Veranstaltung: | 51. Bundesdelegiertenkonferenz Hannover |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Sophie Kiko (KV Münster) und 77 weitere Antragsteller*innen (Frauenanteil: 51%) |
Status: | Eingereicht |
Angelegt: | 17.10.2025, 08:43 |
V-59: Zukunftsweise. Für eine gerechte und hoffnungsvolle Jugendpolitik
Antragstext
Junge Menschen wachsen in einer Zeit auf, in der sich Krisen überlagern.
Klimakrise, Kriege, steigende Lebenshaltungskosten, soziale Ungleichheit und die
Nachwirkungen der Pandemie prägen ihr Leben. Das Versprechen, es einmal besser
zu haben als die eigene Elterngeneration, gilt nicht mehr. Das schafft eine
tiefgreifende Unsicherheit und Zukunftsangst. Viele erleben Unsicherheit,
psychische Belastung und Armut. Mitsprachemöglichkeiten, als ein Weg, Kontrolle
und Einfluss auf die Situation auszuüben und so einen besseren Umgang damit zu
finden, gibt es viel zu selten. Sie sehen zu, wie über ihre Köpfe hinweg
entschieden wird und dabei effektiv Politik entsteht, die ihre Interessen
gegenüber älteren Generationen stark vernachlässigt. Wir wollen das ändern.
Jugendpolitik darf kein Randthema sein. Politik, die junge Menschen betrifft,
muss auch mit jungen Menschen gedacht und gemacht werden. Sie muss zum Maßstab
unseres politischen Handelns werden. Eine Gesellschaft, die ihre Jugend
übersieht, verliert ihre Zukunft.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bekennen sich zu einer Politik, die junge Menschen in den
Mittelpunkt stellt, ihre Lebensrealitäten ernst nimmt und ihnen Gestaltungsmacht
gibt. Unser Anspruch auf soziale Gerechtigkeit schließt auch
Generationengerechtigkeit und damit Jugendgerechtigkeit ein. Wir wollen unsere
Entscheidungen aus der Perspektive junger Menschen heraus treffen und ihre
Bedürfnisse und Lebensrealitäten aktiv berücksichtigen. Wir setzen uns dafür
ein, dass Jugendpolitik zur Querschnittsaufgabe in allen Politikfeldern wird.
Wie jetzt Rentenpolitik, Klimapolitik und Infrastrukturpolitik gemacht wird,
bestimmt, welches Leben junge Generationen einmal in diesem Land haben werden.
Jedes Gesetz, jeder Haushalt und jede politische Entscheidung muss darauf
geprüft werden, ob sie die Interessen junger Menschen stärkt oder schwächt.
Junge Menschen müssen aber vor allem auch selbst überall dort beteiligt werden,
wo es um ihre Zukunft geht. Sie brauchen echte Mitbestimmung in Kommunen,
Ländern und im Bund. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzt sich daher für eine
verbindliche Förderung und Stärkung lokaler Jugendparlamente, sowie die
Einrichtung eines Nationalen Jugendrats als beratendes Gremium der
Bundesregierung ein.
Wir wollen, dass junge Menschen wieder Vertrauen in Politik gewinnen. Dafür
braucht es konsequenten Klimaschutz, soziale Sicherheit, faire Bildungschancen,
psychotherapeutische Angebote, kulturelle Teilhabe, eine Stärkung von
Jugendarbeit, Zugang zu Freiräumen und die Förderung von Medienkompetenz und
digitaler Bildung. Jugendpolitik ist keine Einzelaufgabe, sie ist Voraussetzung
dafür, dass junge Menschen Zuversicht entwickeln können.
Begründung
Nahezu jeder Beitrag der letzten Jahre beginnt mit Krisen, auf die kaum jemand eine gute Antwort hatte. Schlechte Nachrichten, Doomscrolling und eine Politik, die sich in all den Herausforderungen zerstreitet, hinterlassen eine junge Generation, die frustriert ist, die Hoffnung verliert und sich machtlos fühlt.
Junge Menschen werden durch Krisen besonders hart getroffen. Sie tragen die Folgen von Armut, steigenden Lebenshaltungskosten, eingeschränkter Mobilität, fehlenden Bildungs- und Freizeitangeboten sowie den psychischen Belastungen der Pandemie.
Krisen motivieren oft eine Politik der Kurzfristigkeit. Wir erleben immer wieder schnelle Entscheidungen, die in den kommenden Jahrzehnten weitreichende Folgen haben werden. Indem wir junge Menschen in Entscheidungen einbeziehen, schaffen wir auch einen Perspektivwechsel: Wie wirken sich diese Entscheidungen auf die Welt von morgen aus, wie beeinflussen sie, wie wir in zwanzig oder dreißig Jahren leben?
In den letzten Wochen wurden viele Debatten über junge Menschen von der schwarz-roten Koalition angezettelt. Es ging um das Streichen des Kulturpasses, Social-Media-Verbote und die Wehrpflicht. Was am Verhandlungstisch wie eine Frage von Budgets oder Verteidigungsfähigkeit wirkt, hat für junge Menschen ganz reale Konsequenzen. Wenn das Los über die Wehrpflicht entscheiden soll, wird das nicht zufällig mit den Hunger Games statt mit dem Lotto verglichen. In diesem Zynismus steckt echte Angst. Der Krieg in Europa ist für viele junge Menschen die größte Sorge und die Vorstellung, durch eine Wehrpflicht eingezogen zu werden, bedeutet für sie eine reale Angst um Leben und Tod. Diese Dimension wird in der politischen Debatte kaum anerkannt. Die Debatten laufen weiter, ohne dass junge Menschen selbst beteiligt sind und ohne dass wir als Grüne bisher eine klare Haltung gezeigt haben.
Viele junge Menschen reagieren auf diese Debatten mit Frustration und Angst: Sie verlieren das Gefühl, durch demokratische Parteien gut vertreten zu werden, radikalisieren sich, wenden sich extremistischen Gruppen zu oder verlieren das Vertrauen in Politik ganz. Wir können nicht einfach zusehen. Wir müssen zuhören, klare Positionen beziehen und Beteiligungsformate schaffen, die echte Teilhabe ermöglichen. Nur so können wir als Grüne glaubwürdig für die Zukunft stehen und junge Menschen wieder stärken, zuversichtlich und selbstwirksam machen.
Junge Menschen müssen in die Bewältigung von Krisen einbezogen werden. Eine wichtige Grundlage ist aber auch, dass sie die Bedingungen haben, um sich einzubringen. Dazu muss Kinder- und Jugendarmut effektiv bekämpft werden. Bildung und Mobilität müssen auch als Zugang zu Teilhabe bezahlbar sein. Angebote zur Förderung der Psychischen Gesundheit müssen gestärkt werden. Die Formate zur politischen Beteiligung müssen dringend Aus- und aufgebaut werden. Freiräume, Jugendarbeit und Medienkompetenzangebote müssen gefördert und Verboten widersprochen werden. Nur so bekommt die junge Generation wieder die Chance, selbstbestimmt und hoffnungsvoll ihre Zukunft zu gestalten.