| Veranstaltung: | 51. Bundesdelegiertenkonferenz Hannover |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | E Klima & Energie |
| Antragsteller*in: | BAG Demokratie und Recht (dort beschlossen am: 06.10.2025) |
| Status: | Eingereicht |
| Angelegt: | 17.10.2025, 00:10 |
E-05: Klimaschutz ist Sicherheitspolitik
Antragstext
1. Die BDK erkennt an, dass Klimaschutz ein zentraler Bestandteil einer
umfassenden Sicherheitspolitik und Menschenschutz ist. Die Klimakrise stellt
eine existenzielle Bedrohung für unsere Gesellschaft dar und erfordert ein
Umdenken auch im Verständnis von Sicherheit. Wir bekennen uns zu einem
erweiterten, integrierten Sicherheitsbegriff, der äußere, innere und
klimabedingte Sicherheitsrisiken umfasst und das menschliche Wohl in den
Mittelpunkt stellt. Wir stehen konsequent ein für eine fakten- und
wissenschaftsbasierte Sicherheitspolitik.
3. Bündnis 90/Die Grünen treten dafür ein, bei allen relevanten politischen
Entscheidungen einen „Sicherheitscheck“ einzuführen, der unter Berücksichtigung
des Stands wissenschaftlicher Erkenntnis auch die Auswirkungen auf den
Klimaschutz und die klimabedingte Sicherheit systematisch prüft und
dokumentiert. Dazu fordern wir ein ressortübergreifendes Handeln.
6. Klimawandelbedingte Migration muss als zentrale Menschheitsfrage verstanden
werden. Deshalb fordern wir eine internationale und völkerrechtliche
Verständigung über den Umgang mit Klimaflüchtlingen, die auf unseren gemeinsamen
Werten von Menschenwürde, Selbstbestimmung und Solidarität beruht. Menschen
sollen frühzeitig und selbstbestimmt sichere Lebensorte wählen können.
Klimaschutz ist Menschenschutz.
Wir fordern die Bundesregierung auf, den erweiterten Sicherheitsbegriff in allen
politischen Handlungsfeldern zu verankern, ihr Handeln konsequent nach diesem
auszurichten und insbesondere die rechtlichen Rahmenbedingungen für einen
wirksamen Klimaschutz im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
zu schaffen.
Begründung
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem wegweisenden Klimabeschluss vom 24. März 2021 (Az. 1 BvR 2656/18 ) festgestellt, dass Klimaschutz ein Gebot des Grundgesetzes ist und die Freiheitsrechte künftiger Generationen schützt. Das Grundgesetz verpflichtet den Staat, Freiheitschancen über die Generationen hinweg verhältnismäßig zu verteilen und Freiheiten über die Zeit hinweg zu sichern. Diese Rechtsprechung verpflichtet alle staatlichen Ebenen zu ambitioniertem Klimaschutz, der auf Klimaneutralität ausgerichtet ist.
Die Klimakrise ist längst keine reine Umweltfrage mehr, sondern eine zentrale sicherheitspolitische Herausforderung. Extremwetterereignisse wie Starkregen, Hochwasser, Dürren und Hitzewellen bedrohen bereits heute die Sicherheit und das Wohlergehen der Menschen in Deutschland und weltweit und führen zu Unterbrechungen in kritischen Infrastrukturen und öffentlichem Leben. Diese Entwicklungen werden sich in den kommenden Jahren weiter verschärfen.
Erst kürzlich warnten der Bundesnachrichtendienst (BND) und Klimaforscher*innen nach der Vorlage einer entsprechenden Studie, dass der Klimawandel zu den größten Bedrohungen unserer Zeit, auch und gerade mit Blick auf die Innere Sicherheit zähle. Ernteausfälle, Preisschocks und zunehmende Ressourcenknappheit würden wirtschaftliche Einbußen, politische Instabilität sowie mehr Migration nach sich ziehen, wodurch in den betroffenen Regionen eine Zunahme bewaffneter Konflikte sowie vermehrter Zulauf zu militanten Gruppierungen drohe, was mittelbar auch die Sicherheit Deutschlands und Europas bedrohe. Die Autor*Innen riefen zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens auf und warnten: je länger politische Handlungen aufgeschoben werden würden, desto kleiner sei der Gestaltungsspielraum und desto politisch und ökonomisch teurer werde die Kurskorrektur.
Ein erweiterter, integrierter Sicherheitsbegriff erkennt an, dass Klimaschutz und klassische Sicherheitspolitik untrennbar miteinander verbunden sind. Die Dezentralisierung der Energieversorgung stärkt nicht nur den Klimaschutz, sondern auch die Widerstandsfähigkeit unserer kritischen Infrastrukturen. Ein moderner Bevölkerungsschutz muss klimabedingte Risiken systematisch berücksichtigen. Die Versorgung mit Lebensmitteln, Wasser und kritischen Rohstoffen wird durch die Klimakrise zunehmend herausgefordert.
Das Verursacherprinzip ist ein zentraler Grundsatz des Umwelt- und Verfassungsrechts und muss auch im Bereich des Klimaschutzes konsequent angewendet werden. Gleichzeitig muss die Transformation sozialverträglich gestaltet werden, um gesellschaftliche Akzeptanz zu sichern.
Eine transparente und verständliche Kommunikation ist entscheidend, um das Bewusstsein für den Zusammenhang zwischen Klimaschutz und Sicherheit zu stärken und die Bevölkerung mitzunehmen. Dabei sollten die positiven Aspekte des Klimaschutzes für Wirtschaft, Demokratie und Lebensqualität in den Vordergrund gestellt werden.
Mit diesem Antrag wird deutlich: Klimaschutz ist eine Frage der Freiheit, der Gerechtigkeit und der Sicherheit.
