| Antrag: | Zukunft sichern – ökologisch, gerecht, wettbewerbsfähig |
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| Antragsteller*in: | BAG Arbeit, Soziales, Gesundheit (dort beschlossen am: 31.10.2025) |
| Status: | Eingereicht |
| Eingereicht: | 02.11.2025, 20:54 |
VR-05-117: Zukunft sichern – ökologisch, gerecht, wettbewerbsfähig
Von Zeile 117 bis 118 einfügen:
- verbindliche Pflege-Bürgerrücklagen von maximal 1% aller Einkunftsarten, um die Generationenfairness zu sichern,
1. Energie- und Wirtschaftspolitik
Deutschland braucht eine Energiepolitik, die bezahlbar, klimafreundlich und
standortstark ist. Doch die schwarz-rote Bundesregierung setzt mit ihren
Beschlüssen falsche Schwerpunkte.
Die geplante Ausweitung der Gaskraftwerkskapazitäten auf bis zu 20 GW übersteigt
den realen Bedarf. Anstatt flexible und erneuerbare Lösungen zu fördern, wird so
der Einstieg in eine neue Abhängigkeit von fossilem Gas zementiert.
Wir fordern: Ausbauziele am tatsächlichen Bedarf auszurichten und Vorrang für
kostengünstige, saubere Alternativen wie Batteriespeicher und Lastmanagement. So
gewährleisten wir Versorgungssicherheit ohne teure fossile Risiken.
Gleichzeitig hat die Bundesregierung durch Änderungen bei den EEG-
Ausschreibungen Investitionsanreize für Wind- und Solarprojekte abgeschwächt.
Das gefährdet Planungssicherheit und bremst die Energiewende.
Wir fordern: ein Ausschreibungsdesign, das Investitionen stärkt, dezentrale
Energieerzeugung erleichtert und den Ausbau beschleunigt – so bleibt Deutschland
bei den Zukunftstechnologien wettbewerbsfähig.
Die Abschaffung der Gasspeicherumlage ab 2026 entlastet vor allem fossile
Energien, während die zugesagte Senkung der Stromsteuer für Haushalte und
Mittelstand bislang fehlt. Das verteuert die Elektrifizierung – das Herzstück
der klimaneutralen Industrie.
Wir fordern: eine sofortige Senkung der Stromsteuer, damit E-Autos, Wärmepumpen
und moderne Industrieprozesse günstiger werden und unsere Wettbewerbsfähigkeit
steigt.
Die Wiedereinführung der Agrardieselsubvention ist ein Rückschritt in der
Klimapolitik. Sie begünstigt klimaschädliche Strukturen, verzögert die
notwendige Umstellung auf klimafreundliche Antriebstechnologien und bindet
öffentliche Mittel, die wir für einen ökologischen Umbau der Landwirtschaft
besser nutzen sollten.
Wir fordern: die konsequente Abschaffung klimaschädlicher Subventionen und eine
Umschichtung der Mittel in Forschung, Investitionshilfen und Beratung für
ökologische Landwirtschaft sowie für den Umstieg auf emissionsfreie
Landmaschinen.
Das neu geschaffene Sondervermögen Infrastruktur darf nicht zur
Haushaltskosmetik missbraucht werden.
Wir fordern: eine klare Zweckbindung – ausschließlich für zusätzliche
Zukunftsinvestitionen in Verkehr, Bau, Digitalisierung, Bildung und
Energiewende. Investitionen sind keine Belastung, sondern die Voraussetzung für
Wachstum und Wohlstand.
2. Industrie und Standortpolitik
Deutschland ist Exportnation. Unsere Industrie braucht Planungssicherheit,
Innovationsförderung und Fachkräfte, nicht ideologische Debatten.
Die von Unionspolitikern angeheizte Diskussion über eine Rücknahme des
europäischen Verbrenner-Ausstiegs ab 2035 verunsichert die Industrie.
Autohersteller und Zulieferer investieren längst in Elektromobilität und
Batterien. Eine Aufhebung wäre nicht nur klimapolitisch falsch, sondern auch
ökonomisch sinnlos, weil die weltweite Nachfrage nach Verbrennern bereits sinkt
und der Marktanteil elektrischer Antriebe tendenziell wächst. Politische
Rückschritte würden Unternehmen in ihrer strategischen Planung behindern und
Arbeitsplätze gefährden.
Wir fordern: ein klares Bekenntnis zu den europäischen Vereinbarungen und
gezielte Unterstützung für den Umbau der Automobilbranche. Das sichert
hunderttausende Jobs und die technologische Führungsrolle Deutschlands.
Gleichzeitig sind weite Teile unserer Industrie von Rohstoffen abhängig, die im
Ausland gefördert und verarbeitet werden. Diese Abhängigkeit birgt erhebliche
Risiken auf geopolitischer und wirtschaftlicher Ebene. Um die Resilienz unseres
Wirtschaftsstandorts zu stärken, ist der Aufbau geschlossener Stoffkreisläufe
dringend notwendig. Kreislaufwirtschaft bedeutet mehr als Recycling – sie
umfasst die Verlängerung der Produktlebensdauer, die Förderung von Reparatur und
Wiederverwendung sowie nachhaltige Produktgestaltung von Anfang an. Wir fordern:
gezielte Investitionen in Forschung, Förderprogramme und Praxisinitiativen für
Kreislaufwirtschaft, um Rohstoffsouveränität, Klimaschutz und Innovationskraft
zu verbinden.
Die dauerhafte Absenkung der Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie ist
ein teures Mitnahmeprogramm ohne zielgenaue Wirkung.
Wir fordern: Investitionshilfen für Energieeffizienz, Ausbildung und
Modernisierung. So bleibt die Gastronomie krisenfest und attraktiv für
Beschäftigte.
Die geplante Erhöhung der Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer bevorzugt
lange Arbeitswege und begünstigt vor allem obere Einkommen.
Wir fordern: ein sozial-ökologisches Mobilitätsgeld, das gezielt kleine und
mittlere Einkommen entlastet und dabei klimafreundliche Verkehrsmittel fördert.
3. Soziale Sicherungssysteme
Unsere sozialen Sicherungssysteme müssen verlässlich, gerecht und
generationenfest sein.
Mit dem Rentenpaket II hat die Bundesregierung das Rentenniveau bis 2031 bei 48
% eingefroren. Kurzfristig schafft das Sicherheit, langfristig aber explodieren
die Beitragssätze. Hinzu kommt die neue Mütterrente III, die zusätzliche
Milliarden kostet, ohne das System zukunftsfester zu machen.
Wir fordern: eine Rückkehr zu einem ehrlichen Rentenmechanismus mit
Nachhaltigkeitsfaktor, der die Realität von Demografie und Arbeitsmarkt
abbildet. Außerdem muss das Renteneintrittsalter künftig an die Lebenserwartung
gekoppelt werden und die Frühverrentung nach 45 Beitragsjahren nur für
gesundheitsgefährdende Berufe möglich sein. Schließlich braucht es eine
Rentenversicherung, in die alle Erwerbstätigen einzahlen – fair, solidarisch und
generationengerecht. Damit bleibt die Rente stabil, ohne die Jüngeren zu
überlasten.
Die Debatte über angebliche Einsparungen beim Bürgergeld schwächt das Vertrauen
in den Sozialstaat und verhindert, dass Menschen in Arbeit kommen. Kürzungen
helfen dem Haushalt kaum, würden aber Armut verfestigen und Fachkräftepotenziale
verschenken. Dennoch braucht das Bürgergeld Reformen: Unklare Anreizstrukturen,
hohe Transferentzugsraten und zu langsame Verfahren erschweren die Integration
in Arbeit. Studien zeigen, dass Menschen beim Bürgergeld oft so viel von ihrem
zusätzlichen Einkommen abgeben müssen, dass sich Mehrarbeit kaum lohnt. Mit
gezielten Änderungen ließen sich die Anreize deutlich verbessern.
Wir fordern:
- mehr Mittel für Weiterbildung, Umschulung und Familienförderung,
- eine deutliche Verbesserung der Betreuungsschlüssel in den Jobcentern,
- ein Bonusmodell für schnelle Arbeitsmarktintegration, das Eigeninitiative
belohnt,
- eine effizientere digitale Verwaltung, um bürokratische Hürden abzubauen,
- eine Absenkung der Transferentzugsraten auf ein wissenschaftlich
fundiertes Maß von maximal 60%, sodass sich Mehrarbeit spürbar lohnt,
- ergänzende Freibeträge für Kinder, Ausbildung und Pflege, um besondere
Lebenslagen zu berücksichtigen.
So wird das Bürgergeld zu einem echten Instrument der Arbeitsmarktintegration –
im Interesse von Wirtschaft und Gesellschaft.
Kranken- und Pflegeversicherung:
Beide Systeme geraten durch den demografischen Wandel zunehmend unter Druck.
Steigende Kosten treffen heute vor allem Beitragszahler*innen mit mittlerem und
geringem Einkommen. Gleichzeitig bleibt die Finanzierung zwischen gesetzlicher
und privater Versicherung gespalten – das ist weder gerecht noch effizient.
Wir fordern:
- eine solidarische Bürgerversicherung Gesundheit und Pflege, in die alle
Einkommensarten – auch Kapitalerträge – einbezogen werden,
- eine stärkere Steuerfinanzierung der versicherungsfremden Leistungen,
damit Beiträge stabil bleiben,
- verbindliche Pflege-Bürgerrücklagen von maximal 1% aller Einkunftsarten, um die Generationenfairness zu
sichern,
- Ausbau präventiver und digital gestützter Versorgungsmodelle, um
Pflegebedürftigkeit zu verzögern und Kosten langfristig zu senken,
- Effizienzgewinne durch eine perspektivische Zusammenführung der
gesetzlichen Krankenkassen: Statt heute rund 90 Krankenkassen mit eigenen
Strukturen braucht es perspektivisch weniger leistungsstärkere Einheiten.
Konsolidierung kann Verwaltungsaufwand senken und Mittel direkt in die
Versorgung lenken.
- Stabile Sozialbeiträge sind zudem ein Standortfaktor: Kalkulierbare
Lohnnebenkosten stärken Investitionssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit
deutscher Unternehmen.
4. Steuerpolitik
Ein gerechtes Steuersystem ist die Grundlage für gesellschaftlichen Zusammenhalt
und solide Staatsfinanzen. Heute gilt jedoch: Arbeit wird stärker besteuert als
Kapital und Erbe. Das schwächt Leistungsanreize, verschärft Ungleichheit und
mindert die Handlungsspielräume des Staates.
Die Erbschaftsteuer weist erhebliche Schlupflöcher auf. Große Betriebsvermögen
können weitgehend steuerfrei übertragen werden, während normale Erb*innen
belastet werden. Das vertieft die soziale Ungleichheit und schwächt die
Finanzierung des Gemeinwesens.
Wir fordern: eine gerechte Reform der Erbschaftsteuer, die Ausnahmen reduziert,
die Bewertung von Unternehmensvermögen realistisch ausgestaltet und kleine
Erbschaften schützt. Eine faire Erbschaftsbesteuerung ist ein Gebot der
Generationengerechtigkeit und ermöglicht dringend notwendige Investitionen in
Bildung, Infrastruktur und sozialen Ausgleich.
Darüber hinaus sollten wir neue Rechtsformen wie die GmbV (Gesellschaft mit
gebundenem Vermögen) berücksichtigen: Durch die Charakteristik, dass das
Vermögen dauerhaft an das Unternehmen gebunden ist, werden die langfristigen
Ziele erreicht, die Familienunternehmen auch heute verfolgen – Stabilität,
Verantwortung und Generationengerechtigkeit. Die GmbV kann damit eine faire und
chancengleiche Möglichkeit für Nachfolge und Erbschaften bieten, die den Bestand
von Unternehmen sichert und zugleich Gemeinwohlorientierung stärkt.
Auch die Einkommensteuer muss gerechter werden. Der Spitzensteuersatz greift
heute zu früh und belastet damit auch mittlere Einkommen. Gleichzeitig sind die
wirklich hohen Einkommen und Vermögen unterproportional entlastet.
Wir fordern:
- eine Anhebung des Spitzensteuersatzes,
- ein späteres Einsetzen des Spitzensteuersatzes, damit kleine und mittlere
Einkommen nicht übermäßig belastet werden,
- zielgerichtete Steuergutschriften für niedrige Einkommen, die Arbeit
attraktiver machen und die Kaufkraft stärken.
Darüber hinaus blockieren fossile Subventionen die notwendige Transformation und
sind mit Klimaschutz nicht vereinbar. Deutschland ist weiterhin einer der
größten Subventionierer fossiler Energien in der EU; das schadet Klimazielen und
bindet Milliarden, die für den ökologischen Umbau gebraucht werden. Wir fordern:
die konsequente Abschaffung fossiler Subventionen – von Dieselprivileg bis
Kerosinsteuerbefreiung – und die Umschichtung der Mittel in Klimaschutz, soziale
Entlastung und Investitionen in die Zukunft.
5. Regionale Gerechtigkeit und Zusammenhalt
Der ökologische und ökonomische Umbau gelingt nur, wenn er allen Regionen
zugutekommt. Gerade in strukturschwachen Gebieten, insbesondere in
Ostdeutschland, sind Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Arbeitsplätze
entscheidend für Zukunftsperspektiven.
Wir fordern:
- ein gezieltes Transformationsprogramm für strukturschwache Regionen, das
Investitionen in erneuerbare Energien, moderne Industrie und Forschung
bündelt,
- den Ausbau von Schienen, Breitband und Gesundheitsinfrastruktur, um
ländliche Räume attraktiv zu machen,
- Anreize für Unternehmen, sich in Regionen mit hoher Abwanderung oder
Arbeitslosigkeit anzusiedeln,
- stärkere Förderung von Bildung und beruflicher Qualifizierung in
ostdeutschen Ländern, um die Abwanderung junger Menschen zu stoppen und
Fachkräfte vor Ort zu halten.
So wird die Transformation zu einer Chance für den Osten und alle ländlichen
Räume – und nicht zu einer weiteren Quelle von Spaltung.
6. Staat und Digitalisierung
Eine moderne, handlungsfähige Demokratie braucht einen digitalen Staat. Doch
kleinteilige Zuständigkeiten, zersplitterte Verwaltungsstrukturen und föderaler
Flickenteppich blockieren heute die notwendige Transformation. Viele Prozesse
werden lokal gedacht und organisiert, obwohl sie bundesweit einheitlich
gestaltet werden müssten – etwa die Beantragung von Pass- und Ausweisdokumenten.
Wir fordern:
- grundlegende Struktur- und Föderalismusreformen, um Doppelstrukturen zu
reduzieren und digitale Prozesse bundesweit zu harmonisieren. Once-Only
muss verbindlicher Standard werden, sodass Bürger*innen und Unternehmen
Daten nur einmal einreichen müssen. Dazu braucht es einheitliche
Schnittstellen und Standards zwischen Verwaltung und Softwaresystemen, die
Melde- und Reportingpflichten minimieren und Interoperabilität
sicherstellen.
- Die Deutschland-App kann zum zentralen Zugangspunkt für Bürger*innen
werden – für Ausweis, Behördengänge und Nachweise. Doch sie darf nicht als
isoliertes Projekt verstanden werden, sondern muss in ein Ökosystem
eingebettet sein, das offene Schnittstellen nutzt und allen Regionen
zugutekommt. Auch Unternehmen profitieren: von standardisierten
Meldewegen, automatisierten Genehmigungsverfahren und reduzierter
Bürokratie.
So entsteht ein digital souveräner Staat, der Innovation ermöglicht, Verwaltung
beschleunigt, Vertrauen stärkt und Wirtschaft wie Gesellschaft gleichermaßen
entlastet.
Schlussbemerkung
Deutschland steht an einem Wendepunkt. Wir brauchen Investitionen statt
Symbolpolitik, Verlässlichkeit statt Rollback, Ehrlichkeit statt kurzfristiger
Wahlgeschenke. Stabile Sozialbeiträge, ein gerechtes Steuer- und Transfer-System
sowie eine konsequente Abkehr von klimaschädlichen Subventionen sind die
Grundpfeiler, die Wettbewerbsfähigkeit, Zusammenhalt und Klimaschutz verbinden.
Wir Bündnisgrüne wollen eine Politik, die Arbeitsplätze sichert, internationale
Wettbewerbsfähigkeit stärkt, Klimaschutz voranbringt, regionale Gerechtigkeit
herstellt und soziale Sicherheit generationengerecht organisiert. Nur so bleibt
Deutschland stark – ökologisch, ökonomisch und sozial.
