Veranstaltung: | 51. Bundesdelegiertenkonferenz Hannover |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Kristin Dimitrov (KV Barnim) und 49 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 32%) |
Status: | Zurückgezogen |
Angelegt: | 14.10.2025, 12:08 |
V-35: Völkerrecht und Menschenrechte - Friedenspartei in unsicheren Zeiten
Antragstext
In unsicheren Zeiten, die von neuen Kriegen und globalen Spannungen geprägt
sind, bleibt eines für Bündnis 90/ Die Grünen klar: Wir waren, sind und bleiben
eine Friedenspartei. Unsere Wurzeln liegen in der Friedens- und
Abrüstungsbewegung und wir bekennen uns zum Grundprinzip der Gewaltfreiheit. Für
uns ist Frieden keine realitätsferne Utopie in einer von Machtpolitik geprägten
Welt, sondern das Ergebnis einer regelbasierten, internationalen Zusammenarbeit.
Denn: Recht sichert Frieden.
Frieden ist für uns kein Geschenk, sondern harte Arbeit. Seien wir ehrlich. Eine
Welt ohne Konflikte gibt es nicht. Frieden bedeutet daher, dass wir über Grenzen
hinweg gemeinsam daran arbeiten, Konflikten vorzubeugen oder sie im Rahmen des
Völkerrechts zu lösen. Wir erarbeiten uns Frieden jeden Tag aufs Neue: durch
Entwicklungszusammenarbeit, pazifistisches Engagement, Einsatz für das
Grundprinzip der Gewaltfreiheit, Diplomatie und zivile Krisenbearbeitung.
Frieden ist dennoch keine Selbstverständlichkeit. Wenn Staaten sich weigern, an
der Lösung von Konflikten im Rahmen des Völkerrechts mitzuwirken und stattdessen
versuchen, ihre Interessen mit militärischer Gewalt zu erzwingen, dann können
Menschenrechte und Gewaltfreiheit in Konflikt geraten. Dann muss Frieden auch
aktiv verteidigt werden, denn in einer Welt, in der nur das Recht des Stärkeren
herrscht, kann es keinen Frieden, keine Freiheit und keine Verwirklichung der
Menschenrechte geben. Als internationale Gemeinschaft tragen wir Verantwortung,
gegen schwerste Menschenrechtsverletzungen und Völkermord im Rahmen der
Vereinten Nationen vorzugehen.
Frieden bedeutet auch Haltung. Gewaltfreiheit bedeutet nicht, dass wir
wegschauen, wenn andere Opfer von Gewalt werden. Es bedeutet, dass wir uns nicht
in der Hoffnung wegducken, dass die Gewalt nur andere trifft. Ein Bekenntnis zu
Frieden bedeutet hingegen, dass wir helfen, wenn Menschen völkerrechtswidrig
angegriffen, getötet und verletzt werden. Aus historischen Fehlern wie Ruanda
und Srebrenica haben wir schmerzhafte Lektionen gelernt. Es gibt Momente, in
denen es nicht ausreicht, nur symbolisch und mit Worten an der Seite der
Angegriffenen zu stehen. Die Bereitschaft, in Ausnahmesituationen als ultima
ratio auch militärische Unterstützung zu leisten, macht den Unterschied zwischen
Krieg und Frieden, Unterdrückung und Freiheit, Tod und Leben.
Ob bei der Feuerwehr, beim THW, als Ersthelfer*in bei einem Unfall oder im
Flugzeug – überall, wo Menschen in Krisensituationen helfen, gilt: Nur wer auch
sich selbst schützt, kann anderen effektiv helfen. Wenn wir solidarisch an der
Seite derer stehen wollen, die durch völkerrechtswidrige Angriffskriege in ihrer
Freiheit, ihrer Menschenwürde und ihrem Leben bedroht werden, dann müssen wir
auch uns selbst schützen, indem wir unsere Resilienz ausbauen.
Was bedeutet das in Anbetracht der aktuellen außen- und sicherheitspolitischen
Herausforderungen für uns? Am 24. Februar 2022 hat Russland die Ukraine mit mehr
als 150.000 Soldat*innen völkerrechtswidrig angegriffen. Seitdem verübt Russland
- mitten in Europa - auf dem Staatsgebiet der Ukraine schwere Kriegsverbrechen.
Unvergessen bleiben die Bilder und das Leid aus Butscha und unzähligen anderen
Orten.
Dass extreme Parteien derzeit den Friedensbegriff vereinnahmen und damit auch
riskieren, die Friedensbewegung als Ganzes in Verruf zu bringen, wollen wir als
Friedenspartei mit starken Wurzeln in der Friedensbewegung nicht akzeptieren.
Wir müssen uns den Friedensbegriff mit einer überzeugenden Vision zurückerobern
und eine Stimme bleiben, die sich tatsächlich dafür einsetzt, dass wir hier in
Frieden leben und jenen helfen können, die völkerrechtswidrig angegriffen
werden. Dafür orientiert sich unsere Politik an Frieden, Freiheit, Solidarität,
Gewaltfreiheit, Menschenrechten und globaler Gerechtigkeit.
Wir Grüne haben in unserer Geschichte als Friedenspartei stetig hinzugelernt.
Der Friedensbegriff und das Prinzip der Gewaltfreiheit gehören zu unserer DNA.
Unser Ziel bleibt, durch eine Politik für Gewaltfreiheit die politische
Institution des Krieges zu überwinden. Deshalb lasst uns den Begriff Frieden von
den politischen Rändern zurückerobern und mit unserem Engagement dazu beitragen,
dass Frieden durch Recht wieder möglich wird.
Die Bundesdelegiertenkonferenz möge daher beschließen:
- Gewaltfreiheit: Der Grundsatz der Gewaltfreiheit, der sich auf alle
gesellschaftlichen Ebenen auswirkt, soll als Grüner Grundwert stets
Leitgedanke für unsere Politik sein.
- Kommunikation: Wir kommunizieren proaktiv und auf allen politischen Ebenen
unseren Doppelansatz zur Verwirklichung von Frieden: Präventiv im Sinne
unserer pazifistischen Traditionen so früh wie möglich handeln, um
Konflikte im Rahmen des Völkerrechts gewaltfrei zu lösen und zugleich im
Akutfall Menschen mit allen nötigen Mitteln zu schützen.
- Perspektive: Wir denken langfristig und setzen den Impuls, dass notwendige
Erhöhungen der Ausgaben für Krisenresilienz zugleich mit einem Angebot zur
gemeinsamen Abrüstung an die internationale Gemeinschaft einhergeht. Wir
hoffen, dass auch solche Länder, die Angriffskriege begonnen haben, wieder
in die konstruktive und verantwortungsbewusste Staatengemeinschaft der
Vereinten Nationen zurückkehren, so dass wir uns erneut gemeinsam den
drängenden globalen Herausforderungen widmen können.
Begründung
Anlässlich des völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands am 24. Februar 2022 auf die Ukraine versuchen extreme Parteien derzeit den Friedensbegriff zu vereinnahmen. Es ist zwingend notwendig, dass sich unsere Partei dafür einsetzt, dass hierdurch nicht die Friedensbewegung als Ganzes in Verruf gebracht wird und die Gesellschaft nicht weiter gespalten wird. Wir müssen unsere Politik an Frieden, Freiheit, Solidarität, Gewaltfreiheit, Menschenrechten und globaler Gerechtigkeit ausrichten, um unsere Grundwerte hervorzuheben.
Teile des Antragstextes sind wortgleich mit dem von der LAG Frieden, Entwicklung und Migration für die Landesdelegiertenkonferenz Brandenburg am 15.11. eingereichten Antrag, der länger ist und auch das Geschehen in Brandenburg in Blick nimmt. Damit der Kerninhalt des Brandenburger Antrages jedoch bundesweit diskutiert werden kann, erfolgt dieser BDK-Antrag.
weitere Antragsteller*innen
- Sebastian Gellert (KV Barnim)
- Jana Ketzenberg-Schmid (KV Barnim)
- Dirk Rabenhorst (KV Barnim)
- Karl-Wilhelm Koch (KV Vulkaneifel)
- Walter Zuber (KV Aurich-Norden)
- Grit Menzzer (KV Berlin-Tempelhof/Schöneberg)
- Boris Mijatovic (KV Kassel-Stadt)
- Marianne Knipping (KV Kassel-Stadt)
- David Baltzer (KV Berlin-Kreisfrei)
- Jens Pommer (KV Düsseldorf)
- Daniel Eliasson (KV Berlin-Steglitz/Zehlendorf)
- Diethardt Stamm (KV Wetterau)
- Peter Kallusek (KV Südliche Weinstraße)
- Anke Przybilla (KV Barnim)
- Caroline Hadlich (KV Barnim)
- Hans Schmidt (KV Bad Tölz-Wolfratshausen)
- Anna-Katharina Meckel (KV Barnim)
- Henning Singer (KV Südliche Weinstraße)
- Jochim Wienberg (KV Hamburg-Nord)
- Uwe Josuttis (KV Kassel-Stadt)
- Martin Pilgram (KV Starnberg)
- Hartmut Zimmermann (KV Fulda)
- Tabitha Elkins (LV Bayern)
- Wolfgang Wähnelt (KV Magdeburg)
- Nicole Lauterwald (KV Frankfurt)
- Marie-Louise Puls (KV Fulda)
- Lars Klaus Aßhauer (KV Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg)
- Ursula Frey (KV Main-Spessart)
- Marcus Schulze (KV Kassel-Stadt)
- Christopher Stark (KV München)
- Tanja Schröter (KV Barnim)
- Rico Herrmann (KV Magdeburg)
- Klemens Griesehop (KV Berlin-Pankow)
- Christian Berger (KV Kassel-Stadt)
- Simon Langer (KV Kassel-Stadt)
- Erich Hinderer (KV Main-Spessart)
- Emil Jonathan Fährmann (KV Kassel-Stadt)
- Kathrin Weber (KV Bielefeld)
- Detlef Wilske (KV Berlin-Lichtenberg)
- Gerd Weichelt (KV Dithmarschen)
- Andreas Fleuter (KV Teltow-Fläming)
- Elisabeth Mandl-Behnke (KV Oberhavel)
- Anna Katharina Boertz (KV Celle)
- Linus Sage (KV Hamburg-Harburg)
- Laila Weigand (KV Frankfurt)
- Dustin Eikmeier (KV Berlin-Lichtenberg)
- Florian Eblenkamp (KV Garmisch-Partenkirchen)
- Peter May (KV Sankt Wendel)
- Angelika Aigner (KV Traunstein)