Veranstaltung: | Außerordentliche Bundesdelegiertenkonferenz 2025 |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | WP-K3 Kapitel 3: Frieden in Freiheit sichern – innen und außen |
Status: | Beschluss (vorläufig) |
Beschluss durch: | Bundesdelegiertenkonferenz |
Beschlossen am: | 26.01.2025 |
Antragshistorie: | Version 5 |
Kapitel 3: Frieden in Freiheit sichern – innen und außen
Beschlusstext
Unsere Demokratie ist das Fundament unseres Landes. Sie stellt das in den
Mittelpunkt, was uns zusammenhält: die Freiheit und die Würde aller Menschen.
Unsere Demokratie ist Gemeinsamkeit in Vielfalt und sie ist wehrhaft. Sie lebt
von einer gemeinsamen demokratischen Kultur ebenso wie von starken,
rechtsstaatlichen Institutionen. Und sie lebt von einem starken Europa.
Demokratie geht von den Bürger*innen aus – und hat deshalb die Kraft des
Zusammenhalts. Liberale Demokratie heißt Rechtsstaatlichkeit und
Gewaltenteilung, Schutz von Minderheiten und von individuellen Freiheitsrechten
sowie freier Wettbewerb um die beste Idee und Lösung - und hat deshalb die Kraft
zur Erneuerung, die Kraft, die drängenden Probleme zu lösen. Sie lebt von
gegenseitiger Zuwendung, vom Streit in Respekt, von der Kompromiss – und
Koalitionsbereitschaft unter Demokrat*innen. Im Angesicht der Bedrohungen für
unsere Demokratie kommt res darauf an: Wir müssen uns als Land auf unsere
demokratische Kraft neu besinnen. Unsere Demokratie stärken heißt, sie nach
innen lebendig und repräsentativ zu halten. Demokratie stärken heißt, jetzt die
drängenden Zukunftsfragen anzugehen. Demokratie stärken heißt,
Widerstandsfähigkeit gegen Demokratiefeind*innen und Angriffe auf die Integrität
von Wahlen, unsere Werte und Institutionen zu bilden.
Unser Land weiß um seine Kraft als Einwanderungsland, das Menschen willkommen
heißt und Schutz bietet – im Inneren vereint und mit der Welt verbunden,
streitbar unter Demokrat*innen, aber mit klarer Kante gegen Diskriminierung.
Unsere Demokratie entfaltet ihre Stärke dann, wenn alle Menschen
gleichberechtigt teilhaben und mitbestimmen können.
Eine starke Demokratie verbindet Freiheit und Sicherheit. Sie steht auf dem
Fundament eines verlässlichen Rechtsstaats, einer unabhängigen Justiz. Sie
schützt unsere Rechte und unsere Freiheiten. Sie wird geschützt durch
Demokratinnen und Demokraten – und zugleich durch handlungsfähige
Sicherheitsbehörden, engagierte Polizist*innen und einen starken
Bevölkerungsschutz.
Zu lange haben wir in Deutschland geglaubt, unsere Sicherheit in Europa sei
selbstverständlich. Aber unsere Sicherheit wird von außen und innen angegriffen,
und beide Dimensionen greifen zunehmend ineinander über. Sicherheit im 21.
Jahrhundert bedeutet, dass unsere Bundeswehr gut ausgerüstet ist, und ebenso,
dass wir unsere Bahnstrecken, Häfen und Stromleitungen schützen, Lieferengpässe
vermeiden, Cyberangriffe verhindern und unsere Demokratie wehrhaft machen.
Sicherheit bedeutet: uns unabhängiger machen von autoritären Regimen wie
Russland oder China. Sicherheit ist eine gesamtstaatliche und
gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Dafür sind wir angewiesen auf ein starkes gemeinsames Europa. Die Europäische
Union ist das erfolgreichste Friedensprojekt seit Ende des Zweiten Weltkriegs.
Wo uns einst Frontlinien und Stacheldraht trennten, später dann Mauern und
Grenzposten, verbindet uns heute das Bekenntnis zu Freiheit, Rechtsstaat und
Demokratie. Die EU vereinfacht das Arbeiten, Reisen, Leben, Lieben und Handeln
über Grenzen hinweg. Deshalb wollen wir die EU stärken, erweitern und
reformieren. Als größtes und wirtschaftlich stärkstes Land tragen wir dafür
besondere Verantwortung.
Wir arbeiten an starken globalen Partnerschaften – für eine Welt in Frieden und
Freiheit, in der sich Kooperation gegen Konkurrenz und Krieg behauptet und die
Stärke des Rechts über das Recht des Stärkeren triumphiert. Der russische
Angriffskrieg gegen die Ukraine, der terroristische Angriff gegen Israel, der
Krieg in Nahost, humanitäre Notlagen wie in Gaza, im Sudan oder in Afghanistan,
aber auch die Klimakrise erfordern höchste Aufmerksamkeit und entschlossenes
Handeln. Auch das Weltmachtstreben Chinas ist eine Herausforderung für die
internationale Zusammenarbeit. Mit der ganzen Kraft der Diplomatie stellen wir
Kooperation und eine regelbasierte internationale Ordnung dem gefährlichen
Modell der Autokraten entgegen. Wir setzen auf einen zukunftsfesten
Multilateralismus und Partnerschaften zunehmend auch im Globalen Süden. Wir
stehen an der Seite der Menschen, die sich weltweit für Frieden, Demokratie,
Menschenrechte und eine lebenswerte Welt einsetzen.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ist auch ein Angriff auf die
europäische Friedensordnung – und damit auf unser Fundament aus Frieden,
Freiheit, Demokratie und Menschenrechten. Diese Werte müssen wir in einem
starken Europa und in einer starken NATO schützen und verteidigen können.
Sicherheit denken wir von jedem einzelnen Menschen aus, dessen Würde und
Freiheit im Zentrum unserer Politik steht. Deshalb ist Frieden mehr als die
Abwesenheit von Krieg. Frieden schafft Raum für Freiheit und Wohlstand, Teilhabe
und Selbstbestimmung.
A. Eine lebendige Demokratie
Für demokratischen Zusammenhalt
Zusammenhalt entsteht dort, wo Menschen zusammenkommen, bei der Arbeit oder in
der Schule, beim Sport oder Musik machen oder beim Einsatz für gute Zwecke oder
dem gemeinsamen Feiern. Im Dorfgemeinschaftshaus, auf dem Fußballplatz oder in
Kirchen, Moscheen oder Synagogen und anderen weltanschaulichen Einrichtungen
kann Demokratie lebendig werden. Dazu gehören auch kulturelle Einrichtungen wie
Theater, Kinos, Bibliotheken oder Clubs, die Raum für neue Begegnungen und
gemeinsame Erfahrungen oder Projekte geben. Geschäfte und Gastronomie sind
ebenso ein Teil davon: Wir wollen diese Orte deshalb im Gewerbemietrecht vor
Verdrängung schützen. Öffentliche Räume, an denen Menschen gern zusammenkommen,
weil sie unabhängig ihrer finanziellen Situation Zugang haben und sich
wohlfühlen, dienen dem Zusammenhalt der Gemeinschaft. Darum sorgen wir dafür,
dass Straßen, Parks und Bahnhöfe nicht nur funktional und sauber, sondern für
alle Menschen sicher und barrierefrei zugänglich sind.
Vielfältige Medien sind zentrale Räume für den gesellschaftlichen Austausch und
für unsere Demokratie. Hier entsteht ein gemeinsamer Informationsstand – lokal
und mit der ganzen Welt. Hier wird Kritik geäußert und nach Lösungen gesucht.
Deshalb müssen wir ihre Zukunft unter den neuen Bedingungen von Digitalisierung
sichern. Wir setzen uns ein für eine lebendige regionale Medienlandschaft – und
fördern gezielt den Lokaljournalismus. Eine kluge und mit den Ländern
abgestimmte Förderung zielt auf die Unterstützung der Arbeit von
Journalist*innen, stärkt die Medienvielfalt und schützt funktionierende Märkte –
auch durch gemeinnützige Ansätze, die wir in die Abgabenordnung mit aufnehmen
möchten. Gleichzeitig machen wir den Journalismusberuf attraktiver und sicherer,
um gut ausgebildete Nachwuchskräfte für die Zukunft zu gewinnen.
Zivilgesellschaftliche Institutionen, wie Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände,
stellen eine wichtige Säule unserer Demokratie und des sozialen Zusammenhalts
dar. Wir würdigen ebenso das Engagement der Kirchen, der Religions- und
Weltanschauungsgemeinschaften zum demokratischen und sozialen Zusammenhalt. Auch
Konfessionsfreie tragen zum Zusammenhalt der Gesellschaft bei und haben Anspruch
auf umfassende Berücksichtigung ihrer Belange und gleichberechtigte Teilhabe.
Wir wollen das bestehende Religionsverfassungsrecht so weiterentwickeln, dass es
unserer gewachsenen religiös-weltanschaulichen Pluralität gerecht wird.
Wir schützen Menschen, die nicht streng religiösen Dogmen entsprechen, wie zum
Beispiel Alevit*innen und Jesid*innen, vor Anfeindungen.
Für eine Erinnerung, die uns wach hält
Wir müssen unsere Erinnerung wach halten – auch damit sie uns und unsere
Demokratie wach hält. Wir tragen Verantwortung für unsere Geschichte und dafür,
dass aus unserem Erinnern eine bessere Zukunft erwächst. Ein guter
Geschichtsunterricht an den Schulen stärkt das Fundament unserer Demokratie.
Wir pflegen unsere Erinnerungsorte – diejenigen, die das Menschheitsverbrechen
der Shoah bezeugen. Und diejenigen, die von demokratischen Aufbrüchen und
bürgerschaftlichem Mut berichten.
Die Massenverbrechen des Nationalsozialismus sind uns Mahnung: Nie wieder!
Deswegen wollen wir die KZ-Gedenkstätten mit ausreichenden Mitteln für den
Erhalt des Bestandes, für Forschung und ausstellungspädagogische, mehrsprachige
Begleitung und Gedenkveranstaltungen ausstatten. Die Dokumente der Zentralen
Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen sollen der
Öffentlichkeit und Forschung langfristig zur Verfügung stehen. Besonders in
Zeiten erstarkender geschichtsrevisionistischer und extrem rechter Kräfte und
nach dem Ableben der Generation der Zeitzeug*innen sind Gedenkstätten wichtige
Orte der Vermittlung eines kritischen Geschichtsbewusstseins an heutige und
kommende Generationen.
Deswegen wollen wir allen Schüler*innen ermöglichen, einmal in ihrer Schulzeit
eine NS-Gedenkstätte zu besuchen und das auch finanziell unterstützen.
Wir intensivieren die Beschäftigung mit Antisemitismus, der ideologischen
Grundlage des präzedenzlosen Menschheitsverbrechens der Shoah. Wir intensivieren
auch die Beschäftigung mit dem Antiziganismus und dem aus ihm resultierenden
historischen Unrecht, das die Betroffenen erfahren haben. Dabei nehmen wir
explizit auch das fortgesetzte Unrecht nach 1945 in den Blick. Die NS-Verbrechen
gegenüber Menschen mit Behinderung werden wir weiter aufarbeiten, die Opfer
anerkennen und angemessen entschädigen. "Nie wieder" muss heißen: Verantwortung
zu tragen für die Bekämpfung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.
Wir wollen die deutsche Erinnerungskultur weiter für die Realität der
Einwanderungsgesellschaft öffnen und tragen dem bei der Konzeption der
erinnerungspolitischen Maßnahmen Rechnung.
Wir wollen auch neue Formen des Erinnerns entwickeln und unterstützen.
Erfolgreiche Programme zur Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte wie bspw.
"Jugend erinnert" sollen verstetigt werden. Wir stehen zur Realisierung des
geplanten Dokumentationszentrums „Zweiter Weltkrieg und deutsche
Besatzungsherrschaft“ und des Projekts „Deutsch-Polnisches Haus“. Die
Auseinandersetzung mit dem in der Sowjetischen Besatzungszone und DDR verübten
Unrecht werden wir konsequent fortführen und die Realisierung des Mahnmals für
die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft sowie des Archivzentrums SED-Diktatur
vorantreiben. Die Opfer der SED-Diktatur leiden bis heute unter den Folgen der
Repression und benötigen besonders im Bereich der gesundheitlichen Folgeschäden
bessere Anerkennungsbedingungen. Auch für die Rehabilitation und
Anspruchsberechtigung der Opfer des DDR-Doping-Systems setzen wir uns ein.
Gleichzeitig erinnern wir uns an den Mut und das Engagement der Bürger*innen,
die 1989 mit der Friedlichen Revolution das Ende der SED-Diktatur und den
demokratischen Neuanfang in einem vereinten Deutschland im Herzen Europas
ermöglicht haben. Wir unterstützen die Einrichtung des "Forum Opposition und
Widerstand 1945-1990" und des Zukunftszentrums für Deutsche Einheit und
Europäische Transformation in Halle als Orte des Austausches, der Forschung und
der Aufarbeitung zur Stärkung eines gemeinsamen europäischen Verständnisses von
Freiheit und Demokratie.
In der Bundesregierung haben wir die Aufarbeitung der deutschen
Kolonialvergangenheit, insbesondere des Völkermords an den Herero und Nama, im
Dialog mit den betroffenen Ländern vorangetrieben. Diesen Prozess wollen wir
weiterführen und ihn durch ein Lern- und Erinnerungszentrum und mithilfe lokaler
Initiativen in die Gesellschaft tragen. Wir wollen bei Provenienzforschung und
der Rückführung von menschlichen Überresten und Kulturgütern aus kolonialem
Kontext die angemessene Beteiligung der Herkunftsgesellschaften und die
Übernahme von mit der Rückgabe verbundenen Kosten gewährleisten. Gegen den
fortbestehenden Handel mit menschlichen Überresten, v.a. aus kolonialen
Kontexten, wollen wir vorgehen. Wir wollen prüfen, wie wir mit Unrechtsurteilen
der deutschen Kolonialjustiz umgehen können.
Die Erinnerung an die Opfer von rechter Gewalt und gruppenbezogener
Menschenfeindlichkeit, wie bspw. in Hanau und durch den NSU ist für unsere
demokratische Gesellschaft von großer Bedeutung. Deshalb sichern wir die
Finanzierung zur Umsetzung des NSU-Dokumentationszentrums und des Archivs rechte
Gewalt mit entsprechender Begleitforschung.
Gleichzeitig leben in Deutschland Menschen mit Erfahrungen von Flucht,
Verfolgung und Gewalt in ihren Herkunftsregionen. Auch dies ist ein Teil der
deutschen Erinnerungskultur.
Für handlungsfähige Kommunen
Staatliche Leistungen müssen funktionieren – von Krankentransporten bis zu
Kindergärten. In den Kommunen zeigt sich unmittelbar, ob der Staat seinen
Aufgaben hinreichend nachkommt und Bürger*innen verlässliche öffentliche
Infrastruktur und soziale Dienstleistungen ermöglicht. Wenn diese Aufgabe
gelingt, stärkt dies das Vertrauen der Menschen in die Demokratie. Die Kraft
unseres Landes liegt in erster Linie in den Kommunen, bei den Menschen vor Ort.
Für starke Kommunen braucht es viele gut ausgebildete Verwaltungsangestellte. Um
hier einen Fachkräftemangel abzuwenden braucht es moderne Strukturen und faire
Löhne im öffentlichen Dienst.
Aktuell ist jede zweite Kommune nicht mehr in der Lage, notwendige Vorhaben zu
finanzieren. Allein zum Erhalt und zur Sanierung der kommunalen Infrastruktur,
dazu zählen zum Beispiel Straßen, Spielplätze, Schwimmbäder, Jugendclubs,
Sportplätze und Kultureinrichtungen, fehlen bundesweit 186 Milliarden Euro.
Durch eine auskömmlichere Finanzierung der Kommunen und den Deutschlandfonds
geben wir Kommunen endlich die Möglichkeit, diese dringend notwendigen
Investitionen zu finanzieren. Wir wollen, dass Teilhabe für alle Menschen zur
Regel wird.
Viele finanzschwache Kommunen, die einen Strukturwandel durchgemacht haben,
sitzen bis heute auf hohen Schuldenbergen und stecken angesichts drückender
Zinsen in einem Teufelskreis. Um ihnen wieder eine Perspektive zu geben, setzen
wir uns für einen von Bund und Ländern finanzierten Altschuldenfonds ein. Wir
werden dabei auch die Situation der ostdeutschen Kommunen berücksichtigen, die
durch unverschuldete Altlasten herausgefordert sind.
An die Kommunen übertragene Aufgaben wie die Bereitstellung von
Rettungsdiensten, die Unterbringung und Integration von Geflüchteten oder
beispielsweise der Jugendsozialarbeit müssen vollständig von Bund und Ländern
übernommen werden - mit steigenden Kosten für solche Pflichtaufgaben der
öffentlichen Daseinsvorsorge muss folglich auch die Finanzausstattung für die
Kommunen steigen.
Über die Bedürfnisse vor Ort sollen die Kommunen entscheiden – nicht allein die
Vorgaben aus den Hauptstädten. Wir haben die Möglichkeiten der Kommunen, von
Energieprojekten zu profitieren, gestärkt und werden sie weiter ausbauen.
Förderprogramme für die Kommunen werden wir daher zu Gunsten der
Grundfinanzierung der Städte und Gemeinden reduzieren und die verbleibenden
weiter vereinfachen und nach klaren Regeln gestalten. In diesem Sinne und für
mehr Transparenz bauen wir die Förderdatenbank weiter aus. Wir stellen den
Kommunen künftig direkt mehr Gelder zur Verfügung und stärken weiter die so
genannten ungebundenen Mittel. Damit schaffen wir mehr Gleichwertigkeit,
entlasten die Verwaltung und steigern die Möglichkeiten vor Ort.
Wir unterstützen kommunale Unternehmen und öffentliche Betriebe als Triebfeder
der sozial-ökologischen Transformation und als Garant für demokratische
Gestaltung unserer Daseinsvorsorge. Deshalb unterstützen wir Kommunen wo möglich
dabei, Unternehmen der Daseinsvorsorge wieder in öffentliche Hand zu bringen und
ein sicheres Investitionsumfeld für kommunale Energieversorger zu schaffen.
Wir wollen die Zusatzvereinbarung zum Berlin-Bonn-Gesetz zeitnah abschließen.
Für eine starke demokratische Gesellschaft
Das Fundament unserer Demokratie sind starke Institutionen und eine lebendige
Zivilgesellschaft. Die gemeinsame Trägerschaft unserer Demokratie lebt von
Bürger*innen, die sich informieren und einbringen. Diese Möglichkeit braucht
Zeit und Ressourcen – und ist deshalb auch eine Frage der Gerechtigkeit. Durch
eine verlässliche Förderung der demokratischen Zivilgesellschaft stärken wir
unsere demokratische Kultur. Die Demokratie zu schützen ist eine
gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Dabei ist der Staat auf die breite
Unterstützung der Zivilgesellschaft angewiesen. Deswegen wollen wir Programme
wie "Demokratie leben!" finanziell stärken und dauerhaft mit einem
Demokratiefördergesetz absichern.
Zum Schutz der freiheitlich demokratischen Grundordnung sieht unser Grundgesetz
vor, dass Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung, gegebenenfalls gemeinsam,
die Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei durch das
Bundesverfassungsgericht beantragen können. Wir fordern Bundestag, Bundesrat und
die Bundesregierung auf, aus ihren Erkenntnissen parteiübergreifend Konsequenzen
zu ziehen und zügig auf einen Antrag zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit
der AfD hinzuwirken.
Menschen, die sich zivilgesellschaftlich oder kommunalpolitisch engagieren,
werden immer wieder Ziel von Angriffen und Anfeindungen. Wir alle, Staat und
Gesellschaft, müssen diese Menschen besser schützen. Üble Nachreden,
Verleumdungen und Bedrohungen müssen sowohl im kommunalpolitischen Alltag als
auch im Internet stärker geahndet werden. Wir prüfen geeignete Maßnahmen, wie
zum Beispiel eine Reform der Impressumspflicht und die dortige Offenlegung der
Wohnanschrift, um Menschen vor Nachstellungen und Stalking besser zu schützen.
Wir schützen die Meinungs- und Versammlungsfreiheit vor Angriffen, denn sie sind
ein hohes Gut.
Politische Bildung ist für die demokratische Debatte von entscheidender
Bedeutung. Neben den Landeszentralen spielt dabei die Bundeszentrale für
politische Bildung eine wichtige Rolle, die wir in ihrer Unabhängigkeit und
Unparteilichkeit stärken und absichern wollen. Wir brauchen auch bundesweit mehr
Anstrengungen, um die Medienkompetenzen und den kritschen Umgang der
Bürger*innen mit digitalen Inhalten in allen gesellschaftlichen Gruppen zu
stärken.
Auch die politischen Stiftungen liefern einen wichtigen Beitrag für die
politische Bildungsarbeit in unserer pluralen Demokratie, soweit sie auf dem
gemeinsamen Boden unserer demokratischen Grundordnung stehen.
Direkte Beteiligungsmöglichkeiten bereichern unsere Demokratie bereits heute
vielfältig auf kommunaler und Landesebene. Mit Bürgerräten besteht die
Möglichkeit, den Rat der Menschen als „Expert*innen des Alltags“ in einem
repräsentativen Verfahren einzuholen. Auch das gilt es zu stärken und gesetzlich
abzusichern, inklusive demokratischer Verfahren zu einzelnen
Beratungsergebnissen. Dafür wollen wir beispielsweise die Einführung einer
Volksinitiative prüfen. Das Petitionsrecht wollen wir weiterentwickeln und
stärken.
Wer in Deutschland dauerhaft seinen Lebensmittelpunkt hat, muss die Möglichkeit
haben, hier an allen Wahlen, Abstimmungen und demokratischen Prozessen
gleichberechtigt teilzunehmen.Im Ausland lebenden deutschen Staatsbürger*innen
wollen wir die Teilnahme an Wahlen erleichtern.
Wir sind überzeugt: Transparente und nachvollziehbare Politik stärkt das
Gemeinwohl, dafür müssen mögliche finanzielle Interessen offengelegt und
Karenzzeiten für ausscheidende Regierungsmitglieder erhöht werden. Wir stehen
für ein starkes Parlament, eine Stärkung der parlamentarischen Verfahren und
konstruktive Kompromissfindung, sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat.
Parlamentsarbeit und Gesetzgebungsverfahren wollen wir transparenter gestalten
und Lobbytreffen der Regierung wie in der Europäischen Kommission sichtbar
machen. Dabei setzen wir uns für unabhängige Kontrollen ein, um Transparenz und
Integrität zu stärken. Die Sitzungen der Fachausschüsse sollen in der Regel
öffentlich stattfinden und gestreamt werden. Es gibt Regeln für Parteispenden
oder politischer Werbung im Fernsehen und Radio. Es gibt solche Regeln auch im
Digitalen, die wir zum Schutz unserer Demokratie durchsetzen wollen. Wir sorgen
dafür, dass diese Deckelung auch durch die Besitzer sehr großer Online-
Plattformen nicht umgehbar ist. Es braucht klare Grenzen, wie viel Einfluss ein
Einzelner nehmen darf. Parteispenden und -sponsoring wollen wir durch einen
jährlichen Höchstbetrag deckeln und weitere Maßnahmen prüfen, um Schlupflöcher
zu schließen. Hierfür nehmen wir insbesondere Auslandsspenden in den Blick.
Die systematische Unterstützung von Organisationen an Parteien soll klarer
geregelt werden, so dass die wesentlichen Transparenzregeln für Parteien auch
für diese Organisationen gelten.
Solange es keine gesetzliche Regelung gibt, wenden wir die über das
Parteiengesetz hinausgehenden Regelungen unseres Spendenkodex an.
Für die Unterstützung von freiwilligem Engagement
In Deutschland engagieren sich knapp 30 Millionen Menschen freiwillig. Sie
engagieren sich im Sportverein, in sozialen Einrichtungen, organisieren
Kulturveranstaltungen oder unterstützen die Nachbarschaftshilfe. Sie bringen
sich ehrenamtlich in die Freiwillige Feuerwehr oder bei Hilfsorganisationen ein.
Sie unterstützen Geflüchtete. Viele junge Menschen entscheiden sich, ein Jahr
ihres Lebens nach der Schule zu ihrer persönlichen Entwicklung zu nutzen und in
den Dienst von Gesellschaft und Umwelt zu stellen.
All dieses Engagement der Menschen in unserem Land ermöglicht überhaupt erst
unser Zusammenleben. Es hält uns zusammen und stärkt auch unsere demokratische
Gemeinsamkeit in Vielfalt. Wir wollen deshalb Engagement unterstützen und
Leistung anerkennen. Wenn für Ehrenämter Aufwandsentschädigungen gezahlt werden,
sollen sie einheitlich pauschal steuerfrei sein. Ehrenamtliches Engagement
verdient unsere volle Unterstützung, deswegen wollen wir Anrechnungsregeln
prüfen und bürokratiearm gestalten. Zusammen mit Ländern und Kommunen wollen wir
eine bundesweite Engagementkarte einführen, um den Besuch von Schwimmbädern und
Kultureinrichtungen oder die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV)
zu vergünstigen. Wir werden die Zugänge zum freiwilligen Engagement auch für
Menschen mit geringem Einkommen, Migrationsgeschichte oder Behinderungen
verbessern.
Wir wollen ein Recht auf einen Freiwilligendienst verankern und die Plätze im
Bundesfreiwilligendienst entsprechend ausbauen und verlässlich finanzieren.
Viele Menschen – ob jung oder alt, mit oder ohne Behinderung – möchten sich im
Freiwilligendienst engagieren und wir wollen sicherstellen, dass alle Menschen
auch die Möglichkeit hierzu haben. Dafür wollen wir die Bedingungen für diese
Personengruppen verbessern und sozial gestaffelte Unterstützungsmöglichkeiten
schaffen. Wir wollen für eine faire Vergütung und umfassende
Informationsmöglichkeiten, insbesondere an Schulen, sorgen. Wir prüfen, ob ein
vergünstigtes Deutschlandticket den Freiwilligen zur Verfügung gestellt werden
kann.
Zivilgesellschaftliche Organisationen tragen das gemeinnützige Engagement. Ihre
Arbeit wollen wir von überflüssiger Bürokratie entlasten. Zudem erweitern wir
den Katalog gemeinnütziger Zwecke. Wir werden zudem gesetzlich klarstellen, dass
gemeinnützige Zwecke auch durch Teilnahme an der politischen und öffentlichen
Willensbildung verfolgt werden können und sich Organisationen gelegentlich auch
außerhalb ihres gemeinnützigen Zwecks politisch äußern dürfen. Wir wollen
Digitales Ehrenamt und Entwicklung, Betrieb und Pflege von nicht
gewinnorientierter Open-Source-Software als gemeinnützig anerkennen und
institutionell unterstützen.
Für Sport, der verbindet
Eine herausragende Säule für das gesellschaftliche Zusammenleben ist der Sport.
Bewegung und Sport verbindet Menschen, schafft und vermittelt regionale
Identitäten und trägt zur Gesundheit bei. Sport vermittelt Grundwerte der
Demokratie, Toleranz und fördert Integration.
Wir unterstützen eine deutsche Bewerbung für Olympische und Paralympische
Spiele, denn Sportgroßereignisse müssen auch in den demokratischen Ländern
Europas eine Zukunft haben. Wir wollen so zeigen, dass Menschenrechte ein fester
Bestandteil der Sportpolitik sind. Den Nachhaltigkeitszielen wollen wir auch
dadurch Rechnung tragen, dass wir bereits vorhandene Sportstätten in die
Bewerbung einbeziehen und neu zu bauende für die Öffentlichkeit nutzbar machen.
Diejenigen, die von der Ausrichtung der Olympischen Spiele finanziell
profitieren, sollen auf die Erträge Steuern zahlen und die für Veranstaltungen
üblichen kommunalen Gebühren entrichten.
Wir wollen mit einer Agentur wirksam gegen Korruption in internationalen
Sportverbänden vorgehen und mehr Transparenz schaffen.
Wir wollen das Bundesprogramm zur Sanierung von Sportstätten und Schwimmbädern
ausbauen. Für uns sind dabei ökologische Nachhaltigkeit und Inklusion leitend.
Denn wir wollen, dass Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam Sport treiben
können. Den Breitensport stärken wir und schaffen gute Bedingungen für die
Schwimmausbildung im schulischen und nicht schulischen Bereich sowie das
Training vor Ort.
Insbesondere die Belange von Mädchen und Frauen fördern wir gezielt mit unserer
Sportpolitik, genauso haben wir die Interessen von queeren Menschen im Blick.
Zwei wichtige Mittel dazu sind das Gender Budgeting und Equal Pay. Mit einer
nationalen Spitzensportstrategie wollen wir die Förderung von
Leistungssportler*innen für Olympische und Paralympische Spiele sowie
vergleichbare Wettbewerbe gleichermaßen verbessern und die Mittelvergabe
transparenter gestalten. Wir wollen, dass der E-Sport stärkere Beachtung findet
und als gemeinnützig anerkannt wird.
Sport lebt von Fair Play – Maßnahmen gegen Doping und Korruption im Sport müssen
ausgebaut und konsequent durchgesetzt werden.
Fans sind essenziell. Deswegen stärken wir Fanprojekte, reformieren
intransparente Datensammlungen und weiten das Bundesprogramm gegen
Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit aus.
Für eine handlungsfähige Justiz in unserem Rechtsstaat
Vertrauen in unseren Rechtsstaat entsteht, wenn die Justiz handlungsfähig ist,
schnell entscheidet und Recht effektiv durchgesetzt wird. So schützen wir die
Rechte aller Menschen. Dafür braucht es genügend Richter*innen und
Staatsanwält*innen, gut ausgestattete Gerichte sowie eine entschiedene
Digitalisierung der Justiz.
Damit Rechtsschutz für alle offen steht, braucht es niedrigschwellige Zugänge
zur Justiz unabhängig vom Einkommen. Es braucht dafür auch eine attraktive
juristische Ausbildung. Die bisher schon eingeführten Reformen, wie zum Beispiel
den integrierten juristischen Bachelor, unterstützen wir und schaffen einen
bundesgesetzlichen Rahmen, der die Bedeutung der juristischen Ausbildung für die
Resilienz des Rechtsstaats wie auch die Entwicklung der juristischen Berufe
durch Legal Tech in den Blick nimmt.
Mit einer Neuauflage des Pakts für den Rechtsstaat wollen wir gemeinsam mit den
Bundesländern die Modernisierung unserer Justiz fortsetzen. Wir wollen ein
deutschlandweites Onlineverfahren für Zivilprozesse, das medienbruchfrei von
Klage bis Urteil arbeitet. Mit der Gruppenklage wollen wir ermöglichen, dass
mehrere Kläger*innen gleichartige Ansprüche gemeinsam gegen eine Beklagte bzw.
einen Beklagten durchsetzen können und die Zivilgerichte in Massenverfahren
entlasten. Der Einsatz von KI als Unterstützung in der Justiz soll weiter
erforscht und entwickelt werden. Wir wollen zusammen mit den Ländern mehr
Schwerpunktstaatsanwaltschaften schaffen, die sich auf komplexe Rechtsfelder
spezialisieren und den Einsatz nicht-juristischer Fachleute unterstützen.
Umweltkriminalität gewinnt zunehmend an Bedeutung und ist ein wichtiges
Betätigungsfeld der Organisierten Kriminalität. Dem wollen wir konsequent mit
der Stärkung des Umweltstrafrechts und einem Nationalen Aktionsplan begegnen..
Wir wollen weiter daran arbeiten, dass die Belange von Kindern als Geschädigte
oder Zeug*innen vor Gericht besser berücksichtigt werden.
Die Unabhängigkeit der Justiz ist ein hohes Gut. Um sie zu schützen, werden wir
das ministerielle Weisungsrecht an Staatsanwält*innen transparent ausgestalten.
Nebeneinkünfte von Bundesrichter*innen sollen – wie schon jetzt beim
Bundesverfassungsgericht – auch bei allen anderen obersten Bundesgerichten
veröffentlicht werden. Weisungen müssen frei von politischer Einflussnahme sein.
Eine gute Justiz muss auch widerstandsfähig gegen Verfassungsfeind*innen sein.
Daher werden wir rechtsstaatliche Regelungen ergreifen, damit die Justiz vor
Verfassungsfeind*innen geschützt ist.
Menschen sollten nicht im Gefängnis landen, weil sie geringe Geldstrafen nicht
zahlen können. Wir modernisieren das Strafrecht mit dem Ziel, die Justiz zu
entlasten. Hierfür wollen wir prüfen, welche geringfügigen Delikte außerhalb des
Strafrechts geregelt werden können. Wir wollen, dass vor Einleitung einer
Erstatzfreiheitsstrafe die Ursache der Nichtzahlung und Alternativen stärker
betrachtet werden.
Eine starke Anwaltschaft ist Fundament eines stabilen Rechtsstaats und der
Bürger*innenrechte. Wir werden auch zukünftig sicherstellen, dass jeder Mensch
der in Haft genommen wird anwaltlichen Beistand bekommt.
Um das besondere Vertrauensverhältnis zwischen staatlich anerkannten
Sozialarbeiter*innen und Klient*innen rechtssicher zu schützen, wollen wir die
Ausweitung des Zeugnisverweigerungsrechts prüfen.
Wir machen Europa zu einem starken und gemeinsamen Raum des Rechts. Dafür
stärken wir die Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA) und die Agentur der
Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Eurojust) und
harmonisieren Recht auf Basis hoher verfassungsrechtlicher Grundsätze.
Für digitale Bürger*innenrechte
Freiheitsrechte und Bürger*innenrechte müssen auch im Digitalen durchgesetzt
werden. Durch die rasanten Fortschritte von Künstlicher Intelligenz (KI)
entstehen große Chancen, aber auch Risiken. Wir wollen KI im Rahmen unserer
gemeinsamen Werte einsetzen, um große Innovationspotenziale zu heben und einen
effektiven Schutz der Menschenrechte und Diskriminierungsfreiheit zu
gewährleisten. Die Europäische Union (EU) hat mit der KI-Verordnung einen
wichtigen Grundstein der Regulierung vorgenommen. Diese muss nun möglichst
unbürokratisch und bundesweit einheitlich umgesetzt werden.
Meinungsfreiheit ist die Grundvoraussetzung einer freiheitlichen Demokratie.
Ihre Grenzen findet sie, wenn Desinformation sich unkontrolliert ausbreitet, und
wenn Straftatbestände wie Beleidigung oder Volksverhetzung erfüllt sind. Diese
müssen konsequent gelöscht und entsprechende Accounts, schneller gesperrt
werden. Dafür sorgen wir mit einem digitalen Gewaltschutzgesetz und stärken die
Rechte der Nutzer*innen. Grundsätzlich gilt, wenn Hass mit Aufmerksamkeit
belohnt und Desinformation sich systematisch verbreitet, ist unsere Demokratie
gefährdet. Im digitalen Raum setzen wir uns für Algorithmen sozialer Netzwerke
ein, die eine vielfältige Informationslandschaft gewährleisten.
Mit dem Digitale-Dienste-Gesetz (DSA) und dem Digitale-Märkte-Gesetz (DMA) haben
wir wichtige Grundsteine für ein demokratisches Netz gelegt. Wir treten für eine
konsequente, staatsferne Umsetzung und – wo nötig – für Verbesserungen in Europa
und Deutschland ein. In Kooperation mit der EU wirken wir auf eine konsequente
Rechtsdurchsetzung des DSA hin. Wir wollen, dass Straftaten auch im Netz
beharrlich und rechtsstaatlich von Polizei und Staatsanwaltschaft verfolgt
werden.
Die Medienanstalten der Bundesländer müssen weitere Ressourcen erhalten, um
effizient bei der Löschung und Verfolgung von Hasskriminalität im Internet und
in den sozialen Medien zusammenzuarbeiten.
Wir stehen für einen effektiven und zugleich praktikablen Datenschutz.
Ausufernde Bürokratie werden wir abbauen. Wir setzen auf zielgerichtete
Strafverfolgung und die dafür notwendigen Datenzugriffsrechte. Gerade im
digitalen Raum wollen wir diese mit effektiven und bürgerrechtsschonenden
Instrumenten, wie dem Quick-Freeze-Verfahren, konsequent ausbauen. Instrumente
der anlasslosen Massenüberwachung, wie Vorratsdatenspeicherungen, Chatkontrolle
oder die biometrische Erfassung im öffentlichen Raum, lehnen wir ab. Die
Ergebnisse der Überwachungsgesamtrechnung werden wir bei der Evaluierung
bestehender und bei der Einführung neuer Befugnisse berücksichtigen und
evidenzbasiert und ausgewogenen durch Expert*innen bewerten lassen.
Wir wollen KI-gestützte Analyseinstrumente der Polizei für die Strafverfolgung
unter Einhaltung aller datenschutzrechtlicher Vorgaben stärker nutzbar machen.
Unser Ziel ist es rechtmäßig erhobene polizeiliche Daten durch automatisierte
Analyse, unter Einhaltung der Zweckbindung, schneller und effektiver miteinander
zu verknüpfen. Es muss jederzeit klar sein, wozu welche Daten verwendet werden.
Dabei setzen wir neben transparenten Verfahren auch auf regelmäßige Datenschutz-
Audits, außerdem muss die Datenhoheit bei der Behörde liegen.
Für eine vielfältige Gesellschaft ohne Diskriminierung
Deutschland lebt von seiner Vielfalt und dem Miteinander verschiedener Menschen.
Wir stehen dafür ein, dass sich alle Menschen entfalten und gleichberechtigt
Teil unserer Gesellschaft sein können. Wir wollen Diskriminierung überwinden,
denn sie schwächt unseren Zusammenhalt.
Menschen, die zum Beispiel auf dem Wohnungsmarkt, im Gesundheitsbereich oder bei
der Arbeit Diskriminierung erfahren, schützt der Rechtsstaat: Wir werden das
Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz reformieren. Dazu weiten wir Fristen,
Diskriminierungsgründe und den Anwendungsbereich aus, führen ein
Verbandsklagerecht ein und schließen Schutzlücken.. Dazu gehört auch der Schutz
vor Diskriminierung durch staatliche Stellen. Deutschland soll seinen Vorbehalt
gegen die 5. Europäische Antidiskriminierungsrichtlinie aufgeben und damit die
Interessen der Betroffenen in den Mittelpunkt rücken. Wir wollen, dass
Beratungsstellen und Selbstorganisationen langfristig abgesichert und ausgebaut
werden sowie die Antidiskriminierungsstelle des Bundes auch in ihren Kompetenzen
gestärkt wird. Mit einem Nationalen Aktionsplan Antidiskriminierung wollen wir
eine wirksame Antidiskriminierungspolitik umsetzen. Mit der Schaffung der
Beauftragten für Antidiskriminierung, Queeres Leben, Antirassismus und
Antiziganismus haben wir die politische Stärkung von Vielfalt noch stärker
verankert. Wir wollen ihre und die Arbeit der weiteren Beauftragten für
gesellschaftliche Vielfalt weiter stärken. Wir bauen die Forschung, wie zum
Beispiel den Nationalen Rassismus- und Diskriminierungsmonitor, zu
Erscheinungsformen und Ausprägung von Diskriminierung aus. Um strukturellen
Rassismus, egal ob im Gesundheitswesen, in der Justiz oder in unseren
Sicherheitsbehörden, zu bekämpfen, wollen wir zielgerichtete
Fortbildungsangebote zur Steigerung der Diskriminierungssensibilität stärker
fördern. Zudem wollen wir die zweite UN-Dekade für Menschen afrikanischer
Herkunft auch in Deutschland aktiv vorantreiben, Bildungsprojekte fördern und
die politische Teilhabe Schwarzer Menschen stärken.
Wir gehen entschlossen gegen den zunehmenden Antisemitismus in unserer
Gesellschaft vor – egal von wem er ausgeht. Jüdinnen und Juden müssen in
Sicherheit leben können. Besonders nach den Terrorangriffen der Hamas auf Israel
am 7. Oktober steigt der Antisemitismus auch in Deutschland. Wir setzen uns
deshalb noch stärker für die auskömmliche Finanzierung von Maßnahmen zum Schutz
jüdischer Gemeinden und israelischer Communities ein.
Die Nationale Strategie gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben setzen wir
weiter um, denn wir wollen jüdisches Leben in seiner Vielfalt fördern und
sichtbar machen.Antisemitische Vorfälle müssen verfolgt und dokumentiert werden.
Antisemitische Gewalt bekämpfen wir konsequent mit allen Mitteln des
Rechtsstaats. Dazu gehört es auch, Gesetzeslücken zu schließen. Es sollen keine
Projekte gefördert werden, die Antisemitismus, Rassismus oder sonstige
menschenverachtende Ideologien propagieren. Wir setzen uns für die Erarbeitung
einer Antisemitismusstrategie für den digitalen Raum ein. Antisemitismus hat
komplexe Erscheinungsformen: Wir setzen daher auf eine umfassende
Bildungsstrategie, die von Kindesbeinen bis ins Erwachsenenalter reicht, und die
Förderung von interkonfessionellem Dialog beinhaltet. Wir stärken die jüdische
Gegenwartsforschung.
Die älteren jüdischen Generationen wollen wir stärker sozial absichern. Die
Benachteiligung jüdischer Einwander*innen gegenüber den eingewanderten (Spät-
)Aussiedler*innen aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion wollen wir beenden.
Mit einer Nationalen Strategie gegen Islamfeindlichkeit und antimuslimischen
Rassismus gehen wir gegen die zunehmende Diskriminierung von Muslim*innen und
muslimisch gelesenen Menschen vor. Grundlage dafür sind die
Handlungsempfehlungen der Unabhängigen Kommission Muslimfeindlichkeit. Wir
wollen vielfältiges muslimisches Leben in Deutschland schützen. Islamfeindliche
Vorfälle müssen konsequent verfolgt und sorgfältig dokumentiert werden.
Die Imam*innenausbildung in Deutschland treiben wir voran und stärken damit die
Unabhängigkeit der islamischen Gemeinden. Wir wollen die Deutsche Islamkonferenz
weiterentwickeln und in unserem politischen Handeln auch progressive, liberale
muslimische Vertretungen einbinden.
Um Antiziganismus zu bekämpfen, werden wir die Empfehlungen der
Expertenkommission Antiziganismus weiter konsequent umsetzen und einen
Staatsvertrag mit der Minderheit auf Bundesebene schließen. Antiziganistische
Vorfälle müssen bundesweit erfasst und verfolgt werden. Deshalb sichern wir die
Förderung der zivilgesellschaftlichen Monitoringstelle rechtlich ab. Wir setzen
uns weiterhin für eine breitere Anerkennung des 2. August als Europäischen
Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma ein.
Die nationalen Minderheiten und Volksgruppen in Deutschland sind ein
unverzichtbarer Teil der kulturellen und historischen Identität unseres Landes.
Wir setzen uns weiterhin für die Förderung ihrer Kultur, Sprache und ihrer
Sichtbarkeit in der Gesellschaft ein,
sichern ihre Einrichtungen langfristig finanziell ab und stärken ihre
institutionelle Verankerung auf Bundesebene. Wir stärken zudem die nationalen
Minderheiten im Ausland.
Die Vielfalt unserer Gesellschaft soll sich auch durch verbindliche Maßnahmen in
all ihren Institutionen angemessen widerspiegeln. Wir setzen uns deshalb unter
anderem dafür ein, dass Vielfalt und eine interkulturelle Öffnung – sowohl
personell als auch strukturell – in Behörden strategisch und konsequent
gefördert wird und schaffen dafür auch die rechtlichen Grundlagen. Wir wollen,
dass Einstellungs- und Beförderungspraxis diskriminierungsensibel gestaltet
werden. Mit einem Bundespartizipationsgesetz und einem Partizipationsrat stärken
wir die Teilhabe von Menschen mit Migrationsgeschichte.
Für Frauenrechte
Eine gerechte Gesellschaft ermöglicht allen Menschen, unabhängig vom Geschlecht,
ein selbstbestimmtes Leben. Feminismus, der alle in den Blick nimmt, also
intersektional ist und der Einsatz für Frauenrechte sind dafür essenziell. Nur
wenn Diskriminierung, Sexismus und Frauenfeindlichkeit konsequent bekämpft
werden, können Frauen alle Chancen nutzen. Gerade weil rückwärtsgewandte Kräfte
stärker werden, müssen wir das Erreichte sichern und weiter voranschreiten. Wir
wollen eine geschlechtergerechte Gleichstellungspolitik, die auch Männer
adressiert und ihre Anliegen in den Blick nimmt.
Unsere Priorität ist, das Leben für Frauen gerechter und besser zu machen. Das
bedeutet, den gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit durchzusetzen.
Dazu gehört, dass frauendominierte Berufe nicht schlechter bezahlt werden als
männerdominierte. Frauen tragen den Großteil der Sorgearbeit und arbeiten daher
oft in Teilzeit, was Aufstieg und Einkommen beeinträchtigt. Wir fördern eine
geschlechtergerechte Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit sowie eine bessere
Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch verlässliche Betreuung und hochwertige
Bildungseinrichtungen. Auf der Straße, in der U-Bahn und erst recht zu Hause:
Alle Frauen müssen sicher sein und sich sicher fühlen können. Im Alltag sind sie
aber täglich von Frauenfeindlichkeit, Sexismus und Gewalt bedroht.
Um Betroffene bei Partnerschaftsgewalt, häuslicher und geschlechtsspezifischer
Gewalt besser zu schützen, sollen alle Betroffenen und ihre Kinder einen
Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung erhalten. Durch eine Bundesbeteiligung
stellen wir gemeinsam mit den Ländern kostenfreie Hilfen wie Frauenhäuser,
Beratungsstellen und Schutzwohnungen flächendeckend sicher. Das muss auch einen
Ausbau von Angeboten für Menschen mit Behinderung oder mit Sprachbarrieren
beinhalten. Nach einer Trennung muss Partnerschaftsgewalt in Sorge- und
Umgangsverfahren verpflichtend berücksichtigt werden. Dazu müssen Justiz sowie
Polizei umfassend geschult werden. Annäherungsverbote müssen in Fällen von
häuslicher Gewalt effektiv kontrolliert und durchgesetzt werden können, auch
z.B. durch den Einsatz der elektronischen Fußfessel. Opfer von Vergewaltigungen
brauchen flächendeckend qualifizierte medizinische Notfallversorgung – inklusive
anonymer Spurensicherung und der „Pille danach“.
Um die Perspektive der Betroffenen in die Gestaltung von Politik und
Präventionsmaßnahmen einzubeziehen, können Instrumente wie ein Betroffenenrat
für Häusliche Gewalt hilfreich sein.
Die Istanbul-Konvention ist ein Instrument, das die notwendigen Maßnahmen für
den Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt und die Förderung ihrer Rechte
festlegt. Diese setzen wir konsequent um, durch verstärkte Präventionsmaßnahmen,
den Ausbau der Täterarbeit, konsequente Strafverfolgung und eine verbesserte
Datenerhebung. Damit bekämpfen wir auch Femizide, also die gezielte Tötung von
Frauen aufgrund ihres Geschlechts. Zudem prüfen wir, ob das geltende
Sexualstrafrecht um eine Neuregelung in der Form der Zustimmungslösung ergänzt
werden muss, um Straftaten besser verfolgen zu können. Ziel ist es, das geltende
Sexualstrafrecht mit der Zustimmungslösung zu reformieren. Auch der Einsatz von
KO-Tropfen und ähnlichen Substanzen bei sexuellen Übergriffen muss als
strafverschärfender Umstand in das Strafgesetzbuch aufgenommen werden.
Online-Gewalt gegen Frauen wächst in rasantem Ausmaß. KI-generierte und echte
Nacktbilder werden als Waffe gegen Frauen und Mädchen gezielt eingesetzt. Bei
der Umsetzung der europäischen Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen
setzen wir uns dafür ein, dass die Verbreitung von KI-generierten oder echten
Nacktbildern gegen den Willen der Betroffenen grundsätzlich eine Straftat
darstellt. Um die Würde der Opfer zu schützen, wollen wir rechtssichere
Regelungen finden, wie der Besitz und die Verbreitung von Bildmaterial, das die
Vergewaltigung einer erwachsenen Person zeigt, unter Strafe gestellt werden
kann.
Viele geflüchtete Frauen und Mädchen sind vor, während und/oder nach der Flucht
von Gewalt betroffen, deshalb müssen alle Aufnahmeeinrichtungen entsprechende
Schutzkonzepte verpflichtend etablieren. Gewaltbetroffene Frauen, deren
Aufenthaltsstatus von ihrem Ehemann oder Partner abhängt, sollen einen
eigenständigen Aufenthaltstitel erhalten können. Damit diese Frauen ihr Recht
leichter einfordern können, braucht es Zugang zu Beratung und Hilfestrukturen.
Bei der Feststellung der Lebensunterhaltssicherung zur Verlängerung der
Aufenthaltserlaubnis, sollen Erwerbseinschränkungen in der besonderen Situation
von Schwangeren, Alleinerziehenden und Frauen, die Angehörige pflegen, im
Einzelfall berücksichtigt werden.
Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung stellt eine schwerwiegende
Menschenrechtsverletzung dar, die vor allem Frauen betrifft.
Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Polizei und Justiz wollen wir
stärken, um internationale Netzwerke von Menschenhandel und Zwangsprostitution
aufzudecken und zu zerschlagen. Dabei verfolgen wir einen
menschenrechtsbasierten Ansatz, und rücken die Rechte und die Unterstützung der
Betroffenen in den Fokus. Wir wollen den ressortübergreifenden Nationalen
Aktionsplan umsetzen und weiterentwickeln. Opfer von Menschenhandel sollen ein
sicheres Bleiberecht bekommen, unabhängig von ihrer Aussagebereitschaft im
Strafverfahren.
Die Rechte und die Gesundheitsversorgung von Sexarbeiter*innen werden wir
menschenrechtsbasiert stärken. Denn so wie die Zustände zurzeit sind, können sie
nicht bleiben. Gezielte Unterstützung, insbesondere für Prostituierte in
prekären Situationen, muss auch durch aufsuchende Hilfen und Beratungen, gerade
beim Ausstieg aus der Prostitution, verstärkt werden. Prostitutionsstätten
müssen strenger kontrolliert, die Standards zur Betriebserlaubnis erhöht und die
Befugnisse des Zolls erweitert werden, um gesetzlich vorgeschriebene
Arbeitsbedingungen zu gewährleisten und die Selbstbestimmung und Sicherheit der
Betroffenen sicherzustellen. Sobald die Ergebnisse der Evaluation des
Prostituiertenschutzgesetzes vorliegen, sollen Bund, Länder und Kommunen sowie
Betroffene und Expert*innen auf dieser Grundlage gemeinsam ergebnisoffen
beraten, welche Änderungen am Gesetz notwendig sind, um die Situation in der
Prostitution zu verbessern, ohne die Prostituierten zu stigmatisieren oder zu
kriminalisieren.
Für Selbstbestimmung
Frauen machen über die Hälfte der Bevölkerung aus, sind aber noch weit von der
Hälfte der wirtschaftlichen und politischen Macht entfernt – in
Führungspositionen, in Wirtschaft und Gesellschaft, aber auch in Parlamenten und
Kommunalvertretungen. Wir sind daher für Frauenquoten in Aufsichtsräten, in
Vorständen von großen Unternehmen und für ein Paritätsgesetz zur Wahl des
Bundestags. Um die Gleichstellung weiter voranzutreiben, werden wir auch in
Deutschland die Vorgaben der weitreichenderen EU-Richtlinie zu
Führungspositionen konsequent umsetzen sowie Sanktionen bei der Nichterreichung
der Ziele einführen.
Selbstbestimmung über den eigenen Körper ist ein Grundrecht, das für alle gelten
muss. Dazu gehört das Recht auf Zugang zu sicheren und legalen
Schwangerschaftsabbrüchen. Wir wollen, dass selbstbestimmte
Schwangerschaftsabbrüche nicht mehr in §218 des Strafgesetzbuches kriminalisiert
sondern grundsätzlich außerhalb des Strafrechts geregelt werden. Entsprechend
den Empfehlungen der Fachkommission zur reproduktiven Selbstbestimmung, soll in
der Frühphase einer Schwangerschaft der Abbruch rechtmäßig sein und für die
mittlere Phase ein gesetzlicher Rahmen geschaffen werden. Wir treten dafür ein,
dass eine freiwillige Beratung durch ein Recht auf Beratung und ein
abgesichertes Angebot von Beratungsstellen in vielfältiger Trägerschaft
garantiert ist. Eine verpflichtende Wartefrist zwischen Beratung und Abbruch
lehnen wir ab. Zudem muss es genügend Einrichtungen geben, die den Eingriff
möglichst wohnortnah mit der gewünschten Methode vornehmen, denn das Angebot für
Abbrüche hat sich in den vergangenen Jahren halbiert. Die Kosten sollen von den
Krankenkassen übernommen und telemedizinische Betreuung ausgebaut werden. Auch
ärztlich verordnete Verhütungsmittel sollen kostenfrei und Teil des GKV-
Leistungskatalogs sein. Wir wollen das Stillen in der Öffentlichkeit in
Deutschland grundsätzlich erlauben und schaffen dazu die gesetzliche Grundlage.
Selbstbestimmung über den eigenen Körper setzt ein geschlechtergerechtes
Gesundheitssystem voraus: Forschung, Ausbildung und medizinische Praxis müssen
geschlechtsspezifische Aspekte zur Verbesserung der Frauengesundheit,
einschließlich der Versorgung rund um die Geburt, zwingend berücksichtigen.
Hebammen begleiten Frauen auf deren Wunsch durch alle Phasen der
Schwangerschaft. Hebammenversorgung sollte deshalb allen Schwangeren ausreichend
zur Verfügung stehen. Auch im Gesundheitswesen wollen wir durch Quoten und
bessere Arbeitsbedingungen mehr Frauen in die Führungsgremien holen.
Wir nehmen bei unseren Maßnahmen auch trans*, inter und nicht-binäre Personen in
den Blick.
Für queeres Leben: sicher und selbstbestimmt
Jeder Mensch hat das Recht, frei und selbstbestimmt leben zu können. Politik
muss den Rahmen dafür schaffen. Noch zu häufig erleben lesbische, schwule, bi,
trans*, inter* und queere Menschen (LSBTIQ*) zunehmende Gewalt und
Diskriminierung. Das nehmen wir nicht hin. Bereits erkämpfte Rechte, wie das
Selbstbestimmungsgesetz, schützen wir vor Angriffen und setzen uns weiterhin für
die Stärkung von Rechten queerer Menschen und ihrer Selbstbestimmung ein.
Mit dem Aktionsplan „Queer leben“ haben wir in der Bundesregierung einen Plan
zur Stärkung von queerem Leben vorgelegt. Diesen wollen wir verstetigen. Zur
weiteren Umsetzung wollen wir mit einem Bundesförderprogramm die nötigen Mittel
bereitstellen. So stärken wir queere Beratungs- und Projektstrukturen. Wir
wollen den Schutz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen und
geschlechtlichen Identität in Artikel 3 des Grundgesetzes verankern und
Hasskriminalität gegen LSBTIQ* entschlossen bekämpfen. Dazu verbessern wir die
Erfassung von queerfeindlichen Straftaten und bauen die Unterstützungsangebote,
sowie Ansprechstellen in Behörden und in der Justiz weiter aus. Die Empfehlungen
des Arbeitskreises zur Bekämpfung von homophober und transfeindlicher Gewalt
setzen wir um und evaluieren sie.
Queere Menschen haben ein Recht auf gute und diskriminierungsfreie
Gesundheitsversorgung. Deshalb soll unter anderem die Kostenübernahme durch die
Krankenkassen für medizinische Transitionsmaßnahmen für alle Betroffenen
diskriminierungsfrei gewährleistet, sowie Beratungsangebote ausgebaut werden.
Wir schließen die Gesetzeslücken, um nicht notwendige Operationen an
intergeschlechtlichen Kindern zu verbieten. Zudem wollen wir das Unrecht
gegenüber trans* und intergeschlechtlichen Menschen, deren körperliche
Unversehrtheit verletzt oder Ehen zwangsgeschieden wurden, endlich anerkennen.
Lücken beim Verbot sogenannter Konversionstherapien werden wir schließen und die
Aufklärungsarbeit über HIV sowie anderer sexuell übertragbarer Krankheiten und
aktuelle Behandlungs- und Präventionsmöglichkeiten bei Ärzt*innen vorantreiben.
Wir ermöglichen den diskriminierungsfreien Zugang zu reproduktionsmedizinischen
Leistungen für alle und stärken die diskriminierungssensible Weiterbildung von
Mitarbeitenden bei der Versorgung rund um Schwangerschaft und Geburt.
Familie ist, wo Menschen füreinander Verantwortung übernehmen. Das gilt auch für
Regenbogenfamilien. Wir passen deshalb das Familienrecht an, beenden
schnellstmöglich die Diskriminierung von Regenbogenfamilien, insbesondere von
lesbischen Müttern und ihren Kindern, im Abstammungsrecht und berücksichtigen
dabei die Elternschaft von trans*, inter* und nicht binären Menschen. Wir
verbessern die rechtliche Situation von Familien mit mehr als zwei Eltern.
Außerdem ermöglichen wir es Menschen, jenseits einer Ehe rechtlich verbindlich
füreinander sorgen zu können. Wir werden zudem queeres Leben im Alter stärker in
den Mittelpunkt rücken. So wollen wir die Bedürfnisse von älteren LSBTIQ*-
Personen auch in der Altenhilfe und in der Pflege besser berücksichtigen, damit
sie auch im Alter diskriminierungsfrei teilhaben können. Auch junge queere
Menschen wollen wir stärken und Beratungsstrukturen weiter ausbauen.
Wir setzen uns dafür ein, dass LSBTIQ* besser vor Diskriminierung auf dem
Arbeitsmarkt geschützt werden.
Für gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung
und eine inklusive Gesellschaft
Wir wollen eine inklusive Gesellschaft schaffen, in der alle Menschen
gleichberechtigt und selbstbestimmt teilhaben können. Wir setzen uns dafür ein,
dass dieses Recht endlich Wirklichkeit und Ableismus abgebaut wird. Das heißt
auch, dass geltendes Recht den Zielen der Inklusion nicht entgegenstehen darf.
Die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN) ist dabei Maßstab
unseres Handelns. Wir richten eine Enquetekommission Inklusion ein, die unter
Beteiligung von Selbstvertreter*innen umfassende Vorschläge erarbeiten soll.
Bürokratische Hürden und technische Normen, die Menschen mit Behinderung an
ihrer Teilhabe hindern, wollen wir abbauen und auf Barrierefreiheit prüfen.
Damit die Verwendung von Steuern und öffentlichen Geldern allen zugutekommt,
müssen Inklusion und Barrierefreiheit in Gesetzgebungsverfahren stets mitgedacht
werden.
Barrierefreiheit soll endlich in allen Bereichen, im Analogen wie im Digitalen,
in nationales Recht umgesetzt, sowie einfacher und tatsächlich durchsetzbar
werden: Die Gebäude des Bundes wollen wir innerhalb von zehn Jahren barrierefrei
machen. Auch Anbieter*innen öffentlich zugänglicher Angebote und
Dienstleistungen müssen konsequent Vorkehrungen zur Barrierefreiheit treffen,
wobei wir sie mit einer Überforderungsklausel schützen und sie mit einem
digitalen Barrierefreiheitstool unterstützen. Auch Vermieter*innen von Büro- und
Gewerbeflächen sind angehalten, diese Vorkehrungen zu treffen. Mieter*innen von
Gewerbe- und Büroflächen wollen wir den barrierefreien Umbau ihrer Gewerbe- und
Büroflächen auch in rechtlicher Hinsicht erleichtern und streben eine Ausweitung
der bestehenden Förderprogramme der KfW an.
Wir wollen, dass Menschen mit Behinderung ihre Potenziale gleichberechtigt auch
auf dem ersten Arbeitsmarkt einbringen und ihren Lebensunterhalt selbst
verdienen können.. Damit Arbeitgeber*innen ihrer Beschäftigungspflicht
nachkommen, schließen wir gesetzliche Schlupflöcher und passen die
Ausgleichsabgabe an. Menschen mit Behinderung sollen wirklich selbstbestimmt
entscheiden können, wo und wie sie arbeiten. Das heutige ausgrenzende
Werkstättensystem wollen wir schrittweise in Richtung Inklusionsunternehmen
weiterentwickeln, in denen Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam arbeiten,
mindestens nach Mindestlohn entlohnt werden und existenzsicherende
Rentenansprüche erwerben können. Dafür sollen sie die individuell benötigte
Unterstützung erhalten. Die Reform des Werkstättensystems werden wir dabei im
engen Dialog gemeinsam mit den Werkstätten und Betroffenen gestalten. Hürden bei
Eintritt und Rückkehr ins Berufsleben sowie bei der Qualifizierung beseitigen
wir. Zusätzlich setzen wir uns dafür ein, dass in den Bundesverwaltungen
Modellprojekte für die berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen
über die gesetzlichen Vorgaben hinaus geschaffen werden. EU-Mittel sollen nicht
in Arbeitsformen fließen, die Artikel 27 der UN-Behindertenrechtskonvention
entgegenstehen. Die Erwerbsminderungsrente wollen wir durchlässiger gestalten
und hierbei Fehlanreize beseitigen.
Das Bildungssystem ist von Anfang an inklusiv auszugestalten. Die Kosten für
dafür notwendige Unterstützung müssen übernommen werden. Auch die inklusive Aus-
und Weiterbildung wollen wir fördern. Die Peer-Beratung der Ergänzenden
Unabhängigen Teilhabeberatungen (EUTB) wollen wir in allen Regionen
weiterentwickeln.
Die Eingliederungshilfe wollen wir verbessern und vereinfachen, damit Betroffene
niedrigschwellig, möglichst digital, schnell und aus einer Hand Zugang zu
Leistungen erhalten. Dazu gehört es auch, die Durchsetzung sozialrechtlicher
Ansprüche auf Teilhabe bei Behörden und Gerichten zu beschleunigen und die
Schnittstellen zu anderen Sozialgesetzen im Sinne der Menschen mit Behinderung
zu überarbeiten. Bund, Länder und Kommunen sollen gemeinsam Lösungen zur
Sicherstellung der Finanzierung der Eingliederungshilfe entwickeln. Wir wollen,
dass Menschen mit Behinderung selbst entscheiden können, wo und wie sie wohnen
und wie sie ihre Freizeit verbringen möchten. Dazu bedarf es einer inklusiven
Sozialraumplanung in den Städten und Gemeinden. Unterstützungsleistungen müssen
unabhängig von Einkommen und Vermögen, einfach und schnell zur Verfügung
gestellt werden. Wir wollen den Ausbau inklusiver Wohnformen vorantreiben und
fördern und die Beratung dazu verbessern. Hürden, die das Wunsch- und Wahlrecht
von Menschen mit Behinderung einschränken, wollen wir abbauen. Wir stärken das
persönliche Budget als wichtiges Instrument der Selbstbestimmung.
Wir wollen die Deutsche Gebärdensprache besser verankern, weiter fördern und
damit auch ihre Nutzer*innen stärken. Wir wollen sie als nationale
Minderheitensprache anerkennen und prüfen Wege zur Umsetzung. Wir setzen uns für
die Einrichtung eines Kompetenzzentrums zur barrierefreien Kommunikation ein.
Wir stärken die Disability Studies.
Menschen mit Behinderung, insbesondere Frauen, sind häufiger von Gewalt
betroffen als nicht behinderte Menschen. Wir wollen, dass der Schutz vor Gewalt
für alle Menschen gilt und bauen den Gewaltschutz insbesondere bei Angeboten für
Menschen mit Behinderung deutlich aus. Wir stärken das Recht auf sexuelle
Selbstbestimmung auch für Menschen mit Behinderung.
Wir nehmen bei unseren Maßnahmen auch Menschen mit chronischen Erkrankungen, wie
zum Beispiel Asthma und Allergien, stärker in den Blick, damit sie überall
gleichberechtigt teilhaben können.
Für lebendige Kunst und Kultur
Eine freie Kultur ist ein unverzichtbarer Bestandteil unseres demokratischen
Zusammenlebens. Wir wollen ein Kulturangebot schaffen, das so vielfältig ist wie
das Land selbst und allen Menschen Zugang bietet. Gegen antidemokratische
Bewegungen, die einen ideologischen Kampf gegen unsere offene Gesellschaft
führen, arbeiten wir für die Unabhängigkeit und Freiheit der Kultur, der
Künstler*innen und ihrer diversen Ausdrucksformen – ob Literatur, Film, Musik,
Theater, Tanz oder bildende Kunst, ob Mode, Architektur oder Design, ob Club
oder Oper, ob öffentliche Einrichtung oder Teil der großen Kultur- und
Kreativwirtschaft. Indem wir ein Staatsziel Kultur in ihrer Vielfalt im
Grundgesetz verankern, stärken wir Kunst und Kultur umfassend und in der Breite.
Damit Kultur allen unabhängig von ihrem Wohnort zugänglich ist, bauen wir die
kulturelle Infrastruktur aus. Das gilt besonders für den ländlichen Raum, den
wir mit Programmen wie Aller.Land adressieren. Kulturpolitik wollen wir auf
Bundesebene auch institutionell stärken und besser vernetzen.
Wir wollen die Rahmenbedingungen für Kulturorte, besonders für Clubs- und
Livemusikstätten und insbesondere in Innenstädten verbessern, durch Änderungen
beim Lärmschutz, im Baurecht sowie im Gewerbemietrecht. Die Förderung von
Schallschutzmaßnahmen bauen wir aus.
Die großen Bundeskulturinstitutionen sind ein Stabilitätsanker der
Kulturlandschaft, und wir wollen sie weiter öffnen. Es kommt darauf an, die
Vielfalt der Kultur für die Menschen zugänglich zu machen. Deshalb werden wir
den Kulturpass verstetigen und prüfen, ihn auszubauen. Mit ihm erhalten
Jugendliche ein Guthaben, um Kultur zu entdecken. Gleichzeitig stimulieren wir
damit die Nachfrage und unterstützen verschiedene Kulturanbieter in Stadt und
Land.
Durch die Green Culture Anlaufstelle, die wir erfolgreich gestartet haben,
unterstützen wir unsere Kulturlandschaft gemeinsam mit den Ländern auf ihrem Weg
in den nachhaltigen Betrieb - mit Beratung und Förderung.
Kulturproduzent*innen brauchen nicht nur Freiheit, sondern auch Sicherheit. Wir
helfen der freien Szene durch den Ausbau der Bundeskulturfonds. Wir wollen die
Kultur-Investitionsprogramme des Bundes vielfältiger aufstellen, indem wir
Einrichtungen der freien Szene und der Popkultur stärker berücksichtigen. Die
begonnene Reform der Filmförderung für verlässliche, schnelle und auskömmliche
Finanzierung durch eine Investitionsverpflichtung und eine Steueranreizförderung
werden wir abschließen. Hier und in anderen kulturellen Förderungen wollen durch
geeignete Richtlinien dazu beitragen, dass die gesellschaftliche Diversität in
der Kultur angemessen repräsentiert wird. Den Games-Standort Deutschland stärken
wir mit einer steuerlichen Games-Förderung, die bestehende gezielte Förderungen
ergänzt. Dabei nehmen wir auch die Rahmenbedingungen für Ausbildung & Studium,
Entwicklung, Produktion, öffentliche Sichtbarkeit und deren Zusammenspiel in den
Blick und achten auf relevante Anliegen aus der Games-Community. Für die kleinen
Verlage werden wir eine Verlagsförderung einführen und das Kulturgut Buch
schützen. Die neu eingeführte Förderung für Musikfestivals (Festivalförderfonds)
hat sich bewährt, sie erweitern wir um eine Konzeptförderung sowie um Beratung
und Wissensvermittlung. Wir wollen den jüdischen Kulturfonds verstetigen, der
die Arbeit jüdischer und israelischer Künstler*innen unterstützt.
Sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene ist die Vielfalt der
kleinen und mittleren Kulturunternehmen wichtig für die Identität und Kultur
unserer demokratischen Gesellschaftt und muss deshalb durch die richtigen
politischen Rahmenbedingungen gestärkt werden. Der zunehmenden
Marktkonzentration in der Popkultur wollen wir durch Dialog und Regulierung
begegnen, um fairere Bedingungen auf dem Ticketmarkt sowie bei der Verteilung
von Streamingeinnahmen zu erreichen.
Wir wollen die soziale Lage der Künstler*innen und Kulturproduzent*innen
nachhaltig verbessern, indem wir die Künstlersozialversicherung zukunftsfest
machen, die soziale Absicherung für Soloselbstständige, hybrid Erwerbstätige und
abhängig Beschäftigte verbessern und die in dieser Wahlperiode von der
Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien eingeführten
Honoraruntergrenzen in der Bundeskulturförderung verstetigen. Im Dialog mit
betroffenen Förderern und Institutionen werden wir auf gute finanzielle
Rahmenbedingungen für deren Umsetzung hinarbeiten. Digitale Plattformen, die von
den Inhalten von Kreativen profitieren, sollen sich an der
Künstlersozialversicherung beteiligen.
Im Urheberrecht werden wir weiter für die angemessene Vergütung von
Künstler*innen kämpfen. Die Entwicklungen von KI wirken sich auf jede Sparte der
Kulturproduktion aus und eröffnen auch hier neue Spielräume. Wir werden die
Auswirkungen von KI auf den Kulturbereich, besonders im Hinblick auf faire
Arbeitsbedingungen und Entlohnung, Persönlichkeitsrechte, Datenschutzvorgaben
und Urheberrecht prüfen. Wir wollen bei der Verwendung urheberrechtlich
geschützter Daten für KI-Systeme erreichen, dass Urheber*innen ihre Rechte und
Vergütungsansprüche zum Beispiel durch Lizenz- oder Abgabenmodelle künftig
durchsetzen können. Wir fordern Transparenz hinsichtlich des Einsatzes von KI
und eine bessere Erkennbarkeit.
Bibliotheken leisten einen zentralen Beitrag zur Medienkompetenz und damit zu
unserer Demokratie. Sie ermöglichen Zugang zu Bildung und Kultur unabhängig von
der sozialen Lage. Wir stärken analoge und digitale Bibliotheksangebote mit
erweiterten Öffnungszeiten und finden Möglichkeiten, dass Bibliotheken Bücher
unter Wahrung der Interessen der Urheber*innen analog zum physischen Verleih
auch per E-Lending verleihen können.
Für die Gestaltung der Einwanderungsgesellschaft
Deutschland ist und bleibt ein Einwanderungsland. Menschen kommen aus
unterschiedlichen Gründen zu uns. Deshalb braucht es eine echte
Willkommenskultur. Einwanderung ist Teil unserer gesellschaftlichen und
ökonomischen Stärke. Sie ist deshalb für uns eine Gestaltungsaufgabe, der wir
uns annehmen. Wir schotten uns nicht ab, schon gar nicht in Europa.Wir verbinden
Humanität und Ordnung.
Wir sind auf die Einwanderung von dringend benötigten Fach- und Arbeitskräften
angewiesen, um unseren Wohlstand zu sichern und als Wirtschaftsstandort
attraktiv zu bleiben. Dabei stehen wir auch im internationalen Wettbewerb um
Fach- und Arbeitskräfte, weswegen es so wichtig war, endlich ein
Einwanderungssystem auf der Höhe der Zeit zu schaffen. Mit dem
Fachkräfteeinwanderungsgesetz und zahlreichen Erleichterungen beim
Arbeitsmarktzugang Geflüchteter haben wir hierfür den Grundstein gelegt. Damit
sich Fach- und Arbeitskräfte für unser Land entscheiden, stellen wir nach
Jahrzehnten der Abschottung unseres Arbeitsmarktes endlich die Digitalisierung
der Visavergabe vom Kopf auf die Füße. Das heißt: Visa komplett zu
digitalisieren und Wartezeiten zu verkürzen. Darauf wollen wir weiter aufbauen,
indem wir mehr Berufs- und Bildungsabschlüsse noch leichter anerkennen sowie die
Anrechnung von Berufserfahrung entbürokratisieren und vereinfachen – für eine
echte Willkommenskultur. Die bisherigen Ausländerbehörden werden so zu
Einwanderungsbehörden. Wir wollen, dass sich Menschen in unserem Land ohne
Vorurteile und Diskriminierung willkommen fühlen.
Mit der Einführung eines modernen Staatsangehörigkeitsrechts haben wir der
Realität unserer vielfältigen Gesellschaft endlich Rechnung getragen. Die
Staatsbürgerschaft stellt für Menschen, die schon lange hier leben – zum
Beispiel die Generation der Gastarbeiter*innen –, ein dauerhaftes Band
rechtlicher Gleichheit, Teilhabe und Zugehörigkeit sicher. Wir wollen, dass z.B.
auch Alleinerziehende, pflegende Angehörige und Menschen mit Behinderung und
schweren Erkrankungen gleichberechtigten und unbürokratischen Zugang dazu
erhalten. Es darf keine Staatsbürger*innen erster und zweiter Klasse und auch
keine Staatsangehörigkeit auf Abruf geben. Wie im Grundgesetz verankert, darf
die deutsche Staatsangehörigkeit nicht entzogen werden und eine mehrfache
Staatsangehörigkeit nicht zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung von
deutschen Staatsbürger*innen führen. Wir schaffen ein rechtssicheres
Anerkennungsverfahren zur Feststellung von staatenlosen Menschen und ihren
Kindern.
Dabei sind Flucht und Arbeitsmigration grundsätzlich zu unterscheiden, denn sie
folgen unterschiedlichen Logiken. Arbeitsmigration folgt der Nachfrage nach
Arbeitskräften, die Aufnahme von Schutzsuchenden den humanitären
Verpflichtungen. Gleichzeitig vertreten wir den pragmatischen Ansatz des
„Spurwechsels“ und gestalten ihn sinnvoll aus. Außerdem braucht es für beides –
Arbeitsmigration und Asylrecht – wirksame Instrumente und eine verlässliche
Finanzierung der Integration. Mit dem Chancenaufenthaltsrecht haben wir viele
gut integrierte Menschen aus der Duldung geholt, ihnen eine echte
Bleibeperspektive gegeben und gleichzeitig die Ausländerbehörden stark
entlastet. Es ist beispielgebend, weitere Reformen müssen folgen. Wir wollen
eine funktionierende und pragmatische Flucht- und Migrationspolitik.Dafür wollen
wir wissenschaftliche Expertise stärker in politische Entscheidungen einbeziehen
und ein beratendes Gremium mit Expert*innen aus Wissenschaft, Forschung, der
kommunalen Praxis und mit Betroffenen einrichten.
Eine Einwanderungsgesellschaft muss Perspektiven schaffen und Ankommen
ermöglichen. Sie stellt aber auch Anforderungen wie die Bereitschaft sich
einzubringen an die, die zu uns kommen. Die Einwanderungsgesellschaft
funktioniert nur, wenn wir zusammenkommen und einen gemeinsamen Weg einschlagen.
Damit das gelingt, braucht es auch dauerhafte Strukturen. Insbesondere dort, wo
es schon bisher an bezahlbarem Wohnraum fehlte, an Personal bei der
Kinderbetreuung und in Behörden, haben sich die Herausforderungen verstärkt. Die
Situation ist für viele Landkreise und Kommunen herausfordernd, für einige
überfordernd. Wir wollen für mehr bezahlbaren Wohnraum sorgen und die Kommunen
mit einer Integrationsoffensive stärker und verlässlicher finanziell
unterstützen. Dazu zählt das Angebot von ausfinanzierten, bedarfsgerechten und
qualifizierten Integrations- und Sprachkursen, die direkt nach der Ankunft
zugänglich sind. Bei diesen muss sichergestellt sein, dass Barrieren für
Teilhabe abgebaut werden, insbesondere für Eltern und Mütter, die beim
Spracherwerb benachteiligt sind. Ergänzend wollen wir digitale Angebote zum
Spracherwerb vom ersten Tag an schaffen. Wir stärken die
Migrationsberatungsstellen und die Jugendmigrationsdienste, damit sie Menschen
von Beginn an beraten können. Die dezentrale Unterbringung ist zu bevorzugen.
Geflüchtete sollten Möglichkeiten nutzen dürfen, aus einer Unterkunft
auszuziehen. Familienbezüge und individuelle Anknüpfungspunkte müssen
berücksichtigt werden. Unbegleitete minderjährige Geflüchtete brauchen besondere
Unterstützung. Wir setzen uns gegen Standardabsenkungen und für eine kinder- und
jugendgerechte Unterbringung ein. Ein Schulbesuch, psychosoziale Hilfe und die
Unterstützung vulnerabler Gruppen müssen von Inobhutnahme an schnell
sichergestellt werden. Wir bauen die psychosoziale Hilfe aus und unterstützen
vulnerable Gruppen von Beginn an.Bund, Länder, Kommunen und die
Zivilgesellschaft haben in den zurückliegenden Jahren hart daran gearbeitet, den
Menschen, die zu uns kommen, eine Unterkunft zu geben und sie zu versorgen.
Insbesondere die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung der Kommunen sowie
die vielen Freiwilligen haben dabei Unschätzbares geleistet.
Wir stehen für soziale Teilhabe. Politische Maßnahmen, wie zum Beispiel die
Bezahlkarte, müssen so ausgestaltet sein, dass sie Bürokratie verringern und
Integration ermöglichen. Das haben wir in Hannover erfolgreich vorgemacht - ganz
ohne unangemessene Bargeldobergrenze. Es muss immer sichergestellt werden, dass
keine Kürzung unter das verfassungsrechtlich geschützte Existenzminimum erfolgt.
Auch zu guter Gesundheitsversorgung wollen wir allen Menschen unbürokratischen
Zugang ermöglichen.
Der stärkste Motor für Integration sind Spracherwerb, Arbeit und Beschäftigung.
Denn dort, wo Menschen sich verständigen können und gemeinsam etwas schaffen,
wächst unsere Gesellschaft zusammen. Wer arbeiten kann, soll arbeiten dürfen.
Hier haben wir in der Bundesregierung bereits erhebliche Verbesserungen erzielt
und werden bestehende Arbeitsverbote abschaffen sowie die Verfahren vereinfachen
und beschleunigen. Jetzt geht es prioritär darum, Geflüchtete tatsächlich in den
Arbeitsmarkt zu bringen.
Wenn sich Arbeitgeber*innen und Geflüchtete einig sind, sollte der Staat nicht
mit unnötiger Bürokratie im Weg stehen. Damit enlasten wir auch
Arbeitgeber*innen.Deswegen werden wir kurze Fristen einführen, nach denen
arbeitsbezogene Genehmigungen als erteilt, wenn durch die Ausländerbehörde nicht
aktiv Widerspruch eingelegt wird. So schaffen wir auch Planungssicherheit für
Arbeitgeber*innen und Geflüchtete. Anstatt Menschen in prekäre nicht-reguläre
Arbeitsverhältnisse zu drängen, wollen wir sie in gute
Beschäftigungsverhältnisse bringen. Mit frühzeitiger Beratung und einem
Kompetenzcheck wollen wir sicherstellen, dass Menschen gute Perspektiven
bekommen und ihre Qualifikationen einbringen können. Die Anerkennung
ausländischer Abschlüsse und Qualifikationen wollen wir vereinfachen.
Für ein Land, das Schutz bietet
Weltweit fliehen so viele Menschen vor Krisen und Konflikten wie nie zuvor – die
meisten innerhalb ihres Landes oder in Nachbarregionen. Hinzu kommen die sich
verschärfende Klimakrise sowie wirtschaftliche und soziale Umstände, die
Menschen zum Verlassen ihrer Heimat zwingen. Deswegen wollen wir Fluchtursachen
bekämpfen. Mit vorausschauender Diplomatie, Krisenpräventation, verlässlicher
und ausreichend finanzierter humanitärer Hilfe in Krisenlagen, einer
nachhaltigen Entwicklungszusammenarbeit, Wiederaufbau und fairen
Handelsbedingungen leisten wir hierzu unseren Beitrag und setzen uns dafür ein,
dass andere Länder ebenso Verantwortung übernehmen.
Die Klimakrise ist an vielen Orten längst Realität und zwingt bereits heute
Menschen zum Verlassen von ihrem Zuhause. Die westlichen Industriestaaten sind
historisch die Hauptverursacher klimaschädigender Treibhausgase und tragen
besondere Verantwortung. Auch neue große Emittenten müssen ihren Beitrag
leisten. Gemeinsam mit den betroffenen Staaten wollen wir Maßnahmen zur
Klimaanpassung und klimabedingter Migration und Flucht ergreifen, damit Menschen
geschützt werden können. Sie dürfen nicht in eine Schutzlücke geraten.
Perspektivisch brauchen sie einen völkerrechtlichen Schutzstatus.
Deutschland bietet vielen Menschen Schutz, die vor Krieg und Verfolgung fliehen.
Wir verteidigen wir das Grundrecht auf Asyl und stehen zu unseren
völkerrechtlichen Verpflichtungen wie der Genfer Flüchtlingskonvention, dem
subsidiären Schutz und der europäischen Menschenrechtskonvention. Wir wollen
zügige und faire Verfahren und damit Klarheit für Betroffene und für die
Kommunen schaffen. Wir stehen weiterhin zum Kirchenasyl. Wir stellen uns gegen
reine Symbolpolitik und einen Kurs der Asylrechtsverschärfungen, die nur zu
Lasten der Schutzsuchenden gehen und Integration behindern.
Kinder brauchen ihre Eltern, Eltern brauchen ihre Kinder – auch um anzukommen
und sich zu integrieren. Daher wollen wir weiter den Familiennachzug ermöglichen
und existierende Einschränkungen aufheben. Die Verfahren des Familiennachzugs
wollen wir beschleunigen und auf Sprachnachweise im Rahmen der
Familienzusammenführung vor der Einreise absehen.
Die Einstufung von sicheren Herkunftsländern und sicheren Drittstaaten darf nur
parlamentarisch nach klaren grundrechts- und menschenrechtsorientierten
Kriterien getroffen werden. Statt Länder politisch als sichere Dritt- oder
Herkunftsstaaten einzustufen, braucht es rechtssichere, zügige und faire
Verfahren.
Nicht jede bzw. jeder, die bzw. der nach Deutschland kommt, kann bleiben. Wer
nach individueller Prüfung auf asyl- und aufenthaltsrechtliche Voraussetzungen
sowie nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel kein Aufenthaltsrecht hat und bei dem
keine Abschiebungshindernisse entgegenstehen, muss zügig wieder ausreisen. Die
freiwillige Rückkehr hat für uns Vorrang. Für uns ist klar, dass Menschen nicht
in Staaten abgeschoben werden dürfen, bei denen menschenrechtliche oder
völkerrechtliche Gründe entgegenstehen. Abschiebungen in Kriegs- und
Krisengebiete verbieten sich. Wir wollen Schutz vor Unrechtsregimen wie den
Taliban bieten und sie nicht durch Rückführungsvereinbarungen politisch
legitimieren. Ausreisepflichtige, die schwere Straftaten begangen haben, müssen
nach Verbüßung ihrer Strafen prioritär zurückgeführt werden.
Für eine europäische und internationale Flucht- und
Migrationspolitik
Wir wollen eine gemeinsame europäische Migrationspolitik vorantreiben – mit
einer fairen, verbindlichen und solidarischen Verteilung von Schutzsuchenden in
Europa. Europa geht nur gemeinsam und geordnete Migration nur europäisch.
Uns eint der Wille, uns weiterhin mit aller Kraft für eine Verbesserung der
Situation für Schutzsuchende und eine bessere Organisation von Migration
einzusetzen. Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) setzen
wir, wie jedes Recht, auf nationaler Ebene grund- und menschenrechtskonform um.
Dabei werden wir uns mit all unseren Möglichkeiten dafür einsetzen, dass
Integration gefördert, rechtsstaatliche Verfahren möglichst umfassend
gewährleistet und keine zusätzlichen, unnötigen Einschränkungen des Asylrechts
stattfinden.
Menschenrechte müssen überall in der EU eingehalten werden – auch an den
Außengrenzen. Dafür setzen wir uns für ein effektives Menschenrechtsmonitoring
und ein konsequentes Vorgehen gegen illegale Pushbacks ein. Wir wollen, dass die
Überwachung der Einhaltung der Grundrechte in Deutschland gemäß den Leitlinien
der Agentur für Grundrechte der Europäischen Union gesetzlich geregelt wird und
die unabhängige Nationale Menschenrechtsinstitution Deutschlands entsprechend
finanziell ausgestattet wird. Die Aufnahmebedingungen müssen europaweit auf ein
menschenwürdiges Niveau angehoben werden, um Menschen nicht durch Armut,
Obdachlosigkeit oder Diskriminierung zur Sekundärmigration zu zwingen. Die
besonderen Bedürfnisse vulnerabler Gruppen wie Frauen, Kinder, queere Menschen
oder Menschen mit Behinderung müssen im Asylverfahren berücksichtigt werden.
Außerdem dürfen Menschen nicht inhaftiert werden, nur weil sie Asyl beantragen.
Kinder müssen grundsätzlich immer unter Respekt der UN-Kinderrechtskonvention
untergebracht werden. Haft ist mit dem Kindeswohl grundsätzlich nicht vereinbar.
Unsere Haltung ist klar: Das Recht auf Einzelfallprüfung und das
Nichtzurückweisungsgebot gelten immer und überall. Der Asylantrag von Menschen,
die in der EU ankommen oder bereits hier sind, muss in der EU inhaltlich geprüft
werden. Wir stellen uns der Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten
entgegen, denn immer wieder hat sich gezeigt, dass diese Initiativen am Ende
viel Steuergeld kosten, vor Gerichten scheitern und von tatsächlichen Lösungen
ablenken.
Stattdessen setzen wir auf eine menschenrechtsbasierte Zusammenarbeit mit Dritt-
und Transitstaaten, denn mehr geregelte Migration ermöglicht weniger ungeregelte
Migration. Wir wollen Migration besser ordnen bzw. steuern und hierfür weitere
menschenrechtsbasierte Migrationsabkommen abschließen und bestehende zügig
umsetzen. Das heißt: Wir schaffen durch Visaabkommen und
Ausbildungspartnerschaften für Studierende, Auszubildende und Fachkräfte
geregelte Migrationswege. Dafür nehmen die Partnerländer Staatsangehörige
zurück, die bei uns kein Aufenthaltsrecht haben. Hierfür arbeiten wir stärker
mit Herkunftsländern und Transitstaaten zusammen. Migrationsabkommen sollen auch
bessere Lebensbedingungen vor Ort schaffen. Nur so werden wir die ungeordnete
und oft lebensgefährliche Migration nach Europa wirksam und langfristig
reduzieren können. Migrationsabkommen sollen ein Gesamtkonzept aus diesen
Bausteinen umfassen. Internationale Zusammenarbeit darf nicht einseitig
migrationspolitischen Interessen untergeordnet werden. Wir fördern außerdem die
durch Migration und insbesondere zirkuläre Migration entstehenden wertvollen
Verbindungen zwischen Diaspora in Deutschland und den Herkunftsgesellschaften.
Wir verteidigen unsere Demokratie und den Rechtsstaat gegen hybride Angriffe –
dazu zählt auch die Verteidigung des individuellen Rechts auf Asyl. Putins
Russland und Lukaschenkos Belarus missbrauchen das Leid von Geflüchteten für
geopolitische Interessen. Wir werden alle rechtsstaatlichen und politischen
Möglichkeiten ausschöpfen, um die Instrumentalisierung von Schutzsuchenden,
insbesondere durch Staaten wie Russland und Belarus, zu verhindern. Der
Entrechtung von Menschen, die durch autoritäre Staaten instrumentalisiert
werden, stellen wir uns entschieden entgegen. Wer vor dem Kriegsdienst flieht,
beispielsweise um nicht für Putins völkerrechtswidrigen Angriffskrieg zu
kämpfen, sollte entsprechend der EuGH-Rechtsprechung Schutz in Europa finden.
Das Recht auf Freizügigkeit und der Abbau von Schlagbäumen an den Binnengrenzen
zählen zu den größten Errungenschaften in Europa, die durch das Schengen-
Abkommen verwirklicht worden sind. Gerade in Deutschland, im Herzen Europas, ist
das Miteinander mit unseren Nachbarn Alltagsrealität der Menschen - besonders in
den Grenzregionen. Der offene europäische Binnenmarkt ist ein Grundpfeiler
unserer Wirtschaft. Dauerhafte stationäre Binnengrenzkontrollen lehnen wir
deshalb ab. Für Freiheit und Sicherheit in Europa müssen wir aber wissen, wer
nach Europa kommt. Daher sind rechtsstaatliche Kontrollen an den Außengrenzen
und eine zuverlässige Registrierung der Menschen unabdingbar.
Grenzkontrollen an der Außengrenze sind eine EU-Gemeinschaftsaufgabe, die
zunehmend von europäischen Beamt*innen übernommen werden sollte. Wir wollen die
europäische Agentur für Grenz- und Küstenwache Frontex rechtsstaatlich
weiterentwickeln. Es bedarf einer engmaschigen parlamentarischen Kontrolle von
Frontex-Einsätzen. Frontex darf sich nicht an menschenrechtswidrigen Einsätzen
beteiligen und muss solche Einsätze beenden. Es muss einfacher werden, Frontex
und nationale Behörden für Rechtsverstöße zur Rechenschaft zu ziehen. Opfer
solcher Rechtsverstöße, insbesondere an den Außengrenzen, brauchen juristische
Unterstützung.
Seenotrettung ist eine humanitäre Verpflichtung. Das Sterben im Mittelmeer muss
enden. Es braucht endlich eine europäische Initiative für eine staatlich
koordinierte und ausreichend finanzierte Seenotrettung. Solange dies nicht
erreicht ist, wollen wir die Förderung der zivilen Seenotrettung fortführen. Der
Kriminalisierung der Seenotrettung oder humanitären Hilfe stellen wir uns
entgegen. Für diese Position wollen wir Rechtssicherheit schaffen und setzen uns
für einen eindeutigen Tatbestandsausschluss auf allen politischen Ebenen ein.
Wir wollen, dass Menschen Schutz finden, ohne lebensgefährliche Fluchtrouten
wählen zu müssen. Für besonders gefährdete Gruppen wollen wir deshalb humanitäre
Aufnahme- und Resettlementprogramme - auch auf Landesebene - unterstützen. Wir
wollen weiterhin Verantwortung für Afghan*innen übernehmen, die wegen ihrer
Arbeit für die Bundesregierung oder ihres Einsatzes für ein demokratisches
Afghanistan besondere Risiken auf sich genommen haben sind. Für Ortskräfte und
bedrohte Frauen- und Menschenrechtler*innen, die aus Afghanistan, nach Pakistan,
Iran oder in die Türkei geflohen sind, müssen humanitäre Visa unbürokratisch
erteilt werden. Wir wollen sichere und geordnete Migrationswege ermöglichen,
denn so schützen wir Menschenleben und legen Schlepperbanden und Menschenhandel
das Handwerk. Dabei braucht es eine kooperative Zusammenarbeit von Bund,
Ländern, Städten und Gemeinden.
B. Ein Leben in Sicherheit
Für gute Polizeiarbeit gegen Kriminalität
Die Freiheit aller bedeutet uns alles. Aber ohne Sicherheit ist Freiheit wenig
wert. Damit alle Menschen am gesellschaftlichen und politischen Leben teilhaben
können, müssen sie sicher sein und sich auch sicher fühlen. Die beste Form der
Kriminalitätsbekämpfung wirkt, bevor eine Straftat begangen wird. Gute
Präventionsarbeit und soziale Infrastruktur sind daher immer auch ein Beitrag
zur Sicherheit. Eine gut ausgestattete, moderne Polizei ergänzt dabei eine
wirksame Kriminalprävention. Dazu gehört auch eine gute Aus- und Fortbildung.
Engagierte Polizist*innen leisten ihre wichtige Arbeit für unser Zusammenleben
und unsere Bürger*innenrechte, häufig unter hohem persönlichen Einsatz.
Wir wollen die Bundespolizei und das Bundeskriminalamt (BKA) so aufstellen, dass
sie das Personal, die Technik, Know-How und auch die verfassungskonformen
Befugnisse haben, die sie für eine effektive Aufgabenerfüllung benötigen. Die
gesetzlichen Grundlagen der Polizeien des Bundes wie das Bundespolizeigesetz
werden wir modernisieren und dabei auch Antworten auf neue Bedrohungen geben.
Dazu zählt, dass wir polizeiliche Ermittlungen im digitalen Raum stärken.
Rechtsgrundlagen müssen stets zielgerichtet und anlassbezogen wirken. Wir
bringen eine evidenzbasierte Innenpolitik mit Bürger*innenrechten in Einklang
und adressieren die Ursachen von Kriminalität.
Wir wollen mit Investitionen auch dafür sorgen, dass die Polizei in modernen
Liegenschaften und mit guter Ausrüstung arbeiten kann, auch digital.
Kriminalität verlagert sich zunehmend in den digitalen Raum – die Polizei muss
hier technisch mithalten können.
Um Kriminalität vorzubeugen, wollen wir Kriminalitätsentwicklungen im Blick
behalten und wissenschaftliche Expertise stärker einbeziehen. Den periodischen
Sicherheitsbericht, der diese Arbeit bündelt, wollen wir daher gesetzlich
verankern. Mit wissenschaftlich fundierten Erfassungssystemen und Datenbanken
werden präzise Lagebilder und Beurteilungen ermöglicht, eine gute
Ermittlungsarbeit befördert und die Grundlage für angemessene und rechtssichere
polizeiliche Maßnahmen gelegt. Daher wirken wir auf die Verbesserung
polizeilicher Datenbanken im polizeilichen Informationsverbund hin. Wir
reformieren die Polizeistatistik, um Hasskriminalität besser zu erfassen.
Wir haben dafür gesorgt, dass es für Extremist*innen in Zukunft schwieriger
wird, legal in den Besitz von Waffen zu kommen. Wer den Sicherheitsbehörden als
Verfassungsfeind*in bekannt ist, darf keine Waffen besitzen. Die Anzahl an
legalen und illegalen Schusswaffen hat in den vergangenen Jahren zugenommen.
Noch immer werden zu viele Gewalttaten mit Schusswaffen begangen, gerade im
häuslichen Bereich. Jeder Mensch, der durch eine Schusswaffe stirbt, ist einer
zu viel. Daher werden wir die Verfügbarkeit von tödlichen Schusswaffen und
anderer gefährlicher Waffen, wie SRS-Waffen, weiter einschränken und hierfür das
Waffenrecht verschärfen. Schreckschusswaffen sollen nur noch mit kleinem
Waffenschein erworben werden dürfen. Für eine konsequente Durchsetzung des
Waffenrechts, wollen wir die Zusammenarbeit der Sicherheits- und
Aufsichtsbehörden stärken. Gegen den illegalen Waffenhandel gehen wir
entschieden vor.
Polizeiarbeit beruht auf Vertrauen und ist Voraussetzung dafür, dass die Polizei
ihren komplexen Aufgaben nachkommen kann. Mit dem Polizeibeauftragten des Bundes
haben wir eine Anlaufstelle für Polizist*innen und Bürger*innen geschaffen, die
wir stärken und weiterentwickeln wollen. Dadurch verbessern wir auch die
Arbeitsbedingungen für Polizist*innen. Als ausführendes Organ des staatlichen
Gewaltmonopols hat die Polizei zudem eine besondere Verantwortung. Mit einem
Ticketsystem für Kontrollen, das die Gründe für Kontrollen darlegt, wollen wir
polizeiliches Handeln transparenter machen. Dabei wollen wir polizeiliche
Kontrollbefugnisse so ausgestalten, dass diese rechtssicher angewandt werden
können. Zudem führen wir für die Bundespolizei eine anonymisierte
Kennzeichnungspflicht ein. In der Aus- und Fortbildung wollen wir für Diversität
sensibilisieren und eine gute Fehlerkultur entwickeln. Polizeiliches Handeln und
Einstellungsmuster sind in Deutschland vergleichsweise wenig erforscht. Deshalb
wollen wir die Polizei stärker für wissenschaftliche Forschung öffnen. Den
Umgang mit psychischen Ausnahmesituationen wollen wir stärker in den Fokus
nehmen und die psychosoziale Notfallversorgung von Einsatzkräften und
Betroffenen verbessern.
Wenn die Sicherheitsbehörden in Europa zusammenarbeiten, schaffen sie mehr
Sicherheit für die Menschen in einem zusammenwachsenden Europa. Hierfür bauen
wir die gemeinsamen Zentren der Polizei in den Grenzregionen aus. Die
europäische Polizeibehörde Europol wollen wir zu einem Europäischen Kriminalamt
weiterentwickeln und mit eigenen operativen Möglichkeiten ausstatten.
Für einen verstärkten Einsatz gegen Organisierte
Kriminalität
Der Kampf gegen die Organisierte Kriminalität ist für uns ein Schwerpunkt.
Kriminelle Gruppen bedrohen Menschen mit Gewalt und verursachen in Deutschland
wirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe. Ihre Auswirkungen sind weltweit zu
spüren und zersetzen auch durch Gewalt und Korruption ganze Staaten. Eine
wesentliche Triebfeder für die Organisierte Kriminalität ist der illegale
Drogenhandel sowie der Menschenhandel und die Zwangsprostitution. Der Schaden
für die Gesellschaft ist enorm, wenn kriminelle Gruppierungen legale
Wirtschaftsbereiche wie zum Beispiel die Bauwirtschaft oder den Immobilienhandel
unterwandern und so Preise in die Höhe getrieben werden.
Um dem entgegenzutreten, stärken wir die zuständigen kriminalpolizeilichen
Bereiche des BKA, der Bundespolizei sowie des Zolls. Wir verbessern die
Zusammenarbeit und den Informationsaustausch der Sicherheitsbehörden von Bund
und Ländern mit der Einrichtung eines Gemeinsamen Zentrums Organisierte
Kriminalität auf gesetzlicher Grundlage. Wir wollen, dass die
Sicherheitsbehörden so aufgestellt werden, dass sie einen stärkeren Fokus auf
Strukturermittlungsverfahren legen können. Die wissenschaftliche Forschung im
Bereich der Organisierten Kriminalität wollen wir stärken. Auch internationale
Kooperationen werden wir stärken, zum Beispiel durch gemeinsame Ermittlungen
oder den Einsatz von Kontaktbeamt*innen in anderen Staaten. Die Kompetenzen der
EUStA wollen wir auf die grenzüberschreitende Bekämpfung der Organisierten
Kriminalität ausweiten.
Wir wollen, dass Organisierte Kriminalität härter bestraft wird. Deswegen wollen
wir den Straftatbestand der kriminellen Vereinigung weiterentwickeln, damit er
ein scharfes und zielgenaues Instrument wird. Ein nachhaltiges Vorgehen gegen
kriminelle Aktivitäten kann nur in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft und
durch eine stärkere politische Befassung gelingen und muss auf Prävention und
Aufklärung setzen. Deshalb setzen wir uns für den Aufbau einer unabhängigen
zivilgesellschaftlichen Beobachtungsstelle für Organisierte Kriminalität ein.
Für eine klare Kante gegen Geldwäsche und organisierten
Steuerbetrug
Deutschland wird häufig als Geldwäscheparadies bezeichnet. Rund 100 Milliarden
Euro aus schweren Straftaten werden jährlich in Deutschland „gewaschen“. Dem
stellen wir uns entgegen: Mit klaren Regeln und schlagkräftig aufgestellten
Behörden wie dem Bundesamt für die Bekämpfung der Finanzkriminalität, das wir zu
einer Finanzpolizei ausbauen. Dieses soll jährlich über seine Ermittlungserfolge
berichten.
Wir müssen die Kriminellen dort treffen, wo es ihnen weh tut – beim Geld.
Deswegen müssen wir es einfacher machen, Vermögen einzuziehen, das durch
kriminelle Machenschaften erlangt wurde. Dafür wollen wir auch die
Vermögensabschöpfung stärker nutzbar machen. Die Einführung der adminstrativen
Vermögensermittlung wollen wir prüfen. Das EU-Geldwäschepaket wollen wir zügig
und ambitioniert umsetzen und dabei auch die Forderungen des Europäischen
Parlamentes berücksichtigen. Mit einer bundesweiten Servicestelle wollen wir die
Expertise über den Missbrauch von Kryptowährungen bündeln und für die Länder
nutzbar machen. Wir wollen es Kriminellen schwerer machen, ihr Geld mithilfe
komplizierter Unternehmensstrukturen zu verstecken. Deswegen entwickeln wir das
Transparenzregister für Unternehmen weiter und stärken die internationale
Zusammenarbeit der Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden.
Steuerhinterziehung und Manipulationen im Finanzmarkt kosten unsere
Volkswirtschaft Milliardenbeträge. Wir werden Maßnahmen ergreifen, damit
Betrugsfälle wie Cum-Ex und Cum-Cum oder organisierte Steuerkarusselle der
Vergangenheit angehören. Dafür stärken wir die Finanzaufsicht und gewährleisten
zuverlässige Prüfungen. Die Kapazitäten und Kompetenzen der Bundesebene zur
Verfolgung schwerer Finanz- und Steuerkriminalität wollen wir deutlich steigern.
Dazu werden wir die Behörden so ausstatten, dass frühzeitige Ermittlungen
sichergestellt werden können und somit eine Verjährung von Steuerstraftaten
verhindert wird. Mehr Transparenz zu Unternehmenssteuern und - oft
verschachtelten und verschleierten - Eigentumsverhältnissen und bessere
Kapazitäten im Steuervollzug helfen dabei. Wir wollen die Heraufstufung von
bestimmten Fällen besonders schwerer Steuerhinterziehung zu einem Verbrechen
prüfen.
Für ein entschiedenes Vorgehen gegen Extremismus und Terror
Menschenverachtende und verfassungsfeindliche Ideologien – egal ob politisch
oder religiös motiviert – säen Hass, spalten unsere Gesellschaft und sind der
Wegbereiter für Gewalt und Terror. Weil sich die Erscheinungsformen stetig
wandeln und durch Radikalisierung im digitalen Raum komplexer werden, müssen wir
ihnen aufmerksam und energisch entgegentreten und Instrumente entsprechend
anpassen. Gerade junge Leute radikalisieren sich heute vermehrt im digitalen
Raum. Es braucht passgenaue Medienbildung für unterschiedliche Zielgruppen, um
der Radikalisierung in allen Teilen der Gesellschaft entgegenzuwirken.
Die größte Gefahr für unsere Demokratie geht weiterhin vom Rechtsextremismus
aus. Diese Einschätzung wird auch vom Bundesamt für Verfassungsschutz geteilt.
Ausdruck hiervon ist auch ein Höchsstand an festgestellten rechtsextremen
Straftaten. Hinzu kommt die weiterhin sehr konkrete und ernste Bedrohungslage
durch den Islamismus. Die wehrhafte Demokratie muss den aktuellen Bedrohungen
für die freiheitlich demokratische Grundordnung konsequent entgegentreten.
Mit frühzeitiger Prävention verhindern wir, dass sich Menschen radikalisieren.
Wir brauchen Programme wie „Demokratie leben!“, die über Rechtsextremismus und
Islamismus im analogen und digitalen Raum aufklären. Wir brauchen Angebote für
Opfer von rechter und rassistischer Gewalt. Wir brauchen Angebote für
Aussteiger*innen aus den extremistischen Szenen oder Deradikalisierungsprogramme
für den Justizvollzug. Diese Arbeit wollen wir finanziell stärken und dauerhaft
mit einem Demokratiefördergesetz gesetzlich absichern.
Extremistische Netzwerke müssen von den Sicherheitsbehörden frühzeitig erkannt,
intensiv beobachtet und Vereinsverbote konsequent ausgesprochen werden. Der
Staat muss sicherstellen, dass Verfassungsfeind*innen keine öffentlichen Amter
bekleiden und weder in der öffentlichen Verwaltung Verantwortung tragen noch in
Sicherheitsbehörden oder Bundeswehr tätig sind. Dafür braucht es rechtssichere
Prüfverfahren. Verfassungsfeind*innen dürfen nicht an Waffen gelangen und müssen
konsequent entwaffnet werden. Hierfür nehmen wir insbesondere die rechtsextreme
Szene in den Blick. Wir treten dafür ein, dass eine Vorurteilsmotivation bei
Straftaten konsequent berücksichtigt und hierfür geprüft wird, ob rechtliche
Anpassungen notwendig sind.
Wir werden den neuen und komplexen Gefahren durch Investitionen in unsere Innere
Sicherheit begegnen. Dafür werden wir die Sicherheitsbehörden im Kampf gegen den
Terrorismus stärken und das BKA und den Verfassungsschutz dafür mit ausreichend
Personalund Technik und verfassungskonformen Befugnissen ausstatten, damit sie
Terrorist*innen ausfindig machen und Anschlagspläne frühzeitig aufdecken können.
Wir ergreifen Maßnahmen, um es den Behörden zu ermöglichen Finanzströme
extremistischer Gruppierungen aufdecken und trockenlegen zu können. Top-
Gefährder*innen müssen länderübergreifend stets im Blick der Sicherheitsbehörden
sein, lückenlos überwacht und – wo immer möglich – strafrechtlich verfolgt
werden. Damit das gelingt, muss europaweit einheitlich klar sein, wen wir als
Gefährder*innen in den Blick nehmen.
Auf nationaler Ebene müssen alle zuständigen Behörden von Bund und Ländern
engstens in den Gemeinsamen Zentren zur Terrorismusbekämpfung zusammenarbeiten –
mit klar geregelten Verantwortlichkeiten und einer soliden gesetzlichen Basis.
Es muss sichergestellt sein, dass Informationen die zuständigen Behörden
frühzeitig erreichen. Wir werden prüfen, ob die Sicherheitsbehörden alle
notwendigen Befugnisse haben, um Terrorismus effektiv und zielgerichtet zu
bekämpfen. Die Ergebnisse der Überwachungsgesamtrechnung werden wir analysieren
und umsetzen. Aktionismus stellen wir eine verantwortungsvolle
Sicherheitspolitik entgegen. Die wissenschaftliche Untersuchung über
Entwicklungen von Phänomenbereichen werden wir stärker in die Sicherheitspolitik
einbeziehen.
Deutschland wurde in den vergangenen Jahren durch viele furchtbare rechtsextreme
und islamistische Terrorakte erschüttert. Im Umgang mit deren Opfern wurden
viele Fehler gemacht. Daher wollen wir die Unterstützung für die Opfer von
Terrorismus und deren Angehörige vom Staat weiter stärken und finanziell
absichern. wird. Damit sie eine zuverlässige Anlaufstelle haben, haben wir das
Amt des Opferbeauftragten geschaffen. Wir wollen die Aufarbeitung von
Terroranschlägen fortführen und der Opfer angemessen gedenken.
Für einen krisenfesten Bevölkerungsschutz
Extremwetterereignisse oder Katastrophen: Außerordentliche Ereignisse können das
Leben Tausender Menschen im Handumdrehen auf den Kopf stellen, Existenzen
vernichten und enorme Umweltschäden verursachen. Durch die Klimakrise werden
Stürme, Überschwemmungen oder Dürreperioden weiter zunehmen.
Ein leistungsfähiger Bevölkerungsschutz und eine gute Krisenprävention können
dazu beitragen, Schäden abzuwenden oder zu verringern. Deutschland verfügt mit
rund 1,7 Millionen Freiwilligen im Bevölkerungsschutz und seiner dezentralen
Struktur über ein leistungsfähiges Hilfenetz. Wir wollen das Ehrenamt bei der
freiwilligen Feuerwehr, dem Technischen Hilfswerk und den Hilfsorganisationen
unterstützen und fördern – zum Beispiel mit guten Freistellungsregelungen, der
Gleichstellung der Ehrenamtlichen bei Einsätzen oder Ausbildung oder
Erleichterungen für Ehrenamtliche. Wir wollen Menschen mit Behinderungen aktiv
in den Bevölkerungsschutz einbeziehen. Außerdem werden wir sicherstellen, dass
vulnerable Gruppen bei Planungen des Bevölkerungsschutzes stärker berücksichtig
werden.
Ein leistungsfähiger Bevölkerungsschutz braucht gute Liegenschaften, zeitgemäße
Ausrüstung, moderne Fahrzeuge und eine forschrittliche Ausbildung. Wir werden
weiter in den Bevölkerungsschutz investieren. Dazu zählt eine ausreiche
Materialreserve und der Fähigkeitsausbau für CBRN-Gefahren. Wir schaffen
verlässliche digitale Systeme, eine morderne Cyberhilfe und bauen die
Warninfrastruktur aus . Wir wollen, dass sich der Bund stärker engagiert, das
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) mehr Kompetenzen
bekommt und die länderübergreifende Zusammenarbeit ausgebaut wird.
Wir bauen die länderübergreifenden Katastrophenschutzübungen anhand von
Risikoszenarien aus und ergänzen diese durch einen stärkeren und praktischen
Einbezug der Hilfsorganisationen. Die Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung
stärken wir, indem wir den Bevölkerungsschutztag weiterenwickeln und Angebote
für alle Menschen in der Krisenvorsorge anbieten. Darüber hinaus wollen die
Ertüchtigung vorhandender Schutzbauten prüfen. Die Zeitenwende muss sich auch im
Bevölkerungsschutz widerspiegeln.
Für die Verbindung von innerer und äußerer Sicherheit
Damit unser Land sicher bleibt, damit unsere Stromnetze, Mobilfunkdienste oder
Server geschützt sind – unsere Kritische Infrastruktur (KRITIS), die für unseren
Wohlstand entscheidend ist –, müssen wir die innere und äußere Sicherheit
stärker zusammendenken. Denn Grenzen zwischen kriminellen oder terroristischen
Organisationen und Staaten verschwimmen immer mehr. Länder wie Russland nutzen
gezielt hybride Angriffe, Sabotageaktionen und Einflusskampagnen, um in
Deutschland und Europa Angst zu schüren, Bündnisse zu destabilisieren und
Schaden zuzufügen. Beschädigungen von Datenkabeln und KRITIS, Drohnenüberflüge
an Bundeswehrstandorten oder Brandsätze in der Luftfracht haben gezeigt, wie
verletzlich unsere Infrastruktur bzw. wie konkret die Bedrohung ist. Wir setzen
Staaten etwas entgegen, die mit gezielten Aktionen im Graubereich feindliche
Angriffe auf uns durchführen. Dafür wollen wir neue völkerrechtliche Instrumente
vorantreiben, die den Schutz globaler Infrastruktur gewährleisten. Für uns ist
ein integrierter Sicherheitsbegriff leitend, den wir in der Nationalen
Sicherheitsstrategie verankert haben.
Die Nachrichtendienste spielen in der inneren und äußeren Sicherheit eine
wichtige Rolle. Sie müssen angemessen ausgestattet sein und brauchen dringend
eine solide Gesetzesgrundlage, damit sie Gefahren frühzeitig erkennen und
bewältigen können. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) werden wir in der
Spionageabwehr und den Bundesnachrichtendienst in der Auslandsaufklärung so
aufstellen, dass sie besser als bisher die Demokratie vor Angriffen schützen
können. Wir wollen, dass das BfV stärker wissenschaftliche,
zivilgesellschaftliche und öffentliche Quellen in seine Analyse einbezieht.
Dafür wollen wir auch die unabhängige wissenschaftliche Forschung zu
verfassungsfeindlichen Bestrebungen stärken und fördern. Den Militärischen
Abschirmdienst wollen wir so aufstellen, dass er seine Aufgaben wahrnehmen und
die Angehörigen der Bundeswehr weltweit gut schützen kann. Die europäische
Zusammenarbeit wollen wir durch die Gründung einer Europäischen
Nachrichtendienstagentur verbessern. Wir setzen auf rechtsstaatlich handelnde
Nachrichtendienste und eine effektive parlamentarische Kontrolle.
Mit dem KRITIS-Dachgesetz, das konkrete Sicherheitsstandards formuliert, haben
wir einen Grundstein gelegt. Es braucht aber eine weitere Stärkung unserer
Infrastruktur und zugleich einer resilienten Wirtschaft. Wir wollen, dass unsere
Infrastrukturen sicher sind, die Kontrolle darüber hier verbleibt und unsere
Schlüsseltechnologien geschützt werden. Mit einem Investitionsschutzgesetz
wollen wir Schlupflöcher beim Erwerb von KRITIS durch ausländische
Investor*innen schließen. Für die KRITIS-Betreiber*innen wollen wir
Beratungsangebote für Schutzmöglichkeiten stärken.
Für IT-Sicherheit und gegen systematische Desinformation
Autoritäre Staaten und andere Akteure nutzen systematisch
Desinformationskampagnen, um unsere Demokratie anzugreifen, unsere Wahlen zu
beeinflussen und unsere Gesellschaften zu spalten. Das ist eine massive
Herausforderung, vor der alle demokratischen Gesellschaften weltweit stehen und
die auch den Zusammenhalt und die Demokratie in unserem Land gefährdet. Deswegen
entwickeln wir Maßnahmen in einer bundesweiten Strategie gegen Desinformation
weiter und beziehen hierbei Wissenschaft und zivilgesellschaftliche
Organisationen ein. Es braucht es wachsame Institutionen und verlässliche
Informationen, beispielsweise durch unabhängige Medien. Medienbildung kann die
Menschen bei der Erkennung von Desinformation unterstützen. Zudem sehen wir in
anderen demokratischen Gesellschaften, wie wichtig es ist, unabhängige Stellen
zu haben, die Deepfakes, groß angelegte und gesteuerte Kampagnen mit
Falschnachrichten und andere, die Demokratie zersetzende Inhalte frühzeitig
erkennen. Die großen Medienplattformen werden wir auch auf Ebene der EU in die
Pflicht nehmen, wirksame Maßnahmen gegen die Verbreitung von Desinformation
vorzunehmen. Die systematische Verbreitung von Desinformation im Auftrag eines
fremden Staates wollen wir strafrechtlich fassen. Wir werden systematische
Desinformation bekämpfen. Dafür nehmen wir auch das manipulierende und
künstliche Verbreiten von entsprechenden Inhalten z.B. durch Bots in den Blick.
Den Kauf oder das Anbieten von Likes oder Followern auf Online-Plattformen
wollen wir als unlautere Geschäftspraktik untersagen. Wir stärken die effektiven
Möglichkeiten der deutschen Strafverfolgungsbehörden im digitalen Raum, um gegen
Organisierte Kriminalität und Hasskriminalität vorgehen zu können und bei
anonymisierten Accounts, die derzeit strafrechtlich kaum verfolgt werden können,
Strafverfolgung mit der Login-Falle und durch Gerichte angeordnete
Accountsperren zu ermöglichen. Wir werden Maßnahmen gegen Plattformen ergreifen,
die durch autoritäre Staaten genutzt werden, um systematische Desinformation zu
verbreiten.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sichert die pluralistische, staatsferne und
unabhängige Berichterstattung und kann daher durch die Beachtung höchster
journalistischer Standards ein Punkt der Orientierung auch im Angesicht von
Desinformationskampagnen und Falschmeldungen sein. Es ist wichtig, dass er diese
bewährte Funktion auch im Digitalen ausfüllen und weiterentwickeln kann. Die
dafür nötigen Reformen sichern wir mit einer auskömmlichen Finanzierung und
verlässlichen Rahmenbedingungen und beziehen uns bei der Ausgestaltung unter
anderem auf die Vorschläge der KEF. Auf europäischer Ebene unterstützen wir eine
Plattform, die länderübergreifend u.a. die öffentlich-rechtlichen
Informationsangebote zusammenführt und zugänglich macht und eine Alternative zu
den derzeitigen, rein kommerziellen Angeboten darstellt.
Die deutsche Wirtschaft erleidet jährlich einen Schaden von mehr als 200
Milliarden Euro durch Cyberangriffe, Datendiebstahl und Spionage. Auch
Wissenschaftseinrichtungen geraten zunehmend ins Visier. Diese Angriffe kommen
hauptsächlich aus dem Ausland, insbesondere aus China und Russland. Wir werden
mit einem Cybersicherheitsstärkungsgesetz unsere IT-Infrastruktur härten und
widerstandsfähiger gegen Angriffe machen. Das Bundesamt für Sicherheit in der
Informationstechnik muss eine stärkere und unabhängige Rolle beim Schutz
digitaler Infrastruktur bekommen und zur Zentralstelle ausgebaut werden. Unser
Ziel ist es, digitale Netze und Einrichtungen durch wirksame IT-
Sicherheitsmaßnahmen robust gegen Hackerangriffe zu machen. Wir wollen die
rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen für sichere „Digitale Botschaften“
schaffen. Damit wollen wir relevante öffentliche Datenbanken absichern, um sie
auch in Krisenfällen vorzuhalten. Wir werden die europäische Richtlinie zur
Cybersicherheit bürokratiearm und zügig umsetzen. Wir wollen Personen, die
strukturiert nach Sicherheitslücken im Interesse der Allgemeinheit suchen,
Rechtssicherheit und Unterstützung geben.
Für die Verteidigung von Frieden und Freiheit
Russlands Überfall auf die Ukraine verdeutlicht, dass Frieden, Freiheit und
Demokratie keine Selbstverständlichkeit sind. Sie müssen immer wieder aufs Neue
verteidigt und gestärkt werden. Frieden erfordert gerade in diesen Zeiten
Diplomatie und Kooperation, ebenso wie Widerstands- und Wehrfähigkeit. Dafür
braucht es eine europäische Anstrengung. Es braucht eine umfassend angelegte
Herangehensweise, um dem Spektrum an Herausforderungen und Bedrohungen zu
begegnen. Sicherheitspolitik ist mehr als die Summe aus Diplomatie und Militär;
sie muss alle Stränge unserer Politik zusammenführen. Integrierte Sicherheit für
Deutschland heißt: innere und äußere Sicherheit zusammenzudenken sowie den
Schutz unserer Demokratie, unseres Sozialstaates, und unserer Lebensgrundlagen
zu sichern – im Einklang mit einer feministischen Außen- und Entwicklungspolitik
sowie einer starken internationalen Klimapolitik. All diese Elemente einer
integrierten Sicherheit brauchen eine verlässliche Finanzierung.
Mit dem russischen Angriff auf die gesamte Ukraine am 24. Februar 2022 sind wir
in einer anderen Welt aufgewacht. Millionen Ukrainer*innen verteidigen seither
Tag für Tag ihr Leben, ihre Freiheit und die europäische Friedensordnung gegen
die brutale Aggression Russlands. Dabei stehen wir fest an ihrer Seite – mit
diplomatischer, finanzieller, humanitärer und militärischer Unterstützung. Die
Ukraine muss in der Lage sein, sich zu verteidigen und eine starke Position für
einen möglichen Friedensprozess sicherzustellen. Dafür wollen wir sie auch
weiter in ihrem Recht auf Selbstverteidigung deutlich stärken und ihre
Verteidigungsfähigkeit verbessern. Das ist auch unser bester Eigenschutz hier im
Herzen Europas. Russlands hybride Angriffe richten sich längst auch gegen uns.
Die Souveränität der Ukraine in europäischer Solidarität muss sichergestellt
sein. Wir unterstützen die vielfältigen diplomatischen Friedensbemühungen der
Ukraine, ihrer Partner und aller Staaten, die glaubwürdig an Frieden
interessiert sind, unter dem Grundsatz: „Nichts über die Ukraine, ohne die
Ukraine“. Zudem bekräftigen wir das Recht auf freie Bündniswahl und unterstützen
die Ukraine auf ihrem Weg zur Mitgliedschaft in der EU und NATO. Putins
Zermürbungskrieg gegen die Zivilbevölkerung setzen wir außerdem unsere
Unterstützung beim Wiederaufbau entgegen und tragen zur Herstellung
grundlegender Infrastruktur wie Wärmeversorgung, Schulen und Krankenhäuser bei.
C. Eine starke Europäische Union
Für eine EU, die unsere Demokratie verteidigt
Die EU ist das erfolgreichste Friedensprojekt und Basis für unseren
wirtschaftlichen Erfolg. Sie ist die Antwort auf zwei Weltkriege und den
Holocaust. Sie ist unsere Lebensversicherung für Frieden, Sicherheit und
Wohlstand. Aber der europäische Zusammenhalt ist bedroht: von außen durch
Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und gegen unsere europäische
Friedensordnung, von innen durch Extremist*innen und Populist*innen. Deshalb
wollen wir die EU stärken. Als größtes und wirtschaftlich stärkstes Land tragen
wir dafür besondere Verantwortung. Nationale Alleingänge lehnen wir ab und ein
ständiges „German Vote“ ist schädlich. Wir arbeiten an einem Europa, das nach
innen durch Freiheit und Demokratie geeint ist, das soziale Sicherheit
garantiert und das nach außen kooperative Angebote und robuste Antworten auf die
großen Aufgaben gibt, die uns die Entwicklung der Welt bereithält. Deshalb
wollen wir die EU erweitern, um unsere Nachbarschaft zu stabilisieren und
Frieden, Freiheit und Wohlstand in ganz Europa zu festigen. Um positive Anreize
zu setzen für Kandidatenländer, die echte demokratische Reformen umsetzen,
setzen wir uns für sichtbare Zwischenschritte im Beitrittsprozess ein. Parallel
werden wir die EU reformieren, um sie handlungsfähiger zu machen. Und wir müssen
die europäische Demokratie mit ihrem klaren Wertefundament wehrhaft machen.
Europe United ist auch unsere Antwort auf Trumps America First.
Unsere Grundwerte bilden das Fundament der EU. Wenn Mitgliedstaaten dagegen
verstoßen, kann das nicht folgenlos bleiben. Wir wollen das
Rechtsstaatsverfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags nutzbar machen, indem in
allen Stufen des Verfahrens Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit getroffen
werden können. Den Rechtsstaatsdialog möchten wir stärken sowie die Freiräume
der Zivilgesellschaft gezielter und europaweit schützen. Für uns gilt außerdem:
keine EU-Gelder für Antidemokrat*innen. Wir setzen uns im Rahmen der
Verhandlungen über den Mehrjährigen Finanzrahmen für strengere Regeln ein, um so
über den bestehenden Konditionalitätsmechanismus hinaus Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit in allen Mitgliedstaaten zu sichern.
Um die EU bürgernäher und demokratischer zu gestalten, soll das Europäische
Parlament ein vollwertiges Initiativrecht für die Einbringung von Gesetzen
bekommen und in allen Politikfeldern mit dem Rat gleichberechtigt Gesetze
beschließen. In Zukunft soll ein Teil der Abgeordneten über transnationale
Listen gewählt werden. Bürger*innen sollen breiter und effektiver beteiligt
werden. Dafür wollen wir die Europäische Bürgerinitiative und Europäische
Bürger*innenforen stärken.
Für eine handlungsfähige EU
Die Erweiterung der EU ist eine Erfolgsgeschichte und liegt in unserem
geopolitischen Interesse. Wir unterstützen den Beitrittswunsch der
Westbalkanstaaten, der Ukraine, Moldaus und der Georgier*innen, sofern alle
Beitrittskandidaten die notwendigen Kriterien erfüllen. Wir sehen den mutigen
und unermüdlichen Einsatz der proeuropäischen, demokratischen Kräfte z.B. in
Georgien, Serbien und anderen Ländern mit Beitrittsperspektive. Wir unterstützen
solche Initiativen, die zentral sind, um diesen Ländern eine Zukunft in der EU
zu ermöglichen. Kandidatenländer und enge EU-Partner wie Armenien unterstützen
wir in ihrem Kampf gegen Destabilisierung durch Russland und anderen
Bedrohungen. Auch eine demokratische Türkei hat ihren Platz in der EU, doch eine
Wiederaufnahme der Beitrittsgespräche setzt einen glaubhaften Kurswechsel bei
Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Minderheitenschutz voraus. Wir wollen die
vielfältigen Beziehungen zwischen der Türkei, Deutschland und Europa stärken und
die türkische Zivilgesellschaft unterstützen.
Mit dem Ziel einer starken, handlungsfähigeren EU möchten wir die laufende
Legislatur zu einer Reformlegislatur machen. Dafür soll das Prinzip der
Einstimmigkeit in allen Politikbereichen – auch in der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik – durch Mehrheitsentscheidungen ersetzt werden. Wo Reformen
mit allen Mitgliedstaaten nicht möglich sind, wollen wir im Rahmen der in den
EU-Verträgen festgelegten "Verstärkten Zusammenarbeit" vorangehen die stets
offen für alle Mitgliedsländer ist. Besonders mit Frankreich und Polen wollen
wir die EU gemeinsam voranbringen. Deshalb haben wir so stark in die deutsch-
französische Kooperation und das Weimarer Dreieck investiert. Eine Reihe der
Reformvorschläge, für die wir eintreten, bedarf einer Änderung der EU-Verträge.
Deswegen wollen wir uns dafür einsetzen, einen Verfassungskonvent einzuberufen.
Unsere Vision ist eine Föderale Europäische Republik mit eigener Verfassung.
Nur ein starkes Europa ist in der Lage, der Wirtschaft im globalen Wettbewerb
den Rücken zu stärken und damit gute Jobs zu sichern. Für die dringend
benötigten Investitionen in Infrastruktur und den klimaneutralen Ausbau der
europäischen Wirtschaft muss der nächste EU-Finanzrahmen stärker auf Innovation
und auf die Zukunftsfähigkeit der europäischen Wirtschaft ausgerichtet werden.
Europäische öffentliche Güter wie Infrastruktur, Erasmus und andere Austausch-
und Bildungsprogramme, Forschungskooperationen oder eine gemeinsame europäische
Asylpolitik werden wir stärken. Außerdem braucht es verbindliche Ziele für den
Klima- und Naturschutz, eine starke soziale Säule sowie Investitionen in den
wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt, die europäische Resilienz und
internationale Zusammenarbeit. Für zivilgesellschaftliche Akteure und
Unternehmen muss es einfacher werden, auf EU-Fördermittel zuzugreifen.
Dafür braucht es aber auch mehr Finanzkraft auf europäischer Ebene. Wir wollen
die finanzielle Ausstattung der EU durch ein Anwachsen des EU Finanzrahmens und
neue Eigenmittel verbessern. Einnahmen, die durch europäische Instrumente
entstehen, sollen mehrheitlich dem EU-Haushalt zugutekommen. Sollten die USA die
globalen Vereinbarungen über die Besteuerung digitaler Großkonzerne nicht mehr
umsetzen, setzen wir uns in der EU für eine Europäische Digitalkonzernsteuer
ein. Investitionen mit höchster Priorität für unsere Sicherheit, unseren
Wohlstand, den sozialen Frieden und den Klimaschutz wollen wir mit den
Mitgliedstaaten unter Einbeziehung aller Finanzierungsoptionen gemeinsam
stemmen. Für die Bewältigung großer Herausforderungen haben sich auch gemeinsame
europäische Anleihen bewährt, etwa im Rahmen der Europäischen Investitionsbank.
D. Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik in Verantwortung
Für eine aktive Außenpolitik
Als Teil der Bundesregierung haben wir in schwierigen Zeiten Verantwortung
übernommen, sind daran gewachsen und stehen bereit, diese weiterhin zu tragen.
Dieser Verantwortung werden wir mit einer aktiven Außenpolitik in starken
Bündnissen gerecht – für ein starkes Deutschland, in einem friedlichen Europa,
in einer stabilen Welt.
Die EU ist Garantin für Frieden und Freiheit, Wohlstand und Demokratie. Die EU
als weltpolitische Akteurin steht im Zentrum unserer Außenpolitik. Denn wir
haben ein stärkeres Gewicht auf der internationalen Bühne, wenn wir mit unseren
europäischen Partnern geeint auftreten und mit einer Stimme sprechen. Gemeinsam
stehen wir an der Seite der Ukraine – so lange und so entschlossen, bis die
Ukrainer*innen wieder in Frieden leben können. Frieden ist mehr als die
Abwesenheit von Krieg. Frieden ist ein Leben in Freiheit, Sicherheit und Würde.
Wir wollen Verantwortung dafür übernehmen, eine dauerhaft stabile
Friedensordnung in Europa zu gestalten und dabei insbesondere die an Russland
grenzenden Partnerländer berücksichtigen.
Putins Russland stellt derzeit die größte Bedrohung für Frieden und Sicherheit
in Europa dar. Es braucht eine neue strategische Auseinandersetzung mit diesem
autoritären und zunehmend totalitären Russland von heute. Das gewaltsame
Verschieben von Grenzen darf nicht erfolgreich sein. Denn wenn sich die
imperialen Bestrebungen eines Aggressors gegenüber dem Völkerrecht durchsetzen,
ist auch der Frieden weltweit in Gefahr. Wir setzen auf wirtschaftliche und
sicherheitspolitische Maßnahmen, die Russlands militärischen Sieg verhindern,
den ökonomischen Druck auf das Regime erhöhen und unsere eigene
Handlungsfähigkeit wahren. Wir setzen uns dafür ein, dass die Sanktionen gegen
Russland zur Eindämmung der Aggression ausgeweitet werden, etwa auf die
Atomwirtschaft. Gegen Sanktionsverletzungen müssen die EU und ihre
Mitgliedstaaten entschieden vorgehen und dabei auch internationale Partner in
die Pflicht nehmen. Darüber hinaus wollen wir prüfen, inwieweit neben den
Erträgen auch die stillgelegten russischen Vermögenswerten rechtssicher für die
Unterstützung der Ukraine nutzbar gemacht werden können. Wir reichen denjenigen
Russ*innen die Hand, die sich als Teil der demokratischen Zivilgesellschaft
glaubwürdig für ein Ende des Kriegs, für Frieden und Freiheit einsetzen. Auch
die belarusische Demokratiebewegung werden wir vor Ort und im Exil in ihrem
Kampf gegen die Lukaschenka-Diktatur bestmöglich unterstützen.
Die USA sind Europas zentraler Partner bei globalen Krisen und Konflikten. Trotz
aller Unterschiede und Unsicherheiten hinsichtlich der künftigen Ausrichtung der
USA verbinden uns gemeinsame Werte, Interessen sowie tiefe kulturelle,
historische und gesellschaftliche Bande. Auch zukünftig werden wir für die USA
ein verlässlicher Verbündeter bleiben. Gleichzeitig müssen wir die europäische
Souveränität stärken, geschlossen und entschlossen für unsere Werte und
Interessen einstehen und politische Differenzen ehrlich und offen ansprechen.
Wir bleiben fest in unseren Bündnissen verankert. Zugleich sind wir auf
vielfältige und starke Partnerschaften angewiesen – vor allem im Globalen Süden.
Wir wollen unsere Zusammenarbeit mit Ländern in Asien, Afrika, Lateinamerika und
Nahost gezielt ausbauen und um Partnerschaften basierend auf gegenseitigem
Vertrauen und Transparenz sowie gemeinsamen Interessen werben. So gewinnen wir
auch Verbündete für die Reform des multilateralen Systems, für den Einsatz für
Menschenrechte weltweit, für globale Herausforderungen wie den Kampf gegen den
Klimawandel und in der systemischen Auseinandersetzung mit autoritären Regimen.
China versucht zunehmend aggressiv, das internationale System nach seinen
Interessen umzubauen und den militärischen Druck in der Straße von Taiwan zu
erhöhen. Für uns ist China systemischer Rivale, Wettbewerber und Partner, doch
die Rivalität rückt immer mehr in den Fokus Pekings. Mit der ersten China-
Strategie der Bundesregierung haben wir begonnen, die jahrelange Naivität in der
deutschen China-Politik zu beenden – diese gilt es nun konsequent gemeinsam mit
unseren europäischen Partnern umzusetzen und weiterzuentwickeln. Dazu zählt auch
das sogenannte De-Risking: wir wollen einseitige und risikoreiche Abhängigkeiten
von China abbauen und unsere Handelsbeziehungen breiter aufstellen, um
wirtschaftliche Stabilität und politische Handlungsfreiheit langfristig zu
gewährleisten. Wir stärken unsere Zusammenarbeit mit Partnerstaaten im
Indopazifik, insbesondere in den Bereichen Sicherheit, Handel, Klima,
Wissenschaft und Technologie. Im Rahmen der Ein-China-Politik betrachten wir
Taiwan als wichtigen demokratischen Wertepartner und wollen den Austausch
intensivieren. Eine Änderung des Status quo in der Taiwan-Straße darf nicht
gegen den Willen Taiwans erfolgen.
Unsere Außenpolitik steht im Bewusstsein für unsere Geschichte und die
Verantwortung, die unser Land mit dem Grauen des Zweiten Weltkriegs und dem
Holocaust auf sich geladen hat. Das Existenzrecht Israels ist für uns
unverhandelbar. Daraus folgt das Recht Israels, sich im Rahmen des Völkerrechts
gegen Angriffe zu verteidigen. Wir stehen ein für die Sicherheit von Israelis
und Palästinenser*innen.
Die anhaltende Bedrohung des Staates Israels sowie die Angriffe und den Terror
gegen seine Bevölkerung verurteilen wir. Dauerhafte Sicherheit für Israelis und
Palästinenser*innen ist nur durch einen politischen Prozess und eine verhandelte
Zwei-Staaten-Lösung auf Basis der Grenzen von 1967 möglich. Dafür setzen wir uns
ein. Deswegen verurteilen wir auch Siedlungsbau und Annexionspläne der
israelischen Regierung, die gegen das Selbstbestimmungsrecht der
Palästinser*innen verstoßen, sowie Siedlergewalt.
Aus unserer Geschichte ergibt sich auch die Verantwortung, für das humanitäre
Völkerrecht einzutreten, um menschliches Leid zu verhindern und Warnsignale
ernst zu nehmen. Deswegen haben wir uns so intensiv dafür eingesetzt, dass die
von der Hamas festgehaltenen Geiseln befreit werden, die Zivilbevölkerung
geschützt wird, die humanitäre Hilfe die Menschen erreicht und es zu einem
Waffenstillstand kommt. Das Leid in Gaza ist unerträglich. Zu viele
Zivilist*innen haben ihr Leben verloren, was auch Teil des zynischen Kalküls der
Hamas war, deren Kämpfer sich unter den Zivilist*innen versteckt hatten. Der
Bevölkerung fehlt es trotz intensiver Bemühungen von UN- und Hilfsorganisationen
an fast allem, was es zum Leben braucht. Weite Teile von Gaza liegen in
Trümmern.
Die Vereinbarungen zu einem Waffenstillstand sind eine Erleichterung, sie bieten
eine Chance auf Verbesserung der humanitären Lage und müssen nun vollumfänglich
umgesetzt werden, damit das Leid auf beiden Seiten endlich ein Ende finden kann.
Auch im Libanon bietet sich nach Jahren der Krise ein Moment der Chance für
Reformen und Veränderungen. Wir setzen uns weiter für die konsequente Umsetzung
von Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrats und eine Stabilisierung des Libanon
ein. Jedes Menschenleben ist gleich viel wert. Menschlichkeit ist unteilbar.
Israel muss sich und seine Bürger*innen gegen den Terror der Hamas sowie die
Raketen des iranischen Regimes und seinen Stellvertretern in der Region
verteidigen können. Doch das ist kein Blankoscheck für Rüstungsexporte. Bei
jeder Entscheidung über Rüstungsexporte ist das humanitäre Völkerrecht zu
beachten. Wenn dem Schutz der Zivilbevölkerung nicht genug Rechnung getragen
ist, dürfen im Einzelfall solche Waffen nicht exportiert werden.
Das Assad-Regime ist für Jahrzehnte von Unterdrückung, Folter, Mord und
Vertreibung verantwortlich. Diese dunkle Phase der syrischen Geschichte endet
mit seinem Fall. Viele Syrer*innen hoffen nun auf ein Leben in Frieden und
Freiheit. Auf diesem Weg unterstützen wir sie, im Rahmen der EU und der UN: für
einen friedlichen und demokratischen Transformationsprozess, der alle
Syrer*innen, gleich welchen Glaubens, welcher Ethnie und welchen Geschlechts am
politischen Prozess beteiligt, ihnen Rechte gewährt und Schutz bietet. Dabei
müssen alle Bevölkerungsgruppen inklusive Kurden, Jesiden, Drusen, Alawiten und
Christen berücksichtigt werden. Um einen solchen Prozess zu ermöglichen,
erwarten wir von den Nachbarstaaten, das Selbstbestimmungsrecht, die
Souveränität und territoriale Integrität Syriens zu achten.
Für eine friedliche und inklusive Zukunft Syriens ist es wichtig, dass schwerste
Menschenrechtsverletzungen aufgearbeitet werden. Kriegsverbrechen und Verbrechen
gegen die Menschlichkeit müssen - auch in Deutschland nach dem Weltrechtsprinzip
– aufgearbeitet und Täter zur Rechenschaft gezogen werden.
Wir werden unseren Beitrag leisten, damit Syrien ein stabiles, freies und
friedliches Land wird, in das Menschen, die bei uns Zuflucht gefunden haben,
sicher und selbstbestimmt zurückkehren können. Dazu gehört, dass wir weiter
humanitäre Hilfe leisten, den Wiederaufbau fördern und bestehende EU-
Wirtschaftssanktionen abbauen, um einen Neuanfang in Syrien und nachhaltige
Stabilität in der Region zu unterstützen. Wir bieten den Menschen, die in den
letzten Jahren bei uns Zuflucht gefunden haben, eine verlässliche Perspektive.
Viele wollen aktiv bei diesem Wiederaufbau mitwirken. Wir unterstützen sie
dabei, indem wir bürokratische Vorgaben reduzieren, die ihnen dabei bisher im
Wege stehen, ohne dass sie in der derzeitig noch volatilen Lage ihren
Aufenthaltstitel verlieren. Denn noch ist völlig unklar, in welche Richtung sich
Syrien entwickelt. In dieser unklaren Lage, halten wir die übereilten
Forderungen nach Rückführungen für falsch.
Das iranische Regime begeht massive Menschenrechtsverletzungen im eigenen Land
und destabilisiert die ganze Region, unter anderem durch Stellvertreter wie
Hisbollah, Hamas und die Huthis. Wir werden die Sanktionen gegen die
Verantwortlichen des Regimes fortlaufend prüfen und weiterentwickeln sowie ihre
Einhaltung streng überprüfen. Ziel unserer Sanktionspolitik ist es, den
iranischen Machtapparat zu treffen, nicht die Menschen im Iran. Deswegen setzen
wir uns weiter für die rechtssichere Terrorlistung der Revolutionsgarden auf EU-
Ebene ein und unterstützen die iranische Zivilgesellschaft. Es braucht zudem
weiter gemeinsame diplomatische Anstrengungen, um die Freilassung der politisch
Gefangenen zu bewirken und die nukleare Bewaffnung des Irans zu verhindern.
Dabei wollen wir die Lehren aus den Verhandlungen um das JCPoA ziehen.
Der Krieg in Sudan hat zu einer der größten humanitären Krisen unserer Zeit
geführt. Gemeinsam mit unseren Partnern setzen wir uns dafür ein, dass die
Konfliktparteien an den Verhandlungstisch zurückkehren und humanitären Zugang
ermöglichen. Nur so kann die Hungersnot beendet werden. Wir leisten humanitäre
Hilfe, unterstützen zivilgesellschaftliche Akteur*innen und nutzen die uns im
Rahmen der EU zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, um die externe
Unterstützung der Konfliktparteien einzudämmen.
Wir setzen uns für eine vorausschauende und kohärente Außen-, Sicherheits- und
Entwicklungspolitik ein, die Krisen und Konflikte frühzeitig erkennt und mit
gezielten und koordinierten Maßnahmen menschliches Leid verhindert. Grundlage
dafür sind ein ressortgemeinsames Lagebild und Lagezentrum über die Bedrohungen,
Risiken und Chancen für unsere Sicherheit, wirkungsorientierte Strategien sowie
eine starke ressortübergreifende Koordination.
Wir wollen ein Zentrum für strategische Vorausschau schaffen, das mit Blick auf
die Herausforderungen einer umfassenden Sicherheitspolitik und breiter Expertise
aus unterschiedlichsten Bereichen Zukunftsszenarien entwickelt und aus diesen
Handlungsmöglichkeiten ableitet. Mit modernen Formen der Beteiligung sollen
zudem Impulse von Bürger*innen aufgenommen und Raum für Debatte geschaffen
werden.
Für einen zukunftsfesten Multilateralismus
Die regelbasierte internationale Ordnung ist das Fundament unseres Friedens. Die
multilaterale Zusammenarbeit und starke internationale Organisationen sind der
Schlüssel zur Bewältigung globaler Herausforderungen. Diese Ordnung gerät
zunehmend unter Druck: Verstöße gegen die gemeinsamen Regeln nehmen zu,
Abschottung und Protektionismus sind auf dem Vormarsch. Wir treten ein für eine
Welt, in der sich Kooperation vor Konkurrenz und Krieg behauptet und die Stärke
des Rechts über das Recht des Stärkeren triumphiert.
Mit dem UN-Zukunftspakt haben wir den Grundstein für eine Reform der UN gelegt.
Dazu gehört eine Reform des Sicherheitsrats, mit der wir eine gerechtere
Repräsentation der Weltregionen gewährleisten wollen. Wir wollen diese
Vereinbarungen nun gemeinsam mit den UN-Mitgliedstaaten umsetzen. Bei
anhaltenden Blockaden im Sicherheitsrat setzen wir uns dafür ein, die
Möglichkeiten der UN-Generalversammlung gemäß der Resolutionen "Uniting For
Peace" und "Veto Initiative" nutzbar zu machen und so die Handlungsfähigkeit der
internationalen Gemeinschaft zu verbessern. Zudem wollen wir uns als Teil einer
digitalen Außenpolitik in der UN und in internationalen Foren aktiv für ein
globales, offenes und selbstverwaltetes Internet sowie für den
verantwortungsvollen Umgang mit Künstlicher Intelligenz einsetzen.
Mehr Verantwortung in den UN erfordert von Deutschland und der EU, ihr
Engagement diplomatisch, finanziell und personell weiter zu verstärken. Mittel
für humanitäre Hilfe sollen flexibler eingesetzt, mehrjährig vergeben, und enger
mit entwicklungspolitischen Maßnahmen verzahnt werden, um Herausforderungen in
fragilen Kontexten gerecht zu werden, die Planbarkeit zu verbessern und Krisen
nachhaltig vorzubeugen. Während die UN eine unverzichtbare Rolle in der
humanitären Hilfe einnehmen, wollen wir auch lokale humanitäre Organisationen
weiter stärken. Durch humanitäre Diplomatie tragen wir dazu bei, dass die Hilfe
bei der notleidenden Bevölkerung ankommt und Helfer*innen geschützt sind.
Aus unserer historischen Verantwortung für die Verbrechen der Nazi-Herrschaft
sowie der Kolonialvergangenheit ergibt sich für uns eine besondere Verpflichtung
zum Schutz des Völkerrechts. Als internationale Gemeinschaft tragen wir
Verantwortung, gegen schwerste Menschenrechtsverletzungen vorzugehen und diese
strafrechtlich zu ahnden. Deswegen wollen wir die internationale
Strafgerichtsbarkeit und das Völkerstrafrecht stärken und seine Fortentwicklung
aktiv vorantreiben. Wir stehen unverbrüchlich hinter dem Internationalen
Strafgerichtshof und seinem Auftrag, Verantwortliche für Verbrechen gegen das
humanitäre Völkerrecht und das Völkerstrafrecht zur Verantwortung zu ziehen.
Denn niemand steht über dem Völkerrecht - es gilt überall. In enger Abstimmung
mit unseren internationalen Partnern setzen wir uns für die strafrechtliche
Verfolgbarkeit des Verbrechens der Aggression und eine entsprechende Reform des
Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs ein.
Für Menschenrechte und demokratische Entwicklung
Eine starke Zivilgesellschaft ist das Rückgrat einer wehrhaften Demokratie und
eines nachhaltigen Friedens. Menschen, die sich weltweit für eine nachhaltige
Entwicklung, Demokratie, Frauen- und Menschenrechte einsetzen, geraten zunehmend
unter Druck. Autoritäre Regime und autokratische Tendenzen schränken die
Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit ein, unterdrücken zivilgesellschaftliches
Engagement, gefährden Aktivist*innen und verfolgen Dissident*innen – auch im
Ausland und im digitalen Raum. In dieser systemischen Auseinandersetzung setzen
wir uns entschlossen für die liberale Demokratie ein und machen uns dafür stark,
dass Menschenrechte in allen Bereichen konsequent umgesetzt werden. Dadurch
stärken wir auch unsere Sicherheit, unsere Freiheit und unseren Wohlstand.
Wir wollen zivilgesellschaftliche Organisationen in ihrem Kampf für
Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit gezielt und unkompliziert unterstützen.
Dazu gehören auch Schutzprogramme für verfolgte Menschenrechtsverteidiger*innen,
Journalist*innen, Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und Studierende vor Ort
oder notfalls im Exil. Auch Deutschland ist ein sicherer Zufluchtsort für viele
Verfolgte. Wir wollen die Aufnahme von besonders gefährdeten Aktivist*innen
durch humanitäre Visa und beschleunigte Verfahren weiter unterstützen sowie den
Schutz vor transnationaler Repression durch gemeinsame europäische Ermittlungen
und Sanktionen gegen die Verantwortlichen verbessern.
Gerade in Krisenzeiten kann Kultur Brücken bauen und gegenseitiges Verständnis
fördern. Deswegen wollen wir Mittlerorganisationen der auswärtigen Kultur- und
Bildungspolitik stärken und internationale Forschungskooperationen interessen-
und wertegeleitet ausbauen. Deutschland hat eine immerwährende Verantwortung
gegenüber den Ländern und Menschen, die unter der Besatzung und den Verbrechen
des Nationalsozialismus unermessliches Leid erfahren haben. Mit ehemaligen
deutschen Kolonien wie Namibia haben wir unter Einbeziehung der Nachfahren der
Opfer den Versöhnungs- und Aufarbeitungsprozess vorangetrieben. Diese Schritte
werden wir konsequent fortführen. Dabei möchten wir gemeinsame Wege finden,
Verantwortung für unsere Vergangenheit zu übernehmen und in einem
völkerrechtlichen Rahmen ideele und materielle Wiedergutmachung zu leisten.
Gleichberechtigung macht Gesellschaften friedlicher, gerechter, resilienter und
wirtschaftlich erfolgreicher. Menschen stehen im Zentrum einer feministischen
Außen- und Entwicklungspolitik. Eine solche Politik identifiziert ungerechte
Machtstrukturen, benennt sie und hat zum Ziel sie zu durchbrechen. Sie bedeutet,
die Rechte, Ressourcen und Repräsentation von Frauen, Mädchen und
marginalisierten Gruppen weltweit zu stärken und alle Diskriminierungsformen,
auch Mehrfachdiskriminierungen, abzubauen. Wir wollen unseren Einsatz gegen
sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt verstärken, Überlebende besser
unterstützen, die Umsetzung der Istanbul-Konvention sowie den Schutz von queeren
Menschen vor Diskriminierung und Gewalt weltweit vorantreiben,
Geschlechtergerechtigkeit in allen Projekten der internationalen Zusammenarbeit
stärker verankern, mehr Mittel für Frauen- und Menschenrechtsorganisationen
bereitstellen. Denn wie stark Frauen an der Gesellschaft teilhaben ist ein
Gradmesser für die Stärke von Gesellschaften.
Das sehen wir insbesondere in den Ländern, in denen Frauenrechte mit Füßen
getreten werden – wie in Afghanistan, im Iran oder unter der
Schreckensherrschaft des sogenannten Islamischen Staates (IS). Wir setzen uns
weiterhin für die Rechte und Unterstützung von Frauen und marginalisierten
Gruppen in Afghanistan ein, die seit der Machtergreifung der Taliban schwersten
Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind. Solange die De-facto Regierung ihren
internationalen Menschenrechtsverpflichtungen nicht nachkommt, kann es keine
Rückkehr in die internationale Gemeinschaft geben. Außerdem stehen wir an der
Seite der feministischen Protestbewegung im Iran und wollen Jesid*innen, die
besonders schlimmes Leid und Vertreibung durch den IS erfahren haben, weiter
schützen. Wir fordern die Innenminister*innen der Länder dazu auf, einen
bundesweiten Abschiebestopp in den Iran und von Jesid*innen zu beschließen.
Für die Sicherheit und Frieden in Europa und der Welt
Unsere Sicherheit ist eingebettet in der EU und der NATO. Wir stärken den
europäischen Pfeiler der NATO. Deutschland und Europa müssen unabhängig von der
US-Politik mehr Verantwortung für ihre Sicherheit und darüber hinaus übernehmen.
Das können wir wirksamer und kosteneffizienter bewerkstelligen, je enger wir in
der EU zusammenarbeiten.
Wir stehen zu unseren Bündnisverpflichtungen und dem damit verbundenen
notwendigen Ausbau unserer Fähigkeiten. Die sicherheitspolitische Lage und der
Rückstand der deutschen Fähigkeiten zur Gesamtverteidigung machen das besonders
dringlich. Dafür braucht es verlässliche Finanzierung mit einem
Verteidigungsetat, der dauerhaft die in der NATO vereinbarten und auch national
definierten Ziele und Bedarfe erfüllt und dafür dauerhaft deutlich mehr als 2
Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Sicherheit und
Verteidigungsfähigkeit investiert. Dieser wird nicht allein aus laufenden
Einnahmen finanzierbar sein, sondern wird mittelfristig auch über eine höhere
Kreditaufnahme finanziert werden müssen, um zu verhindern, dass Investitionen im
Verteidigungsbereich zu Lasten anderer notwendiger Zukunftsinvestitionen gehen.
Wie zu Zeiten der Eurokrise und der Pandemie braucht es auch auf europäischer
Ebene eine gemeinsame finanzielle Kraftanstrengung zur Friedenssicherung in
Europa, wie es die Europäische Kommission vorgeschlagen hat. Damit wollen wir
auch europäische Synergieeffekte nutzen.
Es ist in unserem Interesse, auch global für Frieden und Stabilität zu wirken
und menschliche Sicherheit in den Fokus zu rücken. Dabei setzen wir auf zivile
Krisenprävention und Konfliktbearbeitung, die eng mit unseren europäischen
Partnern abgestimmt ist. Die Fähigkeiten von zivilgesellschaftlichen Akteuren,
der EU und UN, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
(OSZE) sowie von Regionalorganisationen wie der Afrikanischen Union wollen wir
dahingehend bedarfsorientiert und systematisch stärken. Zur besseren
Koordination unserer entwicklungs- sicherheits- und friedenspolitischen
Maßnahmen, wollen wir diplomatische Kapazitäten in den Auslandsvertretungen
gezielt aufstocken.
Gerade in diesen Zeiten, in denen einige wenige wieder mit dem Einsatz von
Atomwaffen drohen, ist es entscheidend, dass wir Abrüstungsinitiativen und
Rüstungskontrollen vorantreiben. Nur mit gemeinsamen Abrüstungsschritten
schaffen wir dauerhaft mehr Sicherheit für alle und wahren Frieden und
Stabilität. Dieser Einsatz ist und bleibt Pfeiler jeder Friedenspolitik.
Das Ziel einer atomwaffenfreien Welt ist durch den aggressiven Imperialismus
Russlands noch wichtiger geworden. Wir werden den Vertrag zur Nichtverbreitung
von Kernwaffen stärken und die Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen
Organisationen sowie Überlebenden von Atomwaffenabwürfen oder -tests ausbauen.
Dass Deutschland dem Atomwaffenverbotsvertrag als Beobachter konstruktiv
begleitet ist ein Erfolg grüner Regierungsbeteiligung und ein erster Schritt auf
dem noch langen Weg zu einem sukzessiven, gemeinsamen Beitritt. Denn echte
Abrüstung und mehr Sicherheit für alle wird es nur geben, wenn alle Staaten
glaubhafte Schritte in diese Richtung gehen. In einer Zeit, in der Putins
Russland bestehende Abrüstungsinitiativen zerstört und mit seinen nuklearen
Fähigkeiten droht, ist die nukleare Teilhabe im Rahmen der NATO eine essentielle
Säule unserer Sicherheit.
Es braucht dringend neue Regeln in den Bereichen autonome Waffen, Cyber und
Weltraum. Entwicklungen in diesen Bereichen verändern grundlegend, wie Kriege
geführt werden. Für uns ist klar: Wir halten die Entwicklung und den Einsatz von
letalen vollautonomen Waffensystemen, die gänzlich ohne menschliche Kontrolle
über Leben und Tod entscheiden, für falsch. Deswegen setzen wir uns intensiv auf
internationaler Ebene für eine Ächtung ein. Den militärischen Einsatz von
Künstlicher Intelligenz wollen wir international regulieren.
Die internationale Rüstungskontrollarchitektur wird in Zeiten von Krieg und
Krisen extrem herausgefordert. Wir stärken die Sicherheit aller Menschen, indem
wir mit unseren Partnern unsere Verpflichtungen zu völkerrechtlichen Verträgen
auch in schwierigen Zeiten aufrechterhalten und die humanitäre und präventive
Rüstungskontrolle weiterentwickeln.
Für eine moderne, verteidigungsfähige Bundeswehr
Die Bundeswehr ist ein Grundpfeiler unserer Wehrhaftigkeit. Als fest in die NATO
integrierte Armee dient sie der Wahrung von Frieden und Stabilität. Angesichts
der veränderten Sicherheitslage in Europa rückt der Kernauftrag der Bundeswehr –
die Landes- und Bündnisverteidigung – wieder ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit.
Es geht wieder darum, unseren Frieden und unsere Sicherheit im äußersten Notfall
auch militärisch verteidigen und potenzielle Aggressoren wirksam abzuschrecken
und von Angriffen abzuhalten. Dies muss einhergehen mit einer gesamtstaatlich
und gesamtgesellschaftlich getragenen Zivilverteidigung und Resilienz.
Auch global wachsen die sicherheitspolitischen Herausforderungen. Unsere
internationale Verantwortung werden wir deshalb auch weiterhin in
internationalen Friedenseinsätzen annehmen. Auslandseinsätze der Bundeswehr
müssen im Rahmen des Völkerrechts und multilateral verankert sowie in ein
politisches Gesamtkonzept eingebettet sein, bei dem diplomatische,
entwicklungspolitische und militärische Maßnahmen ineinandergreifen. Wir wollen
die parlamentarische Mitbestimmung und Kontrolle weiter verbessern und dafür die
Evaluierung von Einsätzen verstetigen. Die Lehren und Empfehlungen der Enquete-
Kommission des Bundestages zu Afghanistan und künftigen vernetzten
Krisenengagements verdienen sorgfältige Berücksichtigung.
Als einer der größten Arbeitgeber der Bundesrepublik hat die Bundeswehr eine
große gesellschaftliche Verantwortung und Fürsorgeverpflichtung für alle, die in
ihr dienen und dienten. Die Prinzipien der Inneren Führung mit dem Leitbild des
Soldaten bzw. der Soldatin als "Staatsbürger*in in Uniform" sowie die
Integration der Bundeswehr in Staat und Gesellschaft sind für uns leitend. Wir
stehen ein für eine Bundeswehr, die die Vielfalt unserer Gesellschaft abbildet
und für alle Menschen ein sicherer Ort ist. Die Rekrutierung Minderjähriger
lehnen wir ab. Auch nach dem Ausscheiden aus dem Dienst muss klar sein: Wer
bereit war, sein Leben für den Frieden einzusetzen, hat unsere Aufmerksamkeit
und Unterstützung verdient.
Um die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr sicherzustellen, muss sie personell
und materiell gut ausgestattet sein. Statt den aus guten Gründen seit 2011
ausgesetzten, allgemeinen Grundwehrdienst wieder einzuführen wollen wir den
freiwilligen Wehrdienst und die Reserve für eine breite Zielgruppe attraktiver
machen und durch gute Lebens- und Arbeitsbedingungen für Soldat*innen Personal
langfristig binden. Neben den notwendigen Investitionen braucht es auch
strukturelle Reformen. Dazu gehören etwa die bessere Vereinbarkeit von Familie
und Beruf, Bürokratieabbau, eine angemessene Ausrüstung und
Fortbildungsmöglichkeiten. Für den potenziellen Verteidigungsfall braucht es
schnelle Rekrutierungsmechanismen – unterstützt durch eine neue Form der
Wehrerfassung, die auch den Zivil- und Heimatschutz stärkt. Darüber hinaus
wollen wir die Kooperation von Streitkräften innerhalb der EU und NATO zur Regel
machen, beispielsweise durch ständige multinationale Einheiten.
Wir wollen unsere Verteidigungsfähigkeit sicherstellen und unsere Bundeswehr
mithilfe einer leistungsfähigen europäischen Rüstungsindustrie gut und modern
ausstatten. Ineffiziente Doppelstrukturen unter EU-Mitgliedstaaten wollen wir
zugunsten gemeinsamer Entwicklung, Produktion und Beschaffung von Rüstungsgütern
abbauen und unsere technologische Souveränität durch den Ausbau europäischer
Produktionskapazitäten stärken. Dafür braucht es finanzielle Anreize, gemeinsame
Investitionen und den politischen Willen, um nationale industriepolitische
Interessen in den Dienst von mehr gemeinsamer Sicherheit zu stellen. Angesichts
der Bedrohungslage ist es leider notwendig, dass wir und viele unserer
Verbündeten weltweit noch mehr in Sicherheit investieren, um uns vor
Aggressionen und Krieg zu schützen. Ein bedarfsorientierter europäischer
Rüstungsmarkt und eine restriktive gemeinsame Exportpolitik sind deshalb zwei
Seiten einer Medaille. Eine verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik trägt zum
Schutz unser Partner bei und verhindert zugleich, dass mit deutschen und
europäischen Waffen Menschenrechte verletzt und autokratische oder diktatorische
Regimes unterstützt werden. Mit diesem Ziel wollen wir klare, transparente und
an Menschenrechten, unseren Werten und Sicherheitsinteressen orientierte
Kriterien für Rüstungsexporte auf nationaler und europäischer Ebene stärker
gesetzlich verankern – mit vorangehenden Risikoanalysen, einklagbaren
Sanktionsmöglichkeiten und Endverbleibskontrollen. Bei jeder
Einzelfallentscheidung muss Deutschland seinen nationalen und internationalen
rechtlichen Verpflichtungen nachkommen.
Für globalen Klimaschutz
Die Klimakrise ist eine der größten Sicherheitsrisiken des 21. Jahrhunderts: Sie
zerstört Lebensgrundlagen, verstärkt Konflikte und zwingt Menschen zur Flucht.
Sie birgt enorme menschliche und wirtschaftliche Kosten. Es ist in unserem
unmittelbaren Interesse, die Klimakrise und ihre Folgen abzumildern.
Viele Staaten haben die Chancen ambitionierter Klimapolitik erkannt: Die
Energiewende und nachhaltige Technologien stabilisieren nicht nur das Klima, sie
schaffen auch massive und nachhaltige wirtschaftliche Wachstumsmöglichkeiten.
Mit konsequenter Klimapolitik hierzulande und effektiver Klimaaußenpolitik
machen wir Deutschland zum Vorreiter und unterstützen gleichzeitig andere
Staaten auf ihrem Weg zu klimaneutralem Wohlstand.
Im Rahmen der Klimakonferenzen haben wir trotz widrigster Umstände erfolgreich
für eine Abkehr von den fossilen Energien gestritten, die Energiewende
beschleunigt und Klimagerechtigkeit entschieden vorangetrieben. Wir haben
gezeigt: Es macht einen Unterschied, wenn Grüne am Verhandlungstisch sitzen.
Diesen Weg wollen wir fortsetzen.
Wir setzen uns dafür ein, dass Deutschland und Europa ihren fairen Beitrag zur
internationalen Klimafinanzierung leisten, entsprechend der Beschlüsse der
internationalen Klimakonferenz COP.
Dafür wollen wir innovative Finanzierungsinstrumente nutzen und gemeinsam mit
unseren Partnern darauf hinwirken, dass Investitionen und Handelsbeziehungen mit
den Zielen der Klimaneutralität und der Agenda 2030 in Einklang gebracht werden.
Wir tragen dazu bei, dass sich multilaterale Banken aus der Finanzierung
fossiler Energieträger zurückziehen. Im Sinne der Klimagerechtigkeit gilt
besondere Unterstützung den vom Klimawandel besonders betroffenen Staaten und
Gemeinschaften, gerade in Afrika und den kleinen Inselentwicklungsstaaten. Dabei
setzen wir uns dafür ein, die Rechte und Beteiligung indigener Völker
ressortübergreifend zu stärken.
Entsprechend der Beschlüsse der Weltnaturkonferenzen und Weltklimakonferenzen
wollen wir globalen Klima- und Biodiversitätsschutz enger miteinander verzahnen.
Wir unterstützen unsere Partner beim Schutz bedeutsamer Ökosysteme, die große
Mengen CO2 einspeichern und schützen so Biodiversität, Klima und unsere
Lebensgrundlagen gleichermaßen.
Wir nutzen die Chancen einer ambitionierten Klimapolitik auch für unsere
Wirtschafts-, Finanz- und Handelspolitik. Dabei setzen wir auf Instrumente wie
die Außenwirtschaftsförderung oder das dichte Netz an Klima-, Energie- und
Entwicklungspartnerschaften mit mittlerweile über 30 Ländern im Globalen Norden
und Süden. Wir setzen uns dafür ein, dass in diesem Rahmen auch
Technologiepartnerschaften mit unseren Unternehmen geschlossen werden. Dazu
gehört, dass Know-how transferiert wird und lokale Produktionskapazitäten
aufgebaut werden, auch um zu verhindern, dass durch andere Kräfte neue, fatale
Abhängigkeiten entstehen. Zugleich wollen wir von Ländern lernen, die uns bei
der dezentralen Energiewende voraus sind. Klimaaußenpolitik kann auch Brücken zu
Partnern bauen, die nicht alle unsere Werte teilen.
Für starke Partnerschaften und internationale Gerechtigkeit
Die großen Herausforderungen unserer Zeit sind global. Wir gehen sie an durch
internationale Partnerschaften in gegenseitigem Interesse: für Klima und
Biodiversität, für globale Gesundheit, für nachhaltigen Wohlstand, für
menschliche Sicherheit und für Menschenrechte. Damit stellen wir nicht zuletzt
ein dringend benötigtes glaubhaftes Gegenangebot zum Einfluss insbesondere
Chinas und Russlands.
Wir stehen zu unserer historisch gewachsenen Verantwortung für die ärmsten
Länder und der Verwirklichung sowie Weiterentwicklung der Agenda 2030 für
nachhaltige Entwicklung. Es braucht einen Endspurt und ambitionierte Folgeziele.
Unser Ansatz dafür ist feministisch, inklusiv und dekolonial. Wir wollen eine
eigenständige Entwicklungspolitik, die strukturelle Ungerechtigkeiten abbaut und
weltweit gleichberechtigte Partnerschaften gestaltet. Dazu gehört auch ein
Entwicklungsministerium, das verstärkt mit zivilgesellschaftlichen Akteuren und
der Diaspora kooperiert sowie eine starke, partizipativ orientierte
entwicklungspolitische Informations- und Bildungsarbeit im Inland.
Wir unterstützen Länder des Globalen Südens bei ihrem Streben nach gerechter
Repräsentation in internationalen Organisationen – nur so bleiben multilaterale
Foren zukunftsfähig. Reformen bei den internationalen Finanzinstitutionen
treiben wir voran und gestalten Handelsabkommen fair und nachhaltig. Wir setzen
uns für regelbasierte und gesetzlich flankierte Verfahren zur
Schuldenrestrukturierung und Schuldenerlasse für besonders belastete Länder ein,
um ihre Autonomie und Handlungsfähigkeit zu stärken. Daran arbeiten wir
gemeinsam mit Partnern in der EU, den G20 und G7, internationalen
Organisationen, dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft.
Wir wollen das Recht auf Wasser und Nahrung verwirklichen. Dafür fördern wir
beispielsweise agrarökologische Ansätze, beenden den Export von Pestiziden und
Pestizidwirkstoffen, die bei uns aufgrund von Umwelt- und Gesundheitsrisiken
nicht zugelassen oder verboten sind, schützen Landrechte von Kleinbäuer*innen
und unterstützen wirksame Mechanismen gegen exzessive Finanzmarktspekulationen
mit Wasser, Land und Lebensmitteln. Die Covid-19-Pandemie und weltweit
zunehmende Antibiotikaresistenzen zeigen, dass Gesundheit globale und
vorausschauende Zusammenarbeit erfordert. In diesem Sinne wollen wir
Partnerländer im Aufbau ihrer Gesundheitssysteme unterstützen, die
Weltgesundheitsorganisation stärken und ein internationales Pandemieabkommen
vorantreiben. Alle Menschen sollen Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten,
Impfstoffen und Tests erhalten. Deswegen fördern wir aktiven Technologie- und
Wissenstransfer sowie das Teilen von geistigem Eigentum wo nötig, um diese
Gesundheitsprodukte kosteneffizienter und bedarfsgerechter zu produzieren. Wir
unterstützen den Aufbau sozialer Sicherungssysteme als nachhaltiges Instrument
gegen Armut.
Wir setzen uns dafür ein, dass Deutschland seine internationalen Zusagen einhält
und mindestens, die in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (OECD) und den Vereinten Nationen vereinbarte Quote von 0,7 Prozent
des Bruttonationaleinkommens in Entwicklungszusammenarbeit investiert und davon
0,2 % für die sogenannten am wenigsten entwickelten Länder zur Verfügung stellt.
Darüber hinaus stellen wir zusätzliche Mittel für die internationale Klima- und
Biodiversitätsfinanzierung bereit und setzen uns für ambitionierte neue
Finanzierungsziele für die Verwirklichung der Agenda 2030 ein. Um zur Deckung
des massiven Investitionsbedarfs beizutragen, wollen wir zusätzliche Mittel
mobilisieren und dafür auch den deutschen Entwicklungsbanken einen verstärkten
Zugang zum Kapitalmarkt ermöglichen, insbesondere durch die Erhöhung des
Gewährleistungsrahmens des Bundes. Dabei wollen wir wirksame Anreize setzen, um
neben öffentlichen Geldern auch private Mittel zu mobilisieren.
Wirkungsorientierung und Kohärenz sind der Anspruch unseres gesamten
internationalen Handelns.