| Veranstaltung: | 51. Bundesdelegiertenkonferenz Hannover |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
| Antragsteller*in: | Thomas Wolff (KV Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf) und 54 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 44%) |
| Status: | Eingereicht |
| Angelegt: | 04.10.2025, 18:51 |
V-20: Wiederanhebung des Rentenniveaus, gerechte Lasten-Verteilung des demographischen Wandels
Antragstext
Die Altersversorgung der Bezieher·en gesetzlicher Renten ist seit 1990 um ca.
20% schlechter geworden. Allein die Absenkung des Rentenniveaus von ca. 55%
(1977 sogar 60%) auf jetzt 48% ist eine Verringerung um mehr als 10%, hinzu
kommt die Erhöhung des Renteneintrittsalters, die nochmals 7,2% ausmacht.
Als notorische Erklärung dient der sogenannte demographische Wandel, an dem die
Finanzierung im Umlagesystem krankt. Zur Bewertung dieser Erklärung ziehen wir
Vergleiche, sowohl zwischen Bevölkerungsgruppen als auch international.
Randbedingung Umlagesystem
Im europäischen Vergleich werden grob zwei Arten von Rentensystemen
unterschieden: Beveridge (steuerfinanziert) und Bismarck (umlagefinanziert).
Mit dem im 19. Jahrhundert verankerten Bismarck-System, das empfindlicher auf
demographischen Wandel reagiert, haben die deutschen Rentner·en den Kürzeren
gezogen. Ein grundlegender Umbau des Rentensystems ist nötig, um drohender
weiterer Verschlechterung entgegenzuwirken. Experten weisen
darauf seit langem hin. Sozialpolitiker·en jedoch argumentieren weitgehend
innerhalb der Dogmen des bestehenden Rentensystems und werden damit ihrer
Verantwortung, für die Bevölkerung zu wirken, nicht gerecht.
Auch ignorieren sie dabei, dass nur ein Teil der deutschen Bevölkerung von der
drohenden Verschlechterung betroffen ist.
Vergleichende Bewertungen
Vergleich 1: europäische Nachbarländer
Renten in Österreich, Niederlanden u.a. liegen rund 1000€ höher als in
Deutschland, in Dänemark noch höher. Zum Teil (Österreich) werden dafür auch
etwas höhere Rentenbeiträge abgeführt. Das Rentenniveau des reichen Deutschland
liegt im europäischen Vergleich im unteren Drittel.
Vergleich 2: verschieden altersversorgte Bevölkerungsgruppen
- Bezieher·en gesetzlicher Rente. Ihr Rentenniveau hat sich seit 1990 um ca.
20% verschlechtert.
- Beamte. Ihr Versorgungsniveau durch Pensionen ist stabil, bei allerdings
auch angehobenem Eintrittsalter.
- Vermögende. Durch die überproportional gestiegenen Vermögen hat sich auch
deren Versorgungsvorsprung deutlich erhöht.
Vergleich 3: vor und nach Riester
Bei Einführung der Riester-Rente wurde das Rentenniveau um 4 Prozentpunkte
gesenkt; Riester war dafür als Ausgleich vorgesehen. Mittlerweile kann die
Riester-Rente unangefochten als Flop bezeichnet werden, somit ist die Rücknahme
dieser Absenkung eine Mindestforderung, da sonst ein nachhaltiger Betrug an der
Bevölkerung manifestiert wird.
Politische Fehler, die zu vermeiden sind
Reformkonzepte, die sich nur innerhalb des Umlagesystems bewegen, oder die gar
Rentenbezieher·en noch unterhalb der Armutsgrenze belasten („Boomer-Soli“ des
DIW), sind abzulehnen.
Die „Stabilisierung“ des Rentenniveaus bei 48% ist nicht als Erfolg anzusehen.
Die einseitige Belastung gesetzlich Rentenbeziehender mit Folgen des
demographischen Wandels ist zu vermeiden.
Ziele und Forderungen
- Wir unterstützen die Forderung von Sozialverbänden und Gewerkschaften nach
einem Rentenniveau von mindestens 53% zur Aufrechterhaltung des
Wohlstands.
- Mindestforderung ist die Rücknahme der Riester-Verschlechterung.
- Die Bedeutung des „demographischen Wandels“ ist realistisch zu klären;
dessen Auswirkung in den „Boomer“-Jahrgängen ist vorübergehender Natur und
darf daher nicht zu einer weiteren permanenten Verschlechterung führen.
Vielmehr ist hier eine Überbrückungs-Finanzierung zu finden.
- Insoweit der demographische Wandel tatsächlich das Rentensystem nachhaltig
in Schwierigkeit bringt, darf dessen Auswirkung nicht ausschließlich zu
Lasten gesetzlicher Rentenbezieher·en gehen.
- Vielmehr ist ein solidarischer Ausgleich zu schaffen, der insbesondere
diejenigen einbezieht, die infolge neoliberaler Deregulierungen zu den
Gewinnern der letzten Jahrzehnte gehören.
Begründung
Die Begründung der Forderungen ergibt sich aus den im Antrag dargestellten Vergleichen.
Wir müssen unsere Abgeordneten dazu bringen, sich nicht mit konservativen Dogmen abspeisen zu lassen, zum Beispiel dem „Äquivalenzprinzip“.
Politiker·en, die unter Verweis auf den demografischen Wandel das mickrige Rentenniveau rechtfertigen oder gar weitere Verschlechterung in Aussicht stellen, statt grundlegende Änderungen des Rentensystems in Betracht zu ziehen, oder die „Stabilisierung“ bei 48% als Erfolg verkaufen, verdienen dafür keine Anerkennung, sondern müssen Gegenwind bekommen.
- Das Rentenniveau muss wieder steigen.
- Folgen des demographischen Wandels müssen solidarisch unter den Bevölkerungsgruppen Rentner·en, Pensionäre·n, Vermögende aufgeteilt werden.
