause (KV Hamburg-Nord)
- Paul-Josef Sieger (KV Ahrweiler)
- Kathrin Weber (KV Bielefeld)
- Linus Sage (KV Hamburg-Harburg)
- Cornelia Stump (KV Bad Dürkheim)
- Farid Abdullah Najem (KV Hamburg-Mitte)
- Peter Meiwald (KV Ammerland)
- Lars Klaus Aßhauer (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Walter Zuber (KV Aurich-Norden)
- Simon Leiber (KV Freising)
- Michael Hoffmeier (KV Eichsfeld)
- Heike Dahlgaard (KV Hamburg-Mitte)
- Günther Bieser (KV Ortenau)
- Maximilian Alsen (KV Hamburg-Eimsbüttel)
- Lara Bolt de Freitas (KV Hamburg-Bergedorf)
- Detlef Wilske (KV Berlin-Lichtenberg)
- Jens Evers (KV Hamburg-Wandsbek)
- Wolfgang Wähnelt (KV Magdeburg)
- Teuta Cilic (KV Ennepe-Ruhr)
- Marion Sickmann (KV Ennepe-Ruhr)
- Hannah Weiser (KV Odenwald-Kraichgau)
- Jutta Sauerland (KV Ennepe-Ruhr)
- Andreas Müller (KV Ennepe-Ruhr)
- Christopher Stark (KV München)
- Lene Eckardt (LV Grüne Jugend Hamburg)
- Lucia Schmidt (KV Bad Tölz-Wolfratshausen)
- Angelika Aigner (KV Traunstein)
- Mersad Rekic (KV Stuttgart)
- Zohra Mojadeddi (KV Hamburg-Wandsbek)
- Almut Kückelhaus (KV Märkischer Kreis)
- Elisabeth Petras (KV Hamburg-Nord)
- Gabriele Raasch (KV Ludwigslust-Parchim)
- Gisela Kainz (KV München)
- Timo Hilker (LV Grüne Jugend Hamburg)
- Bärbel Radmacher (KV Wesel)
- Canan Balaban (KV Ludwigsburg)
- Peter Kallusek (KV Südliche Weinstraße)
- Nicole Lauterwald (KV Frankfurt)
- Christian Masser (KV Südliche Weinstraße)
- Lenio Elia Kunz (KV Birkenfeld)
- Henning Singer (KV Südliche Weinstraße)
- Thomas Mohr (KV München)
