Die Ungleichverteilung nimmt in Deutschland zu, die soziale Gerechtigkeit nimmt hingegen ab. Das DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) stellte 2014 fest:
„In keinem Land der Eurozone sind die Vermögen ungleicher verteilt als in Deutschland.“
Und weiterhin:
„…sind die insgesamt rund 6,3 Billionen Euro Nettovermögen im Land auch weiterhin höchst ungleich verteilt: Während diejenigen, die zum reichsten Prozent der Bevölkerung zählen, ein persönliches Vermögen im Wert von mindestens 800.000 Euro besitzen, verfügt gut ein Fünftel aller Erwachsenen über gar kein Vermögen…“
In 2015 ermittelte das DIW für die privaten Haushalte:
„…Die Nettovermögen der privaten Haushalte in Deutschland haben sich in den Jahren 2003 bis 2013 äußerst schwach entwickelt…Berücksichtigt man die Inflation, haben die Privathaushalte sogar fast 15 Prozent ihrer Nettovermögen verloren…“
Hingegen ist parallel in der Gruppe der Superreichen, der Vermögenden mit den höchsten Nettovermögen, die Entwicklung über viele Jahre konstant geblieben und damit deutlich positiver verlaufen:
„…geschätzten Top-Vermögen in Deutschland ausgewertet und für die Personen, die zu zwei Zeitpunkten in der Liste enthalten waren, festgestellt, dass die höchsten Vermögen in den Jahren 2007 bis 2012 nahezu konstant geblieben sind…“
Ein hilfreiches staatliches Instrument zum gerechteren Ausgleich von Ungleichverteilung ist eine entsprechende Besteuerung: mit den dabei erzielten Steuermehreinnahmen können neue soziale Fördermaßnahmen gestartet oder bestehende ausgedehnt werden und ökonomisch schwächere Menschen besser unterstützt werden. Darüber hinaus kann damit auch die Infrastruktur mitfinanziert werden. Deutschland nimmt bei derartigen Steuern im internationalen Vergleich einen hinteren Platz ein. Die OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development) veröffentlichte Ende 2013:
„Die Einnahmen aus Substanzsteuern (Grund-, Vermögens-, Schenkungs- und Erbschaftssteuer) lagen in Deutschland 2011 nahezu stabil bei 0,9 Prozent des BIP und damit bei der Hälfte des OECD-Schnitts von 1,8 Prozent."
[ http://www.oecd.org/berlin/presse/steuereinnahmen-2012.htm ]
Und für 2015 ermittelte die OECD, dass der OECD-Schnitt nahezu unverändert bei 1,9 Prozent lag, dass Deutschland ebenfalls fast unverändert mit 1,1 Prozent nur gut die Hälfte des OECD-Schnitts mit derartigen Steuern einnahm, dass hingegen Staaten wie Kanada, Belgien, Großbritannien, Luxemburg, Frankreich, Israel, Südkorea, Australien, Italien, USA, Japan und Spanien deutlich über 2 Prozent derartige Steuern erzielten.
Zur ungefähren Vorstellung bzgl. Vermögenssteuer: beispielsweise hatte die Familie Quandt ca. 31 Mrd. € Vermögen (Stand 2014). Unter anderem besitzt die Familie Quandt „…46,7 Prozent der BMW-Stammaktien…“. Die Dividende allein aus den BMW-Stammaktien betrug nach Informationen des Manager Magazin (März 2017) 1,074 Milliarden Euro; und das, obwohl gilt: „…Die Dividendenpolitik von BMW ist vergleichsweise zurückhaltend…“. Allein mit den zurückhaltenden Dividendenausschüttungen aus den BMW-Stammaktien vergrößert die Familie Quandt ihr Gesamtvermögen jährlich um ca. 3 %. Darüber hinaus erzielen die Quandts weitere größere Einkünfte, beispielsweise von der Altana AG oder von Nordex. Eine Vermögenssteuer von 2 % bremst daher nur etwas das jährliche Wachstum des Vermögens der Familie Quandt, gefährdet aber keineswegs die Unternehmen im Besitz der Familie. Und eventuell mögliche zusätzliche Entlastungsmaßnahmen gemäß unserer Formulierung im Wahlprogramm zur Vermögenssteuer „Selbstverständlich legen wir dabei besonderen Wert auf den Erhalt von Arbeitsplätzen und die Innovationskraft von Unternehmen.“ sind dabei noch nicht einmal eingerechnet.
Kommentare
Thomas Hovestadt:
In der SPD gibt es beispielsweise Überlegungen wie u.a. in Hessen vom stellvertretenden Bundesvorsitzenden der SPD Thorsten Schäfer-Gümbel, siehe "VORWÄRTS" (in 2016):
"...Diskutiert wurde...ein Freibetrag von zwei Millionen Euro, der allerdings mit steigendem Vermögen sinkt auf minimal 500.000 Euro. Der einheitliche Steuersatz läge dann bei einem Prozent. Betroffen wären 150.000 bis 400.000 Haushalte in Deutschland. „Einer von Hundert wäre betroffen“, betonte Thorsten Schäfer-Gümbel in Wiesbaden. Zehn Milliarden Euro jährlich könnte eine solche Steuer den Bundesländern bringen.
https://www.vorwaerts.de/artikel/deutschland-vermoegenssteuer-braucht
Auch dort bemüht(e) man sich um eine verfassungsfeste Form der Vermögenssteuer - in einer Anhörung sagte beispielsweise:
"...Verfassungsrechtler Joachim Wieland von der Universität Speyer sprach sich klar für eine Vermögenssteuer aus. Das Grundgesetz „erwartet, dass Vermögen besteuert wird“. Zudem betonte Wieland, dass die Karlsruher Richter 2005 nicht eine Vermögenssteuer per se kritisiert hatten, sondern nur die damalige Ausgestaltung...Heute attestiert Wieland eine „Schieflage im Steuersystem“..."
Andererseits wird im Januar 2017 wieder eine andere Position vom gleichen stellvertretenden Bundesvorsitzenden vorgebracht:
"...Ich empfehle meiner Partei, keine Forderung nach einer Vermögensteuer ins Programm zu nehmen", sagte SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel dem SPIEGEL. "Stattdessen wollen wir eine bessere Erbschaftsteuer." Schäfer-Gümbel hat im Auftrag der Parteigremien das Steuerkonzept für den Wahlkampf erarbeitet..."
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/spd-will-auf-vermoegensteuer-verzichten-a-1130927.html
Und in der Partei DIE LINKE hat man im Programm Vermögenssteuer in Höhe von 5 Prozent formuliert - ob solche Formulierungen wie diese wirklich verfassungsfest auszugestalten wären, liegt außerhalb meiner Kenntnisse:
"...Wir fordern die Wiedereinführung der Vermögenssteuer in Form einer Millionärssteuer in Höhe von fünf Prozent jährlich auf private Millionenvermögen. Wir fordern zugleich eine deutliche Anhebung der Erbschaftssteuer auf große Vermögen..."
https://www.die-linke.de/partei/dokumente/programm-der-partei-die-linke/iv1-wie-wollen-wir-leben-gute-arbeit-soziale-sicherheit-und-gerechtigkeit/umverteilung-und-gerechte-steuern/
Bert Lahmann:
Jan Sieckmann:
Thomas Hovestadt:
Thomas Hovestadt:
gute Anmerkung.
Bei uns haben wir ganz ähnliche Größenordnungen -
im Kontext mit Nettovermögen stellt es beispielsweise das DIW 2014 in oben genannter Quelle fest
[ http://www.diw.de/de/diw_01.c.100319.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen.html?id=diw_01.c.438772.de ] :
"...Während diejenigen, die zum reichsten Prozent der Bevölkerung zählen, ein persönliches Vermögen im Wert von mindestens 800.000 Euro besitzen..."
Thomas Wolff:
GS-WG-01-153 https://antraege.gruene.de/bdk41/Wir_teilen_den_Wohlstand_gerechter_-10664/1860
(für's Projekt) und (mit Begründung im Kommentar):
GS-WG-01-107 https://antraege.gruene.de/bdk41/Wir_teilen_den_Wohlstand_gerechter_-10664/1855?commentId=1096#comm1096
Die Grenzen, was als "zu viel" oder "zu wenig" empfunden wird, sind ja unklar und hängen nach meinem Gerechtigkeitsgefühl auch irgendwie davon ab, wie das Vermögen zustandegekommen ist.
Wenn eine Person eine Million erworben und versteuert hat, möchte ich diese vielleicht nicht mit 2% (doppelt so viel wie früher) schröpfen. Wurde die Million gewonnen (z.B. im Lotto, geerbt oder gar schmarotzt bzw. ergaunert), dann schon eher.
Diesen Aspekt versuche in in meinen Anträgen auszudrücken.