Veranstaltung: | 49. Bundesdelegiertenkonferenz Karlsruhe |
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Tagesordnungspunkt: | EP-FR Was Frieden schützt |
Status: | Beschluss (vorläufig) |
Beschluss durch: | Bundesdelegiertenkonferenz |
Beschlossen am: | 25.11.2023 |
Antragshistorie: | Version 2 |
C – Was Frieden schützt
Beschlusstext
Der russische Angriffskrieg auf unseren europäischen Nachbarstaat Ukraine hat gezeigt:
Frieden und Freiheit, Sicherheit und Menschenrechte sind keine Selbstverständlichkeit. Sie
müssen immer wieder aufs Neue verteidigt und gestärkt werden. Moskau hat das Friedensprojekt
Europäische Union herausgefordert. Wir unterstützen unsere ukrainischen Freund*innen, die
sich dieser Herausforderung mit allen Kräften stellen – und halten gemeinsam stand.
Aber auch über die Ukraine hinaus nehmen die Spannungen weltweit zu. China tritt immer
autoritärer auf, bedroht seine Nachbarn und stellt die regelbasierte internationale Ordnung
infrage. Chinas Konkurrenz mit Demokratien auf der ganzen Welt stellt auch unser Leben und
Wirtschaften vor bedeutende Herausforderungen. In Afrika, Asien und Südamerika fordern
Staaten und Gesellschaften derweil zu Recht, mehr Repräsentanz, faire Mitsprache und einen
gleichwertigen Platz an Verhandlungstischen ein.
Diese Verschiebungen im globalen Machtgefüge fordern die EU heraus. Gemeinsam mit den Folgen
der Pandemie, mit Inflation, Staatsschulden- und Klimakrise machen sie einmal mehr deutlich:
Wir müssen unsere demokratischen Kräfte bündeln, um den Frieden in Europa zu schützen und
einen starken europäischen Beitrag zur Sicherheit Europas und der Welt zu leisten.
Gemeinsam sind wir handlungsfähig. Immer wieder hat die EU bewiesen, wie sehr sie in der
Lage ist, auch international für Frieden, Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit und nachhaltige
Entwicklung zu wirken. Sie hat bewiesen: Man kann Frieden lernen, stabilisieren und zum
Wohle aller gestalten. Das gibt Hoffnung in schwierigen Zeiten: Eine EU, die auf der
Weltbühne selbstbewusst und konstruktiv auftritt und mit einer Stimme spricht, ist imstande,
sich gegen Unfreiheit und Krieg zu behaupten, unsere Interessen und Werte zu verteidigen,
Einflussnahme von außen abzuwehren, Zukunft und Frieden zu gestalten – und das Leben der
Menschen spürbar zu verbessern. Dieses Europa bietet weltweit Perspektiven für politische
und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung – und damit ein dringend benötigtes Gegenangebot
zum Einfluss insbesondere Chinas und Russlands.
Das ist unsere Perspektive, das ist unser politischer Auftrag: die globale
Handlungsfähigkeit der EU zu verteidigen und zu stärken. Als viele noch von „Wandel durch
Handel“ träumten, haben GRÜNE davor gewarnt, dass autokratische Regime wie Russland im
Zweifelsfall gegen das Interesse ihrer eigenen Bürger*innen handeln, um ihre imperialen
Ziele mit Gewalt durchzusetzen. Wir treten deshalb für ein souveränes und selbstbewusstes
Europa ein, das nicht abwartet, sondern das Heft des Handelns in die Hand nimmt; ein Europa,
das sich aus seinen Abhängigkeiten löst und global Verantwortung übernimmt. Eine
handlungsfähige EU, die auf eigenen Beinen steht, ist der beste Schutz gegen all jene
Kräfte, die Isolation und Ausgrenzung heraufbeschwören, innerhalb und außerhalb des
europäischen Bündnisses. Die EU kann dabei ihre Interessen vor allem dann effektiv
durchsetzen, wenn sie zugleich ihre Werte in den Mittelpunkt stellt – der oft behauptete
Widerspruch ist keiner.
Frieden und Freiheit erwachsen nicht aus Abschottung, sondern aus einem wertegeleiteten und
fairen Umgang mit unseren Partnerinnen und Partnern. Das wichtigste Forum dafür sind die
Vereinten Nationen (UN) und ihre Organisationen, die wir stärken sowie gerechter und
repräsentativer gestalten wollen. Sie sind der beste Weg zu einem Multilateralismus, in dem
die Stärke des Rechts wirkt, nicht das Recht des Stärkeren.
Die EU muss in diesen herausfordernden Zeiten alle Möglichkeiten internationaler
Zusammenarbeit aktiv suchen und alle Kanäle der Kooperation nutzen, um den Frieden zu
wahren, Menschenrechte zu verwirklichen, demokratische Kräfte zu stärken, Konflikten
vorzubeugen und Wohlstand zu fördern. Neben der Stärkung der Beziehung zu ihren Verbündeten
im transatlantischen und transpazifischen Raum muss die EU aktiv um Partnerschaften mit
Ländern des Globalen Südens werben. Orientiert an den Nachhaltigkeitszielen wollen wir
globale Gerechtigkeit fördern. Dabei achten wir auf die Kohärenz unseres politischen
Handelns über alle Politikfelder, wie der Wirtschafts- und Handelspolitik, hinweg..
Oft genug aber sitzen bei Verhandlungen vor allem Frauen nicht mit am Tisch. Das macht es
schwerer, faire und tragfähige Lösungen zu entwickeln. Gesellschaften sind nachweislich
friedlicher und wohlhabender, wenn alle Menschen am politischen, sozialen und
wirtschaftlichen Leben teilnehmen können. Frieden und Sicherheit sind nachhaltiger, wenn
Frauen beteiligt sind. Deshalb setzen wir uns aktiv dafür ein, dass gerade auch Frauen in
der Außenpolitik umfassend und gleichberechtigt vertreten sind.
Das gilt umso mehr, da sich die existenziellste Herausforderung der Menschheit, die Klima-
und Umweltkrise, nur global bewältigen lässt. Europa und die übrigen Industriestaaten haben
durch ihre jahrzehntelangen Emissionen eine besondere historische und zweifache
Verantwortung: Sie müssen im ganz eigenen Interesse selbst schnell klimaneutral werden und
zugleich ärmere Länder auf ihrem Weg zu klimaneutralem und klimaangepasstem Wohlstand
partnerschaftlich unterstützen. Deswegen stellen wir die Klimadiplomatie ins Zentrum unseres
Plans für eine europäische Außenpolitik und damit die Weichen für belastbare Partnerschaften
– Partnerschaften, die Win-Win-Situationen schaffen und sowohl den Menschen in unseren
Partnerländern nützen als auch dabei helfen, unsere Versorgung mit erneuerbaren Energien und
Rohstoffen zu sichern. Eine starke europäische Klimaaußenpolitik bedeutet auch, dass die EU
eine Vorreiterrolle bei der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens einnehmen und weltweit
gemeinsam mit der Privatwirtschaft einen entscheidenden Beitrag zu den nötigen Investitionen
für eine klimagerechte Entwicklung leisten muss. In gleicher Weise muss Europa die globale
Biodiversitätskrise angehen: selbst ambitionierte Ziele verfolgen, Finanzierung
bereitstellen und mobilisieren und die Länder des Globalen Südens bei der Umsetzung ihrer
Ziele unterstützen.
Im äußersten Fall müssen wir im Stande sein, unseren Frieden im Bündnis auch militärisch zu
verteidigen. Dabei bleibt der Einsatz militärischer Gewalt für uns Ultima Ratio. Für die
Verteidigungsfähigkeit der EU ist auch eine gesamtstaatliche und gesellschaftliche Resilienz
unabdingbar. Dafür ist es zentral, Schocks und Störungen im Sinne eines umfassenden
Sicherheitsbegriffs widerstehen zu können. Das umfasst die Erhöhung der Cybersicherheit und
den Kampf gegen Desinformation, die Stärkung von Infrastrukturen sowie von staatlichen und
wirtschaftlichen Versorgungsstrukturen, und die Ertüchtigung des Zivilschutzes. Dies können
wir besser, effizienter und wirkungsvoller tun, wenn wir unsere Sicherheitspolitik
europäisch koordinieren und Informationen schneller und besser austauschen. Wir wollen einen
umfassenden Ansatz europäischer Außenpolitik, der die menschliche Sicherheit in den
Mittelpunkt rückt, auf Vorbeugung und zivile Bearbeitung von Krisen und Konflikten setzt und
aktiv Chancen für Deeskalation sucht. Wer dazu beiträgt, Frieden zu erhalten, beugt der
Notwendigkeit vor, Frieden schaffen zu müssen – so schützt Europa. Der Einsatz für eine
Kultur der Gewaltfreiheit, militärische Zurückhaltung und eine Welt ohne Krieg umfasst als
wichtige Querschnittsaufgabe weit mehr als den Bereich der Außenpolitik. Wir denken
Sicherheit von jedem einzelnen Menschen aus, dessen Würde und Freiheit im Zentrum unserer
Politik stehen. Dieses Verständnis einer vorsorgenden und wertegeleiteten Sicherheitspolitik
ist Teil des europäischen Versprechens.
Dessen Gewicht wiederum wird dort am deutlichsten, wo es Einladung ist und Hoffnung gibt.
Das Streben vieler Ukrainer*innen danach, ihre Freiheit zu behaupten und Teil der
europäischen Familie zu werden, mag von Wladimir Putin mit brutaler Waffengewalt beantwortet
worden sein. Aber es lebt fort und beweist, welche Strahlkraft das europäische Projekt über
die eigenen Grenzen hinaus entfalten kann. Mit der Vorstellung eines gemeinsamen Haus Europa
war der Wunsch verbunden, dass Menschen unterschiedlicher Nationen friedlich unter einem
Dach zusammenleben können. Genau diesem Wunsch hat Russland mit seinem völkerrechtswirdrigen
Angriffskrieg gegen die Ukraine und gegen das ukrainische Selbstbestimmungsrecht eine klare
Absage erteilt. An diesem Wunsch halten wir trotzdem fest. Wir bekennen uns zum Beginn des
ukrainischen Beitrittsprozesses – und verstehen ihn zugleich als Anerkennung der
unermesslichen Leistung, die das Land tagtäglich für unser aller Sicherheit und die
europäischen Werte erbringt.
Das Europa, das wir gestalten wollen, tut genau das. Es schützt und verteidigt die eigenen
Werte. Es behauptet sich – und reicht zugleich anderen selbstbewusst die Hand. An diesem
Europa wollen wir arbeiten. Dieses Europa wollen wir sein.
1. Eine europäische Außenpolitik
Gemeinsam außenpolitisch handeln
Wir benötigen eine starke und souveräne EU, die als weltpolitische Akteurin agieren kann.
Bislang braucht es in der EU-Außenpolitik jedoch immer noch die Zustimmung aller 27
Mitgliedstaaten. Wir setzen uns für eine Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen im Rat ein,
die dabei die Interessen der großen und der kleineren Mitgliedstaaten berücksichtigt. Um das
zu erreichen, wollen wir die bestehenden Möglichkeiten innerhalb der europäischen Verträge
nutzen und setzen uns gleichzeitig für Vertragsänderungen ein.
Unsere Werte und Interessen brauchen eine gemeinsame Stimme der EU – wir wollen die
bestehende Rolle des Hohen Vertreters bzw. der Hohen Vertreterin für die Außen- und
Sicherheitspolitik zu einer europäischen Außenministerin bzw. einem europäischen
Außenminister machen. Auch den Europäischen Auswärtigen Dienst wollen wir personell und
institutionell stärken. Um eine gemeinsame europäische Außenpolitik umzusetzen, braucht es
einen echten europäischen diplomatischen Dienst. Deshalb wollen wir die Europäische
Diplomatische Akademie fest verankern, um Kompetenzen im Bereich EU-Außenpolitik unter
Diplomat*innen aus den Mitgliedstaaten auszubauen. Konsularische Dienste der Mitgliedsländer
wie Visafragen, Rechtshilfe oder Anträge wollen wir vermehrt in den europäischen Botschaften
bündeln.
Gleichzeitig braucht es eine bessere Koordinierung der Außenpolitiken der EU-Mitgliedstaaten
sowie eine engere Abstimmung zwischen der Europäischen Kommission und dem Europäischen
Auswärtigen Dienst. Für eine bessere demokratische Kontrolle setzen wir uns für eine
stärkere Rolle des Europäischen Parlaments in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik
ein.
Wir wollen die auswärtige Kultur-, Bildungs- und Wissenschaftspolitik sowie
Wissenschaftsdiplomatie stärken, die im Angesicht der großen globalen Herausforderungen
kulturelle Brücken bauen, positiv in die Zivilgesellschaft wirken, Forschung voranbringen
und Frieden fördern kann.
Das Klima global und gerecht schützen
Die Klimakrise ist die zentrale globale Herausforderung unserer Zeit. Sie bedroht die
Lebensgrundlagen in vielen Teilen der Welt und treibt Millionen Menschen in die Flucht. Sie
verschärft Konflikte um knapper werdende Ressourcen wie Nahrungsmittel, Wasser und
Rohstoffe. Ihre Folgen wirken sich schon heute spürbar negativ auf Lebensräume und
Zukunftschancen von Menschen aus.
Kein Staat kann die Klimakrise alleine stoppen. Unser Ziel ist eine starke europäische
Klimaaußenpolitik, die im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen und den nachhaltigen
Entwicklungszielen steht. Wir stehen für eine EU, die weltweit Klima-Partnerschaften für die
Minderung des CO2-Ausstoßes knüpft, Partnerländer beim sozial gerechten und klimaneutralen
Auf- und Umbau ihrer Wirtschaftssysteme, Infrastruktur und Energieversorgung sowie bei der
Anpassung an die unvermeidbaren Folgen der Klimakrise unterstützt. Als eine der größten
Emittentinnen von Treibhausgasen weltweit muss die EU entsprechend der Vereinbarung im
Pariser Klimaschutzabkommen dafür eintreten, dass rasch jährlich 100 Milliarden US-Dollar
aus öffentlichen und privaten Quellen für Klimaschutz und Anpassung zielgerichtet und im
Einklang mit den Nachhaltigkeitszielen der UN in Ländern des Globalen Südens eingesetzt
werden. Ein Vorbild dafür sind sogenannte Just Energy Transition Partnerships, die die
Bundesregierung gemeinsam mit weiteren internationalen Partnern bereits mit mehreren Ländern
abgeschlossen hat. Sie machen Angebote für eine umfassende und sozial gerechte Energiewende
und Modernisierung. Wir unterstützen außerdem den internationalen Prozess zur Ausgestaltung
eines Loss-and-Damage-Fonds, der die von den Auswirkungen der Klimakrise geschädigten
Gemeinschaften finanziell angemessen unterstützen soll.
Unser Ziel ist es, die sozial-ökologische Modernisierung in allen Bereichen voranzutreiben.
Wir setzen uns deshalb für den Ausstieg aus den fossilen Energien, für ein verbindliches
globales Ziel für den Ausbau erneuerbarer Energien und eine ambitionierte Klimafinanzierung
ein. Dafür braucht es zusätzliche Mittel zur ODA-Quote unter Berücksichtigung des Prinzips
der "gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung" des Pariser Klimaabkommens. Die
internationalen Finanzinstitutionen wie die Weltbank, die regionalen Entwicklungsbanken, die
Europäische Investitionsbank (EIB) und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung
(EBRD) müssen sich noch stärker partnerschaftlich an der Modernisierung der Wirtschaft
unserer Partnerländern beteiligen.
Wir wollen den Team-Europe-Ansatz – die engere Zusammenarbeit zwischen Kommission,
Mitgliedstaaten und EU-Finanzinstitutionen – stärken und ausbauen, um internationale
Allianzen zu schmieden. Der im Rahmen der G7 angeregte Klimaclub kann dabei eine zentrale
Rolle einnehmen, um internationale Strukturen im Rahmen des Pariser Abkommens zu
unterstützen und ambitionierte Ziele für Klimaschutz, Klimaanpassung sowie nachhaltiges
Wachstum voranzutreiben. Die geplante Strategie für Klimaaußenpolitik der Bundesregierung
möchten wir zur Grundlage für eine Weiterentwicklung auf europäischer Ebene nehmen.
Klimaneutralität sowie die Bewältigung von Klimafolgen müssen ressortübergreifend Eingang in
unser internationales politisches Handeln finden.
Die Klimakrise ist an vielen Orten längst Realität. Trotz all unserer Anstrengungen wird
diese Krise Menschen zwingen, ihre Heimat zu verlassen. Historisch betrachtet sind die
westlichen Industriestaaten die Hauptverursacher klimaschädigender Treibhausgase und tragen
deshalb eine besondere Verantwortung. Die EU sollte die betroffenen Staaten deshalb
technisch und gegebenenfalls auch finanziell bei den notwendigen Anpassungsmaßnahmen
unterstützen. Zudem sollte Europa zusammen mit anderen Industriestaaten vorangehen und
Prozesse unterstützen, in denen mit betroffenen Staaten über internationale Regulation im
Rahmen des Völkerrechts zum Umgang mit klimabedingter Migration, Flucht und Vertreibung
sowie zum Zugang zu internationalem Schutz beraten wird.
Wie die Klimakrise stellt auch der globale Arten- und Biodiversitätsverlust eine enorme
Bedrohung dar. Deshalb wollen wir die Umsetzung des Biodiversitätsabkommens von Kunming-
Montreal in Europa und weltweit fördern. Wir steigern das europäische Engagement mit den am
stärksten von Biodiversitätsverlust betroffenen Ländern und unterstützen den Schutz von
Flächen unter Wahrung der Rechte indigener Völker. Unser Ziel ist es, die biologische
Vielfalt Europas und der Welt auf den Weg der Erholung zu bringen.
Global Gateway zum Erfolg bringen
In vielen Teilen der Welt gibt es einen gewaltigen Investitionsbedarf, um Wachstum und
Wohlstand mit guter Mobilität und digitaler Teilhabe zu erreichen. Dies muss unter den
Bedingungen der Klimaneutralität, Klimaanpassung und sozialer Gerechtigkeit passieren. Auf
den Investitionsbedarf antwortet bislang vor allem das chinesische Programm einer „neuen
Seidenstraße“, das finanzielle Abhängigkeiten schafft und diese systematisch als politisches
Druckmittel einsetzt. Die europäische Global-Gateway-Strategie wollen wir als Alternative
dazu zu einem geostrategischen Erfolgsprojekt machen, das Partnerländer in der nachhaltigen
Verbesserung ihrer Lebens- und Wirtschaftsbedingungen unterstützt. Wir leisten damit einen
starken europäischen Beitrag zur G7 Infrastrukturpartnerschaft und durch die Einhaltung
hoher Menschenrechts-, Sozial- und Umweltstandards zur Stärkung internationaler Standards
der G20 für Infrastrukturplanung.
Durch gezielte Investitionen in die sozialökologische Modernisierung in unseren
Partnerländern wollen wir damit klimagerechten Wohlstand schaffen, den Schutz der
Menschenrechte stärken, Lieferketten diversifizieren sowie zugängliche digitale
Infrastrukturen und die Produktion von grüner Energie in unserer Nachbarschaft fördern.
Dabei wollen wir Abhängigkeiten reduzieren, indem wir nachhaltige Wertschöpfung in den
Partnerländern stärken und mit Investitionen in die soziale Infrastruktur, die im Einklang
mit lokalen Entwicklungsagenden stehen, verbinden.
Global Gateway kann aber nur zum Erfolg werden, wenn die EU das Programm mit substanziellen
Mitteln ausstattet, die in Verbindung mit dem gehebelten privaten Kapital die nötigen
Ressourcen bilden können. Um die Sichtbarkeit und Verbindlichkeit des Programms weltweit und
innerhalb der EU zu verbessern, wollen wir außerdem eine Sondergesandte bzw. einen
Sondergesandten dafür einrichten.
Die EU muss für Global Gateway klare strategische Prioritäten setzen und alle Projekte auf
der Basis von gleichberechtigter Zusammenarbeit mit den Partnerländern und Einbindung der
der lokalen Zivilgesellschaft erarbeiten. Maßstab sind für uns hierbei die Menschenrechte,
die Agenda 2030 der UN sowie die Einhaltung der Ziele des Pariser Klimaabkommens und des
Biodiversitätsabkommens von Kunming-Montreal. Beispielsweise bedeutet
Mobilitätsinfrastruktur vorrangig Investitionen in klimafreundliche Verkehrsträger wie die
Schiene und erzeugte Energie muss immer zuerst den produzierenden Ländern vor Ort zur
Verfügung stehen. Zudem muss die EU-Kommission die Politikkohärenz für nachhaltige
Entwicklung und eine größere Transparenz bei der Auswahl der strukturpolitischen Projekte
sowie bei ihrer Durchführung und Evaluierung sicherstellen. Um Global Gateway zum Erfolg zu
führen, müssen bei der Umsetzung entwicklungspolitische Expertise genutzt und die Prinzipien
der Wirksamkeit der Entwicklungspolitik umgesetzt werden.
Internationale Organisationen stärken
Die UN bleiben mit ihren Organisationen die Grundlage des Multilateralismus. Im Fall des
russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat die internationale Staatengemeinschaft in
der UN-Vollversammlung bewiesen, dass sie sehr wohl handlungsfähig ist, als eine überragende
Mehrheit diesen brutalen Angriffskrieg mehrfach und deutlich verurteilte. Allerdings zeigt
sich, dass die Situation im Sicherheitsrat friedenssichernde Maßnahmen der UN erschwert.
Regionalorganisationen wie der EU fallen somit im Krisenmanagement, auch mit ihren eigenen
Missionen, eine Schlüsselrolle zu. Die EU und ihre Mitgliedstaaten leisten mehr als die
Hälfte aller Beiträge zu multilateralen Organisationen wie dem UN-System. In den anstehenden
Reformdiskussionen wollen wir durch ein koordiniertes Vorgehen der EU die UN und ihre
Organisationen fit für die Zukunft machen. Dazu gehört eine Reform des Sicherheitsrats, in
dem wir eine gerechtere Repräsentanz der Weltregionen gewährleisten wollen. Darüber hinaus
zielen wir darauf ab, das Vetorecht abzuschaffen und unterstützen Mechanismen wie die in der
Resolution 377 der UN-Generalversammlung "Uniting for Peace" beschlossene Möglichkeit, sich
im Fall einer anhaltenden Blockade mit der Angelegenheit zu befassen und Empfehlungen - also
diplomatische Maßnahmen, Sanktionen oder militärische Maßnahmen gemäß Kapitel VII der UN-
Charta - mit qualifizierter Mehrheit zu beschließen.
Auch die G7 und die G20 erweisen sich ergänzend zu unserem Engagement im Rahmen der UN als
weitere Foren für die Bearbeitung globaler Herausforderungen. Wir unterstützen daher die
Bemühungen der G7, sich stärker für eine Zusammenarbeit mit Partnerländern weltweit und
insbesondere im Globalen Süden zu öffnen, und befürworten ausdrücklich die permanente
Mitgliedschaft der Afrikanischen Union als Teil der G20.
Um auf die globalen und entwicklungpolitischen Herausforderungen unserer Zeit reagieren zu
können, muss sich die EU für eine umfassende Erneuerung, eine Demokratisierung - inklusive
einer höheren Beteiligung der Akteure aus dem Globalen Süden - und eine ausreichende
Finanzierungskapazität der internationalen Finanzinstitutionen einsetzen. Die Weltbank hat
mit ihrer "Evolution Roadmap" diesen Reformprozess bereits begonnen und muss ihn jetzt
entschieden fortsetzen. Dabei ist entscheidend, dass Ziele wie die Reduzierung der
Ungleichheit und der Schutz der planetaren Grenzen systematisch durch Indikatoren
berücksichtigt und operationalisiert werden. UN-Sonderorganisationen wie das
Flüchtlingshilfswerk UNHCR oder die Gesundheitsorganisation WHO leisten vitale Hilfe, um
Menschen in Not zu helfen. Die EU muss diese Organisationen deshalb weiter unterstützen und
stärken. Entsprechende Mittel sollen möglichst flexibel bereitgestellt werden.
Darüber hinaus setzen wir uns für eine aktive, geschlechtergerechte Personalpolitik der EU
bei der Besetzung von Posten in internationalen Organisationen etwa bei der International
Standardization Organisation (ISO) oder Weltbankgruppe ein.
Menschenrechte weltweit verteidigen
Weltweit werden vielerorts Oppositionelle verfolgt, der Handlungsspielraum von
Zivilgesellschaft und unabhängigen Medien eingeschränkt und Proteste niedergeschlagen.
Unabhängig davon, wo Menschen leben, haben sie das Recht, Hilfe zu verlangen und zu
erhalten, um ihre grundlegenden Menschenrechte zu schützen und zu fördern. Wir setzen uns
für Demokratie und Menschenrechte ein und stärken unabhängige Medien, gewaltfreie pro-
demokratische Bewegungen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Menschenrechts-
Verteidiger*innen im analogen wie im digitalen Raum. Wir wollen die Fördermöglichkeiten
ausbauen und die entsprechenden Schutzinstrumente und Institutionen, beispielsweise
Sonderberichterstatter*innen und den Europäischen Demokratiefonds, finanziell stabilisieren,
langfristig aufstellen und zugänglicher machen. Damit sollen auch Räume für Austausch und
Vernetzung von zivilgesesellschaftlichen Organisationen, pro-demokratischen Bewegungen,
unabhängigen Medien und einzelnen Aktivist*innen geschaffen und gestärkt werden. Der Schutz
und die Förderung von Demokratie ist effektiver, wenn wir unsere Bemühungen bündeln und
europäisch koordinieren.
Der Schutz der Menschenrechte ist zuallererst Aufgabe des Staates. Der Zusammenarbeit mit
Demokratien weltweit kommt bei der Förderung von Freiheit und Selbstbestimmung eine
besondere Rolle zu. Staaten, die sich auf den Weg zur Demokratie gemacht haben, wollen wir
aktiv in diesem Prozess begleiten und stärken. Wir unterstützen entsprechend der Globalen
Sanktionsregelung der EU im Bereich der Menschenrechte die Verhängung von gezielten
Sanktionen gegen staatliche wie nicht-staatliche Akteure, die für schwere
Menschenrechtsverletzungen und -verstöße verantwortlich oder an ihnen beteiligt sind. Gegen
Sanktionsverletzungen müssen die EU und ihre Mitgliedstaaten entschieden vorgehen und dabei
auch internationale Partner in die Pflicht nehmen. Darüber hinaus wollen wir prüfen,
inwieweit stillgelegte Vermögenswerte rechtssicher für Wiedergutmachung gegenüber den Opfern
nutzbar gemacht werden können.
Menschenrechts-Verteidiger*innen riskieren viel. Sie bedürfen unseres Schutzes, unserer
Solidarität und unserer aktiven Unterstützung. Die EU-Leitlinien zum Schutz von
Menschenrechts-Verteidiger*innen wollen wir konsequent umsetzen. Dabei ist eine
geschlechtsspezifische Perspektive wichtig, da Frauen und marginalisierte Gruppen, etwa
Verteidiger*innen indigener Rechte, einem höheren Gewaltrisiko ausgesetzt sind. Gefährdeten
Menschenrechts-Verteidiger*innen und ihren Familien wollen wir in der EU mit einer
schnelleren und vereinfachten Visavergabe Schutz bieten. Wir setzen uns dafür ein, dass sich
die Auslandsvertretungen der EU für Menschenrechts-Verteidiger*innen stark machen. Dazu
gehört etwa, Gerichtsverfahren von politischen Gefangenen zu beobachten, internationale
Sichtbarkeit zu schaffen, Soforthilfe bereitzustellen oder regelmäßigen
Austausch/regelmäßige Treffen durchzuführen. Dies gilt auch für diejenigen, die das Recht
auf Kriegsdienstverweigerung verteidigen. Wir setzen uns im Rahmen der Unterstützung für
Menschenrechtsverteidiger*innen ein, die Auslandsvertretungen der EU im Bereich der
konfliktsensiblen Demokratieförderung und Menschenrechtsschutzes verstärkt zu schulen.
Nach Vorbild des kanadischen Resettlement-Programms setzen wir uns für ein europäisches
Schutzprogramm von Menschenrechts-Verteidiger*innen ein, das es ihnen ermöglicht, schnell
und unbürokratisch Schutz zu erhalten und ihre Arbeit in sicherer Umgebung fortführen zu
können. Angriffe auf Menschenrechts-Verteidiger*innen finden immer häufiger im digitalen
Raum statt. Um sie zu schützen unterstützen wir sichere, verschlüsselte
Kommunikationsmöglichkeiten und das Recht auf anonyme Nutzung des Internets und setzen uns
gegen die weitere Fragmentierung des Internets und gegen Internetabschaltungen ein.
Eines besonderen Schutzes bedürfen auch investigative Journalist*innen und
Hinweisgeber*innen wie Julian Assange. Sie bringen Verbrechen und gesellschaftliche
Missstände ans Licht. Ihr Schutz ist essenzieller Bestandteil der Pressefreiheit, die es
nach innen und außen dringend zu verteidigen gilt.
Außen- und Entwicklungspolitik feministisch umsetzen
Gleichberechtigung macht Gesellschaften friedlicher, gerechter, nachhaltiger, resilienter
und wirtschaftlich erfolgreicher. Sie ist fester Bestandteil der universellen
Menschenrechte. Strukturelle Ungerechtigkeiten führen dazu, dass bestimmte Gruppen,
insbesondere Frauen und marginalisierte Gruppen in besonderem Maße von Gewalt, Armut und
Krieg, aber auch von den Folgen der Klimakrise betroffen sind. Gleichzeitig sitzen oft nur
wenige von ihnen mit am Tisch, wenn es darum geht, Lösungen für diese Krisen zu erarbeiten.
Mit der UN-Resolution 1325 und ihren Folgeresolutionen ist der Schutz von Frauen und Mädchen
in Kriegsgebieten sowie ihre Teilhabe bei Konfliktprävention und -bewältigung bereits
international verankert. Wir wollen weitergehen. Wir setzen uns für eine feministische
Außen- und Entwicklungspolitik ein, die die Rechte, Ressourcen und Repräsentanz von Frauen,
Mädchen und marginalisierten Gruppen in allen Bereichen weltweit stärkt.
Menschenrechtsbasiert hat sie die Überwindung aller Formen von Diskriminierung zum Ziel.
Dabei werden Mehrfachdiskriminierungen besonders in den Blick genommen. Aufbauend auf den
Leitlinien der Bundesregierung wollen wir die feministische Außen- und Entwicklungspolitik
als ein Leitprinzip der Außenbeziehungen und internationalen Kooperationen der EU verankern.
Wir setzen uns für einen paritätischen Frauenanteil in den außenpolitischen Institutionen
der EU ein sowie dafür, den Frauenanteil auf allen Ebenen von GSVP-Missionen - insbesondere
in Leitungsebenen - deutlich zu erhöhen. Die Perspektiven von Frauen und Mädchen sollen bei
allen internationalen Verhandlungen der EU einbezogen werden. Die Kapazitäten für Gender und
Diversität in der EU-Diplomatie wollen wir stärken und die Beteiligung von Frauen und
marginalisierten Gruppen an entsprechenden Delegationen signifikant erhöhen.
Wir fordern, dass die EU in ihren Außenbeziehungen weltweit zur Vorreiterin im Kampf gegen
sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt wird. Denn Frauen-, Queer- und
Transfeindlichkeit ist für viele Menschen eine Sicherheitsbedrohung. Nach dem Beitritt der
EU zur Istanbul-Konvention verlangen wir deren konsequente Umsetzung durch die EU-
Mitgliedsländer. Auch fordern wir die weltweite Umsetzung der Yogyakarta-Prinzipien gegen
die Diskriminierung und für den Schutz der Menschenrechte von LGBTIQ*-Personen.
Wir wollen, dass die EU ihre Entwicklungspolitik nach den Grundsätzen feministischer
Entwicklungszusammenarbeit partnerorientiert und nachhaltig ausrichtet sowie bisherige
Praktiken kritisch evaluiert. Sie muss ihr selbst gesetztes Ziel erreichen, dass bis 2025 85
Prozent der EU-Entwicklungsprogramme auch zur Geschlechtergerechtigkeit beitragen. Dazu soll
die EU strukturell mehr Mittel zur Förderung von Frauen und marginalisierten Gruppen
bereitstellen, beispielsweise durch die Zusammenarbeit mit feministischen
zivilgesellschaftlichen Akteuren oder die Unterstützung im Bereich der Grundbildung und
beruflichen Bildung, des Unternehmertums sowie der sexuellen und reproduktiven Gesundheit.
Gemäß des EU-Aktionsplans für die Gleichstellung der Geschlechter wollen wir
gendertransformative und intersektionale Ansätze systematisch in unserem
entwicklungspolitischen Handeln verankern.
2. Eine europäische Sicherheits- und
Verteidigungspolitik
Europa gemeinsam verteidigen
Russlands völkerrechtswidriger Angriffskrieg auf die Ukraine hat uns deutlich vor Augen
geführt, dass wir potenzielle Aggressoren wirksam von Angriffen abhalten und unsere Art zu
leben im äußersten Notfall auch militärisch verteidigen können müssen. Die Zukunft der
Bündnisverteidigung und der kollektiven Reaktionsfähigkeit liegen in der europäischen und
transatlantischen Integration und Interoperabilität unserer Streitkräfte.
Je enger wir in der EU in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik zusammenarbeiten, desto
besser, kosteneffektiver und wirksamer können wir die europäische Verteidigungsfähigkeit
sicherstellen, gerade auch als Teil des transatlantischen Bündnisses (NATO). Der
strategische Kompass der EU und die Einbettung in das strategische Konzept der NATO sind
dafür maßgebend. Wir stehen zu unseren Bündnisverpflichtungen im Rahmen der EU und der NATO
und den dafür notwendigen Fähigkeiten und Kapazitäten. Aus historischer Verantwortung und
den Lehren des russischen Angriffskriegs bekennen wir uns zum Schutz der baltischen Staaten,
unter anderem durch militärische Zusammenarbeit im Rahmen einer langfristigen Stationierung
von Bundeswehreinheiten im Baltikum.
Wir wollen daher weiter an einer gemeinsamen europäischen Sicherheits- und
Verteidigungsunion mit einer starken parlamentarischen Beteiligung und Kontrolle arbeiten.
Die verstärkte Zusammenarbeit der Streitkräfte, zum Beispiel innerhalb von permanenten EU-
Einheiten oder transnationalen Verbänden wie dem Deutsch-Niederländischen Corps, wollen wir
ausbauen. Dabei sind gemeinsame Rahmenstandards und Arbeitsbedingungen für Soldat*innen
notwendig sowie die Schaffung der Grundlagen einer einheitlichen Fürsorgeverpflichtung der
EU gegenüber den eingesetzen Kräften und zivilen Entsandten. Wir wollen die gemeinsame EU-
Kommandostruktur und europäische Militärkooperationsinitiativen vertiefen, zum Beispiel bei
der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO).
Zivile und militärische Missionen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik (GSVP) und deren Planungsstäbe stärken wir finanziell und personell.
Diese Missionen müssen immer in ein politisches Gesamtkonzept eingebettet sein, einer
kontinuierlichen Risikoanalyse unterliegen, die tatsächlichen Bedarfe vor Ort
berücksichtigen und sich am Leitbild der menschlichen Sicherheit orientieren. Für die
zivilen GSVP Missionen müssen wir langfristige Finanzrahmen mit flexiblerer Konzeption
verbinden, damit diese schneller einsatzbereit sein und sich angemessen auf veränderte
Gegebenheiten einstellen können. Gemeinsame EU-Auslandseinsätze sollten stärker vom
Europäischen Parlament begleitet, kontrolliert und evaluiert werden. Wir verstetigen die
Unterstützung der Ukraine im Rahmen der Europäischen Friedensfazilität (EPF) und stärken
deren Einheit für Risikoanalyse und Rüstungskontrolle. Die Strukturen der EPF sollten so
angepasst werden, dass die Verfügbarkeit der Mittel, die Planbarkeit der Ausgaben und die
parlamentarische Kontrolle im Europaparlament und den Mitgliedstaaten verbessert werden.
Auch der Aufbau eines europäischen Luftverteidigungssystems ist für uns ein notwendiger
Baustein einer gemeinsamen europäischen Sicherheitsarchitektur.
Im Verteidigungssektor führt die unkoordinierte Beschaffung der EU-Mitgliedstaaten zu einer
komplexen Systemvielfalt, ausbleibenden Skaleneffekten und damit zur ineffektiven Nutzung
von Steuergeldern. Unser Ziel ist eine gemeinsame und damit kosteneffektivere europäische
Entwicklung und Beschaffung von Rüstungsgütern. Dafür bedarf es der wirksamen Umsetzung der
jährlichen Fähigkeitsanalyse in enger Koordination und Abstimmung mit dem Planungsprozess
der NATO auf Basis gleicher Standards und Normen, finanzieller Anreize für und Vertrauen
zwischen den Mitgliedstaaten, aber auch des politischen Willens, die industriepolitischen
Interessen zugunsten von mehr gemeinsamer Sicherheit zurückzustellen. Damit erreichen wir
die Konsolidierung des europäischen Rüstungssektors. Die Europäische Verteidigungsagentur
(EDA) hat das bisher nicht im ausreichenden Maß bewerkstelligt. Wir teilen die Zielsetzung
von bestehenden Finanzinstrumenten wie dem European Defense Fund (EDF) oder der gemeinsamen
Beschaffung (EDIRPA). Allerdings sind diese Instrumente unzureichend, rechtlich fragil und
die parlamentarische Kontrolle stark eingeschränkt.
Deswegen wollen wir mittelfristig ein rechtssicheres außerbudgetäres Finanzinstrument
schaffen, das die bestehenden Einzelprogramme ersetzt und den gesamten militärischen
Fähigkeitszyklus abdeckt – von industrieller Forschung und Entwicklung über Beschaffung bis
hin zu Instandhaltung und Training. Die Ausgaben dieses Topfes müssen unter strenger und
abgestimmter Kontrolle des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente stehen.
Rüstungsexporte europäisch regulieren
Die gemeinsame Entwicklung, Anschaffung und Nutzung von europäischen Waffensystemen schafft
mehr Sicherheit und Wirtschaftlichkeit. und somit auch einen Beitrag für eine gemeinsame
wertebasierte Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Für diese EU-Gemeinschaftsprojekte
braucht es einheitliche und restriktive europäische Ausfuhrregeln. Wir wollen hierfür auf
der Grundlage des gemeinsamen Standpunkts der EU eine Rüstungsexportkontrollverordnung
beschließen, die Transparenz und Klarheit schafft sowie auf europäischen Werten und einer
gemeinsamen Einschätzung der Sicherheitslage beruht. Es muss klare Entscheidungsmechanismen
und vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einklagbare Sanktionsmöglichkeiten geben.
Vorangehende Risikoanalysen sowie verbindliche und physische Endverbleibskontrollen müssen
dabei vorgeschrieben und konsequent durchgeführt werden. Europäische Waffen dürfen nicht
weiter in die Hände von Regimen gelangen, die Menschenrechte systematisch verletzen oder
diese für Verbrechen der Aggression nutzen. Wir setzen uns für ein Exportverbot für
Überwachungstechnologien an repressive Regime und für ein weitgehendes Exportverbot für
Kleinwaffen an Drittstaaten ein.
Abrüstung, Rüstungskontrolle und die Nichtverbreitung von Waffen sind und bleiben
wesentliche Pfeiler jeder Friedenspolitik. Sie bedeuten global mehr Sicherheit für alle. Das
Ziel unserer Bemühungen bleibt eine atomwaffenfreie und friedliche Welt. Auch in unsicheren
Zeiten wollen wir daher die Rüstungskontrolle stärken, vertrauensbildende Maßnahmen fördern,
und bi- und multilaterale Abrüstungsinitiativen voranbringen. Daher sollte die EU sich für
eine Stärkung des Vertrags zur Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV) als zentralen Pfeiler
der nuklearen Rüstungskontrolle einsetzen. Darüber hinaus sollte die EU ihre
Mitgliedsstaaten dazu ermutigen, den Atomwaffenverbotsvertrag konstruktiv zu begleiten sowie
als Beobachter an der Vertragsstaatenkonferenz teilzunehmen und sich zu Vision Global Zero
zu bekennen. Dies sind erste Schritte auf dem Weg zu einem sukzessiven, gemeinsamen Beitritt
und einer atomwaffenfreien Welt. Die völkerrechtlichen Bemühungen um eine Regulierung von
letalen autonomen Waffensystemen unterstützen wir. Es darf keinen Einsatz von Waffensystemen
geben, die den menschlichen Faktor bei Entscheidungen über Leben und Tod technisch
verzichtbar machen. Wir verurteilen jeden völkerrechtswidrigen Einsatz von bewaffneten
Drohnen, auch wenn er von unseren Bündnispartnern durchgeführt wird. Den Einsatz von
Streubomben, auch in der Ukraine, lehnen wir ab. Zudem wollen wir uns mit der EU weltweit
dafür einsetzen, gemäß des Oslo-Übereinkommens auch nicht Vertragsparteien vom Einsatz von
Streumunition abzubringen.
Krisen vorbeugen
Wir setzen uns für eine vorausschauende Außen- und Sicherheitspolitik ein, die Konflikte
frühzeitig erkennt und ihnen begegnet. Hierbei ist die Zusammenarbeit der Politikfelder und
Kohärenz der Ansätze wichtig. Wir wollen die EU-Mittel für friedensfördernde zivile Akteure
umfassend aufstocken. Dabei muss die EU lokale zivilgesellschaftliche Konzepte und Akteure
in der Friedensförderung stärker unterstützen sowie Förderrichtlinien in diesem Zusammenhang
flexibilisieren und Mittelvergaben langfristiger planbar gestalten. Wir wollen die EU-Mittel
und Ansätze für Stabilisierungsmaßnahmen stärken, um in Krisen flexibel, gezielt und
effektiv handeln zu können.Die Fähigkeiten zur Friedenssicherung und Konfliktbearbeitung der
UN und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sowie von
Regionalorganisationen wie der Afrikanischen Union wollen wir systematisch stärken. Wir
wollen die Erforschung der Ursachen von aktuellen Konflikten, ihren Verläufen und ihrer
friedlichen Bearbeitung stärken und die internationale Vernetzung in der Friedens- und
Konfliktforschung fördern.
Die EU muss weltweit ihre Stärke als Vermittlerin in Konflikten und als Bündnis für Frieden
durch Kooperation nutzen und ausbauen. Wir wollen zivile Missionen der GSVP als Instrument
der EU-Außenpolitik durch mehr finanzielle Ressourcen und Personal stärken und systematisch
fortentwickeln, um zum Beispiel die Polizei oder das Justizwesen in fragilen Staaten zu
unterstützen. Mit rechtsstaatlichen und bürgernahen Institutionen können sie Vertrauen
aufbauen und Konflikten vorbeugen. Einer Ausrichtung der zivilen GSVP-Missionen auf
Migrationsmanagement stellen wir uns entgegen. Für effektive Maßnahmen der zivilen
Krisenprävention, der Stabilisierung, der humanitären Hilfe und der Friedenssicherung
braucht es tiefgehende Kontextanalysen, eine bessere Koordination und wirksame Evaluationen.
Um Mitgliedsstaaten bei ihren Maßnahmen der zivilen Krisenprävention und des
Krisenmanagements besser zu vernetzen, wollen wir das European Centre of Exellence for
Civilian Crisis Management ausbauen.
Durch eine Politik der Prävention leisten wir auch einen wichtigen Beitrag zur
Fluchtursachenbekämpfung. Gefestigte lokale Strukturen und funktionierende staatliche
Institutionen, die Menschenrechte schützen und Daseinsvorsorge gewährleisten, mindern die
Wahrscheinlichkeit von Konflikten, die menschliches Leid erzeugen und Menschen zum Verlassen
ihrer Heimat zwingen.
Mit humanitärer Hilfe unterstützen wir weltweit Menschen, die in humanitäre Notlagen geraten
sind. Die europäischen und internationalen Organisationen in diesem Bereich wollen wir
stärken. Dazu zählen insbesondere eine bessere finanzielle Ausstattung sowie effizientere
und flexiblere Strukturen und Vergaberichtlinien der europäischen Organisation für
humanitäre Hilfe ECHO. Auch die nationalen europäischen Hilfen wollen wir besser
koordinieren. Schließlich wollen wir die europäischen Organisationen in der Nothilfe
verpflichten, stärker auf geschlechterspezifische Bedürfnisse und die Bedürfnisse von
marginalisierten Gruppen zu achten.
3. Globale Gerechtigkeit
Verlässliche Partnerin sein
Im Mittelpunkt unseres entwicklungspolitischen Engagements stehen für uns die Menschen, die
wir bei ihrem Streben nach besseren Lebensverhältnissen vor Ort unterstützen wollen Damit
stehen wir für eine menschenrechtsbasierte Zusammenarbeit mit Ländern des Globalen Südens.
Chinas Entwicklungsinitiativen haben oft zum Ziel, einseitige Abhängigkeiten zu schaffen.
Russland hat in seinem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine gezeigt, dass es
bereit ist, Hunger als Waffe einzusetzen. Die steigenden Preise für Nahrungsmittel, Energie
und Transport verschärften Hunger- und Wirtschaftskrisen, destabilisierten Länder und
brachten Menschen weltweit in Not. Wir wollen, dass die EU aktiv den Wettbewerb um die
Partnerschaft mit dem Globalen Süden aufnimmt und den begonnenen Weg eines koordinierten
Vorgehens mit den Mitgliedstaaten beim Aufbau von fairen Partnerschaften intensiviert. Wir
engagieren uns für partnerorientierte, feministische, dekoloniale und nachhaltige Ansätze in
der Entwicklungszusammenarbeit, die systemische Ungerechtigkeiten wirkungsorientiert
abbauen. Damit wollen wir auch dem Erbe unserer kolonialen Vergangenheit gerecht werden und
koloniale Kontinuitäten kritisch hinterfragen.
Wir wollen lokales Wissen und lokale Initiativen fördern, um den Aufbau von
Wirtschaftskreisläufen und sozialen Sicherungssystemen zu unterstützen. Dafür wollen wir die
bestehenden Instrumente der europäischen Entwicklungszusammenarbeit im Dialog mit unseren
Partnern weiterentwickeln. Dafür muss die EU lokale und zivilgesellschaftliche Akteure in
Hochschulen und NGOs stärken und Förderrichtlinien flexibilisieren. Auch die Zusammenarbeit
mit der Privatwirtschaft inklusive Start-ups gehört dazu. Wir setzen uns dafür ein, dass
zivilgesellschaftliche und insbesondere Frauenrechtsorganisationen aus Ländern des Globalen
Südens nach dem Vorbild des kanadischen Equality Fund direkt durch die EU gefördert werden.
Wir wollen zudem globale Städtepartnerschaften stärken, die Themen der globalen
Gerechtigkeit in die Lebensräume von Menschen vor Ort bringen und einen wichtigen Beitrag
zur kommunalen Entwicklungszusammenarbeit leisten.
Angesichts der globalen Herausforderungen bedarf es substanzieller Mittel für die
Entwicklungszusammenarbeit. Wir setzen uns dafür ein, dass alle EU-Mitgliedstaaten das
gegebene Versprechen einlösen, mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für
Entwicklungsfinanzierung (ODA-Quote) auszugeben. Es kommt aber nicht nur auf die Quantität
der Unterstützung an, sondern auch darauf, Projekte partnerorientiert, schnell,
unbürokratisch und wirkungsorientiert umzusetzen. Die Entwicklungsgelder müssen vor allem
den bedürftigsten Ländern zukommen und zur Erfüllung der nachhaltigen Entwicklungsziele
sowie des Pariser Klimaabkommens und des Montrealer Biodiversitätsabkommens beitragen. In
Kooperation mit den Partnerstaaten wollen wir auch die soziale Absicherung der Menschen
stärken. Wir unterstützen den Aufbau sozialer Sicherungssysteme als nachhaltiges Instrument
gegen Armut. Die Bedarfe zum Wiederaufbau für die Ukraine sollten dabei zusätzlich zur ODA-
Quote zur Verfügung gestellt werden.
Noch allzu häufig arbeiten EU-Kommission und Mitgliedstaaten im entwicklungspolitischen
Bereich nebeneinanderher. Wir unterstützen deswegen den Team-Europe-Ansatz, der in
Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft eine bessere sektorübergreifende Koordinierung,
Kohärenz, Sichtbarkeit und Effektivität anstrebt. Um Kohärenz und Transparenz zu erhöhen,
setzen wir uns für sektorübergreifende Evaluierungen und einen Transparenzmechanismus für
öffentliche Entwicklungszusammenarbeit in der EU ein. Das Europäische Parlament wollen wir
in entwicklungspolitische Entscheidungsprozesse besser einbeziehen.
Im Bereich der digitalen Entwicklungszusammenarbeit wollen wir menschenzentrierte und
verantwortungsvolle Digitalisierung global gestalten und die digitale Selbstbestimmung
fördern. Wir wollen den digitalpolitischen Austausch stärken, denn als EU können wir viel
von digitalen Vorreitern in Ländern des Globalen Südens lernen. Wir wollen
Angemessenheitsbeschlüsse mit unseren Partnerländern ausbauen und so die Teilhabe an
internationaler digitaler Wertschöpfung fördern.
Ernährung global sichern
Die multiplen Krisen unserer Zeit, allen voran die Klimakrise, bedeuten existenzielle
Herausforderungen für die Ernährungssicherheit weltweit. Die EU muss sich für ein
nachhaltiges und resilientes globales Ernährungssystem einsetzen und damit zur Umsetzung des
Rechts auf Nahrung beitragen.
Eine resiliente und produktive ökologische Landwirtschaft mit starken regionalen, aber auch
Zugang zu überregionalen Märkten ist das beste Mittel, um die Landwirtschaft
widerstandsfähiger gegen politische Krisen und die Folgen des Klimawandels zu machen.
Projekte der europäischen Entwicklungszusammenarbeit sollen verstärkt wirtschaftlich
tragfähige und ökologisch wie sozial nachhaltige Anbausysteme mit möglichst geschlossenen
Nährstoffkreisläufen fördern. Wir setzen uns dafür ein, dass europäische Agrarsubventionen,
patentiertes Saatgut und Landraub nicht bäuerliche Strukturen und Märkte in Ländern des
Globalen Südens unterminieren und einseitige, teure Abhängigkeiten schaffen. Hierbei hat für
uns der Respekt vor den individuellen Entwicklungsmöglichkeiten der Länder und der
Selbstbestimmung der Menschen höchste Priorität. Wir wollen den Auf- und Ausbau lokaler
Saatgutbanken und Züchtungsinfrastruktur fördern, damit traditionelles Wissen und die
biologische Vielfalt erhalten und zugänglich bleiben, sowie Abhängigkeiten in der
Saatgutentwicklung reduziert werden. Wir wollen uns im Rahmen der EU für striktere
Mechanismen zur Verhinderung von exzessiven Nahrungsmittelspekulationen, vor allem in
Notsituationen, einsetzen. Auch die Spekulation mit Wasser muss streng reguliert werden. Wir
wollen verhindern, dass sich Wasserknappheit neben zunehmenden Dürren und steigender
Wasserpreise zusätzlich noch durch Spekulation verschärft.
Exporte von chemisch-synthetischem Dünger und Pestiziden, die in der EU verboten sind,
wollen wir beenden.
Die Förderung einer nach agrarökologischen Prinzipien ausgerichteten Landwirtschaft in
Ländern des Globalen Südens muss dabei im Rahmen von umfassenden Strategien zur Stärkung von
Ernährungssystemen umgesetzt werden, inklusive Zugang zu Technologien, Infrastrukturen,
Märkten, und Finanzmitteln sowie gegenseitigem Wissenstransfer. Hierbei muss auch die Rolle
von Frauen und marginalisierten Gruppen bei Ernährung und Nahrungsmittelproduktion in den
Blick genommen werden.
Globale Verantwortung annehmen
Noch immer belastet das Erbe der Kolonialzeit die Beziehungen zwischen Europa und ehemaligen
Kolonien. Es zeigt sich etwa in der ungleichen globalen Vermögensverteilung, in
wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnissen oder fehlender Repräsentanz. Die Mitgliedstaaten
der EU müssen sich ihrer historischen Verantwortung stellen, die sich aus den Verbrechen der
Kolonialgeschichte ergibt, und Machtungleichgewichte in den Blick nehmen. Dafür braucht es
eine antirassistische Perspektive und eine Auseinandersetzung mit postkolonialen
Kontinuitäten.
Wir werden uns dafür einsetzen, dass auch auf EU-Ebene die Debatte über die Anerkennung der
durch Mitgliedsstaaten der EU während ihrer Kolonialzeit begangenen
Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen sowie die Aneignung und Zerstörung kulturellen
Erbes in Ländern des Globalen Südens geführt wird. Wir möchten einen gemeinsamen Weg finden,
sich angemessen zu entschuldigen, mit Worten und Taten Verantwortung zu übernehmen und in
einem völkerrechtlichen Rahmen ideelle und materielle Wiedergutmachung zu leisten.
Wir wollen benachteiligende Klauseln in Handelsabkommen korrigieren und Reformen bei den
Entwicklungsbanken vorantreiben. In internationalen Natur- und Umweltschutzabkommen wollen
wir die Menschen- und Landrechte indigener und lokaler Gemeinschaften besser achten. Die
europäische Entwicklungszusammenarbeit wollen wir in Kooperation mit Partnerländern und
Zivilgesellschaft im Sinne einer kritischen Reflexion von Machtverhältnissen kontinuierlich
evaluieren und weiterentwickeln.
Viele Länder des Globalen Südens befinden sich in einer Schuldenkrise, die ihre
Handlungsmöglichkeiten für sozialökologische Modernisierungsprozesse massiv einschränkt. Die
EU und ihre Mitgliedstaaten müssen sich für solide Schuldenrestrukturierungen und
Schuldenerlasse für besonders belastete Länder einsetzen. Dazu müssen die
Schuldenrestrukturierungen unter dem G20 Common Framework weiterentwickelt werden, um diese
transparenter zu machen und alle privaten und staatlichen Gläubiger verbindlich
einzubeziehen. Langfristig muss dieses Verfahren bei der UN angesiedelt werden. Wir wollen
verhindern, dass europäische Rechtsräume zur Geldwäsche oder für die Steuervermeidung
missbraucht werden, was die finanziellen Handlungsspielräume von Ländern des Globalen Südens
weiter einschränkt. Wir setzen uns zudem für eine Reform der globalen Steuerarchitektur und
eine partnerschaftliche Einbindung des Globalen Südens ein, um globale Gerechtigkeit und
Nachhaltigkeit zu fördern. Dazu gehört die Förderung einer inklusiven, gerechten und
effektiven internationalen Steuerkooperation auf Ebene der UN, zum Beispiel durch die
Verhandlungen zu einer umfassenden UN Steuerkonvention.
4. Fairer Handel
Mit Handel Wohlstand schaffen
Handel fördert den Austausch zwischen Menschen und Gesellschaften und kann Wohlstand mehren.
Das hat die EU selbst gezeigt, deren Binnenmarkt sie bis heute als eine wesentliche Säule
trägt. Besonders in Deutschland hängt unser Wohlstand aufgrund der starken
Exportorientierung unserer Wirtschaft von einem gut funktionierenden globalen Handel ab. Es
ist daher eine politische Aufgabe der EU, ihren wirtschaftlichen und politischen Einfluss zu
nutzen, um durch Handelspolitik weltweit Standards für soziale Gerechtigkeit, Klima- und
Naturschutz sowie Menschenrechte zu setzen und Wertschöpfung zu fördern. Auf diese Weise
schützen wir auch unsere eigenen Standards vor einem Unterbietungswettbewerb und wirken
damit im Sinne unserer Werte und Interessen.
Die Krisen der letzten Jahre, Pandemie, Extremwetter und Krieg, haben gezeigt, dass wir
Risiken bei Lieferketten und dem Zugang zu Rohstoffen reduzieren müssen. Eine
vorausschauende, offene Handelspolitik, die zuverlässige Partnerschaften knüpft, liefert
dazu einen wichtigen Beitrag. Dazu müssen wir europäische Unternehmen dabei unterstützen,
ihre Investitionstätigkeiten und Wertschöpfungsketten breiter zu streuen.
Handelsinstrumente neu ausrichten
Globaler Handel braucht globale Regeln. Die Welthandelsorganisation (WTO) ist der
bestmögliche Rahmen, um diese Regeln zu formulieren, zu überprüfen und eventuelle
Streitigkeiten auszutragen. Wir wollen die WTO grundlegend reformieren, damit sie dieser
Rolle wieder gerecht werden kann. Dabei müssen auch gute Arbeitsstandards, Zugang zu
Gesundheitsprodukten und grünen Technologien, eine faire Entwicklung sowie Klima-, Umwelt-
und Tierschutz in das Zentrum der globalen Handelspolitik gestellt werden.
Doch die WTO ist aufgrund der angespannten geopolitischen Lage aktuell kaum noch
handlungsfähig und die Bereitschaft zu einer Reform global gesehen gering. Wir setzen daher
verstärkt auf regionale Handelsabkommen auf Augenhöhe mit Partnern wie Australien, Indien,
den Ländern Lateinamerikas oder der südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN, die sich
ebenfalls zu einem regelbasierten Welthandel bekennen. Wir treten für weltweit hohe Umwelt-
und Sozialstandards ein, auch um dadurch die globalen Wettbewerbsbedingungen anzugleichen.
Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass Nachhaltigkeitsziele und Menschenrechte in alle
zukünftigen internationalen Handelsabkommen aufgenommen und einklagbar werden, wie im
kürzlich abgeschlossenen Abkommen zwischen der EU und Neuseeland. Im Falle eklatanter
Missachtung der Menschenrechte oder bei Verstößen gegen das Pariser Klimaabkommen, sollte
die EU konsequent von diesen Klauseln Gebrauch machen oder das Abkommen aussetzen.
Wir wollen das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums
(TRIPS), nicht zuletzt in Konsultation mit zivilgesellschaftlichen Akteuren, neu ausrichten.
Damit werden wir den Transfer von klimafreundlichen Technologien und wichtigen
Gesundheitstechnologien aus dem Globalen Norden in den Süden unterstützen, um die
Entwicklung der dortigen Wirtschaft zu fördern und weltweite Emissionen zu senken. Wir
wollen zudem Barrieren für Innovationen und deren Marktdurchdringung insbesondere in
gemeinwohlorientierten Bereichen und Bereichen der Daseinsfürsorge abbauen. Dafür wollen wir
zum Beispiel die Weiterentwicklung des Europäischen Patentrechts prüfen.
Die Digitalisierung kann global gerechten Handel wesentlich vereinfachen, etwa indem sie die
Überwachung der Lieferketten automatisiert. In den Handelsabkommen der EU und in ihren
Handelsinstrumenten müssen der digitale Handel von Gütern und Dienstleistungen, geistige
Eigentumsrechte, Datenschutz und Netzneutralität stets mitgedacht werden. Dies erfordert
eine Überarbeitung der europäischen Handelsinstrumente in den Bereichen Datenbestimmungen,
Datenlokalisierung, Forschung und Entwicklung, nationale Steuersysteme und digitaler
Binnenmarkt.
Zudem wollen wir die demokratische Kontrolle von Handelsabkommen verbessern. Vor Beginn der
Verhandlungen sollte das Europäische Parlament das Verhandlungsmandat gemeinsam mit dem Rat
der EU bestimmen.
Wenn EU-Industrien durch unfaire Handelspraktiken geschädigt werden, müssen
handelspolitische Schutzinstrumente der EU eine wirksame Antwort bieten, um den fairen
Wettbewerb zu schützen. Umgekehrt wollen wir gerade weniger industrialisierten Staaten einen
offenen Dialog anbieten und ihnen in Handelsabkommen eine faire Chance zu einer
Industriepolitik mit dem Ziel eigener Wertschöpfung einräumen. In diesem Bereich haben wir
durch eine stetige Erweiterung unseres handelspolitischen Werkzeugkastens schon vieles
erreicht. Zum Beispiel durch das Instrument gegen Zwangsmaßnahmen (Anti-Coercion-
Instrument), mit dem sich die EU gegen einseitige Zwangsmaßnahmen von Handelspartnern wehren
kann.
Wir setzen uns für transparente und öffentlich legitimierte Formen der Streitbeilegung in
Freihandelsabkommen ein, sofern diese erforderlich sind.
Im Einklang mit dem Klima handeln
Wir wollen unsere Wirtschaft klimaneutral umbauen und zu einer starken Kreislaufwirtschaft
weiterentwickeln. Dazu gehört, mit unseren Handelspartnern gemeinsam Standards zu
entwickeln, damit globale Märkte für grüne Produkte wie klimaneutralen Stahl entstehen
können.
Die Einführung des Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) ist ein wichtiger Schritt, um eine
faire CO2-Bepreisung im Welthandel einzuführen und das EU-Emissionshandelssystem zu ergänzen
und abzusichern. Dadurch werden Importe von bestimmten Produkten wie etwa Stahl oder Zement
aus Ländern ohne Emissionshandel teurer, wenn diese in klimaschädlichen Verfahren
hergestellt werden. Der CBAM unterstützt damit auch die Modernisierung unserer Industrie,
indem er beispielsweise die Produzenten von grünem Stahl vor außereuropäischer Konkurrenz
durch fossil hergestellten Stahl schützt und einen fairen Wettbewerb sicherstellt.
Es ist wichtig, dass wir Investitionen in fossile Brennstoffe und andere klimaschädliche
Aktivitäten beenden und stattdessen Anreize für nachhaltige Investitionen setzen. Dies
erfordert eine grundlegende Änderung des Modells für bilaterale EU-Investitionsverträge. Der
Ausstieg aus dem klimaschädlichsten Investitionsschutzvertrag der Welt – dem
Energiechartavertrag – von Deutschland und anderen EU-Ländern ist ein großer Erfolg. Wir
kämpfen jetzt folgerichtig für einen Austritt der gesamten EU aus dem Energiechartavertrag.
Das Gesetz zu entwaldungsfreien Lieferketten ist ein wichtiger Baustein bei dem Ziel, die
gravierenden Abholzungsraten weltweit zu bekämpfen. Damit das Gesetz auch die angestrebte
Wirkung erzielt, muss sich die EU nun um Partnerschaften mit Produzentenländern bemühen und
diese beim Aufbau nachhaltiger Lieferketten und der Einhaltung der Vorgaben unterstützen.
Wir wollen die Einfuhr von Erzeugnissen aus Agroforstsystemen in den Tropenwäldern besonders
fördern.
Auf faire Partnerschaften setzen
Als globale Wirtschaftsakteurin muss die EU bei einer zukunftsorientierten Handelspolitik
Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit ins Zentrum rücken. Ambitionierte europäische
Gesetze zur Regulierung der Lieferketten und ihre nationale Umsetzung sind ein wichtiger
Hebel, um diese Ziele zu erreichen, und nicht nur die unmittelbaren Zulieferer, sondern die
gesamte Lieferkette abzudecken. So setzen wir auch die neue europäische Lieferketten-
Richtlinie in nationales Recht um und passen wo nötig nationale Vorgaben an. Wir ermöglichen
es Geschädigten in der EU, ihre Rechte geltend zu machen. Damit übernehmen die EU und ihre
Mitgliedsstaaten Verantwortung dafür, weltweit effektiv Sozial- und Umweltdumping
zurückzudrängen.
Die Ratifizierung und Umsetzung der Kernarbeitsnormen der Internationalen
Arbeitsorganisation (ILO) sollte als Mindestanforderung für jedes Handelsabkommen angesehen
werden. Handelsabkommen müssen auch die Anliegen von indigenen Völkern und Gemeinschaften
vor Ort berücksichtigen und ihre Rechte schützen.
Es gibt derzeit mehr als 25 Millionen Zwangsarbeiter*innen auf der Welt. Produkte aus dieser
heutigen Art der Sklaverei haben auf dem EU-Binnenmarkt nichts verloren. Das EU-Importverbot
für Produkte aus Zwangsarbeit, muss daher konsequent umgesetzt werden. Dabei wollen wir
jegliche Art von Zwangsarbeit, auch im digitalen Raum, in den Blick nehmen.
Die Wirtschaftsbeziehungen mit Ländern des Globalen Südens müssen wir fair gestalten. Die
Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) mit den Staaten Afrikas, der Karibik und des
Südpazifiks wollen wir im Sinne eines fairen und entwicklungsorientierten Handels
überprüfen. Dazu gehört es, die besonderen Vorteile der Least Developed Countries, die es
diesen Ländern erlauben, Waren zollfrei in die EU einzuführen, auch als Teil von EPAs zu
garantieren und den Staaten des Globalen Südens eine aktive Industriepolitik zu ermöglichen.
Um Länder im Globalen Süden dabei zu unterstützen, ihre Exportabhängigkeit von
unverarbeiteten Rohstoffen zu veringern, wollen wir europäische und internationale
Freihandelsinstrumente so gestalten, dass sie den Aufbau von lokalen Industrien und die
Integration in höhere Wertschöpfungsstufen nicht verhindern.
5. Mehr EU in Europa
Erweiterungsperspektiven
Die Erweiterung der EU ist eine Erfolgsgeschichte und liegt in unserem ureigenen Interesse.
Sie stärkt unsere Sicherheit, unsere Stabilität und unseren Wohlstand. Deswegen ist es
unsere Verantwortung, die Länder mit europäischer Perspektive aktiv zu unterstützen. Klare
Kriterien für den Beitritt wollen wir in einem fairen Beitrittsprozess mit verbindlichen
Angeboten der Zusammenarbeit verknüpfen. Damit eine erweiterte EU handlungsfähig bleibt,
muss sie ihre Strukturen reformieren: Erweiterung und Reformen müssen Hand in Hand gehen.
Alle Kandidatenstaaten müssen die Kopenhagener Kriterien, die Beitrittskriterien der EU,
ohne Abstriche erfüllen und das gemeinsame Recht der EU, den acquis, vollumfänglich
übernehmen.
Indem wir die EU-Erweiterung schrittweise voranbringen, dynamisieren wir den langwierigen
und oft schwerfälligen Beitrittsprozess und sichern die Glaubwürdigkeit des europäischen
Projekts. Es muss deutlich sichtbarerer werden: Allein das Reformtempo in den
Beitrittsländern bestimmt das Beitrittstempo. Nationale Vetos von EU-Mitgliedstaaten in den
Kapitelöffnungen sollten den Beitrittsprozess nicht blockieren dürfen. Wir wollen den
Beitrittsprozess mit sichtbaren Zwischenschritten gestalten und diese mit positiven Anreizen
anerkennen, zum Beispiel dem Zugang zu Roaming, Erasmus+ oder Teilen des Binnenmarkts. Ein
Stillstand der Verhandlungen über einen längeren Zeitraum oder gar Rückschritte sollten im
Umkehrschluss zu einem Wegfall der Vorteile führen. Ein Fokus im Beitrittsprozess muss auf
der Stärkung von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie und dem Kampf gegen Korruption und
Organisierte Kriminalität liegen. Dazu wollen wir die Mandate der EU-Antikorruptionsbehörde
OLAF und der Europäischen Staatsanwaltschaft auf die Beitrittskandidatenund die von ihnen
eingesetzten EU-Mittel ausweiten.
Zentral ist für uns auch die Stärkung der Zivilgesellschaften in den Beitrittsstaaten, ihre
Vernetzung untereinander und mit den Mitgliedstaaten der EU. Auf dem Weg in die EU ist uns
eine enge Zusammenarbeit mit allen demokratischen Kräften der Beitrittsländer auch jenseits
der Regierungen wichtig. Regierungsvertreter*innen der Beitrittsländer sollen an
ausgewählten Sitzungen des Rats der EU teilnehmen können. Wir erwarten von allen
Beitrittskandidaten die vollumfängliche Angleichung an die Gemeinsame Außen- und
Sicherheitspolitik der EU, inklusive der Übernahme der Sanktionen gegen Russland.
Westbalkanstaaten
Die Zukunft der sechs Westbalkanstaaten Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo,
Montenegro, Nordmazedonien und Serbien liegt in der EU.
Das Versprechen eines EU-Beitritts ist weiterhin ein wichtiger Motor für den sensiblen
Friedens- und Aussöhnungsprozess in den Ländern des Westbalkans. Dieses Beitrittsversprechen
darf die EU nicht aufs Spiel setzen. Der Beginn der Beitrittsgespräche mit Albanien und
Nordmazedonien, der Kandidatenstatus für Bosnien und Herzegowina sowie die
Visaliberalisierung für Kosovo sind wichtige Fortschritte auf dem Weg in die EU.
Gleichzeitig bleiben die Herausforderungen angesichts von Korruption, Organisierter
Kriminalität, schwacher rechtsstaatlicher Strukturen und teils unzureichender Aufarbeitung
der Kriegsverbrechen groß. Bei deren Bewältigung wollen wir die Staaten im Beitrittsprozess
intensiv unterstützen. Den Versuchen autoritärer Staaten die Region zu destabilisieren, muss
die EU entschlossen und geschlossen entgegen treten. Wir unterstützen die demokratische
Entwicklung und die Aufarbeitung der Vergangenheit in Bosnien und Herzegowina und begrüßen
die Präsenz von EUFOR, um die Sicherheit im Land zu stärken. Wir fordern die serbische
Regierung auf, gegen Gewalt und für eine friedliche Verständigung öffentlich einzutreten und
fordern Serbien und Kosovo auf, zu einer dauerhaften Lösung am Verhandlungstisch zu kommen.
Das ist Voraussetzung für Frieden und Stabilität in der Region und ein Schlüssel für den EU-
Beitrittsprozess Serbien. Zur Unterstützung des Friedensprozess stärken wir KFOR. Die
Zivilgesellschaften der Region wollen wir noch besser fördern, besonders auch die
grenzüberschreitende Jugendarbeit in der Region stärken und eine inklusive Erinnerungskultur
unterstützen. Im Rahmen der Grünen Agenda für den Westbalkan wollen wir die Region beim
Ausbau guter Arbeitsplätze, erneuerbarer Energien, moderner Bahninfrastruktur und
nachhaltiger Investitionen schnell und effektiv unterstützen.
Ukraine
Die Ukraine steht in der Mitte der europäischen Familie. Ihr Platz ist in der EU. Millionen
Ukrainer*innen stellen sich täglich dem völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg mutig
entgegen: Sie wehren sich gegen den brutalen Versuch Russlands, ihr Land zu unterwerfen und
ihre Kultur auszulöschen, das Völkerrecht und die europäische Friedensordnung zu zerstören.
Wir setzen uns dafür ein, dass die EU in ihrer humanitären, politischen, finanziellen und
auch militärischen Unterstützung der Ukraine nicht nachlässt. Wir werden die Ukraine
weiterhin entschlossen unterstützen, damit sie ihre Souveränität und volle territoriale
Integrität wiedererlangen und verteidigen kann. Wir stehen fest an der Seite der Ukraine,
ihrer Menschen und ihres Rechts auf Freiheit, Selbstbestimmung und Selbstverteidigung und
unterstützen den Wunsch zu einem nachhaltigen Frieden und zu robusten, zuverlässigen
Sicherheitsgarantien.
Auch auf dem Weg in die EU werden wir die Ukraine umfassend unterstützen. Beide Seiten
profitieren von einem geordneten und zügigen Beitrittsprozess. Wir setzen dabei auf
Transparenz, Rechtsstaatlichkeit, konsequente Korruptionsbekämpfung und eine aktive Rolle
der Zivilgesellschaft und der regionalen und kommunalen Ebene. Wir sehen bereits große
Fortschritte bei den für die EU-Beitrittsverhandlungen notwendigen Reformen. Die Bevölkerung
der Ukraine verdient unsere Anerkennung dafür, dass sie ihr Land inmitten eines Krieges so
grundlegend verändern.
Wir setzen uns dafür ein, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten den Wiederaufbau der Ukraine
finanziell, technisch und mit Investitionen engagiert unterstützen. Dazu bedarf es auch
großer finanzieller Anstrengungen, die Einbindung der ukrainischen Zivilgesellschaft und
erheblich beschleunigter Verfahren, um schnelle Ergebnisse zu erzielen und das Land gegen
die russischen Angriffe zu stärken. Wir setzen uns ein für eine langfristige und nachhaltige
Finanzierung des Wiederaufbaus der Ukraine. Dafür braucht es neben unterschiedlichen
staatlichen wie privatwirtschaftlichen Finanzierungsinstrumenten insbesondere auch
Zuschüsse. Wir wollen prüfen lassen, ob und wie stillgelegte russische Vermögenswerte
rechtssicher für den Wiederaufbau der Ukraine nutzbar gemacht werden können.
Wir setzen auf vielfältige internationale Ermittlungs- und Justizorgane, die russische
Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen einschließlich des Verbrechens des
Aggressionskriegs aufklären und bestrafen. Ein internationaler Mechanismus soll über die
Wiedergutmachung der Sach- und Personenschäden durch Russland an die Ukraine entscheiden und
so eine Rechtsgrundlage zur Heranziehung Russlands zur Finanzierung des Wiederaufbaus der
Ukraine schaffen.
Die Wirtschaft der Ukraine ist durch den Krieg massiv geschwächt. Wir möchten, dass die EU
die Wirtschaft der Ukraine durch Makrofinanzhilfen weiter stabilisiert und diese als Zeichen
der Solidarität und als Beitrag zur europäischen Sicherheit fortsetzt. Dazu gehört auch, den
Ausbau alternativer Exportwege für ukrainische Agrarprodukte jenseits des Schwarzen Meeres
(solidarity lanes) weiter voranzutreiben. Das hilft der Ukraine wirtschaftlich und trägt zur
globalen Ernährungssicherung bei.
Georgien und Moldau
Die Zukunft Moldaus und Georgiens liegt in der EU. Beide Länder sind seit Langem Ziel von
militärischer Aggression und Destabilisierungsversuchen Russlands. Diese sind seit Beginn
des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine intensiviert worden. Wir stehen entschlossen
zur Souveränität und territorialen Integrität der beiden Länder. Wir werden Moldau und
Georgien auf ihrem Weg in die EU tatkräftig unterstützen, gleichzeitig aber auch die dafür
nötigen Reformen einfordern. Insbesondere Moldau hat als EU-Beitrittskandidat und schon seit
2020 einen mutigen und ambitionierten Reformkurs eingeschlagen, den wir konsequent
unterstützen. Der Wunsch der georgischen Bevölkerung nach EU-Integration ist weiterhin
riesig; die Regierung muss nun die notwendigen Reformen umsetzen, um den europäischen Traum
des Landes zu erfüllen.
Europäische Nachbarschaft
Die europäische Familie ist größer als die EU. Wir möchten eine EU, die konstruktiv mit
ihren europäischen Nachbarn zusammenarbeitet.
Die Zusammenarbeit der EU mit dem Europarat bei der Förderung und Verteidigung von
Demokratie und Menschenrechten auf dem europäischen Kontinent möchten wir intensivieren.
Dafür arbeiten wir auch auf einen Beitritt der EU zur europäischen Menschenrechtskonvention
hin.
Wir begrüßen die Europäische Politische Gemeinschaft als eine Plattform zur engeren
Zusammenarbeit mit europäischen Staaten, unabhängig davon, ob diese eine EU-Mitgliedschaft
anstreben oder nicht. Insbesondere im Bereich Energie ist diese Zusammenarbeit im
ausgeprägten europäischen Interesse.
Wir möchten, dass die EU und das Vereinigte Königreich weiter konstruktiv daran arbeiten,
ihre Beziehungen nach dem Brexit wieder zu intensivieren. Eine enge wirtschaftliche und
militärische Zusammenarbeit von EU und Vereinigtem Königreich ist im beiderseitigen
Interesse. Wir begrüßen, dass das Vereinigte Königreich wieder in das EU-Forschungsprogramm
Horizont Europa einsteigt. Gleichzeitig erwarten wir, dass die britische Regierung
praktische Hürden beim Austausch und der Zusammenarbeit mit der EU, zum Beispiel bei den
Studierenden-Visa, möglichst rasch abbaut.
Die OSZE wollen wir angesichts der Herausforderungen durch den russischen Angriffskrieg
gegen die Ukraine als wichtiges Forum für Dialog und Krisenprävention bewahren. Sie kann in
der Gestaltung der Nachkriegsordnung in Osteuropa eine zentrale Rolle spielen.
Türkei
Die Türkei und die EU – und dabei ganz besonders Deutschland – verbindet eine langjährige
Freundschaft und Partnerschaft, die sich in engen gesellschaftlichen, kulturellen und
wirtschaftlichen Beziehungen niederschlägt. Wir glauben, dass eine demokratische Türkei, in
der die Rechte aller ihrer Bürger*innen geachtet werden, einen festen Platz in der EU hat.
Derzeit sieht die politische Realität leider anders aus: Die türkische Regierung hat sich in
den vergangenen Jahren immer weiter von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten entfernt.
Mit einer aggressiven Außen- und Regionalpolitik richtet sich Ankara zum Teil offensiv gegen
europäische Interessen. Die anfängliche Blockade des schwedischen NATO-Beitritts oder die
völkerrechtswidrige Militäroffensive in Nordsyrien zeigen zugleich, was für eine schwierige
Partnerin die Türkei für Europa und die NATO in der aktuellen Sicherheitslage ist.
Gleichzeitig hat sie sich als Vermittlerin im Krieg gegen die Ukraine und darüber hinaus
engagiert.
Die Türkei bleibt trotz dieser ambivalenten Rolle eine strategische Partnerin innerhalb der
NATO, für Europa und für Deutschland. Diesem Dilemma stellt sich eine aktive GRÜNE
Außenpolitik. Für uns kann es eine Wiederaufnahme der Gespräche über einen EU-Beitritt erst
dann wieder geben, wenn die Türkei glaubhaft den Weg zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
einschlägt.
Wir unterstützen die Zusammenarbeit in den Bereichen, in denen sie notwendig und möglich
ist, etwa zur Sicherheit im Schwarzen Meer oder bei der Bekämpfung des Klimawandels. Der
autoritären Politik und nationalistischen Rhetorik aber, die sich offen gegen die EU, gegen
die Sicherheit von türkischen Oppositionellen in der EU, gegen Geflüchtete, gegen Kurd*innen
und andere Minderheiten oder gegen Menschenrechts-Verteidiger*innen im eigenen Land wenden,
treten wir entschieden entgegen.
Die türkische Regierung muss die unzähligen politischen Gefangenen, darunter auch Osman
Kavala und Selahattin Demirtas, aus der Haft entlassen und den Urteilen des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) Folge leisten. Mit der Missachtung der Urteile des
EGMR macht die Türkei das laufende Vertragsverletzungsverfahren im Rahmen des Europarates
unumgänglich. Die Missachtung von Gerichtsurteilen schafft Rechtsunsicherheit, die auch die
zivilgesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen mit der Türkei belastet.
Wir stehen weiterhin fest an der Seite der vielen Türk*innen, die sich für Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit engagieren. Wir möchten, dass die EU die türkische Zivilgesellschaft,
die sich für einen demokratischen Wandel einsetzt, besonders unterstützt.
6. Ein starkes Europa in der Welt
Östliche Nachbarn der EU
Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ist eine Zäsur für die EU und unseren Kontinent.
Die EU ist aufgefordert, neue Antworten auf ihre Nachbarschaft zu einem feindseligen
Russland zu finden. Für unsere osteuropäischen Partner der EU braucht es zielgerichtete
Politiken einer neuen EU-Politik für Osteuropa und Zentralasien, die besonders die
veränderten Sicherheitsinteressen unserer Partner in den Blick nehmen. Gleichzeitig müssen
wir die demokratischen Reformkräfte und Zivilgesellschaften in den durch russische
Einmischung bedrohten europäischen Nachbarstaaten Russlands besonders unterstützen.
Wir stehen fest an der Seite der mutigen Menschen, die sich in Belarus seit den Protesten
rund um die gefälschten Präsidentschaftswahlen im Jahr 2020 unermüdlich für Demokratie und
Menschenrechte in ihrem Land einsetzen. Wir werden uns weiterhin solidarisch und mit
Nachdruck für die Unterstützung der belarusischen Zivilgesellschaft und Opposition, die
Freilassung aller politischen Gefangenen, die Sanktionierung des belarusischen Regimes und
für freie und faire Wahlen im Land einsetzen.
Diktator Lukaschenka und sein Regime haben sich in Belarus und durch die Unterstützung des
russischen Angriffskriegs in der Ukraine schwerer Menschenrechtsverletzungen und
Kriegsverbrechen schuldig gemacht. Dafür müssen sie zur Rechenschaft gezogen werden. Wir
setzen uns insbesondere dafür ein, dass die EU die Sammlung und Sicherung von Beweismaterial
unterstützt.
Die EU kann und sollte sich stärker in allen Ländern des Südkaukasus engagieren und
bestehende Demokratiebewegungen und die Zivilgesellschaft aktiv unterstützen. Armeniens Weg
für mehr politische Teilhabe und Freiheiten wurde durch russischen Druck und den Krieg um
Bergkarabach massiv erschwert. Aserbaidschan hat sich entschlossen, durch militärische
Gewalt Fakten zu schaffen. Wir verurteilen Bakus militärischen Angriff auf Bergkarabach im
September 2023. Die EU muss der autokratischen aserbaidschanischen Regierung klare Grenzen
für den Fall weiterer Offensiven aufzeigen. Einen langfristigen Frieden kann es nur durch
Verhandlungen geben. Daher begrüßen wir die Bemühungen der EU, mit Armenien und
Aserbaidschan eine nachhaltige Friedenslösung zu finden. Die EU-Beobachtungsmission in
Armenien (EUMA) leistet dabei einen wichtigen stabilisierenden Beitrag. Über 100.000
Armenierinnen und Armenier sahen sich gezwungen Bergkarabach zu verlassen, die Hälfte davon
Kinder und ältere Menschen. Die EU sollte die Integration der aus Bergkarabach Geflüchteten
in Armenien unterstützen beziehungsweise ihre Rückkehr nach Bergkarabach durch
internationale Schutzmechanismen ermöglichen. Der Schutz der armenischen Kultur und
christlichen Religion in Bergkarabach muss sichergestellt werden, um den Erhalt des
gemeinsamen Erbes der Region zu schützen. Die EU sollte zwischen Armenien und Aserbaidschan
als stabilisierender Mittler agieren und dadurch zugleich die demokratischen Reformkräfte
Armeniens stärken. Das sollte auch beinhalten, dass die EU Armenien dabei unterstützt, den
demokratischen Reformprozess trotz aller Herausforderungen voranzutreiben und die
Unabhängigkeit des Landes von Russland zu stärken. Dafür braucht es eine noch engere
Partnerschaft und Annäherung Armeniens mit der EU, ebenso wie mit Deutschland.
Putin und sein Machtregime haben Russland in eine totalitäre Diktatur gewandelt. Sicherheit
in Europa kann es aktuell nur vor Russland geben – und nicht mit Russland. Gewalt, Lüge,
Korruption und Willkür prägen die politische Realität. Die Zivilgesellschaft wurde mundtot
gemacht, die Opposition befindet sich entweder im Exil oder in politischer Gefangenschaft.
Wir werden uns weiterhin für die Freilassung aller politischen Häftlinge einsetzen. Wir
sehen uns als Freunde und Partner derer, die ein freies, friedliches und demokratisches
Russland wünschen. Wir verstehen uns als harte Widersacher all jener, die das
verbrecherische Regime um Putin stützen. Wir unterstützen daher die europäische
Sanktionspolitik gegen das Regime und seine Vertreter*innen. Wirtschafts- und
handelspolitische Normalität kann es mit diesem Russland nicht geben.
Wir begrüßen den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen den russischen
Präsidenten. Er hat sich schlimmster Menschenrechtsverbrechen schuldig gemacht und muss
dafür mit voller Härte des Rechts zur Rechenschaft gezogen werden.
Transatlantische Beziehungen
Mit keinem Land außerhalb Europas verbindet uns Europäer*innen zugleich eine so tiefe
gemeinsame Geschichte und eine so starke Partnerschaft wie mit den USA. Die USA haben nach
dem Zweiten Weltkrieg und dem Ende des Kalten Kriegs maßgeblich zur wirtschaftlichen
Entwicklung und politischen Einigung auf dem europäischen Kontinent und zur
Wiedervereinigung Deutschlands beigetragen.
Die transatlantischen Beziehungen sind aber auch von zentraler Bedeutung für unsere
europäische Gegenwart und Zukunft. Wir schätzen Kanada und die USA als enge und verlässliche
Wertepartner und möchten die Beziehungen der EU mit beiden weiter vertiefen. Seit dem
russischen Angriffskrieg auf die Ukraine haben unsere transatlantischen Partner und allen
voran die USA dazu beigetragen, die Friedensordnung in Europa zu verteidigen und die
politische Einheit der europäisch-atlantischen Allianz zu sichern. Die USA sind eine
zentrale strategische Partnerin: für unsere Sicherheit, für die klimagerechte Erneuerung
unseres Wohlstands und für die Selbstbehauptung der liberalen Demokratie.
Gemeinsam sind wir stärker in der systemischen Auseinandersetzung mit China, Russland und
anderen autoritären und totalitären Regimen. Gemeinsam können wir globale
Wertepartnerschaften und multilaterale Foren und Vereinbarungen sichern und ausbauen.
Gemeinsam können wir die globale Handelsordnung gestalten und den klimaneutralen Umbau
unserer Industrien voranbringen. Und gemeinsam können wir Zukunftstechnologien entwickeln
und sie zugleich zum Wohle der Menschen und ihrer Freiheit aktiv gestalten.
Eine starke transatlantische Beziehung benötigt handlungsfähige und handlungsbereite Partner
auf beiden Seiten des Atlantiks. Deshalb braucht es mehr europäische Anstrengungen, um
eigene sicherheits-, verteidigungs- und wirtschaftspolitische Kapazitäten zu entwickeln. Wir
wollen die europäische Säule der NATO stärken, auch durch eine vertiefte EU-NATO-
Zusammenarbeit. Antiliberale Tendenzen auf beiden Seiten des Atlantiks gefährden das
Wertefundament, auf dem die transatlantische Partnerschaft basiert. Ihnen gilt es
entschieden entgegenzutreten.
Das bedeutet auch, dass wir die strategische Partnerschaft mit den USA gleichzeitig
intensivieren und diversifizieren müssen. Diversifizierung heißt zum einen, die
transatlantischen Beziehungen auf ein breiteres Fundament zu stellen – durch den Ausbau von
Partnerschaften mit Bundesstaaten, Städten, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft.
Und Diversifizierung heißt zum anderen, einseitige Abhängigkeiten zu reduzieren und die
eigenständige Handlungsfähigkeit der EU zu stärken.
Der gemeinsame Handels- und Technologierat (TTC) der EU und der USA ist ein geeignetes
Forum, um gemeinsame Antworten auf globale Herausforderungen zu entwickeln. Wir befürworten
die Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen mit den USA, um einen transatlantischen
Markt zu schaffen, der weltweit höchste soziale und ökologische Standards nach dem Prinzip
des „Race to the Top“ folgt und als Impulsgeber für die grüne Transformation weltweit wirkt.
Ein wichtiges Element dabei ist die gemeinsame Arbeit an einem Club für kritische Rohstoffe.
China
Für uns ist China Partner, wirtschaftlicher Wettbewerber und systemischer Rivale. Durch
Chinas zunehmend aggressives Auftreten auf der globalen Bühne tritt die Partnerschaft jedoch
zunehmend in den Hintergrund. Im Innern handelt die chinesische Führung repressiver und
autoritärer; nach außen verfolgt sie inzwischen offen hegemoniale und imperiale Ambitionen
und versucht aggressiv, den eigenen globalen Einfluss zu erweitern. Dafür nutzt China auch
zunehmend seinen Einfluss im Rahmen der BRICS-Staaten und seine enge Partnerschaft mit
Russland. Das trägt zu einer weiteren Verschärfung der Differenzen zwischen Europa und China
bei. Deswegen setzen wir uns für eine engere Koordination der Mitgliedstaaten und der EU als
Institution sowie für einen strukturierten Informationsaustausch und eine engere
Koordinierung des Verhältnisses zu China insbesondere mit unseren transatlantischen und
indopazifischen Partnern ein.
Die EU muss ihre einseitigen wirtschaftlichen Abhängigkeiten von China, zum Beispiel bei
Rohstoffen und Medikamenten, deutlich schneller reduzieren und die europäische Wirtschaft
dabei unterstützen, langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Ohne eine ambitionierte,
eigenständige Industrie- und Investitionspolitik kann dies nicht gelingen. Dabei ist es
zentral, dass die EU einen eigenständigen Kurs gegenüber China formuliert. Stimmen, die
einer kompletten Entkopplung von China das Wort reden, erteilen wir dagegen eine Absage.
China ist der größte Handelspartner der EU, aber nur unser drittgrößter Exportmarkt. Das
Handelsdefizit wächst: Importe aus China nehmen zu, die Exporte nach China ab. Noch gibt es
in China Abhängigkeiten von Technologien aus Europa, zudem ist der europäische Markt für
chinesische Konzerne attraktiv. Die EU kann hier den bestehenden Handlungsspielraum besser
und selbstbewusster nutzen, vor allem im Bereich der Transparenzpflichten chinesischer
Konzerne bei Arbeits-, Sozial-, Umwelt-, aber auch Sicherheitsstandards. Kritische
Infrastruktur, wie Häfen, Eisenbahn und digitale Infrastruktur, sowie Schlüsselindustrien
müssen vor dem Zugriff chinesischer Investitionen nachhaltig und in der gesamten EU
geschützt werden.
Wir unterstützen die Einführung und den Einsatz des Anti-Coercion-Instruments der EU sowie
einen koordinierten Ansatz bei Kontrollen von Investitionen in China und Exportrestriktionen
im Bereich sensibler Technologien. Mit gemeinsamen Instrumenten kann sich die EU besser
gegen wirtschaftliche Erpressungsversuche verteidigen und eine abschreckende Wirkung
erzielen.
Die massiven und systematischen Menschenrechtsverletzungen gegen Uigur*innen in der Provinz
Xinjiang, aber auch gegen Tibeter*innen, religiöse Minderheiten und Vertreter*innen der
Zivilgesellschaft, insbesondere Demokratieaktivist*innen in Hongkong, durch die chinesische
Regierung müssen beendet werden. Der Schutz der Menschenrechte ist Grundlage europäischer
Politik. Das gilt auch für die internationalen Lieferketten europäischer Unternehmen.
Produkte aus Zwangsarbeit in China dürfen keinen Zugang zum europäischen Markt bekommen. Wir
erwarten daher auch, dass China die entscheidenden Kernnormen der Internationalen
Arbeitsorganisation ILO ratifiziert.
Im Rahmen der Ein-China-Politik der EU unterstützen wir die sachbezogene Teilnahme des
demokratischen Taiwan in internationalen Organisationen. Gleichzeitig erkennen wir an, dass
das Eskalationsrisiko in der Taiwan-Straße durch die Erhöhung des militärischen Drucks der
Volksrepublik China deutlich zugenommen hat. Eine Änderung des Status Quo in der
Taiwanstraße darf nicht gegen den Willen Taiwans erfolgen. Wir betrachten Taiwan als
demokratischen Wertepartner und setzen uns dafür ein, den wirtschaftlichen, kulturellen,
zivilgesellschaftlichen und politischen Austausch zu intensivieren.
Bei zentralen globalen Herausforderungen wie der Schuldenkrise von Ländern des Globalen
Südens, der Finanzierung von wirtschaftlicher Modernisierung sowie bei Klimaschutz- und
Anpassungsmaßnahmen werden wir, wo immer dies möglich ist, mit China zusammenarbeiten. Dies
gilt auch für den globalen Gesundheitsschutz, den Schutz der Biodiversität oder den Schutz
der Weltmeere. In diesen und weiteren Bereichen bleiben wir auf Basis der universellen
Erklärung der Menschenrechte und der Kernprinzipien der multilateralen Ordnung offen für
Kooperation.
Naher Osten und Nordafrika
Der Nahe Osten und Nordafrika ist eine Region im Umbruch und ein wichtiger Nachbar für die
EU. Die Hoffnung der Revolutionsbewegungen in der Region blieb weitestgehend unerfüllt, und
in den vergangenen Jahren haben sich wieder autoritäre Akteure in der Region verfestigt. Wir
wollen aber trotz der schwierigen Lage eine enge Zusammenarbeit anstreben, die die
wirtschaftliche Entwicklung zugunsten der Menschen unterstützen soll. Ihr Wunsch nach einem
Leben in Würde und Sicherheit und mehr politischer Teilhabe soll im Zentrum der europäischen
Nahostpolitik stehen.
Große Potenziale liegen beim Ausbau der erneuerbaren Energien. In der Zusammenarbeit von
kleinen und mittleren Unternehmen sehen wir dabei eine besondere Chance, um Strukturen
jenseits der oft staatsdominierten Großunternehmen in der Region zu stärken.
In der Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft muss die EU verlässliche Partnerin sein für
all diejenigen, die frauen- und menschenrechtliche Perspektiven schaffen und Freiheit und
Selbstbestimmung voranbringen wollen. Durch die Geschichte von Kolonialismus und
jahrzehntelanger Unterstützung autoritärer Regierungen trägt Europa hier eine besondere
Verantwortung.
Wir wollen eine Migrationspolitik gestalten, die uns nicht von autoritären Regimen in der
Region erpressbar macht. Eine politische Fokussierung auf Flüchtlingsabwehr im Verhältnis zu
den südlichen Mittelmeeranrainern stützt autoritäre und dysfunktionale Regime, die selbst
Fluchtgründe schaffen.
Die Existenz und die Sicherheit Israels als nationale Heimstätte des jüdischen Volkes mit
gleichen Rechten für all seine Bürger*innen sind unverhandelbar. Die Terrorangriffe der
Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 waren eine Zäsur. Wir stehen nach diesen fürchterlichen
Taten fest an der Seite Israels und seiner Bürger*innen. Israel hat wie jeder andere Staat
das völkerrechtlich verbriefte Recht, sich gegen Angriffe wie diese im Rahmen des
humanitären Völkerrechts zu verteidigen. Israels Sicherheit ist Teil der deutschen
Staatsräson und Leitmotiv unseres Handelns. Für Frieden und Sicherheit braucht es eine Zwei-
Staaten-Regelung mit der Schaffung eines souveränen, lebensfähigen und demokratischen
Staates Palästina auf der Grundlage der Grenzen von 1967. Dafür soll die EU die Kräfte der
Mitgliedstaaten für Verhandlungen der beiden Seiten bündeln und ihre tatkräftige und
großzügige Hilfe für die Friedensverwirklichung anbieten.
Dazu braucht es neben unserer unverbrüchlichen Solidarität mit Israel auch eine konsequente
Unterstützung pro-demokratischer palästinensischer Stimmen. Dies ist auch eine Grundlage für
die Schaffung palästinensischer rechtsstaatlicher politischer Institutionen. Zu der
Friedensperspektive gehört auch, dass die Palästinensische Autonomiebehörde den Terror gegen
Israel klar verurteilt und dagegen vorgeht. Den fortdauernden israelischen Siedlungsbau,
Pläne für völkerrechtswidrige Annexionen und die Siedlergewalt gegen Palästinenser*innen im
Westjordanland lehnen wir als Hürden für den Frieden ab. Wir wollen weiterhin mit denjenigen
Kräften in Israel und Palästina solidarisch zusammenarbeiten, die sich auf beiden Seiten für
Demokratie und Freiheit, Menschen- und Bürger*innenrechte und Frieden einsetzen. Als größte
Geldgeberin soll die EU bei ihrer Entwicklungshilfe für die palästinensischen Gebiete auch
den Aufbau demokratischer Institutionen und demokratischer Bildung fördern, um Hass
entgegenzutreten und die Verständigung zwischen Israelis, Palästinenser*innen und den
Menschen aus den umliegenden Nachbarstaaten voranzubringen.
Im Iran stehen wir an der Seite der feministischen Protestbewegung gegen das iranische
Regime. Diese setzt sich für ein demokratisches Iran ein, kämpft für Achtung der
Menschenrechte und die Selbstbestimmung der Bevölkerung, einschließlich der Abschaffung von
Kleidungsvorschriften wie der Zwangsverschleierung. Wir wollen, dass die EU die Erweiterung
der Sanktionen gegen die Verantwortlichen des Regimes sowie eine Verschärfung der Sanktionen
beim Handel und bei Finanzbeziehungen fortlaufend kritisch prüft.
Die islamische Revolutionsgarde muss rechtssicher als Terrororganisation gelistet werden.
Zudem muss die EU die demokratische Opposition im Iran und in der Diaspora unterstützen und
politisch verfolgte Iraner*innen schnell aufnehmen. Das Islamische Zentrum Hamburg als
Koordinationspunkt der Überwachung der Diaspora in Deutschland muss endlich geschlossen
werden, ebenso wie Vertretungen in anderen deutschen Städten. Das Regime versucht mit einer
aggressiven Außenpolitik und Terrorfinanzierung die Region zu destabilisieren. Die
Terrorfinanzierung des iranischen Regimes, welche unter anderem für das erklärte Ziel der
Vernichtung Israels eingesetzt wird, gilt es zu bekämpfen. Gerade mit Blick auf die
Sicherheit Israels muss die EU in Zusammenarbeit mit den USA die Nuklearisierung des Irans
verhindern. Der Iran muss sich an internationale nukleare Nicht-Verbreitungsabkommen halten.
Iran verletzt seine Verpflichtungen aus dem JCPoA seit 2019 fortwährend massiv und hat die
Gelegenheit, zum JCPoA zurückzukehren, mehrfach ausgeschlagen. Darum müssen die
proliferationsbezogenen Maßnahmen im Nuklearbereich sowie Sanktionen aufrecht erhalten
bleiben. Wir wollen aus den Lehren der Verhandlungen um das JCPoA lernen.
Der Rüstungsspirale in der Region wollen wir mit einer gemeinsam und geschlossen
auftretenden EU entgegenwirken. Wir unterstützen diplomatische Bemühungen um Deeskalation in
der Region. Normalisierung von Beziehungen darf nicht zu Straflosigkeit führen, zum Beispiel
angesichts der Menschheitsverbrechen des Assad-Regimes in Syrien.
Durch das jahrelange Engagement und den anschließenden übereilten Abzug westlicher Truppen
tragen wir eine besondere Verantwortung gegenüber Afghanistan. Wir verurteilen vor allem die
Verdrängung von Frauen aus fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens und erkennen die
Taliban nicht als Regierung Afghanistans an. Wir setzen uns dafür ein, dass die EU
angesichts der dramatischen Lage im Land weiterhin humanitäre Hilfe leistet und dabei
explizit Frauen einbindet. Ortskräfte und Menschenrechts-Verteidiger*innen sind aufgrund
ihrer Arbeit – etwa für die Bundeswehr und internationale Organisationen – oder ihres
Einsatzes für Menschenrechte in Gefahr. Wir stehen daher für den konsequenten Schutz und die
Aufnahme von Ortskräften und Menschenrechts-Verteidiger*innen und ihren mitbedrohten
Familien.
Afrika
Die afrikanischen Staaten und Europa sind geografisch wie historisch eng verbunden. Wir
wollen die vielfältigen Länder und Gesellschaften auf dem afrikanischen Kontinent in ihren
Bemühungen unterstützen, nachhaltige Entwicklung und gute Jobs vor Ort zu schaffen. Wir
sehen eine wachsende Zusammenarbeit der EU mit dem afrikanischen Kontinent in Politik,
Wirtschaft, Technologie, Wissenschaft und Zivilgesellschaft als Chance für beide Seiten. Wir
wollen mit unseren afrikanischen Partnerinnen und Partnern zu beiderseitigem Nutzen
zusammenarbeiten und dafür attraktive europäische Angebote für eine nachhaltige Entwicklung
machen. Dabei begreifen wir die Stärkung der Demokratie als wichtige Aufgabe und verurteilen
verfassungswidrige Machtwechsel, Putsche und unfreie Wahlen, die die demokratische
Entwicklung in einigen afrikanischen Staaten gefährden.
Ein gutes Beispiel sind die europäischen Klima-, Energie- und Wasserstoffpartnerschaften
sowie die Klima- und Entwicklungspartnerschaften, die dazu beitragen können, die Industrie
auf beiden Kontinenten klimaneutral voranzubringen. Wir wollen sie daher ausbauen. Dabei ist
für uns klar, dass die erzeugte Energie und damit verbundene Wertschöpfungsketten immer
zuerst den produzierenden Ländern vor Ort zur Verfügung stehen müssen, insbesondere den
ärmsten und marginalisierten Menschen.
Dabei ist die geplante Zusammenarbeit im Rahmen der Global-Gateway-Initiative ein Schritt in
Richtung weiterer nachhaltiger Entwicklung beider Kontinente und trägt als attraktives
europäisches Angebot für die großen Investitionsbedarfe zur Verringerung der Abhängigkeit
von China und Russland bei. Wir wollen die regionale Integration in den afrikanischen
Wirtschaftsgemeinschaften und der Afrikanischen Union inklusive der entstehenden
panafrikanischen Freihandelszone unterstützen.
Gute Regierungsführung und Rechtsstaatlichkeit sind unverzichtbare Grundlage für
gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung. Vor allem dort, wo die staatlichen
Strukturen geschwächt oder wo autokratische Strukturen vorherrschend sind, wollen wir die
Zivilgesellschaft sowie demokratische politische Akteure unterstützen. Das gewaltfreie
Engagement insbesondere junger Menschen für eine plurale Zivilgesellschaft in ihren Ländern
sowie zur zivilen Konfliktbearbeitung wollen wir in der EU aktiv unterstützen. Eine
besondere Rolle kommt dabei Frauen und marginalisierten Gruppen zu.
Wir setzen uns dafür ein, dass Drittstaatsangehörige, die in Europa studieren, Dienstreisen
erledigen oder zum Beispiel an Konferenzen teilnehmen, einfacher und schneller Zugang zu
Visa bekommen. Ein Beitrag dazu ist die Digitalisierung der Visaverfahren.
Europas Verflechtung mit Afrika ist bis heute von einem Machtungleichgewicht gekennzeichnet.
Zudem leidet der afrikanische Kontinent bereits heute besonders stark unter den Folgen der
Klimakrise, die in bedeutendem Maß durch europäische Emissionen verursacht wurde. Im
Bewusstsein auch unseres kolonialen Erbes und verbundener wirtschaftlicher Ausbeutung wollen
wir Beziehungen gestalten, die von Respekt und Gleichberechtigung getragen werden.
Indopazifik
Das ökonomische Gravitationszentrum hat sich in den indopazifischen Raum verschoben. Hier
findet ein Großteil des globalen Wachstums, der Innovation und Entwicklung statt.
Wir wollen die enge Kooperation mit Europas zentralen Partnern wie Japan, Südkorea,
Australien und Neuseeland ausbauen und den Austausch mit ASEAN und seinen Mitgliedsstaaten
sowie den ozeanischen Inselstaaten intensivieren. Dabei wollen wir unseren Fokus auch auf
mehr Zusammenarbeit bei Klimaschutz und wirtschaftlicher Modernisierung legen und
gleichzeitig kulturellen Austausch, zivilgesellschaftliche Akteure und den Schutz der
Menschenrechte stärken. Insbesondere die Kooperation mit Japan als engstem Partner im
indopazifischen Raum sowie einziges Mitglied der G7 in der Region wollen wir weiter
vertiefen. Ein Beispiel hierfür ist die Digitale Partnerschaft, welche die EU im Mai 2022
mit Japan als erstem Partnerland überhaupt geschlossen hat.
Gerade im Indopazifik tritt China immer aggressiver auf und propagiert zugleich sein
autoritäres Staats- und Gesellschaftsmodell als Vorbild. Deshalb wollen wir auch die
Kooperation zwischen der EU und indopazifischen Staaten im Bereich der Sicherheits- und
Verteidigungspolitik ausbauen.
In der Pazifikregion liegen viele Staaten, die durch die Klimakrise in ihrer Existenz
bedroht sind, obwohl sie selbst wenig den globalen Emissionen beigetragen haben. Wir wollen
sie im Umgang mit den Folgen der Erderwärmung und des steigenden Meeresspiegels konkret und
finanziell unterstützen. Wir wollen den Klimaschutz stärker in Handelsbeziehungen mit den
Staaten der gesamten Region verankern und die Produktion von grüner Energie in der Region,
zum Beispiel durch die Global-Gateway-Initiative der EU, gemeinsam voranbringen.
Wir streben eine Vertiefung und Erweiterung der Beziehungen der EU mit Indien an. Wir
begrüßen den Start des EU-India Trade and Technology Council im Jahr 2023 ebenso wie die
2021 begonnene Konnektivitätspartnerschaft. Wir erkennen Indiens neue Bedeutung für die
Bereitstellung globaler digitaler Güter an und wollen eine verstärkte Zusammenarbeit bei
digitalen Zahlungssystemen ausloten. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit muss sich an klaren
Sozial-, Minderheits- und Klimaschutzstandards orientieren. Mit zunehmender Sorge betrachten
wir in dieser Hinsicht die aktuellen innenpolitischen Entwicklungen. Wir unterstützen die
indische Zivilgesellschaft und setzen uns für eine friedliche Lösung territorialer Konflikte
in Grenzregionen ein.
Die EU-Mitgliedsstaaten sollten sich innerhalb der UN dafür einsetzen, völkerrechtswidriges
Verhalten des Militärregimes in Myanmar zu verurteilen und freie und faire Wahlen in dem
Land einfordern.
Lateinamerika
Die Länder Lateinamerikas sind nicht nur wichtige Wirtschafts-, sondern viele auch unsere
Wertepartner. Die zahlreichen Demokratien dort sind für Europa natürliche Partner bei der
Stärkung des Multilateralismus. Foren wie das wiederbelebte Gipfeltreffen zwischen der EU
und der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC) ermöglichen
eine intensive Kooperation und Partnerschaft mit den Ländern des Kontinents.
In einigen lateinamerikanischen Ländern haben sich autoritäre Regierungen etabliert, die die
Handlungsspielräume der Zivilgesellschaft stark einschränken. Auch demokratische Staaten
sind nach wie vor unter Druck, wie beispielsweise der Sturm auf Regierungsgebäude Anfang
2023 in Brasilien gezeigt hat. Ereignisse wie diese verdeutlichen, dass die Demokratie gegen
autokratische Tendenzen und Gruppierungen verteidigt werden muss. Hierfür ist die
Zusammenarbeit mit demokratisch gewählten Regierungen und eine starke Zivilgesellschaft
essenziell. Wir wollen Aktivist*innen für Menschenrechte, Umweltschutz und für die Rechte
von LGBTIQ*, Frauen und Indigenen schützen und ihre Arbeit aktiv unterstützen. Auch eine
effektive Bekämpfung von Korruption und Drogenkriminalität ist wichtig. Dazu gehören neben
polizeilichen und strafrechtlichen Maßnahmen auch die Schaffung wirtschaftlicher
Alternativen, Reduzierung von Abhängigkeiten von Kartellen und die Stärkung
grenzüberschreitender Ermittlungen.
Über 55 Prozent der weltweiten Fläche an Regenwald befinden sich in Lateinamerika. Die
Region ist zentral zum Schutz unseres Weltklimas. Deswegen wollen wir eine Intensivierung
von Klima-, Rohstoff- und Entwicklungspartnerschaften sowie eine Ausweitung der Kooperation
für nachhaltige Landwirtschaft und für effektiven Natur- und Tropenwaldschutz. Der Schutz
der Rechte der indigenen Völker muss dabei bei allen Vorhaben mitgedacht und priorisiert
werden.
Europa braucht enge Handelsbeziehungen mit Lateinamerika, nicht zuletzt auch, um seine
Lieferketten mit Blick auf China zu diversifizieren.Diese können nur dann erfolgreich sein,
wenn sie partnerschaftlich ausgehandelt werden, beide Seiten davon profitieren und ein
substanzieller Teil der Wertschöpfung in Lateinamerika verbleibt. Die Global-Gateway-
Initiative der EU kann dabei eine wichtige Rolle spielen. Wir wollen aus den Fehlern der
Vergangenheit lernen und unsere Handelspolitik zukünftig so gestalten, dass keine
Umweltzerstörungen befeuert werden und keine neokoloniale Ausbeutung entsteht. Wir wollen
Partnerschaften auf Augenhöhe. Wir lehnen das EU-Mercosur-Abkommen in seiner jetzigen Form
ab und fordern Nachverhandlungen um grundlegende Veränderungen zu erreichen für ein faires,
ökologisches und postkoloniales Abkommen, das Menschenrechte respektiert,
Technologietransfer gewährleistet und den intensiven Abbau von Rohstoffen im globalen Süden
für den Konsum des globalen Nordens ein Ende setzt. Wir werden das Mercosur-Abkommen nur
ratifizieren, wenn von beiden Seiten umsetzbare, überprüfbare und rechtlich verbindliche,
einklagbare Verpflichtungen im Bereich des Umwelt-, Sozial-, und Klimaschutzes vereinbart
werden. Umsetzbar sind alle genannten Standards gerade in Zeiten rechtspopulistischer
Regierungen nur dann, wenn Verstöße dagegen genauso effektiv sanktioniert werden können wie
die Handelsbestimmungen des Abkommens. Die Möglichkeit der Aussetzung von Handelspräferenzen
bei Verstößen von Nachhaltigkeitsstandards ist daher eine unabdingbare Voraussetzung für
eine Zustimmung zum Abkommen. Gleichzeitig kann es für uns das Mercosur-Abkommen nur
gemeinsam mit einer gleichwertigen Zusatzvereinbarung zum Schutz und Erhalt des Regenwaldes,
Schutz der indigenen Völker und der Menschenrechte geben. Dadurch stellen wir sicher, dass
unsere Partnerschaft mit den Mercosur Ländern intensiviert wird und gleichzeitig die
Menschenrechte, die Biodiversität und das Weltklima geschützt werden.